Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Overamts-Bezirk Nagold.

W 69

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Donnerstag 15. Juni

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1893

Auf zur Weiht!

Frisch auf zur Wahl! Das Vaterland ruft seine Söhne. Frisch auf, das Vaterland ist in Gefahr!

Vom Westen her droh'n uns die welschen Hähne;

Zum Kampf gerüstet sind sie schon fürwahr!

Hört die Parol', hört, sie ist ausgegeben:

Die Lieb' zum Vaterland, so heißet sie.

Soll denn umsonst sich opfern junges Leben,

Umsonst das Blut von Wörth und Champigny?

Die Lieb' zum Vaterland soll uns begeistern;

Und war' der Widerstand auch noch so groß,

Die L:eb' zum Vaterland soll ihn bemeistern,

Kein guter Sohn weicht von der Mutter Schoß.

W i r wollen keinen Krieg, nicht rauben, brennen, würgen.

Denn die Verantwortung wär uns zu schwer.

Ein starkes Heer soll u«S dm Frieden bürgm:

Zum gutbewochten Haus traut sich kein Stäuber her.

Die Hand aufs Herz, auf Ehre und Gewissen:

Ist nicht das Vaterland zu schützen heil'ge Pflicht?

Wenn angegriffen wir uns wehren müssen,

So hilft uns Clessens schönste Rede nicht.

Drum auf zur Wahl, bleib' keiner feig dahinten;

Es gilt das Heiligste auf dieser Erd',

Es gilt das Vaterland, die Ehre, Weib und Kinder;

Ein solcher Preis ist doch des Kampfes wert!

1) Weißt du aus der Geschichte, wie oft schon uns die Franzosen überfallen und jammerwürdig mißhandelt haben?

Und weiht du aus ihrer Presse, daß sie förmlich danach lechzen, es wieder zu thun?

2) Glaubst du, die Gefahr werde geringer, wenn du dir Vorreden läßt und dir zuletzt selbst einredest, sie sei nicht da? (Man sagt dem Vogel Strauß nach, daher vor der Gefahr den Kopf in den Sand stecke, cs ist aber nicht wahr, so dumm ist er nicht.)

3) Glaubst du, bei einem Einfall werden die Franzosen dein Haus und dich und dein Weib und deine Kinder schonen, wenn du gegen die Stärkung des Vaterlandes stimmst und die Feinde dadurch anlockst?

Beantworte dir ehrlich diese 3 Frage« und dann wähle!

Amt licht».

Nagold.

Aushebungs-Geschäft von 18S3.

Die Militär-Aushebung seitens der K. Oberer­satzkommission findet Heuer statt

1. bezüglich der als dauernd untauglich, sowie der zur Ersatz-Reserve und zum Landsturm in Vor­schlag gebrachten Mannschaft am

Mittwoch den 28. Juni 1893, vormittags 8 Uhr,

2. bezüglich der als tauglich und aushebuugsfiihig Gezeichneten Mannschaft am

Freitag den 30. Juni 1893, vormittags 8 Uhr,

je auf dem Rathaus in Nagold statt und er­halten die Ortsvorsteher die Weisung, die vor die K. Ober-Ersatzkommission zu beordernden Militär­pflichtigen, über welche ihnen besondere Verzeichnisse zukommen werden, mit dem Anfügen vorzuladen, daß sie bei Vermeidung der gesetzlichen Strafen und Rechtsnachteile an den genannten Tagen je vormit­tags 7'/» Uhr präzis auf dem RaihauS in Nagold zu erscheinen haben, auch sind die Militärpflichtigen vor der Aushebung auf die Bestimmung des § 65 Ziff. 3 der Wehr-Ordnung, wonach jeder Versuch

zur Täuschung gerichtlich bestraft wird und^ß 7l Zlff. 7, vergl. mit § 72 Ziff. 3 der Wehrordnung, aufmerksam zu machen, wonach die Entscheidungen der K. Oberersatz-Kommission endgiltig sind und je­der in den Grundlisten des Aushebungsbezirks ent­haltene Militärpflichtige berechtigt ist, im Aushe- bungstermin zu erscheinen und der Oberersatzkommission etwaige Anliegen vorzutragen.

Auf möglichste Reinlichkeit der Militärpflichtigen an Körper und Wäsche ist hinzuwirken. Wer an Epilepsie zu leiden behauptet, hat nach § 65 Ziff. 6 der Wehrordnung auf eigene Kosten drei glaub­hafte Zeugen hiefür zu stellen.

Es wird erwartet, daß die Ortsvorsteher orts­kundige Fehler von Militärpflichtigen geistige Be- schränktheit. Epilepsie so weit solche nicht schon bei der Musterung zur Sprache gebracht worden und falls dies je in einem Falle unterlassen worden wäre, vor der Aushebung bei dem Unterzeichneten nachholen.

Endlich wird darauf aufmerksam gemacht, daß Familienverhältnisse halber ein Militärpflichtiger nie­mals znm Train bestimmt wird und daß derartige Gesuche wertlos sind.

Die Eröffnungs-Urkunden der Vorladungen der

Militärpflichtigen sind spätestens bis zum 25. Juui hieher einzusenden.

Die Beiziehung der HH. Ortsvorsteher zum Aushebungs-Geschäft wird auch dieses Jahr nicht für erforderlich erachtet.

Schließlich sieht sich der Unterzeichnete veranlaßt, darauf aufmerksam zu machen, daß Militärpflichtige, welche ihren nicht blos vorübergehenden Aufenthalt auswärts haben, z. B. in einem andern Aushebungs­bezirk im Dienst, in Arbeit stehen, auch dort gestel­lungspflichtig und dorthin zu Überwegen sind. Wie­derholt wird darauf hingewiesen, daß Anträge auf Zurückstellung oder Befreiung von der Aushebung spätestens im Aushebungstermin zu stellen sind.

Die Ortsvorsteher werden beauftragt, die Stamm­rollen pro 189 l, 1892 und 1893, nebst Geburts­listen und Beilagen höherer Weisung gemäß bis zum 25. Juni zuverlässig hieher vorzulegen.

Den 12. Juni 1893.

Der Zivil'A^ltzende !>er Ersatzkommission: _ Oberamtmann Vogt.

Nagold.

Die OrtS-Borfteher

werden auf das im Reg.-Bl. Nro. 13 publizierte Gesetz betreffend die Entschädigung für an Maul­und Klauenseuche gefallenes Rindvieh vom 3l. Mai 1893 und die Vollzugs-Verfügung vom 5. Juni 1893 mit dem Auftrag hingewiesen, sich mit den be­treffenden Bestimmungen genau bekannt zu machen und die Publikation des Gesetzes in der Gemeinde sofort vorzunehmen.

Den 14. Juni 1893.

_ K. Oberamt. V ogt.

N a g o l d. A« die Ortsvorsteher.

Laut Mitteilung des K. Forstamtes Wildberg vom 14. d. Mts. hat das K. Forstamt die höhere Ermächtigung erhalten, Moosftreit aus dem Staatswald um billige« Preis abzugeben. Dies ist sofort in den Gemeinden bekannt zu machen.

Den 14. Juni 1893.

K. Oberamt. Bogt.

Tages-Weuigkeiten.

Deutsches Weich.

Nagold, 14. Juni. Zuverlässiger Mit­teilung zufolge hat das Finanzministerium neuestens verfügt, daß an die Streubedürstigen aus Staats- Waldungen Moos st reu um mäßigen Preis abzugeben sei. (S. oben oberamtl. Bekanntmachg.)

N Neuweiler, OA. Calw, 12. Juni. Ein schweres Brandunglück hat heute unfern Markt­flecken betroffen. Bier schöne Anwesen wurden in­folge des herrschenden Ostwindes ein Raub der Flammen. Das Feuer brach in dem Hause des Waldmeisters Schanz aus und verbreitete sich mit ungeheurer Schnelligkeit. Das Rathaus und das Gasthaus z. Lamm waren in größter Gefahr und die Kirche wurde erheblich beschädigt. Auch die fast neue Orgel hat durch das Wasser stark notgelitten. 7 Familien sind obdachlos. Am meisten zu bedauern ist ein junges Ehepaar, das erst vorige Woche Hochzeit hatte; dieselbe hätte schon vor 14 Tagen stattfinden sollen, aber gerade einen Tag vorher ver- brannte das Haus des Bräutigams, nun sind die jungen Leute zum zweitenmal ihrer Wohnung und Habe beraubt. Leider sind die Abgebrannten nicht einmal alle versichert und soll dies auch bei Schanz, der selber Agent einer Feuerversicherung ist. der