leinen Sonntag Nachmittag zubringen kann, und ohne dabei verhungern oder durstleiden zu müssen, gleich' sam als wollte er die Predigt des Hrn. Pf. Dieter in einem ihrer Teile wenigstens illustrieren und Vorleben.

Stuttgart, 30. Mai. Das Königspaar wird Mitte Juni zum Sommeraufenthalt nach Friedrichs- Hafen übersiedeln.

Stuttgart, 31. Mai. In einer sehr zahlreich besuchten Versammlung des Centrums erklärte Grö­ber, kein auf das Programm des Centrum Gewählter werde für den Vorschlag Frhrn. v. Huenes stimmen. Redner verlas zwei Reden Schorlemers von dem Jahre 1875 und 1880, in denen dieser schon da­mals weitere Militärlasten für unerschwinglich er­klärte.

Stuttgart, I. Juni. Zuverlässigen Privat­nachrichten aus Rottenburg zufolge ist der seit län­gerer Zeit leidende Bischof Karl Josef v. Hefele vergangene Nacht von einem Schlaganfall betroffen worden. Bei dem vorgerückten Alter des Bischofs (derselbe ist 1809 geboren) giebt sein Zustand immer­hin zu Besorgnissen Anlaß.

Mit welch' glühendem Haß die Sozialdemo­kratie den Fürsten Bismarck verfolgt, davon lie­fert die Nummer 122 derSchwäbischen Tagwacht" vom 30. Mai d. I. eine lehrreiche Probe. Die ZeitungSprudel" hatte die Nachricht gebracht, daß die Gräfin Herbert Bismarck sich in gesegneten Umständen befinde, und daß daher bei der Kinder­losigkeit des anderen Sohnes Bismarcks, jetzt noch Aussicht vorhanden sei, daß die Linie Otto Bismarck nicht aussterbe. Hiezu sagt derSprudel" weiter: Der Altreichskanzler, dessen so warmer Familien­sinn allerwegs bekannt ist, ist bei der Nachricht von dem bevorstehenden Familienereignis so erschüttert gewesen, daß er in Thränen ausbrach. Das deutsche Volk in seiner besseren Mehrheit wird die Nachricht freudigst begrüßen." Indem die Tagwacht nun diese Notiz für ihre Leser reproduziert, bemerkt sie zugleich: Hundsföttischer als dieses nationale Preßgesindel giebts doch nichts auf der Welt! Wie treffend sang Heine:

Es fehlt den Deutschen zum Hunde nur Ein tüchtiger Schwanz zum Wedeln,

O du grundgütige Mutter Natur,

Du Spenderin alles Edeln,

Gieb doch den Menschenhunden ihr Recht,

Ihr einstiges Recht auj Erden,

Und laß das künftige deutsche Geschlecht Mit Schwänzen geboren werden!"

Mit solchen Gemeinheiten wird heute im deutschen Reiche von Seiten einer großen politischen Partei jeder behandelt, der in Bismarck noch den Schöpfer von Deutschlands Größe und Weltmacht sieht und nicht, wie die Sozialdemokraten, denDepeschen­fälscher" undabgesägten Millionärezüchter". Mit diesem Verhalten der Presse stimmt aber auch das der Versammlungen jener Partei genau überein. Wenn da, wie letzten Samstag in Stuttgart, ein mutiger Gegner, dem vorher völlige Redefreiheit garantiert ist, mit offenen Visiers auftritt,j so wir der von der tobenden und heulenden Menge niederge- schcieen und er muß vor derThatkraft" der Män­ner derfreien Diskussion" förmlich die Flucht er- greifen. Nachher aber werden seine Einwendungen, statt der sachlichen Widerlegung, in der Presse mit Schimpfereien wieGalimathias" undhohle patrio­tische Phrasen" abgethan. In den Augen der So­zialdemokraten gehören ja alle die, welche die Fran­zosen und Russen nicht für die harmlosesten Menschen der Welt halten, die es mit dem deutschen Reich und seinen Bürgern, wie aus der Geschichte sattsam bekannt ist, herzlich gut meinen, sie alle gehören zur patriotischen Hurrahkanaille". Sollten derartige Erscheinungen nicht auch Manchem, der weder zur Sozialdemokratie noch zur Hurrahkanaille gezählt fein will, dem aber doch zum Zwecke der Opposition gegen die Regierung auch die Sozialdemokraten als Verbündete recht sind, die Augen öffnen, wenn er merkt, was das für Elemente sind, deren Geschäfte er besorgt? (Calw. W.)

Wie man dem Rh. Cour, schreibt, ist der Stand der Weinberge im Rheingau wie in der Pfalz und tn Reinhessen ein ganz vorzüglicher; auch von Main und Mosel liegen sehr erfreuliche Nachrichten vor. In den besten Lagen ist die Blüte schon vorüber,

in den weniger günstigen kann sie jeden Tag ein- treten. Behalten wir noch zehn Tage gutes Wetter, so wird allerwärts der Fruchtansatz zur Zufrieden­heit der Winzer erfolgt sein. Wo die Blüte schon vorüber ist, sind nach übereinstimmende» Berichten die Ansätze so vollkommen und dabei so zahlreich wie selten.

Das Fritz Reuter-Denjkmal ist am Montag in Neubrandenburg (Mecklenburg) enthüllt worden. Das Denkmal ist in der Nähe der Station errichtet.

Arolsen. Fürst Friedrich von Waldeck hat aus Anlaß seines Regierungsantritts einen Gnaden- erlaß gewährt und zwar werden allen Personen, gegen die bis zum 17. Mai d. Js. von den Wald- ekischen Gerichten wegen llebertretungen, jedoch aus- schließlich solcher gegen die Steuergesetze, Freiheits- oder Geldstrafen rechtskräftig" erkannt worden sind, diese Strafen, soweit deren Vollstreckung noch nicht erfolgt, in Gnaden erlassen.

Bautzen, 31. Mai. Von den Berliner Distanz­gängern blieb Jobst 161 Kilometer von Berlin gänzlich erschöpft, mit zerrissener (?) Fußsehne im Felde liegen. Die beiden Vegetarianer sind unge­mein frisch und überholten ihn.

Magdeburg, 3l. Mai. Hier tagte am 27. Mai die Hauptversammlung der deutschen Reichs­fecht sch ule. Die Sammelergebnisse des Vereins­jahres 1892/93 haben 70 626 ^84^ (gegen das Vorjahr mehr 5334 ^ 93 ^Z) betragen. Die An­zahl der Verbände beträgt 102, die der Einzelfecht­schulen 400. Das erste Reichswaisenhaus in Lahr ist jetzt fast völlig stchergestellt durch genügendes Grundvermögen; die Reichsfechtschule braucht beson­dere Zuschüsse nicht mehr zu leisten. Es sind unter Hinzurechnung der kürzlich an die berechtigten Fecht­verbände begebenen 25 offenen Waisenstellen jetzt im Reichswaisenhause zu Lahr 36, in Magdeburg 48, und in Schwabach 44 Kinder von der Reichsfecht­schule untergebracht. Von der Oberfechtschule wurde u. a. beantragt: a) Jeden der beiden Reichswaisen­häuser zu Magdeburg und Schwabach noch je 75 000 ^ zur weiteren Fundierung zu überweisen, d) Im Ablehnungsfälle die Erbauung und Erhaltung eines vierten Reichswaisenhauses in Berlin in Aus­sicht zu nehmen, sobald 250 000 bis 300 000 ^ dazu vorhanden sind. Herr May-Mänchen war für den Antrag a), will jedoch die Gelder nur zurückge­stellt wissen und der Verwaltung der Oberfechtschule überlassen. In diesem Sinne beschloß die Versamm­lung. Antrag b) ist dadurch erledigt. Eine Reihe anderer Anträge wurde abgelehnt, bezw. zurückgezo­gen oder betrafen innere Verbandsangelegenheiten.

Wie viel Millionen haben nun eigentlich schon die kleinen deutschen Kapitalisten bei den frem­den Papieren verloren? Diese Frage kann man jetzt wirklich wieder einmal, verbunden mit der Mahnung zu künftiger äußerster Vorsicht, aufwerfen, denn nach­gerade dürfte das deutsche Publikum doch wohl für eine solche empfänglich werden. Die Staatsbanke­rotte von Argentinien und Portugal, deren Papiere zu Millionen den kleinen deutschen Kapitalisten auf­gehalst sind, kommen uns sehr teuer, die griechischen Papiere, von welchen sich gleichfalls Millionen in Deutschland befinden, sind etwa auf die Hälfte ihres Wertes gesunken, und nun fangen auch die mexika­nischen Staatspapiere an, die wegen ihrer 6 pCt. Zinsen gerade von geringbemittelten Leuten gekauft wurden, im Kurse zu weichen, es wird also auch hier Einbuß geben. Hoffentlich merkt das Publikum nun endlich, was bei solchen Papieren herauskommt, und hüten sich die Provinzialbankiere, solches Zeug ihren Kunden zur Anschaffung zu empfehlen. Wer etwas riskieren kann, kann mit solchen Werten spekulieren, schwach Bemittelte sollten sich hüten.

DieKöln. Volksztg." rechnet aus, daß im ganzen Reich ca. 1800(?) Kandidaten ausgestellt seien. Danach kämen auf jeden Wahlkreis 45 Kandidaten. Die Sozialdemokratie rühmt sich, jetzt 356 Kandidaten aufgestellt zu haben; die Antisemiten haben nach der BerlinerStaatsbürgerztg." 96 aufgestellt.

Graf Herbert Bismarck hat am Sonntag in Schönhausen als Deligierter des Bundes der Land­wirte eine Wahlrede gehalten, in der er ausführte, daß die Kosten für eine zweckmäßige Heeresverstär­kung vorhanden sein würden, wenn die unseligen Handelsverträge die Zuschüsse der Reichskasse nicht

so arg verstopft hätten. Mit der Hoffnung, daß kein Landwirt seine Stimme am IN Juni ev. für die volksparteilichen Landverderber. Freisinnige ab­geben werde, schloß Graf Bismarck seine Wahlrede.

Wenn das nichts hilft, hilft gar nichts mehr! In Berlin mischte eine Frau ihrem dem Trünke ergebenen Ehemann Schwefelsäure in den Brannt­wein, so daß er, als er gegen Abend davon trank, schwere Verletzungen erlitt, die seine Ueberführung in das Krankenhaus erforderlich machten. Die Frau wurde verhaftet.

Berlin, 30. Mai. Gegenüber der Behauptung der Gegner der Militärvorlage konstatiert dieNordd. Allg. Ztg.". daß von 1881/82 bis 1891/92 in der Verwaltung des deutschen Reichs und Preußens die Ausgaben für Wissenschaft und Kunst eine stärkere Zunahme erfahren haben, als für Herr und Marine. (Hoffentlich!) Erster? sind von 100 auf 148,5 gestiegen, während sich letztere nur von 100 auf 112 erhöhten.

Berlin, 31. Mai. Professor Virchow hat vor seinen Wählern im 2. Berliner Wahlkreis eine Rede gehalten, in der er sich gegen den Gedanken wandte, daß wir für eine fern liegende Möglichkeit stets ein so starkes Heer zur Verfügung haben müssen, um jeden Augenblick in Feindesland einfallen zu können. Das gehe über die billigen Anforderungen hinaus, die eine Regierung an das Volk stellen könne. Sich direkt auf einen Angriffskrieg einzurichten, das gehe über die Grenzen einer zulässigen Politik hinaus Er sei der Meinung, daß der Friede besser sei als der Krieg und daß es Hauptaufgabe sei, den Frieden so lange als möglich zu erhalten, und mit dem Nachbarn sich so stellen, daß sich keine Streitigkeiten mit ihm erge­ben. Sei aber der Krieg dann noch unvermeidlich, so werde zur Verteidigung des Vaterlandes jeder gern und willig bereit sein.

Das deutsche Schulwesen. Nach einer in der vom preußischen Kultusministerium ausgehenden Denkschrift für die Chicagoer Weltausstellung enthal­tenen Statistik beträgt die Zahl der öffentlichen Schulen im deutschen Reiche 56 563. In ihnen wurden von 120 032 vollbeschäftigten Lehrkräften, unter denen sich mindestens 13 750 Lehrerinnen be­fanden , 7 925 688 Schulkinder unterrichtet. Der unmittelbare Aufwand für die Volksschulen, abgesehen von den Ausgaben für die allgemeine Schulverwal­tung, Schulaufsicht, Lehrerbildung u. dergl., stellt sich mindestens auf rund 242 400 000 wovon wenigstens 69 305 000 ^ aus den Staatskassen fließen. Bei 49 428 470 Einwohnern des Reichs entfallen auf je 100 Einwohner 16,03 Volksschüler und auf durchschnittlich 874 Einwohner je eine Volksschule. Eine Lehrkraft hat im Durchschnitt 66 Schüler zu unterrichten. Die Kosten eines Schul- krndes der öffentlichen Volksschulen berechnen sich auf jährlich 30,58 -sL.

Ein entsetzliches Unglück hat sich am Montag im Feuerwerkslaboratorium in Spandau ereignet. Bei ver Mischung einer Zündmasse expiovierte die- selbe, und der dabei beschäftigte Chemiker Dc. Schloer wurde buchstäblich zerrissen. Sein Tod trat aus der Stelle ein.

» Schwei).

Der schweizer Bundesrat fordert von der Bundesversammlung für Kciegsmaterialbeschaffung für das Jahr 1894 fünf Millionen Franken.

Frankreich.

In Frankreich herrscht infolge der anhaltenden Trockenheit gleichfalls empfindlicher Futtermangel. Die Kammer hat mit Rücksicht darauf einen Gesetz­entwurf angenommen, wonach die Eisenbahn-Gesell­schaften und die Staatsbahnen ermächtigt werden sollen, während dreier Monate die Transportkosten für Viehfutter um 25 pCt. herabzusetzen.

Bordeaux, 31. Mai. 800 Bäckergesellen er­klärten sich ausständig.

Spanien.

Madrid, 3. Juni. Die Kammer nahm mit 203 gegen 58 Stimmen die Adresse an die Regentin an. Im Laufe der Adreßberatung wurden 51 Reden gehalten.

Rußland.

Petersburg, 29. Mai. Der Kaiser sagte, als am Samstag in Moskau Deputationen dem Kaiser und der Kaiserin Heiligenbilder darbrachten, was ein Erbitten des Segens bedeutet, zu dem Moskauer Stadthaupte:Ich danke Ihnen u. nehme mit Vergnügen Ihren Segen an; es ist, wie Sie richtig sagten, ich