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Im Grunde genommen ist ja doch an der ganzen schlimmen Lage der Landwirtschaft nur die heillose Partciwirtschaft schuld, durch welche lediglich dem Interesse der einzelnen Parteien und einzelner ehr­geiziger Parteistreber und Demagogen die wah­ren Interessen des Volkes, des Bauernstandes ebenso wie des Handwerker- und soliden Kaufmanns- standes, in brutalster Weise aufgeopfert wurden. Die freisinnigen Parteien haben die Handelspolitik und die Gewerbegesetzgebung teils direkt, teils indirekt ge­schaffen, welche die produktiven Stände unseres Vater­landes dem wirtschaftlichen Ruin nahe gebracht haben zu Gunsten des beutegierigen Großkapitals. In der Thal, während der früher so kräftige und wider­standsfähige Mittelstand zusehends verarmte und die Zahl der Besitzlosen in erschreckendem Maße zunahm, häufte sich aus der anderen Seite in den Händen des Spekulanten- und Gründertums das nationale Vermögen, das so zu einem internationalen wurde, in gefahrdrohender Weise". (Wessen wir uns von dem internationalen Großkapital zu versehen haben, darüber belehrt uns gerade gegenwärtig wieder ein Unternehmen des Milliardärs Rothschild. Dieser, der schon jetzt einen großen Teil der Petroleum- Produktion, nämlich der am kaspischen Meer, in seinen Hände» vereinigt, beabsichtigt nichts geringeres, als sich auch der Petcoleumindustrie Amerikas zu be­mächtigen, um dann den Preis dieses so wichtigen Gebrauchsgegenstandes nach seinem Belieben fest­stellen zu können. Aehnliche zum Glück verkrachte Versuche wurden schon öfter von den Geldfürsten, meist sind sie jüdischer Nation, unternommen; man denke nur an den Kupferling).Am schlimmsten triebens die freisinnigen Parteien bekanntlich bei der jüngst im Reichstag beratenen Verschärfung der Gesetze gegen den Wucher. Wenn die freisinnigen Herren noch einen Funken von Gefühl für das Volk, von dem sie immer sprechen, gehabt Härten, so wäre hier die Gelegenheit gewesen, es zu zeigen, wo es doch galt, den wirtschaftlich Schwächeren gegen die gewissen­lose Ausbeutung durch den Stärkeren zu schützen." (Dieses Gesetz, bei dem es sich darum handelte, den groben und fernen Wucher aller Art durch schärfere Bestimmungen als bisher zu treffen, wurde schließlich am 2. Mai vom Reichstag angenommen. Vorher hatten die Freisinnigen wochenlang die Sache dadurch zu verschleppen gewußt, daß sie bei der Abstimmung über die wichtigsten Paragrafen für Beschlußunfähig­keit des Hauses sorgten. Bei einer solchen Abstim­mung am 20. April fehlten von der württemdergischen Volkspartei ohne Entschuldigung: Hähnle, Hart­mann. Haußmann, Kercher, v. Münch, Payer, wchnaidt, Speiser. Ueberhaupt war noch gar niemals ein Reichstag so oft beschlußunfähig, als gerade der letzte mit dem berühmtenUmschwung nach links").

So ist es also vom rein wirtschaftlichen Stand­punkt eine absolute Notwendigkeit, daß die Landwirte und zwar die Landwirte im ganzen deutschen Reiche einmütig zusammenstehen. Einen Unterschied oder gar Gegensatz zwischen den adeligen und nichtadeligen Landwirten giebt es nicht, denn das Feld und der Viehstall des Adeligen ist den gleichen Natur- und Reichsgesetzen unterworfen, wie diejenigen des Nicht­adeligen. Und es ist nichts als eine frivole verlogene Verhetzung zu Parteizwecken, wenn man von frei­sinniger und demokratischer Seite dem Bauernstand einzureden sucht, daß er im Interesse der Adeligen durch den Bund der Landwirte mißbraucht worden sei.

Aber die gegenwärtige Bewegung der Landwirte hat auch eine hervorragend nationale Berechtigung. Es handelt sich um nicht weniger, als um die Er­haltung des durch die Ungunst der Verhältnisse in seiner Existenz bedrohten Bauernstandes und somit des Mittelstandes überhaupt. Würde aber unser Mittelstand untergehen, wozu wir, wenn es noch lange so weiterginge, alle Aussicht hätten, so hätte auch das Reich keinen Bestand mehr und kein noch so großes Heer könnte es vor dem Verfall retten, weil ihm die innere Kraft, das Mark in den Knochen fehlte. Die Befürchtung, daß die Bewegung der Landwirte eine demagogische Färbung annehmen könne, ist durchaus grundlos; wer an seine Scholle gebunden ist, wer mit dem Pflug den vom Vater ererbten Acker umkehrt, ist zufrieden, wenn er unter den Gesetzen des Staates in Ruhe und Sicherheit leben kann, aber er darf billig verlangen, daß diese Gesetze nicht einseitig andere auf seine Kosten bevor­zugen. Der Bauer hat von jeher die Treue zum

Fürsten gepflegt, er hat am längsten an den Volks- eigentümlichkeitcn festgehalten, er ist stets mit Gut und Blut freudig für König und Vaterland einge­treten, er bat Gottesfurcht und Sitte, Einfachheit und Arbeitsamkeit geübt wer ist mehr geeignet als er, das zu hegen und zu bewahren, was alles wir in dem Wort Vaterlandsliebe und Religion zu­sammenfassen? Darum bleibt der Bauernstand erhalten, so vergeht auch der Mittelstand nicht und das Rütteln des internationalen Großkapitals auf der einen und der umstürzlerischen Sozialdemokratie auf der andern Seite an den Grundfesten unserer Nation und Na­tionalität werden fruchtlos bleiben. Daß der Mittel­stand aber erhalten bleibe, dazu bedarf es der geeig­neten Vertreter des Volks im Reichstag und des­halb Ihr Bauern, wählet nur solche Männer, die für's Vaterland ein warmes Gefühl und für Eure Interessen ein offenes Verständnis haben und ohne Rücksicht auf Parieiinteressen nur das vertreten werden, was dem Vaterland und Euch frommt!"

Tages- Neu igkeiten.

Deutsches Meich

Stuttgart, 31. Mai. Abgeordnetenkammer Heute beriet die Kammer der Abgeordneten über die indirek­ten Steuern. Als Reinertrag der Accise wurden je 1,756,000 ^il in den Etat eingestellt, als Reinertrag der Abgabe von Hunden je 199,100 Rathgeb ver­wandte sich für die Ueberlassung der Hundesteuer an die Ge­meinden, worauf Minister v. Ri ecke erwiderte, die Angele­genheit hänge mit der Steuerreform zusammen, man möge sie bis dahin ruhen lassen. Als Reinertrag der Wirtschafts­abgaben wurden je 9,33^,620 eingestellt. Hierbei gaben einige Abgeordnete Wünschen, die sich auf die Abgabe von Wein und Obstmost beziehen, Ausdruck. Lay ha wünschte eine grundsätzliche Reform dieses Wirtschaftsabgabengesetzes; Auer beklagte sich darüber, daß die billigen Weine verhält­nismäßig viel höher vcranlangt seien als die besseren, und Ebner machte auf den MißstanS aufmerksam, daß der würt- tembergische Weinhändler nicht unter 20 Liter Wein aus sei­nem Keller verkaufen dürfe, während dies jedem nichtwütt- tcmbergischen Weinhändler mlaubt sei. Minister v. Rlecke erwiderte, daß durch die Zollvereinsverträge der Regierung leider die Hände gebunden seien; sie werde aber versuchen, eine Aenderung dieser Verträge Herbeizuführen und dabei auch auf die erhobenen Beschwerden Rücksicht nehmen.

Stuttgart, 1. Juni. Die Wirte Württembergs treten jetzt auch wieder auf den Plan, indem der Landesverband derselben seinen 8. Verbandstag am

6. und 7. Juni in Reutlingen abhält. Aus kleinen Anfängen emporgewachsen, umfaßt derselbe jetzt ca. 45 Bezirksvereine in allen Teilen Württembergs und allerorts rüsten sich die Wirte zum Besuche des V.-r- bandtages. Die Tagesordnung ist ebenso reichhaltig wie interessant, und für jeden Wirt sollte es nichts Wichtigeres geben, als an diesen seinen Stand för­dernden Beratungen teilzunehmen. Daß die Um- geldsfrage einen Hauptpunkt der Verhandlungen bilden wird, ist selbstverständlich. Mit dem Ver­bandstage ist eine Ausstellung verbunden, welche von ca. 75 Ausstellern beschickt wird, und bei welcher die neuesten Erzeugnisse, Maschinen und Bedarfsar­tikel für das Wirtsgewerbe zu sehen sein werden. Mit dieser Ausstellung ist eine Lotterie verbunden und werden sämtliche Gewinne, ausschließlich den Ausstellern, abgekauft. Um aber auch das Ange­nehme mit dem Nützlichen zu verbinden, ist auf den

7. Juni ein Ausflug auf den Lichtenstein, Olga­höhle rc. geplant, an welchem sich hauptsächlich auch die Fanilienangehörigen der Wirte beteiligen werden. Allem Anschein nach dürfte die Zahl der Besucher des Verbandstages die der früheren bei Weitem übertreffen.

Vom Oberland. 27. Mai. Als Seltenheit ist zu verzeichnen, daß in der 350 Einwohnern zählen­den Gemeinde Ellwangen, OA. Leutkirch, am gestri­gen Tage sieben Ehepaare ihr silbernes Ehejubiläum oder, wie die Jubilarinnen behaupten, ihr ^jäh­riges Regieruugsjubiläum feierten.

Nach einer Mitteilung der Neisser Zeitung hat Pfarrer Kneipp wenige Tage vor seiner beabsich­tigten Reise nach Oberschlesien in Wörishofen einen unglücklichen Fall gethan und dabei einen dreifachen Rippenbruch erlitten. Bei dem Alter des Pfarres er steht im 73. Lebensjahre ist die Heilung eine langsame.

Ueber die Haltung der Opposition in der Mi­litärfrage stellt dieNordd. Allg. Ztg." Betrach­tungen an, indem sie die früheren Aussprüche der Führer jener Seite damit vergleicht. Wörtlich zitiert sie eine Rede des Herrn Eugen Richter, die jener im Jahre 1874 im Reichstage hielt, worin es unter an­derem heißt:Wir wollen die Kriegspräsenz unseres

Heeres durchaus nicht vermindern, wir haben gar nichts dagegen, wenn recht viele Rekruten ausgehoden werden, damit sich die Wehrkraft, die Kriegslast auf möglichst viele Schultern verteilt, daß sie für jeden Einzelnen möglichst erträglich wird, damit namentlich die älteren Jahrgänge desto mehr auf Kosten der jüngeren geschont werden können. Das bewerft meine und meiner politischen Freunde ganze Haltung in der Militärfrage. Wir haben ja niemals die Wehr­kraft an sich zu schmälern versucht, es ist uns nur darauf angekommen, durch Verminderung der Dienst­zeit sie für jeden einzelnen möglichst erträglich zu machen."

Unser Kaiser wird, von seinem Jagdausfluge von Pröckelwitz zurückkehrend, am 2. Juni auf dem Tempelhofer Felde die Parade der Berliner Garnison abhalten, nach deren Beendigung der Monarch nach dem Neuen Palais bei Potsdam sich begeben wird. Ueber die waidmännische Lebensweise oes Kaisers in Pröckelwitz wird berichtet: Der Kaiser steht um 2 Uhr Morgens auf, nimmt ein Beafsteak. Kotelette oder dergleichen zu sich und fährt dann zur Morgen- pürsche in den Wald, von wo er gegen 11 Uhr zurückzukehren pflegt. Das Frühstück wird im Wald verzehrt. Dann legt sich oer Monarch zur Ruhe nieder, hört nach kurzem Schlaf die Vorträge, erle­digt die inzwischen eingelaufenen Briefschaften und nimmt dann um 4 Uhr das Mittagsesfen ein. Gleich darauf fährt er zur Abendpürsche m den Wald.

Berlin, 31. Mai. Die Eröffnung des Reichstags ist vorläufig auf den 28. oder 29. Juni festgesetzt.

An die deutschen Iruuen.

(Aus dem Königreich Sachsen eingesandt.)

Diese Worte sind gerichtet an jede deutsche Frau, an-die hochgestellteste sowohl, als an die Frau des schlichtesten Arbeiters, sie sind gerichtet an jede Mutter, an jede Gattin, an jede Tochter! Ein tiefernstes Gefühl der Sorge um die Zukunft drückt mir die Feder in die Hand, und ich frage Euch alle, Ihr deutjchen Frauen, fühlt Ihr nicht ebenso? Wo ist es hin, das wohlthuende, segensreiche Gefühl der Sicherheit, welches uns beseelte seit mehr als 20 Jahren, heit der Einigung unseres deutschen Vater­landes? Und war sie nicht teuer genug erkauft diese Einigung mit dem Blute unserer Söhne, unserer Gatten, unserer Brüder? Ein Gefühl der Be- chämung und der bangen Sorge hat seit kurzem ich unserer bemächtigt, die traurige Gewißheit, daß umer schönes deutsches Vaterland zerrissen ist nach innen durch den Verlust der Einheit. Was hat die- es Wort für eine schwere Bedeutung und wie viel chwere Folgen können wir noch erfahren? Uns Frauen ziemt es nicht, teilzunehmen an dem Wahl­kampf dieser Tage, nur Eines halte ich für erlaubt: Wir deutschen Frauen wollen sein ein einig Volk von Schwestern! Wir wollen unsere Söhne, unsere Gatten, unsere Väter bitten, mit aller Macht unserer Lieve, daß sie wählen mögen zur Sicherung des Friedens unseres Vaterlandes, zur Erhaltung seiner Macht und Größe, daß sie wählen für seine uner­schütterliche Einheit nach innen und nach außen! An dem bedeutungsvollen Tage der Wahl wollen wir alle Eins sein in dem Gebet: Gott erhalte uns unser liebes, einiges, deutsches Vater­land ! Eine deutsche Frau.

Are Buchführung irn Kleingewerbe.

ES giebt noch immer einen großen Teil kleiner Handwerksmeister und Gewerbetreibender, die heute noch nicht von der Notwendigkeit einer geordneten Buchführung, auch beim kleinen Meister, überzeugt sind, obwohl heutzutage kein Geschäft emporkommen kann, das sich nicht zur Aufgabe macht, sämtliche Geschäfts­vorfälle in ordentlicher Weife zu Papier zu bringen.

Vielfach hält aber der kleine Meister die Einrich­tung der regelrechten Buchführung mit der vielen, nach seiner Ansicht überflüssigen Schreiberei wohl für einen großen Geschäfts- (Fabriks-) Betrieb geeignet, für einen kleineren Geschäftsmann jedoch zum Mindesten als nicht unbedingt notwendig, und zeitraubend, denn einen eigenen Buchhalter trägt ja das Geschäft nicht.

Daß sich ein Meister, der 6 bis 8 Arbeiter beschäf­tigt, nicht einen eigenen Buchhalter halten kann, ist ja ganz richtig, aber auch gar nicht notwendig, weil die für solch ein Geschäft nötige Buchführung einfach und mit wenig Zeitaufwand vom Meister selbst besorgt