dürfen dessen Glieder nicht schweigen, sondern müssen mit aller Entschiedenheit gerade jetzt in der Wahlbewegung sagen, was sie wünschen, und was sie zu ihrer Erhaltung für nötig erachten. In der Frage um die Existenz des ganzen Handwerks sollte kein Streit darüber bestehen, wie weit man gehen möchte oder gehen sollte; erst kommt die Einigkeit im Handwerk, und der Erfolg einer solchen wird schon ein derartiger sein, daß vieles andere in den Hintergrund treten kann.
Uages-WerrigkeiLen.
Deutsches Weich.
o Nagold, 29. Mai. Die auf gestern Abend > in den „Gasthof z. Hirsch" einberufene öffentliche Wählerversammlung hatte eine große Zuneigung gesunden. Herr Kommerzienrat Sannwald eröffnete mit kurzen Worten die Versammlung und erteilte Herrn Baron Freihcrrn Wilhelm v. Gültlingen das Wort. In sachlicher und leicht faßbarer Weise entrollte der Herr Redner den Anwesenden ein klares und umfangreiches Bild über die heutige politische Lage durch die von militärischen Autoritäten geliefer- ten schlagenden Beweisen sei die Bewilligung der Militärvorlage ein unabweisbares Bedürfnis zur Erhaltung des deutschen Reiches und zur Förderung für Handel und Wandel. In diesem Sinne legte Herr Freiherr Wilhelm v. Gültlingen es jedem ans Herz, sich nicht von den Unzufriedenen leiten zu lassen, sondern als national gesinnter Mann für diese, wenn auch schwer zu bringende Opfer voll und ganz einzutreten, da ein unglücklicher Krieg Deutschlands Ruhm leicht zu Schande bringen kann und 1870/1871, der Stolz des deutschen Reiches, nicht mehr wieder kommt. Mit einem von den Anwesenden begeistert aufgenommenen Bravo endete der wohldurchdachte Vortrag. Es schlossen sich hieran noch mehrere andere Ansprachen, die ein interessantes Seitenstück zu den Worten des Herrn Vorredners boten. Nachdem die Versammlung mit warmen und anerkennenden Worten des Altreichskanzlers Fürst Bismarck gedacht, schloß Her Kommerzienrat Sannwald. da sich niemand zur Debatte meldete, mit wenigen Worten die Versammlung. (Einen etwas ausführlicheren Bericht über die Kandidatenrede des Hrn. Landgerichtsrat v. Gültlingen wird in nächster Nummer aus Altensteig und Ebhausen folgen.)
.—.1. Rohrdorf, 28. Mai. In der Wollspinnerei des I. A. Weber hier brach heute Mittag Feuer aus, das durch die rastlose und zielbewußte Thätigkeit der Feuerwehren von hier, Ebhausen und Walddorf auf seinen Herd beschränkt werden konnte. Waldstreue, die in einem angebauten Schopf untergebracht war, entzündete sich und teilte das Feuer dem Hauptgebäude mit.
> Alten steig, 25 Mai. Heute wurde hier der 83 Jahr alte pensionierte Lehrer Schlack zu Grabe getragen. Viele Kollegen gaben dem Senior der Lehrer unseres Bezirks das letzte Geleite, hatten auch den Gesang vor dem Hause und am Grabe übernommen. H. Stadtpfarrer Hetterich sprach am Grabe über den Text 5. Mose 32, 38, 40. Der Verstorbene war 1810 zu Thumlingen geboren. Definitiv war er angestellt zu Durrweiler, Effringen, Baiersbronn und Simmersfeld. In letzter Gemeinde wirkte er 24 Jahr lang, dann mußte er sich 1878 wegen eines Gehirnleidcns in Ruhestand begeben. Seitdem lebte er hier, bis am Dienstag ein sanfter Tod seinem Leben ein Ziel setzte. Im Namen der Gemeinde Simmersfeld und der früheren Schüler des Entschlafenen daselbst legte Gemeindepfleger Kal mb ach von dort einen Kranz am Grab nieder.
> Alten steig, 26. Mai. Gestern Abend hatte der Zug 9^ von hier nach Nagold Pech. Kaum war er abgefahren, als vorn an der Lokomotive an einem Zapfen eine Schraube los wurde. Dadurch verbog sich eine Schiebstange der Art, daß ein Wei- tersahren unmöglich wurde. Weil die Heizung der 2. Lokomotive zu lange Zeit gebraucht hätte, ließ man diesen Zug Nro. 186 ganz wegfallen, dadurch fiel selbstverständlich auch Zug Nro. 185 von Nagold um I I Uhr ab hieher weg. Für die Passagiere war dieser Ausfall sehr unangenehm.
> Altensteig, 27. Mai. Ein 24jährigerKnecht von S.chernbach kam unter einen Rindcnwagen und wurde übel zugerichtet. Ein Fuß wurde ihm zweimal gebrochen. Sein Zustand soll namentlich auch durch Verblutung sehr bedenklich sein.
Tübingen. Auszug dcc Geschworenculistc des II. Quartals 1893. Karl Bozenhardt, jun., Rotgerber in Calw, Chr. Claß, Glaser in Gechingen, Wilh. Gustav Rocker, Mühlebesitzer in Unterjesingen, Fr. Schittenhelm, Kfm. in Haiterbach, Chr. Schneider, jun., Bauer in Gechingen, Karl Schöninger, Holzhändler in Calmbach, Gottl. Friedrich Stenglc, Privalier in Herrenberg, Gottlieb Wurster, Stiftungspfleger in Berncck.
Stuttgart, 24. Mai. Ständisches. Der Kammer der Abgeordneten sind im ganzen 11 Petitionen zngcgangen, worüber der Bericht der volkswirtschaftlichen Kommission, deren Referent v. Lei b b r and ist, ausgegeben wurde. Zur Kenntnisnahme beantragt die Kommission der Regierung folgende Eisenbahn-Pelitionen zu überweisen: 1) um Erbauung einer normalspurigen Eisenbahn von Kirchheim u. T. nach Oberlenningen im Lauterthal; 2) um Weiterführung der Eisenbahn von München durchs Schmiechenthal nach Schelklin» gen; 3) um Fortführung der Eisenbahn von Münsingen nach Laichingen; 4) um Verwilligung eines Staatsbeitrags zu einer Jagstthal-Dampfstraßenbahn Möckmühl-Dörzbach; S) um Erbauung einer schmalspurigen Eisenbahn von Mergentheim über Wachbach nach Dörzbach; 6) um Erbauung einer schmalspurigen Eisenbahn von Aalen beziehungsweise von Unterkochen nach Neresheim und Dischingen; 7) um Erbauung einer normalspurigen Eisenbahn von Freudenstadt durch das Murgthal bis zur badischen Landesgrenze bei Schönmünzach zum Anschluß an die von badischer Seite in Aussicht stehende Fortsetzung der badischen Murgthalbahn von Gernsbach (Weißenbach) bis zur württembergischen Landesgrenze und 8) um Erbauuug einer Eisenbahn von Biberach nach Ochsenhausen. Was 9) die Bitte um Erbauung einer Lokalbahn von Schus- senried nach Buchau anbelangt, so beantragt die Kommission, die Regierung um Einbringung einer Vorlage über die Herstellung dieser Nebenbahn in thunlichster Bälde zu ersuchen. Nachdem der Versuch der Stadt Bönnigheim, die Führung der Zabergäubahn über Bönnigheim zuwege zu bringen, als gescheitert zu betrachten ist, hat 19) der Abgeordnete Winter um Ausführung der Zabergäubahn von Lausten a. N. nach Güglingen (wie es der Vorschlag der Regierung bei der letzten Etatsberatung war) petitioniert. Die Kommission ersucht nun ihrerseits die Regierung, in thunlichster Bälde eine solche Vorlage einzubringen. 11) liegt eine Petition gegen die geplante Erbauung einer normalspurigen Sekundärbahn von Langenburg über Gerabronn nach Blaufelden vor. Die Petenten führen an, daß eine solche Teilstrecke ohne Weiterführung nach Rothenburg a. T. gar keine Rentabilität erwarten lasse und nur zwei Gemeinden zu gut komme. Auch diese Petition soll der Regierung zue Kenntnisnahme überwiesen werden.
Stuttgart, 26. Mai. Abgeordnetenkammer. Nachdem der Gesetzentwurf, betr. die Entlaßbarkeit untauglich gewordener Körperschaftsbeamten verschiedenem«! von der Tagesordnung wieder abgcsetzt worden ist, gelangte derserlbe heute endlich zur Beratung in erster Lesung. Bevor in die heutige Tagesordnung eingetreten wurde, teilte Frhr. v. Gemmiugen mit, daß die staatsrechtliche Kommission das Mandat ritterschaftlichen Abgeordneten Frhrn. v. Gültlingen infolge seiner Beförderung zum Landgerichtsrat für erloschen erklärt. — In der Generaldebatte nahm zu dem Hauptgegenstand der Tagesordnung als erster Redner das Wort der Abgeordnete Untersee. Derselbe begrüßte die Einbringung des Entwurfs; er streift die Frage der Abschaffung der Lebenslänglichkeit und meint sodann, was die Pensionsberechtigung der Körperschaftsbeamten betrifft, wir werden, wenn dieselbe abgelehnt würde, nur noch minderbefähigte Leute in die Korporationsämter bekommen. Maurer ist hierüber anderer Meinung. Wir werden auch ohne Pensionsberechtigung tüchtige Korporationsbeamte bekommen; dagegen würde es große Unzufriedenheit und großen Mißmut bei der Bevölkerung Hervorrufen, wenn die Abgeordnetenkammer den Körperschaftsbcamten Pensionsberechtigung zubilligen würde. Die arbeitende Bevölkerung aller Klassen sei jetzt gerade an der Grenze der Leistungsfähigkeit angekommen und verwahre sich gegen weitere unnötige Belastung. Der Gesetzentwurf, betr. die Pensionsberechtigung der Körper- schastsbeamten wolle den Gemeinden 261,009 mehr als bisher jährlich aufladen. Redner bittet das Haus, den Entwurf kurzer Hand abzulehnen. Hartranft tritt als Vorstand des Vereins würltemb. Gemeinde- und Korporationsbeamten warm für die Pensionsbcrechtigte ein und spricht dem Minister v. Schmid Dank für die Einbringung des Gesetzentwurfs aus. Haußmann (Balingen) spricht gegen die Pensionsberechtigung.
München, 25. Mai. Der Redakteur des „Bayer. Vaterland", Dr. Sigl, nahm die Reichslagskandiüa- tur für Kelheim-Rottenburg wieder an. Sigl erklärt, diesmal persönlich im Wahlkreis aufzutreten.
München. 26. Mai. In der Wallfahrtskirche von Geimersheim brach gestern, während gerade eine Betstunde abgehalten wurde, Feuer aus. Es entstand eine Panik und alles drängte nach dem Ausgange. Bier Kinder wurden als leblos vom Platze getragen, mehrere andere Personen verletzt.
Mannheim, 24. Mai. Vor einiger Zeit starb in England ein gewisser Friedrich Georg Köhler mit Hinterlassung eines Vermögens von 200 Millionen Gulden. Direkte Erben waren nicht da und bald erhoben verschiedene verwandte Linien, und zwar hauptsächlich aus Oesterreich-llngarn und Hessen, Anspruch auf das kolossale Vermögen. Lange Zeit schwebten die behördlichen Untersuchungen. Jetzt endlich wird auf Grund der vom ungarischen Ministerium des Aeußern in England beschafften Daten mitgeteilt, daß die Erbschaft den aus dem Großher- > zogtum Hessen mit ihren Erbansprüchen hervorgetre-
tcneu Personen zugesprochen wurde, nachdem als erwiesen angenommen werden mußte, daß der Erblasser aus Hessen-Darmstadt stammte.
Hauptmann a. D. v. Grabow in Cassel, der jüngst seinem Leben durch einen Pistolenschuß ein gewaltsames Ende machte, soll dem Vernehmen nach dem 3. Hessischen Infanterie-Regiment Nr. 83, dem er früher angehörte, laut Testament ein Vermächtnis von 100 000 ^ gestiftet haben.
Auf die Frage, was wohl kommen würde, wenn der nächste Reichstag die Vorlage wiederum ablehnte, antwortete der Finanzminister, das wisse er nicht. So viel sei doch aber klar, daß eine nochmalige Ablehnung der Vorlage uns in große Schwierigkeiten und schwere innere Kämpfe werfen, unser Ansehen im Aus lande schwächen, den Respekt vor unserer Macht verringern und damit die Gefahr des Krieges erhöhen würde. So sehr wir Freundschaft mit allen Völkern und insbesondere auch mit Frankreich wünschen, könne man sich doch leider nicht verhehlen, daß der Friede in demselben Maße mehr gefährdet sei, in welchem Frankreich den Sieg für sicherer oder wahrscheinlicher halte; dies sollten namentlich die Gcenzländer wohl bedenken.
Der „Reichs-Anzeiger" weist im Gegensatz gegen die in der Presse geäußerten Anschauungen darauf hin, daß die österreichischen Vereinsthaler und Vereinsdoppelthaler nach wie vor ein gesetzliches Zahlungsmittel sind. Dies beruhe auf einem deutschösterreichisch-ungarischen Abkommen, wonach die Reichsregierung sich verpflichtet habe, von der Außerkurssetzung der österreichischen Vereinsthaler vorläufig abzusehen, während Oesterreich-llngarn sich verpflichtete, 20 Mitbonen Thgier von der Reichsregierung zur Einschmelzung zu übernehmen.
Die „National-Zeitung" bringt einen v. Ll. (v. Boguslawskt?) gezeichneten Artikel, der sich über das Thema „Militärisches Sachverständnis und Militarismus" verbreitet. Zum Schluß giebt er den Liebhabern des Schlagwortes „Militarismus" Folgendes zu bedenken: „Ein klarer Begriff verbindet sich für die Masse mit diesem Worte nicht. Wenn man einen solchen herausklügeln wollte, so könnte man doch nur sagen, daß Militarismus einen Zustand bedeute, in welchem die Interessen des Heeres unter allen Umständen die bürgerlichen Interessen unterdrückten und schädigten, in welchem das Heer nicht nur zum Schutze des Landes und Staates, sondern um seiner selbst willen, als eine besonders wichtige Institution des Staates betrachtet würde. Daß dies in Deutschland der Fall sei, darf man verneinen. Will man und kann man mit Recht behaupten, daß in Deutschland alle anderen Zweige des Staatslebens zu Gunsten des Heeres vernachlässigtwerden, wenn nachgewiesen ist, daß der Kultusetat seit 1870 in Preußen um 440 Prozent, der Heeresetat nur um 70 Prozent gestiegen ist? Zu- gcstehen muß man, daß die Ausgaben für das Heer da unv dort eine reichere Aufwendung für andere Zwecke verhindern, aber es gilt hier, der Uebertrei- bung entgegenzutrcten, und vor Allem muß man fragen, was die Notwendigkeit gebietet. Dies zu
ertragen ist kein Militarismus. Wenn die
Herren Lieber, Payer und Richter um die Wette über Militarismus klagen und Herr Payer uns ein bewegliches Bild von dem in Süddeutschland angeblich herrschenden Widerwillen gegen den preußischen Militarismus malt, wenn gewisse Kreise in Altbayern die militärischen Lasten mit Unwillen betrachten, so ist es an der Zeit, denselben ins Gedächtnis zurückzurufen, daß auch wir Preußen Parti- kularistisch sein könnten, wenn wir es wollten, — was wir aber als gute Deutsche nicht wollten — daß Preußen ähnliche Lasten seit 1813 getragen, und zwar alle Stände, während die wohlhabenderen Klassen im übrigen Deutschland sich für ihr Geld von den ärmeren vertreten ließen, und daß Preußen diese Lasten eine sehr lange Zeit für das gesamte übrige Deutschland mittrug. Es wurde Preußen nicht zu viel, und jetzt nach 22 Jahren sollte es schon den anderen Deutschen zu viel sein, die Unabhängigkeit Deutschlands zu sichern? Das ist sicherlich nicht wahr! Das ist eine Fälschung der Volksstimmung, die freilich, wenn ein Wetter wie 1870 käme, wie Spreu vor dem Winde zerstäuben würde; aber es gilt eben ein solches Wetter möglichst zu vermeiden, und in Bezug hierauf richtet