Gages-WeuigkeiLen.

Deutsches Weich.

* Nagold, 17. Mai. Wie in Nr. 57 des Gesellschafters des so unerwartet und allzufrüh ge­storbenen Lehrers Chr. Schuon in ehrendster Weise gedacht wurde, so gedenkt auch der Schramberger Anzeiger in einer Correspondenz in ähnlicher Weise dieses jungen, strebsamen Jugendbildners.Die Ev. Gemeinde, heißt es dort, verliert an ihm ein treues Mitglied, einen überaus fleißigen. pflichteifrigen Lehrer. Unermüdlich thätig, trotz seiner schon seit Jahren geschwächten Gesundheit, ausharrend auf seinem Posten länger als für ihn gut war, da zu seinem Lungenleiden in den letzten Tagen noch Lungen- und Brustfell-Entzündung hinzukam, hat der Ver­storbene sich nicht nur die Achtung seiner Mitbürger, sondern auch die Liebe seiner Kollegen und insbe­sondere seiner Schüler und deren Eltern in hohem Grade erworben. Diese Liebe und die Dankbarkeit Aller, denen er während seines anderthalbjährigen Aufenthalts in hiesiger Stadt näher getreten ist, wird dauern auch über das Grab hinaus". Dem entspre­chend war gestern auch hier dessen ungemein zahl­reiche Leichenbegleitung. Neben dem Geistlichen von hier und Schramberg sprachen am Grabe drei seiner Kollegen und Jugendfreunde herzliche Worte; eine Unzahl von Blumen und Kränzen decken das kühle Grab. Er ruhe im Frieden!

Affstätt, 15. Mai. Als Zeichen der Zeit sei mitgeteilt, daß für die erledigte Landpostbotenstelle der Orte Oberjesingen, Kuppingen und Affstätt nicht weniger als zwölf Bewerber ausgetreten sind.

Tübingen, 15. Mai. Für die Reichstagswahl hat die nationale Partei bis heute noch keinen zu­sagenden Kandidaten gefunden. Die Wahl Payers ist zweifellos.

Stuttgart, 15. Mai. Die Vertrauensmänner. Versammlung der deutschen Partei Württembergs stimmte dem Wahlaufruf der nationalliberalen Par­tei zu, betonte aber, der Antrag Hüne sei das weit­gehendste Zugeständnis in der Militärvorlage.

Stuttgart, 16. Mai. Heute ist den Ständen der Entwurf eines Gesetzes, betr. die Pensionsrechte der Körperschaftsbeamten und ihrer Hinterbliebenen, zugegangen. Sämtliche Körperschaftsbeamte, welche noch in keiner anderen Pensionskasse sind, sind ver­pflichtet, der Pensionskasse beizutreten; außerdem sind die sog. Bauernschultheißen mit einem Einkom­men über 500 ^ und die Verwaltungsaktuare zum Beitritt berechtigt. Der Beitrag beträgt 3 Proz. des Gehaltes; als Ruhegehalt nach zurückgelegtem 10. Dienstjahre sind 40 Proz. des pensionsberech- tiglen Einkommens festgesetzt: bei längerer Dienstzeit steigt der Pensionsanspruch. Der Höchstbetrag einer Pension ist auf 6000 festgesetzt.

Cannstatt, 12. Mai. In Münster wurde ge­stern ein interessanter Weinkauf abgeschlossen, denn es verkaufte ein Wemgärtner den Ertrag seines einen halben Morgen großen Weinbergs um 4 Rm. Bu­chenholz.

Nürtingen, 14. Mai. Das hiesige Schullehrer­seminar feiert in diesem Jahre sein 50jähriges Ju­biläum ; hierfür sind der 24. und 25. August in Aussicht genommen. Mit dieser Feier soll unter Zu­stimmung der K. Oberfchulbehörde und im Einver­ständnis mit dem Ausschuß deS evangelischen Volks- fchullehrervereins auch ein Lehrergesangfest im Zu­sammenhang mit der musikalischen Ausführung des Seminars in der Stadtkirche verbunden werden. Im Anschluß an dieses Jubiläum wird der evangelische Bolksschullehrerverein seine Plenarversammlung eben­falls in Nürtingen halten, und zwar am 26. August. Dieselbe soll vorzugsweise dem Gedächtnisse des verst. Oberschulrats Dr. Eiscnlohr und der anderen ver­storbenen Lehrer des Seminars gewidmet sein. Von den bei Gründung des Seminars ins Amt tretenden Lehrern leben noch zwei: Oberlehrer a. D. Gößler rn Zürich und Schullehrer a. D. Braun in Biberach.

> Ein Passagier der Bahn SchillachSchram­berg teilt mit: Am Sonntag wurden sämtliche Passa­giere des Zuges 426a zwischen den Stationen Lehen­gericht und Schiltachstadt in großen Schrecken versetzt. Das Notsignal ertönte plötzlich und der Zug wurde sofort zum Stehe» gebracht. Als die Passagiere nach der Ursache sich erkundigten, sahen sie das Zugper­sonal damit beschäftigt, eine Ackerwalze, die mitten aus dem Geleise stand, zu beseitigen. Der Zug war ruiigc Meter vor derselben zum Stehen gebracht

worden. Allem nach stand die Walze am Bergab­hang oben und wurde durch Knaben ins Rollen gebracht, wodurch sie aufs Geleise kam; es dürfte sich hier nicht um absichtliche böswillige Gefährdung des Zugs, sondern mehr um einen unüberlegten Bubenstreich handeln.

Bayreuth, 13. Mai. In Leipoldsgrün ent­stand durch Brandstiftung ein großes Feuer, das 14 Gebäude, darunter 8 Wohnhäuser einäscherte.

Mannheim, 15. Mai. Bei dem gestern hier abgehaltenen zwanzigjährigen Jubiläum des Heidel­berger Militärvereins, an dem 30 Vereine des Gau- verbandes teilgenommen haben, hat der Großherzog von Baden, wie dieNeue Badische Landeszeitung" mitteilt, eine Ansprache gehalten, in der er in Bezug auf die augenblicklichen Verhältnisse ausgeführl hat, man könne Großes und Dauerndes nur durch Selbst­losigkeit und Hingebung und Treue erreichen. Wir alle müßten darnach trachten, das zu erhalten, was geschaffen worden sei. Von hohem Wert sei die Er­kenntnis, daß die militärische Schulung immer mehr ausgebreitet werde. Setze man die Selbstlosigkeit an Stelle des Egoismus, so könne man getrost der Zukunft entgegensetzen.

Metz, 13. Mai. Bei einem heute nacht 2 Uhr in der Gerberstraße ausgebrochenen Feuer verbrannte ein Arbeiter mit Frau und Kind, eine Frau sprang aus dem vierten Stock und blieb tot, ein elfjähriges Mädchen, das ebenfalls herabsprang, wurde schwer verwundet in das Hospital gebracht. Ein Haus ist ausgebrannt.

Die Ansprache des Kaisers an die Generäle über die Militärvorlage findet in der Presse mannig- fcnHe Besprechung. DieBoss. Ztg." erblickt darin einen persönlichen Eingriff des Kaisers in den Wahl­kampf. Eine Antwort auf die Rede lasse sich heute nicht geben. Das deutsche Volk werde sie am 15. Juni geben. DieFreis. Ztg." erinnert daran, daß. ebenfalls auf dem Tempelhofer Feld, im August vo­rigen Jahres der Kaiser erklär! habe, wenn der Reichstag nicht patriotisch genug sei. mit einer Vor­lage, die auf der zweijährigen Dienstzeit beruhe, zu­gleich die notwendigen Ergänzungen zu bewilligen, so sei ihm eine kleine, gut disziplinierte Armee immer noch lieber, als ein großer Haufe. Im übrigen be­merkt das Richtersche Blatt:Die Preßfreiheit in Deutschland ist nicht derartig geartet, um die kritischen Aeußerungen des Kaisers über den Reichstag vor den Generalen einer öffentlichen Kritik unterziehen zu können." DieGermania" erklärt:Die zwei­malige Verwertlmg des Wortespatriotisch" in die- em Zusammenhang weisen wir, sie mag stammen, von wem sie will, hiermit ganz bestimmt zurück. Zu der Stelle der Rede, in welcher der Kaiser seinen Willen ankündigt, alles, was er vermöge, an die Durch­dringung der Vorlage zu setzen, sagt ein anderes Blatt:Der Monarch kündigt hier also an worauf man übrigens bereits allseitig gefaßt war, daß er alles thun wird, was er vermag, um die Militär- vorlage durchzusetzen. Dies heißt nichts anderes und kann natürlich nichts anderes heißen, als daß der Kaiser beabsichtigt, den Reichstag eventuell wieder­holt aufzulösen. Wie schon gesagt, ist dies auch die allseitige Erwartung." DieFrkf. Ztg." glaubt, aus einigen Wendungen der Rede schließen zu können, daß der Kaiser über den thatsächlichen Stand der Dinge nicht richtig informiert worden sei. Sie be­dauert hauptsächlich die Wendung von derMinori­tät patriotisch gesinnter Männer," weil diese Worte dazu beitragen werden, in den Wahlkampf, der aus mancherlei Gründen ohnehin schon ein höchst erbitterter werden wird, ein weiteres Moment der Verbitterung hineinzutragen. Gleich derFreis. Ztg." bestreitet auch dieFrkf. Ztg." , daß bei den Debatten über die Vorlage im Reichstageleidenschaftliche Worte" gefallen seien. Die Hoffnung des Kaisers, daß der neue Reichstag der Vorlage zustimmen werde, teilt das Blatt durchaus nicht. Zu dem Vorhaben des Kaisers, alles, was er vermöge, an die Erreichung dieses Zieles zu setzen, bemerkt das Blatt:Verfas­sungsmäßig bleibt dem Kaiser in diesem Falle kein weiteres Recht übrig, als den Reichstag abermals aufzulösen und wir halten es trotz aller Andeutun­gen, die seit Wochen in gewissen Blättern über Kon­flikt und Staatsstreich gemacht worden sind, für selst- verständlich, daß der Kaiser nur an gesetzmäßige Mittel und Wege denkt, daß ja auch er keinen Augen­blick im Zweifel darüber sein kann, daß kein äußerer

Feind den Bestand des jungen deutschen Reiches auch nur annähernd so schwer gefährden könnte, als dies ein auch noch so geringes Äbweichen vom verfassungs­mäßigen Wege thun würde, thun müßte." Das Blatt verkennt am Schluffe nicht, daß die Ansprache des Kaisers den Ernst der Situation in besonders nachdrücklicher Weise zum Ausdruck bringt.

Auch dieKreuzztg." bestätigt, daß man sich in maßgebenden Regierungskreisen ernstlich mit der Absicht trägt, den neuen Reichstag bereits am 26. Juni einzuberufen. Als Motiv für diesen frühen Termin wird die Ratifizierung des deutsch-serbischen Handelsvertrages angegeben.

Der preußische Kultusminister hat eine neue Verordnung über die Einführung von Schulbüchern erlassen, welche vor allen Dingen bezweckt, zu ver­hüten, daß zu viel Schulbücher Angeführt werden und zu viele neue Schülbüchec gekauft werden müssen. In letzter Beziehung blieb allerdings manches bis­her zu wünschen übrig.

Bei den Wahlen wird sicherlich der Versuch ge­macht werden, die wirtschaftliche Allgemein läge als eine sehr ungünstige zu schildern. Dir Wahl­kandidaten nehmen gerne Gelegenheit zu der tröstli­chen Versicherung, das sollegründlich anders wer­den", wenn erst diese oder jene Partei in genügen­der Stärke in den Reichstag eingerückt sei. Aber leben wir wirklich in einer Zeir des endgültigen geschäftlichen Niedergangs? Ist die Teilung der Erde vollendet, und finden die Neukommenden keinen Platz mehr an der Tafel der Natur? Müssen die Ma­schinen stillstehen, die Hochöfen ausgcblasen werden, weil der Fabrikant keine Abnahme mehr findet, der Pflug rosten, weil das Korn nicht aufgebraucht wird? Es hat in der That den Anschein, als ob cs die Meinung aller derer wäre, deren Klagen nicht aus- hören wollen. Die Wahrheit ist: wir befinden uns in einer Durchgangsperiode, herbeigesührt durch die Umgestaltung der internationalen Handelspolitik. Haben sich erst die neuen Wirtschaftszustände, die jetzt noch in vollem Flusse sind, konsolidiert und un­sere innerpolitischen Verhältnisse beruhigt, dann wird auch eine Zeir wirtschaftlicher Blüte wiederkehren. Es ist jetzt Pflicht, vor dem pessimistischen Fatalis­mus zu warnen, der nur noch in der Hilfe der Par­teien oder des Staates Rettung sieht. (St. Tagbl.)

Der Prinzregent von Braunschweig für eine Aussöhnung zwischen dem Kaiser und dem Fürsten Bismarck. Das Berliner sozialde­mokratische OrganVorwärts" veröffentlicht einen Brief des Prinzregenten Albrecht von Braunschweig an eine ungenannte Exzellenz (wahrscheinlich den Reichskanzler Grasen Caprivi) vom 9. Mai 1893, der sich für eine Aussöhnung zwischen dem Kaiser und dem Fürsten Bismarck ausspricht. Das Schrift­stück, dessen Echtheit nicht groß bezweifelt werden kann, hat den nachstehenden Wortlaut: ,.Ew. Ex- zellen', sind sehr beschäftigt, und ich fühle, es ist unbescheiden, Ihnen in diesen Tagen zu schreiben. Die Sache, die ich aber erwähnen möchte, ist so wichtig, daß sie keinen Aufschub duldet, ich will aber ohne Ihre Kenntnis und ohne Ihren Rat keinen Entschluß fassen. Kammerherr von Witzleben, Kloster­propst zu Roßleben, bat mich, zu bewirken, daß bei Enthüllung des Kaiserdenkmals tn Görlitz, dem Bis- marck's und Moltkes Standbilder zur Seite stehen, Fürst Bismarck eingeladen werden könne. Man habe versucht, die Erlaubnis zu erlangen, sie sei abgelehnt worden, doch so, daß Zveifel blieb, ob dies von Majestät gewollt sei oder nur von anderer Seite ausgehe. Witzleben meinte, eine publike Aussöhnung mit Bismarck würde nach der Reichstagsauflösung von eminent wohlthätigem Einflüsse auf unsere inne­ren Verhältnisse sein müssen. Ich erwiderte, daß ich im Moment offiziell ein Nein seinem Ersuchen ent- gegensetzen müsse. Selbst nun von der Bedeutung eines solchen Schrittes der Begegnung von Kaiser und Fürst durchdrungen, möchte ich doch den Ge­danken nicht fallen lassen, ohne ihn vertraulich Ew. Exzellenz mitgeteilt zu haben. Im Herzen kann ich es nicht von der Hand weisen, was ich offiziell zunächst thun zu müssen glaubte, um keine unnützen Hoffnungen zu erwecken; so teile ich den Gedanken Witzlebens Ew. Exzellenz mit für den Fall, Sic ir­gend Gebrauch von mir für dessen Ausführung glau­ben machen zu können, oder auch ohne mich, der ich verbleibe Eurer Exzellenz aufrichtig dankbarer Albrecht. Pr. v. Pr." Wenn der Brief, was sehr