Der Gesellschafter.
Amts- und Intelligenz-Blatt für de« OVeramts-Bezirk Nagold.
^c° 57 .
Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donnerstag und SamStag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägerlohn) 80 in dem Bezirk 1 außerhalb des Bezirks 1 20
Monats-Abonnement nach Verhältnis.
Dienstag 16. Mai
JasertionS-Gebühr für die l,pamge Leite aus
gewShnltcher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 bei mehrmaliger je 6 Die Inserate müssen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe deS Blattes der Druckerei aufgegeben sein.
1893 .
Bestellungen
auf den
für den Monat
MMM
nimmt jede Postanstalt und die Postboten entgegen.
Amtliches.
Die Ortsvorsteher
wollen dafür Sorge tragen, daß die Abonnementsgebühr für den Staatsanzeiger vom 1. Juli 1893 bis 30. Juni 1894 mit
8 Mark 4« Pfennig
binnen 8 Tagen an die Oberamtspflege hier eingesendet wird.
Nagold, den 10. Mai 1893.
K. Oberamt. Vogt.
Nagold.
Reichstagswahl betr.
Durch Verfügung des Ministeriums des Innern vom 7. d. M. bctr.: die Vornahme neuer Reichs- tagswahltti ist zum Wahlkommissär für den VII. Wahlkreis
Oberamt Calw,
„ Herren berg,
- ' „ Nagold,
„ Neuenbürg,
Oberamtmann Völker in Herrenberg bestellt worden.
Den 13. Mai l893.
K. Oberamt. Bogt.
Nagold.
An die Ortsvorsteher.
Reichstags-Wahl betr.
Falls Einsprachen gegen die Wählerlisten vor- grbracht werden, so sind solche von dem Gemeinderat, in „zusammengesetzten Gemeinden vom Gesamtgemeinderat nach entsprechender, sachdienlicher Verhandlung zu entscheiden. Diese Entscheidung sowie die Eröffnung derselben an die Beteiligten hat gemäß Z 3 des Wahlreglements spätestens innerhalb .drei Wochen, vom Beginn der Auslegung der Wäh- flerlisten.an gerechnet, also spätestens am Sonntag, den 4, Jnni d. Js., zu erfolgen. Ist die Liste zu berichtigen, so ist genau nach Z 4, Abs. 1 des Reglements zu verfahren. Ergeben sich Streichungen, so ist der in Spalte 2 der Listen eingetragene Name zu durchstreichen und in Spalte 11 die Beurkundung nach Vorschrift des Formulars (Reg.-Bl. 1871, Beil. I. S. 13) zu geben; ergeben sich Nachträge, so sind solche nach Seite 14 dieses Formulars zu fertigen und ist der Abschluß in der daselbst bezeich- neten Weise zu beurkunden.
Bemerkt wird, daß die beiden gleichmäßig berichtigten Exemplare der Wählerlisten nicht sofort am Schluß der öffentlichen Auslegung, sondern erst am 22. Tage nach dem Beginn der öffentlichen Auslegung, also am 5. Juni d. Js. definitiv abzuschließen sind (vgl. die den Listen aufgedruckte Belehrung.). > ^
Endlich sind die in jeder Gemeinde vorhandenen Exemplare der amtlichen Belehrung über das Verfahren bei den Reichstagswahlen für den Gebrauch des Wahlvorstands bereit zu stellen.
Bezüglich des weiteren Verfahrens werden später die erforderlichen Bekanntmachungen erlassen werden.
Den 13. Mai 1893. !
_ K. Oberamt. Vogt.
Auf die erledigte Stelle des Stationsmeisters in Altensteig wurde der Stationsmeister und Postexpeditor Renz in Aldingen seinem Ansuchen gemäß versetzt.
Deutschland am Scheidewege.
Ein Brief aus der Fremde.
(Aus der „Deutschen Rundschau" v. Jul. Roden berg.)
(Fortsetzung.)
* Das Ausland ist für uns nicht maßgebend, aber seine Meinung verdient dennoch ernste Beachtung.
Daß Frankreich uns mit seiner Wehrverfassung heute voraus ist, kann nicht bestritten werden. Das Entscheidende dabei bleibt die Zahl der jährlich ausgebildeten Mannschaften, und diese Zahl steht, wie wir gesehen haben, auf Frankreichs Seite.
Es kann dagegen nur angeführt werden, daß das numerische Gewicht bedeutungslos sei, und thatsäch- lich hören wir dies von den Gegnern der Militärvorlage aussprechen. Der Satz, daß eine kleinere, aber vorzüglich gerüstete und ausgebildete Truppe mehr wert sei, als eine zahlreiche, aber schlechte, klingt ganz vortrefflich und verfehlt seinen Eindruck nie. Aber es handelt sich gar nicht darum, eine tüchtige Minderzahl mit einer untauglichen Ueberzahl zu vergleichen, sondern vielmehr gleichwertige oder doch annähernd gleichwertige Größen gegenüberzustellen. Wer sagt uns, daß die französischen Truppen von heute schlechter seien, als die deutschen. Als gute Patrioten dürfen wir in der Stille unserer Herzen davon überzeugt sein, ganz ebenso, wie die Franzosen sicherlich das Gegenteil glauben. Aber positive Beweisgründe lassen sich nicht beibringen.
In Frankreich ist seit zwanzig Jahren viel gearbeitet worden; nicht zum Mindesten hat sich das wissenschaftliche Leben der französischen Armee gehoben. Die Mittel, die uns zugänglich sind, stehen auch den Franzosen zur Verfügung; die Beschaffenheit der Bewaffnung ist gleich. Der französische Soldat mag Physisch etwas schwächer als der deutsche erscheinen. Ausdauer und Marschleistungen sind aber nach allen Berichten vortrefflich.
Vergeblich sieht man sich nach dem positiven Grunde um, welcher den Organisator und Staatsmann, oder dir Regierung des Landes berechtigte, die Ueberlegenheiten an Qualität für unsere Truppen als einen bestimmten Faktor ohne Weiteres in Rechnung zu bringen.
Die größere Gleichmäßigkeit unseres Offiziercorps in Zusammensetzung und Berufsausbildung ist freilich ein greifbares Moment unserer Ueberlegenheit über andere Armeen; es wird noch eine Zeit lang fortbestehen und kann viel thun, jedoch nicht Alles. Es bestand auch 1806 und vermochte das Schicksal der Armee nicht zu wenden.
Sodann wird viel von der bessern Führung im Großen gesprochen, wodurch wir künftighin die lleber- zahl unserer mutmaßlichen Gegner ausgleichen sollen. Auch das klingt gut, aber es kann zu gefährlichen Selbsttäuschungen führen. Hoffen dürfen wir. in künftigen Kriegen stets einen neuen Friedrich an der Spitze unserer Heere zu sehen, aber mit Sicherheit solches anzunehmen, während wir es den Franzosen ! absprechen, je wieder von einem Napoleon Bonaparte kommandirt zu sein, dazu wohnt uns nicht das mindeste Recht bei.
Auch der größte Feldherr bedarf außerdem der hinreichenden Mittel, um sich geltend machen zu können. Nur in der geschickten Ausnützung dieser Mittel, nicht in der Ausführung von überraschenden Zauberkunststücken kann sich sein Genie bethätigen. Bekannt ist, welche Bedeutung Napoleon dem Wert der Truppenzahl beimaß; es steigerte sich dies bei ihm bis zu einer verhängnisvollen Unterschätzung der Qualität.
Näher steht uns Feldmarschall Moltke, und unwillkürlich greift die Hand nach der Denkschrift von 1868, in welcher er die bedeutungsschweren Worte niederschrieb: „Frankreich ist dem norddeutschen Bunde nicht gewachsen." Worauf war diese lleberzeugung gegründet? Etwa auf die Meinung, daß unsere Truppen tapferer und geschickter, die Führung besser sein werde, als die des Feindes? Keineswegs! Die Abhandlung beginnt mit einer Berechnung der Truppenzahl, welche Frankreich zunächst aufbieten könnte, und derjenigen, welche wir ihm gegenüberzustellen vermöchten. Diese Berechnung schließt mit dem Facit ab, daß Frankreich zum Beginn des Krieges 250 000 Mann, wir aber 330 000 haben würden. Dann folgen die Worte: „Es leuchtet ein, wie wichtig es ist, die Ueberlegenheit ausWNützen, welche wir gleichs Anfangs allein schon in den Norddeutschen Kräften besitzen."
Darauf baut sich der Entwurf auf. — Eine Ueberlegenheit von 80 000 Mann erschien dem Feldmarschall also wichtig genug, um sie zum Ausgangspunkte seines Planes zu machen,— und heute soll ein llebergewicht Frankreichs um mehr als eine halbe Million nichts, oder nicht viel zu bedeuten haben! Wie nun aber, wenn wir einmal gezwungen sein sollten, einen Krieg an zwei Grenzen zugleich zu führen? Wir trauen unserer Diplomatie zwar die Geschicklichkeit zu, daß sie das Eintreten eines solchen Falles zu verhüten wissen wird. Aber mit sorgloser Sicherheit darauf bestimmt zu rechnen, wäre eine schwere Versündigung. Friedrich der Große war als Diplomat nicht minder bedeutend, denn als Feldherr und konnte es doch nicht verhindern, daß eines Tages halb Europa gegen ihn in Waffen verbündet war. Der Fall eines Entjcheidungskam- pfes mit zwei großen Mächten muß ins Auge gefaßt werden. —
Er wird nun vielfach mit dem Hinweis darauf abgethan, daß sich Deutschland zwischen jenen, d. h militärisch ausgedrückt, auf der inneren Linie befände und seine Schläge mit der schnell versammelten Kraft bald rechts, bald links austeilen könne. Es liegt dem ein richtiger Gedanke zu Grunde. Derjenige, welcher zwischen zwei Feinden steht, die gemeinsam stärker sind, als er, findet oft noch darin seine Rettung, daß er von seinen Streitkräften einsk doppelten Gebrauch macht und sich erst auf den ei«en Feind wirft, um ihn abzuthun, und sich dann dem andern zuwendet. Aber dies Gesetz erleidet die einschränkende Bedingung, daß man dabei jedem einzelnen der beiden Feinde entschieden überlegen sein muß. — Wenn aber der erste Gegner schon, auf den wir stoßen, uns an Truppenzahl überlegen ist, so.wird die Entscheidung, selbst wenn wir uns größere Tüchtigkeit unserer Truppen und bessere Führung vivdi- cieren, nimmermehr schnell genug fallen, um dem anderen Gegner die Zeit zu bedenklichem Fortschritte zu rauben.
Wir rechnen in einer solchen Lage auf unsere Bundesgenossen und zweifeln weder an ihrer Treue
-