den Herrn Kurtz wissen zu lassen, daß es ihm frei- slehe, ungehindert nach Frankreich zurückzukehren. Wie wir hören, ist Herr Kurtz von Seiten des Aus­wärtigen Amts hiervon verständigt worden.

Berlin, 9. April. Roßarzt Dr. Kurtz, der persönlich hier in Berlin weilt, wird von der ihm erteilten Erlaubnis, wieder nach Frankreich zurück­zukehren, keinen Gebrauch machen. Er will aber für die ihm durch die grundlose Ausweisung zuge­fügten Nachteile Entschädigung fordern und zu diesem Zwecke eine Klage gegen die französische Regierung anstrengen.

Berlin, 11. April. DieNordd. Allg. Ztg." wendet sich in einem zweitenJrrtümer" überschrie- beneu Artikel gegen den Antrag Bennigsen und hebt hervor, daß durch die Bennigsen'schen Vorschläge die volle Ausnutzung der Wehrkraft nicht herbeigeführt werde. Die Verjüngung und Verstärkung der Armee werde beeinträchtigt, höhere Schlagfertigkeit werde nicht genügend erzielt. Der Antrag Bennigsen strebe zweifellos nach Tendenz und Form zum gleichen Ziele wie die Vorlage, aber um dasselbe auch sub­stantiell wirklich zu erreichen, bedürfe er nicht allein der Erweiterung, sondern auch der Vertiefung.

Nach derRheinisch-westfäl. Zeitg." soll Bennig­sen nach einer etwaigen Reichstagsauflösung kein Reichstagsmandat mehr annehmen wollen.

Die Nat.Z. erklärt die Auflösung des Reichs­tags nunmehr für unausbleiblich, da den neuerdings auftauchenden Preßandeutungen über eine Verständi­gung keinerlei Bedeutung beizumessen sei. Die Auf­lösung sei für Anfangs Mai in Aussicht zu nehmen. (Es fragt sich auch heute noch, ob das schon fest beschlossene Sache ist. Die Regierung ist durch nichts gehindert, die Militärvorlage zurückzuziehen und die weiteren Entschließungen sich vorzubehalten.

Schweiz.

Bern, 10. April. Das Volk von Schaffhausen hat mit 4920 gegen 1182 Stimmen die Einführung der Todesstrafe beschlossen.

Besterreich-Angarn.

In Pöchlarn (Niederösterreichisch) sind am Ostermontag von den 75 Häusern, die der Ort zählt, 56 ein Raub der Flammen geworden. Das Feuer war ausgebrochen, während der größte Teil der Einwohnerschaft wie alljährlich auf der Wallfahrt nach dem eine Stunde entfernten Wallfahrtsort be­griffen war.

Frankreich.

Wenn, wie viele behaupten, der richtige Maßstab für den Wert eines französischen Ministeriums die Kunst im Phrasendrechseln ist, so hat die Republik mit Herrn Dupuy einen guten Griff gethan. Der neue Ministerpräsident versteht mit der Phrase vor­trefflich umzugehen und er hat durch dieses Lieblings- futter bei feinem Debüt in der Kammer gleich einen großen Erfolg errungen.

Nach einer Depesche aus Panama verlängerte die columbische Regierung die Konzession für den Panama-Kanal unter folgenden Bedingungen: Tie columbische Regierung verlangt als Garantie sechs Millionen Franken, Aushändigung aller Ma­schinen und allen Materials. Letzteres wird der Panama-Gesellschaft bei der Wiederaufnahme der Arbeit zurückgegeben. Kommt die Panamagesellschafl ihren Verpflichtungen nicht nach, so wird die colum­bische Regierung die Maschinen und das Material behalten,

Paris, II. April. Nach einer Privatdepesche aus Lissabon feuerte ein Individuum mit einem Re­volver aus den König ohne jedoch diesen zu treffen.

Italien.

Neapel, 6. April. In einer hiesigen Kirche stürzten während des Gottesdienstes Chor und Orgel ein; etwa 45 Personen, meist Musiker, wurden er­schlagen.

Bulgarien.

Soflia, 7. April. Die Vermählung des Prinzen Ferdinand ist endgiltig aus den 20. April festgesetzt worden. Während seiner Abwesenheit wird der Prinz durch den Unterrichtsminister Ziwkow vertreten sein.

En g 1 a n d.

London, 6. April. Das Ministerium des Innern hat die Sanitätsbehörden der englischen Haien davon benachrichtigt, daß nach cinuii Bericht der englischen Konsuls in Brest seit dem 22. März in Lorient 5l Todesfälle an Cholera festgestellt seien.

London, 7. April. Im Unterhaus hat gestern in einundeinhalbstündiger Rede der Premierminister Gladstone die zweite Lesung der Homerule-Bill be­fürwortet. Nach siebenjähriger Prüfung der Frage sei er überzeugt, daß die Selbstregierung kür Irland die einzige Lösung der irischen Frage fei. Das irische Volk sei fest entschlossen, nicht zu ruhen, bis ihm die ersehnte Abänderung der Unionsakte bewilligt sei. Es gäbe nichts Erniedrigenderes als den Druck einer großen auf eine kleine Nation, dagegen nichts Edle­res als das jetzt aukdämmernde Schauspiel, daß eine große Nation aus Ehr- und Pflichtgefühl die Un­gerechtigkeit gegen eine kleine Nation zu beseitigen sich entschlossen habe.

Rußland.

Warschau, 5. April. In Südrußland sind die Wintersaaten total durch die Fröste vernichtet. Die Gefahr einer Hungersnot ist größer als 1891.

China.

DieGazeta" veröffentlicht aus Pecking ein Dekret, nach welchem die Kaiserin-Witwfe anläßlich ihres 60. Geburtstages 20- Millionen Frcs. für Wohlthätigkeitszwecke bestimmt und alle Geschenke zur Feier ablehnt.

Kleinere Mitteilungen.

Die letzte große Sonnenfinsternis des Jahr­hunderts. Die gänzliche Sonnenfinsternis, die uns für den 16. April bevorsteht, ist die letzte in diesem Jahrhundert, die Gelegenheit bietet, die Sonnen­corona und die nächste Umgebung der Sonne direkt zu sehen und zu untersuchen. Äußerdem ist diese Finsternis dadurch bemerkenswert, daß die Dauer der Vollständigkeit auf 4 Minuten 49 Sekunden steigt, also der größtmöglichen Dauer, die etwa 6 Min. beträgt, ziemlich nahe kommt. Die Finsternis ist in fast ganz Südamerika, im mittleren Teil des atlantischen Oceans, in der Südhälfte Europa's mit Einschluß Süd-Deutschlands, im westlichen Afrika und teilweise in Klein-Asien sichtbar. Die Linie der zentralen Verfinsterung läuft von Chile über Bra­silien nach dem Senegal und von dort zum vormals ägyptischen Sudan. Zur Beobachtung der Finster­nis sind zwei englische Expeditionen ausgesendet worden, eine nach Brasilien unter Führung von Herrn Taylor, die andere nach Afrika unter Leitung von Herrn Thorpe. Die erstere wird ihre Aufstel­lung zu Para Cora in der Nähe von Ceara an der Küste von Nordost-Brasilien nehmen, die andere zu Fundium am Fluß Salum. Die Aufgabe beider Expeditionen besteht darin, photographische Messun­gen des Lichtes der Sonnencorona auszuführen, ferner die Corona zu photographieren sowohl bei längerer als bei kürzerer Expositionsdauer. Ferner soll das Spektrum der Corona photographiert wer­den, und zwar auf verschiedene Weise. Beide Expe­ditionen sind mit vortrefflichen Photoheliographen ausgerüstet.

Hanau, 9. April. In Niederessigheim bei Hanau bei dem Landwirte Conrad Schäfer »ist in den letzten Tagen ein Gänschen dem El entschlüpft, welches vier wohlgeformte Beinchen mit zur Welt brachte. Das Tierchen ist sehr munter und als vierfüssiges Geflügel seinen neun Geschwistern in Schnelligkeit weit überlegen.

Aus Eifersucht sprang am I. Osterfeiertag gegen Abend unterhalb Cuba bei Gera ein junges Mäd­chen in den Mühlgraben, um den Tod zn suchen Es war jedoch vorsichtig dabei und hielt sich an einem Strauch fest. Der Geliebte eilie schleunigst herzu, zog sein Mädchen aufs Trockene und gelobte hoch und teuer, daß er nie wieder mit einer Ändern liebäugeln wolle.

Der Gipfel höchster Zerstreutheit. Im Cafe Schneider am Südbahnhof zu Wien spielte sich am jüngsten Sonnabend eine merkwürdige Scene ab. Ein Herr, welcher in Gesellschaft mehrerer Freunde an einem der Tische Platz genommen hatte, zog, als er in die Tasche seines Ueberziehees griff, zu seinem großen Staunen aus derselben neunundneunzig nagel­neue Zehnernoten heraus, von deren Besitze er bis­her keine Ahnung gehabt hatte. Während die Ge­sellschaft sich in Mutmaßungen darüber erging, wieso das Geld in die Tasche d:s Herrn gekommen sein könnte, stürzte in das Cafe ein Passagier, der sich in der größten Aufregung befand, und als er auf einem der Tische das Päckchen Zehner-Banknoten bemerkte,

sofort auf die Gesellschaft zueilte. Er stellte sich als Mühlenbesitzer M. aus G. vor und erklärte, daß das auf dem Tische liegende Geld ihm gehöre. Beim Kassenschalter habe er, als er die Fahrkarte löste, einen Tausender gewechselt und die 99 Zehner, welche er zurückerhielt, irrtümlich in eine fremde Rock­tasche gesteckt. Die Gesellschaft überzeugte sich bald, daß die Angabe des zerstreuten Passagiers auf Wahr­heit beruhte und folgte ihm das Geld aus.

Ein europäischer Volksstamm ohne Geld­zeichen. Daß es in Europa einen Volksstamm von ungefähr 7000 Seelen giebt, bei dem Geldzeichen bis heute noch nicht eingeführt sind, wird erst jetzt durch die Veröffentlichung einer Monographie in denBeiträgen der kaukasischen Abteilung der kaisl. russischen geographischen Gesellschaft" bekannt. Es handelt sich um die im Tionetschen Kreise des Gou­vernements Tiflis wohnenden Chwesuren. Als Ein­heit bei der Wertberechnung gilt in Chewsurien die Kuh (10 Rubel). Vier Kühe repräsentieren den Wert einer Stute, sechs Kühe den eines Wallachs. Beispielweise wird die Geldbuße für Verwundungen (gegenüber Mord und Totschlag kommt die Blutrache in Anwendung) folgendermaßen berechnet: eine Schä- delverwundnng kostet bei Entblößung des Gehirns 16 Kühe, bei Knochenbruch mit Splitterabsonderung 5 Kühe, bei einfachem Bruch 3 Kühe. Eine Stirn­wunde kostet 3 Schafsböcke (7 Rbl. 29 Kop.). Eine höchst wunderbare Berechnungsweise der Buße greift bei Gesichtswunden Platz. Sind bärtige Teile des Gesichts verletzt, so werden abwechselnd Weizen- und Gerstenkörner, die ersteren der Länge nach, die letz­teren quer auf die Wunde gereiht und darauf von der Anzahl Körner, die sich dabei ergiebt, bei Seite geworfen. Soviel Körner nachbleiben, soviel Kühe müssen als Buße hergegeben werden. Dieselbe Prozedur findet bei Verwundungen der unbehaarten Gesichtsteile, namentlich der Nase, statt, nur wird alsdann blos ein Drittel der bezeichncten Körnerzahl weggeworfen und nicht Winter- sondern Sommer­weizen abgewandt. Eine schwere Verletzung der Hand kostet 16 Kühe, während Verstümmelung der einzelnen Finger, und zwar des Daumens 5 Kühe, des Zeigefingers 4 Kühe u. s. w. kosten. Das Theuerste ist Verlust eines Auges: 30 Kühe. Streit­fälle werden von Schiedsrichtern entschieden.

Der Deutsch-Amerikaner H. Hilgard in New- Dork, ein geborener Pfälzer, hat der deutschen Reichsregierung die Summe von 50,090 .^l zur Verfügung gestellt, um dieselbe für Reisest pendien an Lehrer. Techniker, Gewerbetreibende und Hand­werker in Beträgen von je etwa 1800 zum Be­suche der Weltausstellung in CH cago zu verwenden.

M a u s u n d L ö w e. In Amerika hat mau jüngst in einer Menagerie Versuche angestellt, ob und wie weit die sprichwörtliche Furcht des Löwen, Elcphanten und auch anderer großen Tiere vor der Maus auf Wahrheit beruht. Zuerst warf man eine Maus in den von zwei Löwen bewohnten Kifig, die entsetzt vor dem kleinen Nagetier zurücksprangen und laut brüllend aus dem Käfig zu entkommen suchten. Erst nach längerer Zeit beruhigten sie sich soweit, die Maus zu beriechen und hinfort völlig unbeachtet zu lassen. Dasselbe anfängliche Entsetzen legte ein Königstiger an den Tag, dem übrigens später die Maus sogar ungestraft in die Nase biß. Auch bei Elephanten hatte der Anblick der Mäuse eine ver­schiedene Wirkung. Die ungezähmten rissen an ihren Ketten undtrompeteten" vor Furcht, während ein zu Kunststücken abgerichteter Elephant das vor ihn gesetzte Mäusepaar in philosophischer Ruhe mit sei­nem Fuß erdrückte. Ganz anders verhielten sich die Pumas, Hyänen und Wölfe. Sie faßten die Sache von der ihnen nützlichen Seite auf und verschlangen unverzüglich die vorgeworfen Ratten und Mäuse.

Handel L Verkehr.

Stuttgart, Ist. April. Land esp rod ukteu börse. Wir notiere» per Istst Kilogr.: Weizen, bayrisch 17.30 bis 18, rumän. 17.2b, La Plata 17.80, Kernen 17.50 bis 17.75, Dinkel 12.40, Gerste, mährisch 19, ungar. 13.25, Hafer prima 15.10 bis 15.30, gewöhnl. ^ 14.25 bis 14.50, Mais Donau 12.50 bis .«e 12.75.

Stuttgart, 10. April. Mchlbörse. Per 10>1 Kilo­gramm: Snppengries 29.50, Mehl Nr. 0: 28.59 bis

29, Nr. 1: « 26.5a bis 27, Nr. 2: 25.50 bis ^ 26,

Nr. 3: 23. bis 23 50, Nr. 4: ^ 19. bis 19.50.

Klcic mit Sack ^ 9 per 100 Kilo je nach Qualität.