Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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1893 .

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Die K. Regierung sür den Schwarzwaldkreis hat am St. Februar 1893 die Wahl des Gemeindepflegers Friedrich Roth fuß in Ebershardt, Oberamts Nagold, zum Schult­heißen daselbst bestätigt.

Hages-WeuigkeiLen.

Deutsches Weich.

K Hailerbach, 26. Febr. Trotzdem viele hie­sige Bürger durch ein Leichenbegängnis in Nagold verhindert waren, dem auf heute angekündigten Vor­trage des Hrn. Pomologen Schultheiß Roll aus Amlishagcn, OA. Gerabronn, anzuwohnen, halte sich doch der geräumige Saal des Gasthauses «z. Löwen" nahezu gefüllt, da auch aus den umlie­genden Ortschaften Teilnehmer sich eingefunden hatten. Der Vorstand unseres landw. Bezirksvereins, Herr Oberamtmann Vogt, hieß die Versammlung freund­lich willkommen und übertrug dann das Wort zu seinem Vortrag über O b st b a u dem Hrn. Roll. Redner begann mit dem Hinweis auf die große land- und volkswirtschaftliche Bedeutung des Obst­baus, konstatiert, daß trotz der guten Mittel- bis Vollernte des Jahres 1892 doch noch für nahezu 6 Mill. Mark Obst nach Württemberg eingeführt werden mußte, und daß im Jahr 1891 7004 Wa­genladungen ä 200 Ztr. ausländisches Obst bezogen worden sei mit einem Geldaufwand von über 7 Mill. Mark. Diese Zahlen müssen uns ein Sporn sein, dem Obstbau ein regeres Interesse zuzuwenden. In der verhältnismäßig kleinen Gemeinde Amlisha- gen wurden im letzten Herbst über 1000 ^ aus Allmandobst erlöst; ein großer Teil der Grunobesitzer konnte für 2- bis 300 ^ Obst verkaufen, einer für über 1000 u. a. von einem einzigen Baum für 62 Hier im Schwarzwald sind noch viele leere Räume zu sehen, wo Obstbäume gepflanzt werden könnten. Es ist zwar zur Hebung der Obstbaum­zucht schon vieles geschehen, aber es werden auch manche Mißgriffe gemacht. Nicht selten läßt man sich aus Sparsamkeitsrücksichten von umherziehenden Händlern bereden, minderwertige Bäume mit abge­standenen Wurzeln zu saufen, statt seinen Bedarf von Baumschulbesitzern am Platze oder durch Ver­mittlung der landw. Bezirksvereine zu decken. Eben­sowenig sind Waldwildlinge zur Umpflanzung -zu empfehlen, da sie meistens ein geringes Wurzelver- Mögen haben und gewöhnlich unter günstigen Ver­hältnissen aufwachsen; wenn je solche Wildlinge zur Umpflanzung verwendet werden wollen, so müssen sie vorher 34 Jahre lang iri einem Gemüsegarten gepflegt werden. Auch auf den Baumsatz wird picht immer die nötige Sorgfalt verwendet. Wir wünschen, daß der Baum auf seinem Standort ein ganzes Menschenalter und noch länger aushalte. Darum sind vor allem große Baumlöcher anzulegen, «m zweckmäßigsten von 1^/, m Tiefe und 80 bis 100 om Weite; beim Baumsatz im Herbst müssen dieselben 14 Tage vorher, sür den Baumsatz im

Frühjahr schon im Winter ausgeworfeu werden. Diese Löcher müssen mit besserem Boden gefüllt werden, um ein besseres Anwachsen und freudigeres Gedeihen des jungen Baumes zu ermöglichen. Die Baumpfähle müssen vor dem Setzen des Baumes eingeschlagen werden und zwar auf der Seite des Stammes, wo die stärksten Winde Herkommen. Die Wurzeln des Baumes müssen vor dem Einsetzen zn- rückgeschnitten werden, die Schnittfläche muß nach unten gekehrt sein; es geschieht dies, um Wnrzel- krankheiten, wie Fäulnis rc., zu verhüten. Die Wurzelstöcke müssen mit ihren oberen Ausläufern fast in gleicher Höhe mit der Oberfläche des Bodens sich befinden; sie setzen sich mit dem lockeren Boden von selbst. Ein zu tiefes Pflanzen ist namentlich bei feuchtem Untergrund sehr nachteilig. Die Wurzeln müssen mit lockerer feiner Erde so bedeckt werden, daß sie nicht hohl zu liegen kommen, di- Erde wird mit der Hand, nicht mit dem Fuße, an die Wurzeln gedrückt. Die weiter angehäufte Erde muß den Baum muldenförmig umgeben, daß die Feuchtigkeit nicht abläuft. Gut ist es auch aus die Baumscheibe Mist oder Reisnadeln aufzulegen; diese Decke bietet beim Herbstbaumsatz Schutz gegen die Kälte, im Früjahr Schirm gegen die Hitze. Die Kronenzweige müssen auf etwa Ungekürzt werden, der Baum wächst dadurch erfabrungsmäßig besser an. Der Baum darf nicht fest, sondern nur ganz locker an den Pfahl angebunden werden, in Form eines 2O , sonst bleibt er oben am Pfahl hängen, wenn das Erdreich sich setzt. Dem richtigen Baumsatz muß nun aber die zweckmäßige Pflege Nachfolgen. Bor allem muß durch richtigen Kronenschnitt eine gefällige Form der Baumkrone anqestcebt werden. Da man in rauheren Lagen auf kräftige Stämme Bedacht zu nehmen hat, so muß der Kronenschnitt mindestens 4, am besten aber 6 Jahre fortgesetzt werden. Ihrem natürlichen Wuchs entsprechend ist bei den Kronen der Apfel­bäume im allgemeinen die Hochkugelform, bei den Birnbäumen die pyramidale Form vorherrschend; doch giebt es auch Ausnahmen von dieser Regel. Zur Erzielung der Hochkugelform läßt man beim Rückschneiden der Krone dem Leitezweig 34 Augen, für die pyramidale Form 56 Augen stehen. Im ersten Jahr können die Kronenzweige nur mäßig eingekürzt, oder ein Rückschnitt auch ganz unterlassen werden; im darauffolgenden Jahre muß aber ein kräftiger Schnitt gemacht werden, dadurch gewinnt man die Grundlage für eine schöne Krone. In rauhen Lagen ist es von besonderem Wert, wenn die Kronen einen starken Einbau haben. Im dritten Jahr werden die Seitenzweige aus 2 " lange Zapfen eingeschnitten. Die Hauptzweige schneidet man so, daß das obere Auge nach außen gerichtet ist. Eine richtige Bodenbearbeitung darf nebenher nicht feh­len. Auf Grasland stehenden Bäumen muß die Baum­scheibe wenigstens einmal im Jahr aufgehackt werden; dies geschieht am besten im Herbst. Wenn Bäume krebsig oder brandig werden, dann schneidet man im Frühjahr die kranken Stellen aus und überstreicht sie mit Baumsalbe. Man muß aber auch nach der Ursache der Krankheit forschen. Ist ein nasser Stand­ort vorhanden, so muß drainiert werden, was schon dadurch erreicht wird, daß man auf der Baumtraufe einen tiefen Graben zieht und mit grobem Material ausfüllt. Bei trockenem oder magerem Standort muß mit Gülle nachgeholfen werden, die man aber nicht unmittelbar am Stamm, sondern auf der Traufe der Baumscheibe in Löcher einfüllen muß. Bei zu

üppiger Düngung und zu masten Bäumen wird für Ableitung dadurch gesorgt, daß man dem Baum Ader läßt. d. h. auf der Nordseite des Baumes die Rinde nur mit einem Messer ritzt. Bei älteren Bäu­men müssen die dürren Aeste entfernt und herab­hängende Zweige eingestutzt werden. Bei jüngeren Bäumen sind die sogenannten Wasserschosse zu ent­fernen; bei älteren dagegen ist es notwendig, einen Teil derselben stehen zu lassen und zur Verjüngung des Baum-s zu verwenden. Die Reinigung der Stämme hat jedes Jahr im Frühling zu geschehe» in der Weise, daß nach einigen vorausgegangenen Regentagen mit einer Baumscharre die alte, abgestor­bene Rinde, unter welcher sich die Schlupfwinkel vieler Insekten und die Brutstätten mancher Obstbaum­schädlinge finden, abkratzt. An der richtigen Düng­ung der Obstbäume fehlt es noch sehr im Schwarz­wald. Als bestes Düngmittel empfiehlt sich Gülle mit Zusatz von Holzasche. Dieselbe darf aber nicht oben aufgeschüttet, sondern muß dem Untergrund zu­geführt werden. damit sie den Saugwurzeln des Baumes zugänglich ist. Auch verdünnter Abtritts­dünger ist zu empfehlen; für kleinere Bäume genügen 34 , für größere 46 Gießkannen voll. Die Düngung kann zu jeder Zeit stattfinden, am besten jedoch im Frühjahr, oder bei Mrasgärten nach der Heuernte. Auf die richtige AiKwahl der Obstsorten kommt sehr viel an; für unfern Bezirk empfehlen sich im allgemeinen späte Sorten. Beim Umzweigen der Bäume muß man vorsichtig sein und namentlich bei solchen mit kräftigem Wuchs viele Zugäste stehen lassen. Als wertvolle Obstsorten für unfern Bezirk sind zu empfehlen, Aepfel: Goldparmäner; große Kasseler Reinette, weißer Taffetapfel, großer Bohn- apfel; großer Langstiel, englische Granat-Reinette, Baumanns-Reinette. Champagner-Reinette, Rosenapfel, weißer Astrachan oder Jakobiapsel, Grafensteiner, Kaiser Alexander-Apfel rc.; Birnen: Pomeranzenbirne, Schweizer Wasserbirne, Wildling von Einsiedel, Kir- chensaller Moslbirne, Palmischbirne, Stuttg. Gaishirtle, Butterbirne u. a. Schließlich empfiehl Redner noch die allgemeinere Anpflanzung von Steinobst, nament­lich von Zwetschgen. da diese Bäume bei uns gut fortkommen und bald ertragsfähig sind. Für den fast zweistündigen interessanten, klaren Vortrag sprach der Bereinsvorstand Hr. Oberamtmann Bogt dem Vorredner den herzlichsten Dank aus, welchem sich die Versammlung durch Erheben von ihren Sitzen anschloß. Herr Oberamtmann wies noch darauf hin, daß an die Steuerkraft des Landes wie der einzelnen Gemeinden immer größere Anforderungen gestellt wer­den und daß deshalb jeder einzelne darauf bedacht sein müsse, seine Erwerbsquellen, die bei uns ohne­dies spärlich fließen, zu vermehren. Wenn hiezu durch die Ausführungen des Hrn. Pomologen Roll der Anstoß gegeben worden sei, so sei der Zweck der heutigen Versammlung vollständig erreicht.

Stuttgart, 27. Febr. Der König hat dem Dienstknecht Andreas Pfau von Dornhan, O.A. Sulz, aus dem allgem. Gratialienfonds eine Entschä­digung von 1500 bewilligt. Pfau war wegen Diebstahls vom Landgericht Rottweil zu 2 Jahren 6 Monaten Zuchthaus verurteilt worden, die er auch: verbüßte. Am 23. Dezbr. 1892 wurde er in Rott- weil im Wiederaufnahmeverfahren als unschuldig freigesprochen.

Stuttgart. 1. März. Justizrat Oesterlen, ein langjähriger Führer der Volkspartei, der anno 1848 u. 49 schon eine Rolle spielte, ist gestorben.