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warnt eindringlich Vörden Gefahren,welche Deutsch, land bei einem Kriege im eigenen Lande beoorstehen wurden; er hält die Mehreinstcllnng von 60,000 Rekruten schon aus Gründen der Gerechtigkeit gebo­ten. weil nur dann die allgemeine Wehrpflicht durch- gefühn und das Unrecht, daß alle Jahr mehr als 100,000 kräftige Männer vom Dienste befreit sind, aufgehoben wird. Die Aufstellung von 4. Batail­lonen hält er für unumgänglich notwendig, glaubt aber, daß für dieselben, abweichend von der Regie­rungsvorlage, eine Stärke von je 100 Mann genüge, und daß auch eine Erhöhung der schon bestehenden Compagnien um je 10 Mann ausreichend ist. Die Aufstellung von weiteren 60 Feldbatterien wird im Interesse der Schlagfertigkeit des Heeres für geboten erachtet, weil dieselben für die Reservedivisionen be­stimmt sind. So kommt der Verfasser zu einer Er­höhung der Friedensstärke um 51,000 Mann, wo durch eine Verminderung der Kosten um jährlich 15 Mllionen erzielt würde. Zur Ausbringung der Kosten wird eine höhere Besteuerung der feinen Cigarre des wohlhabenden Mannes, nicht der Pfeife des Armen, und in erster Linie die endliche Einführung einer Wehrsteuer empfohlen, deren Ertrag auf jährlich 20 Millionen geschätzt wird. Diejenigen aber, welche an den ewigen Frieden glauben, weist der Verfasser auf ein kürzlich in Frankreich mit Ge- nehmigung des französischen Ministeriums des In­nern erschienenes WerkDie militärischen Streitkräfte der europäischen Staaten" hin, in welchem als der einzige Zweck der französischen Rüstungen die Wie­dereroberung von Elsaß-Lothringen bezeichnet und an vielen Stellen sich dahin ausgesprochen wird, daß Frankreich so lange nicht Ruhe geben wird, bis seine Fahnen wieder am Rhein wehen". Unter diesen Umständen, so schließt der Verfasser der Bro­schüre seine Mahnung, wird es allen Deutschen, welche in einem Kriege noch irgend etwas zu verlie­ren haben, und diese sind die erdrückende Mehrheit des deutschen Volkes, geradezu als ein Verbrechen am Volke erscheinen, wenn ihm der Schild zur Ab­wehr. das scharfe Schwert zum Angriff versagt wird. Wenn die Gegner der Vorlage und jeder Einigung über dieselbe es mit ihrem Gewissen nicht vereinba­ren können, die Mehrausgabe von etwa 4850 Millionen im Jahre zu genehmigen, um wie viel schwerer wird es ihr Gewissen später belasten, wenn im Falle eines unglücklichen Krieges wirklich die französischen Fahnen wieder am Rheine wehen und Milliarden verloren gehen, der Wohlstand des Rei­ches aber auf Jahrzente vernichtet ist. Wir wollen daher hoffen, daß noch in letzter Stunde eine Eini­gung erzielt werde, und hoffen, daß zu diesem Zwecke alle deutschen Männer, welche den Krieg, und alle diejenigen, welche den Dienst im Heere kennen, ihre mächtige Stimme erheben, um von den Bevollmäch­tigten des Volkes dasjenige zu verlangen, was uns heute notthut:den ausgiebigen Schutz des Reiches vor dem Feinde."

Stuttgart, 16. Febr. Die Einführung der ein­reihigen Uniform ist nun auch für die Steuerwache, sowie für das Landjägerkorps in Aussicht genommen.

Stuttgart, 16. Febr. Zur Feier des goldenen Bischofsjubiläuins des Papstes, welche am Id. d. M. in der Liederhaüe statlsindet, hat Herzog Albrecht von Württemberg seine Teilnahme anmelden lassen. Auch Ministerpräsident Frhr. v. Mittnacht, Kammer­präsident v. Hohl und der Präsident der Kammer der Liandesherren, Fürst Zeil, werden erwartet. Die Festrede hält Reg.-Rat Wahl vom kathol. Kir­chenrat.

Heidenheim, 13. Febr. Im hiesigen Kranken­haus starb dieser Tage ein Küfer aus Heuchlingen, welcher in seinem Leven nicht weniger als siebenmal die Hand in selbstmörderischer Weise an sich gelegt hatte, aber jedesmal wieder dem irdischen Dasein zurückgegeben wurde. Dazu hatte er folgende Selbst­mordarten gewählt: Ertränken, Erhängen, Oeffnen der Pulsader, Stechen von Nadeln in die Brust, Selbstverstümmelung. Seine letzte Operation endlich, Ausschneiden eines Bruchs, führte den oft gesuchten Tod herbei.

In einer einzigen Münchener Leihanstalt sind seit Beginn des Carnevals 340 Betten und nahezu an 600 Uhren versetzt worden.

Dresden. 15. Febr. Ein Kongreß deutscher und österreichischer Aerzte findet hier am 24., 25. und 26. Mai statt behufs Beratung der Maßnahmen

zur Bekämpfung von Seuchen, namentlich der droh­enden Cholera-Epidemie.

Die Blätter melden aus Mainz, 17. Febr.: Als Bischof Haffner mit seinem Sekretär am Rheinuser fußwondelte, stürzten zwei Männer herbei mit dem Rufe:Beiden Pfaffen muß man den Hals abschnei­den!" und suchten die Geistlichen zu Boden zu reißen. Als Personen hinzueilten, flohen die Strolche.

Eine von 214 deutschen Rabbinern veröffent­lichte Erklärung gipfelt in dem Satze, daß die Sit­tenlehre des Judentums keinen Ausspruch und keine Anschauung anerkenne, die einem Nichtjuden gegen­über etwas erlaube, was einem Juden gegenüber verboten sei, und daß dieselbe gebiete, in jedem Men­schen das Ebenbild Gottes zu achten, im Handel und Wandel die strengste Wahrhaftigkeit gegen je­dermann zu bethätigen, jedes Gelübde und Verspre­chen, welches irgend einem Menschen, er sei Jude oder Nichtjude, geleistet wurde, als unauflöslich, un­verbrüchlich treu zu halten, Nächstenliebe gegen Je­dermann ohne Unterschied der Abstammung und des Glaubens zu üben, die Gesetze des Vaterlandes in treuer Hingebung zu befolgen, das Wohl des Va­terlandes mit allen Kräften zu fördern und an der geistigen und sittlichen Vervollkommnung der Mensch­heit mitzuarbeiten.

Berlin. 17. Febr. Morgen findet hier in der Tivoli-Brauerei eine große Versammlung von Landwirten aus ganz Demschland statt. Die Anre­gung ist von dem kürzlich gegründetenBund der Landwirte" ausgegangen. Man erwartet einen un­geheuren Andrang und eine großartige argrarische Kundgebung.

Berlin, 18. Febr. Im Abgeordnetenhaus erwähnt bei der Beratung des Cultusetats der Abg. Stöcker die Erklärung der deutschen Rabbiner und meint, die Erklärung umgehe die Frage, daß der Tal­mud den Nichtjuden gegenüber eine andere Moral zulaffe, als gegenüber den Juden.

Deutscher Reichstag. Am Donnerstag wurde die Beratung des Etats des Reichsamtes des Innern fortgesetzt. Abg. Graf Armin (frcikons.) führt aus. Industrie und Landwirtschaft seien nicht immer mit gleichem Matze gemessen, die letztere habe auch von den Handelsverträgen den schwersten Schaden gehabt. Deshalb wolle sie von dem neuen Vertrag mit Rußland nichts wissen. Staatssekretär von Mar sch all erklärt die Angriffe auf die Handelsverträge für übertrieben. Landwirtschaft und Industrie würden viel schlechter dastehen, als sie heute stehen, wenn die Verträge nicht geschlossen wären. Einschüchtern werde sich die Regierung absolut nicht lassen, vndern den Weg fortsetzcn, den sie für recht halte, nämlich einen Ausgleich der verschiedenen Interessen von Handel, Industrie und Landwirtschaft herbeizuführen. Abg. Wil­li r a n d t (freis.) hält eine leistungsfähige Landwirtschaft für nötig, aber Personen, die schlecht gewirtschaftet hätten, oder ihren Besitz zu teuer gekauft hätten, zu unterstützen, habe für keinen Staat ein Interesse. Redner ist selbst Landwirt und bezeichnet den ermäßigten Zoll als durchaus genügend. Abg. von Manteuffel (kons.) verteidigt die landwirtschaftliche Bewegung gegen mehrere Bemerkungen des Staatssekretärs von Marschall und betont, die Interessen von Landwirtschaft und Industrie seien durchaus gleichbedeutend. Blühe die Landwirtschaft nicht, habe auch die Industrie nichts. Redner wünscht Aendernngen des Erbrechts und der Freizügigkeit. Reichskanzler Graf Capri vi geht auf die allgemeinen Wünsche der Landwirtschaft ein und betont, daß der deutsche Landwirtschaftsrat vor dem Abschluß der vorjährigen Han­delsverträge gehört sei. Sein ablehnendes Votum sei auch erwogen, aber die verbündeten Regierungen seien zu der lle- derzeugung gelangt, datz das allgemeine Interesse den Ab­schluß der Verträge fordere. Abg. Graf HanSbröch (Ctr.) meint, die Landwirtschaft werde glauben, daß die Regierung auf einem freihändlerischen Standpunkt stehe, nachdem der Reichskanzler die Kotnzölle als schwere Last für das Land bezeichnet habe. Reichskanzler Graf Caprivi antwortet, jeder Zoll und jede Steuer sei eine Last für das Land. Daraus folgt aber doch noch nicht, daß die Regierung auf manchester- lichem Standpunkt stehe. Abg. Barth (freis.) betont, daß ein großer Unterschied zwischen den Interessen des schon seit Jahren begünstigten Großgrundbesitzes und der kleinen Land­wirte bestehe. Nach einigen weiteren kurzen Bemerkungen wird die Sitzung bis Freitag 1 Uhr vertagt.

Berlin, 18. Febr. Dem deutschen Adelsblatt zufolge beabsichtigt Graf Caprim seine Verlobung mit einer jungen Witwe aus Tilsit. Die Sozial­demokraten bestimmten für 140 Wahlkreise Reichs­tagskandidaturen.

Befterreich-Angarn.

Wien, 15. Febr. Nach polnischen Blättern herrscht im Gouvernement Cherson in diesem Jahre eine größere Hungersnot als im Vorjahre.

Wien, 16. Febr. DasWiener Tageblatt" erfährt aus Berlin über eine Annäherung zwischen den Freisinnigen und dem Grafen Caprivi: Caprivi ließ dein Abgeordneten Bamberger vertraulich mit- teilen, falls die Militärvorlage mit Hilfe der Frei­sinnigen zu Stande gebracht werde, würde die ge­

setzliche zweijährige Dienstzeit, sowie die Oeffentlich- keit des Militärgerichtsverfahrens zugestanden und auch das Ministerium durch den Eintritt liberaler oder freisinniger Minister reorganisiert. Kaiser Wil­helm soll gesagt haben: Ich will die Militärvorlage für ein Menschenalter aus der Welr schaffen und eine große, starke Regierung inauguriren; ob dieselbe konservativ oder liberal ist, ist mir ganz gleichgilkig. Ich will nichts mehr von der Existenz der Militär­frage wissen; wer mir diese aus der Welt schaffen hilft, ist mir willkommen, mit dem regiere ich.

In Wien wurde eine große Wechselfälschung entdeckt. Der zwanzigjährige Komptoirnt Lico Adutt fälschte im vorigen Dezember auf den Namen seines Oheims, Chefs der großen Firma Russo und Comp., zwei Wechsel im Betrage von 81,000 fl. und ließ sie bei der österreichisch-ungarischen Bank, die den Schaden zu tragen hat, escomptieren. Adutt reiste mit seinem Freunde Benvenisti nach Philadelphia. Letzterer nach Berlin zurückgekehrt, schrieb nach Wien, daß ihm Adutt die Fälschung gestanden habe. Auf diese Weise wurde die Fälschung entdeckt. Benveuisti wurde in Berlin verhaftet.

Der Streik auf den Brüxer Kohlenwecken dau­ert fort. Es haben sich demselben auch noch andere Belegschaften angeschlossen. Die Arbeiter der Nord- böhmischen Gesellschaft fordern achtstündige Arbeits­zeit, eine 25prozenrige Lohnerhöhung und einen Minrmal-Lohn für die Schichtarbeiter.

Pest, 14. Febr. In der katholischen Gemeinde Zsoblya im Pester Komitat, wo 660 Deutsche und 720 Magyaren wohnen, bestand die Gepflogenheit, daß der Pfarrer jeden zwecken Sonntag deutsch pre­digte. Dies wurde letzthin dahin abgeändert, daß die deutsche Predigt jeden dritten Sonntag abgehal­ten wurde. Die Deutschen erhoben dagegen Klage beim Erzbischof von Kalocsa. Da dieser die Klagen nicht berücksichtigte, erklärten sämtliche deutschen Orts­bewohner ihren Uebertritt zum Protestantismus.

Frankreich.

In Paris macht man sich mehr und mehr mit )em Gedanken der Kammecauflösung vertraut; in ihr erblickt man den einzigen Ausweg uus der Klemme, in welcher der französische Staatswagen gegenwärtig ckstsitzt. Am Montag hat bei Cavaignac, dem parla­mentarischen Boulanger, wie er bereits von den Ra­dikalen genannt wird, eine Versammlung stattgefunden, in der die Frage der Kammerauflösung erörtert wor­den iit. Der Kammerpräsident Casimir Porier hat der Konferenz beigewohnt. Der zweite Panama- (Bestechungs-)Prozeß wird am 6. März vor dem Schwurgericht beginnen.

Paris, 14. Febr. Ruffenfreundliche Franzosen sammeln Unterschriften, damit dieses Jahr ein russt- ches Geschwader einen französischen Hafen anlaufe.

Paris, 15. Febr. In der Kammer beantrag­ten Rodet Mitchell und Genossen, jedes Piano mit 10 Francs jährlich zu besteuern. Sie machen gel­tend, diese Steuer sei durchaus demokratisch; sie würde nur den Luxus treffen und 5 Millionen ein- bringcn. Der Antrag wird angenommen mit 307 gegen 57 Stimmen.

Paris, 17. Febr. Der Deputierte Leydet hat in der Kammer die Regierung über die allgemeine Politik interpelliert. Nach einer längeren Rede Ri- bots nahm die Kammer mit 315 gegen 186 Stimmen die von Ribot gebilligte Tagesordnung Leydets an, wonach die Kammer ihr Vertrauen zur Regierung ausdrückt, daß diese die demokratischen Gesetze auf­recht erhalten und eine rein republikanische Politik verfolgen werde.

Paris, 18. Febr. An der Banque de France und an der Banque de Loudres soll ein Photograph angestellt werden, der sämtliche unbekannte Personen auszunehmen hat, welche kommen, um Cheks einzulösen.

Italien.

Rom, 14. Febr. Der angekünd'igte Protest des Papstes gegen den Gesetzentwurf, betreffend die Einführung der Civilehe in Italien, wird demnächst erfolgen. Ursprünglich hatte der Papst beabsichtigt, seine Einsprache gegen ein solches Gesetz anläßlich der im letzten Konsistorium gehaltenen Allokution zu erheben; nunmehr heißt es aber, daß der heilige Vater, um seiner Kundgebung eine solennere Form zu geben, die erwähnte Frage zum Gegenstände einer Encyklika an die italienischen Bischöfe machen werde.

Rom, 17. Febr. Der Papst celebrierte vor­mittags 9 Uhr zu Ehren der italienischen Pilger in