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** Nagold, 30. Jan. Am Lichtmeßfeiertag findet im Zellersaal hier von nachmittags ein Uhr an die jährliche Missionskonferenz statt, bei welcher von den Missionaren Hesse und Seeger Vorträge gehalten werden. Sämtliche Missionssreunde der Stadt und Umgegend werden freundlich dazu eingeladen.
Kayh, 25. Jan. Gestern abend hielt Herr Oberamtmann Völker von Herrenberg in unserer Gemeinde auf dem Rathaus vor einer zahlreichen Versammlung einen Vortrag über die gegenwärtigen Zustände und Verhältnisse der Landwirschaft in unserem Bezirke und besonders in hiesiger Gemeinde.
Sulz a. N., 25. Jan. Auf Anregung der hiesigen Geistlichen, Dekan Oesfinger und Stadtpfarrer Faber, wurde im Dekanatsgebäude eine Armen küche eingerichtet, um der Not, in welche die hiesigen Armen infolge des strengen Winters versetzt worden sind, einigermaßen zu steuern. Täglich erhalten daselbst ca. 40 Bedürftige ein warmes Mittagessen, welches von hiesigen Damen zubereitet und ausgeteilt wird. Die dadurch entstehenden Kosten sollen durch freiwillige Gaben an Geld oder Naturalien gedeckt werden.
Tübingen. Auszug der Geschworenenliste des I. Quartals: Chr. Bätzner, Schuhm. in Wildbad; I. G. Braun, resp. Gemeindepflegerssohn in Liebelsberg; E. Gauß, Tuchfabrikant in Rohrdorf; Chr. Kottler, Mühle- bes. in Unterjesingen; I. G. Oelschläger, Stiftungspfl. in Schömberg; F. Schmid, Kfm. in Nagold; L. S ch ü tz, Fabrikant in Calw; L. Weiß, Gem.-Rat und Kfm. in Stammheim.
Stuttgart, 23. Jan. Die Sammlung von Petitionen mit Unterschriften gegen die Aufhebung des Jesuitengesetzes in Württemberg ergab, wie uns mitgeteilt wird, 1000 Petitionen mit 146 681 Unterschriften gegen 800 Petitionen mit 123000 Unterschriften im Jahr 1890. Von 916 evangelischen Gemeinden sind 876 vertreten.
Stuttgart, 26. Jan. Man hat gegenwärtig alle Hände voll zu thun, um die Wohnung für Herzog Albrecht und seiner jungen Gemahlin, die am 6. Februar hierher zurückkehren, im Kronprinzenpalais fertig zu stellen. Die Einrichtung geschieht auf Kosten des Erzherzogs Karl Ludwig. Mehrere hiesige Möbelfirmen sind bei den Lieferungen beteiligt.
Stuttgart, 27. Jan. Der König trifft morgen abend 9 Uhr 15 Min. aus Berlin wieder hier ein.
Untertürkheim, 26. Jan. Die Befürchtung, daß durch die jüngste hochgradige Kälte die Weinreben Schaden gelitten haben dürften, bestätigt sich in vollem Maße. Gerade in den besten Berglagen, wo das Bedecken der Reben mit Erde nicht üblich ist, sind die Reben erfroren. Hiedurch sind die Hoffnungen auf einen Herbstertrag in den Berglagen äußerst gering geworden.
Aalen, 22. Jan. Einer hies. Wirtschaft wurde während der kalten Tage der letzten Zeit aus München Bier geschickt, welches unterwegs einfror. Der Empfänger meldete telegraphisch die Nichtannahme desselben an, und es kam dann nach einigen mißlungenen Unterhandlungen die Nachricht aus München, man solle das Bier laufen lassen. Das geschah denn auch gestern. Wie man aber hört, soll wenig davon in den dazu bestimmten Hirschbach geflossen sein; es nahm vielmehr seinen Weg in vorgehaltene Krüge, Kübel, Gießkannen u. s. w. und soll noch recht gut gemundet haben.
Brandfall: Der Einödhof Englis, Gemeinde Steinach. 9 Stück Vieh, 1 Pferd, 3 Schweine, sämtliches Geflügel gingen in den Flammen zu Grunde.
Meiningen, 22. Jan. Die fürstliche Seminardirektion in Schleiz fordert mit dem Bemerken zum Eintritt in das Lehrerseminar auf, daß die Aufnahmeprüfung am 6. und 7. bzw. 20. und 21. März stattfindet. In der Aufforderung der reußischen Seminardirektion liest man, daß für jeden, der die Abgangsprüfung bestanden hat, sofort die Anstellung mit einem Gehalt von mindestens 900 ^ und freier Wohnung erfolgt, und daß nach der zweiten Prüfung mindestens 1000 ^ und freie Wohnung gewährt werden, und daß endlich 5 Jahre nach dieser Prü- fung die erste Alterszulage von 150 -Mi eintritt.
Deidesheim, 25. Jan. Die für die Weinstöcke der strengen Kälte halber gehegten Befürchtungen haben sich bisher erfreulicher Weite nicht bestätigt. Die Weingärtner probieren allenthalbeu Rebholz; noch keiner hat aber erfrorenes gefunden.
Am deutschen Kaiserhofe wird heute Mittwoch die Vermählung der jüngsten Schwester unseres
Kaisers, der Prinzessin Margarethe von Preußen, mit dem Prinzen Friedrich Karl von Hessen in einem glänzenden Fürstenkreise in festlicher Weife begangen werden. Es verdient hervorgehoben zu werden, daß die Töchter Kaiser Friedrichs ausnahmslos Neigungsheiraten schlossen.
Die „Hamb. Nachr." schreiben: „Die in Artikeln militärischen Ursprungs mit einer Spitze gegen den Fürsten Bismarck aufgestellte Behauptung, daß Graf Moltke ein Gegner der Regierungspolitik in der katholischen Frage gewesen fei, i''t ein vollständiges Novum, das wir bis zum näheren Beweise für eine Erfindung halten. Moltke hätte Hunderte von Gelegenheiten gehabt, bei eingehenden, von dem damaligen Reichskanzler herbeigeführten politischen Besprechungen seine Meinung in dieser Richtung zu äußern; er hat aber bei allen solchen Gelegenheiten der Staatspolitik zugestimmt und ihr durch seine Haltung im Parlament und in Fraktionen beigestanden."
Aus Frankfurt a. M. wird berichtet, daß dort eine am Mittwoch abgehaltene von mehr als 500 Personen besuchte Versammlung des jüngst gegründeten „Patriotischen Vereins Frankfurt" einstimmig folgende an den Reichstag zu sendende Resolution beschlossen habe: „Zur Sicherheit des deutschen Reiches und zur Sicherstellung des Friedens halten wir die Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht auf Grund der gesetzlichen zweijährigen Dienstzeit für die Fußtruppen und die fahrende Artillerie für unbedingt erforderlich. Wir geben keinem Abgeordneten unsere Stimme wieder, der durch Ablehnung der Militärvorlage das Vaterland Gefahren aussetzt. Die Sicherheit des Vaterlandes steht uns höher, als das Interesse irgend einer Partei." Das Letztere ist für andere verständige Menschen schon sehr lange eine abgemachte Sache; es giebt aber auch sehr viele „Patrioten," die von zweijähriger Dienstzeit nichts wissen und zunächst den Nachweis haben wollen, wie dem Mehrbedarf an Offizieren und Unteroffizieren genügt werden soll?
Berlin, 25. Jan. Anläßlich der Vermählung der Prinzessin Margarethe mit dem Prinzen Karl von Hessen haben die öffentlichen Gebäude und viele andere Häuser geflaggt. Heute Nachmittag 4 Uhr fand die standesamtliche Trauung statt, an welche sich die übrigen Festlichkeiten anschließen. — Nachmittags halb 5 Uhr fand die kirchliche Trauung des fürstlichen Brautpaares durch den Generalsuperintendenten Dryander in der Schloßkapelle statt, wohin sich das Brautpaar und die Majestäten, sowie die zahlreich anwesenden Fürstlichkeiten, nachdem die Kaiserin auf dem Haupte der Prinzessin-Braut die Prinzessinnenkrone befestigt hatte, im feierlichen Zuge begaben. Dem Brautpaare voran schritten die Hof. chargen, hinter demselben folgte die Kaiserin Friedrich, geleitet vom Kaiser und vom Landgrafen von Hessen, darauf die Kaiserin Augusta Viktoria, geleitet vom Herzog von Edinburg und dem Großherzog von Baden. Generalsuperintendent Dryander hielt die Traurede über den Konfirmationsspruch der Prinzessin-Braut: „Dienet einander jeglicher mit der Gabe, die Ihr empfangen habt, als die guten Haushalter der mancherlei Gnade Gottes." Während des Ringwechsels gab die Artillerie im Lustgarten 36 Salutschüsse ab. Hiernach folgte große Kur im Weißen Saale, und demnächst Zeremonientafel im Rittersaale. Der Kaiser brachte die Gesundheit des Brautpaares aus, worauf das Musikkorps des 1. Garde Dragoner-Regiments Tusch blies. Hieran schloß sich der herkömmliche Fackeltanz im Weißen Saale. Die Domgemeinde in der das königliche Schloß liegt, hatte dem Brautpaar eine Bibel verehrt. — Der Großfürst-Thronfolger fuhr heute beim Reichskanzler vor und gab seine Karte ab.
lieber die am Dienstag abgehaltene Sitzung der Militärkommisfion verbreitet jetzt das offiziöse Telegraphenbureau nachstehende, den ersten Bericht wiederum merklich berichtigende Mitteilung: Der Reichskanzler erklärte, der Vorschlag einer erhöhten Rekruteneinstellung innerhalb der gegenwärtigen Präsenzstärke enthalte überhaupt kein Angebot gegenüber der Regierungsvorlage; seine Annahme würde die Ausbildung gefährden, die Mobilmachung in gewissen Zeiten des Jahres unmöglich machen, also die Armee schwächen. Dieser Vorschlag sei, weil er die Landesverteidigung gefährde, unannehmbar. Wenn zur Bekämpfung der Vorlage auf den Dreibund hingewiesen werde, so habe er selbst die hohe Bedeutung
desselben erst anerkannt und seinerseits alles gethan, um ihn zu erhalten und zu stärken. Das Verlangen der Heeresverstärkung beruhe weder auf Geringschätzung des Dreibundes und seiner militärischen Macht, noch auf einem Zweifel an seiner Fortdauer, sondern auf der Erkenntnis, daß auch mit dem Dreibund Deutschland in einem Kcrieg mit überlegenen Kräften zu rechnen haben werde.
Berlin, 26. Jan. Bei dem Frühstück, welches das Kaiser Alexander-Regiment dem Großfürsten- Thronfolger gab, brachte der Kaiser den Toast auf den Zaren aus, hob hervor, daß der Zar nicht nur der Chef des Regiments, sondern vor allem der Träger der altbewährten monarchistischen Traditionen sei. Der Kaiser gedachte ferner der oft erwiesenen Freundschaft, der innigen Bande und intimen Beziehungen, welche das russische Kaiserhaus zu seinen Vorgängern stets gehabt habe und deren Erfüllung in früheren Zeiten russische und preußische Regimenter auf dem Schlachtfelde mit dem Blut besiegelten. Der Zarewitsch dankte kurz und brachte ein Hoch auf den Kaiser und das Regiment aus.
Deutscher Reichstag. Ju der Mittwochssttzung erledigte der Reichstag nur Anträge. Abg. Rintelen (Ctr.) beantragt die Aufnahme einer Bestimmung in das Strafgesetzbuch, nach welcher die Verjährung im Verfahren gegen Abgeordnete während der Zeit ruht, während welcher im Hinblick auf die Immunität das Verfahren eingestellt ist Redner betont, daß sein Antrag nicht im Hinblick auf den Ahlwardt- Prozeß, sondern unter Rücksicht auf frühere Vorkommnisse gestellt sei. Abg. Stadthagen (Soz.) bekämpfte den Antrag, während Abg. Harmann (kons.) dafür eintritt. Abg. v. Marqnardsen (natlib.), v. Bar (frcis) sind mit dem Anträge einverstanden, der demnächst im Plenum des Hanfes in zweiter Losung beraten wird. Es folgt Beratung der Anträge der Abg. Ackermann (kons.) und Hitze (Ctr.), den Konsumvereinen die Abgabe von Waren an Nichtmitgliedern bei Strafe von i50 Mark zu verbieten. D e Antragsteller befürworten ihre Forderungen im Hinblick auf den Schaden, welchen die Konsumvereine den kleinen Gewerbetreibenden zufügten Abg. Clemm (natlib.) hält die Wirksamkeit der Konsumvereine für eine sehr nützliche und findet deshalb die Anträge für zuweitgehend, die auch vom Abg. Stolle (Soz.) entschieden bekämpft werden. Abg. Frhr. v. Stnmm (frei- kons.) will die Konsumvereine nicht unterdrücken, aber ihre Thätigkeit auf das rechte Maß zurückführen. Nachdem noch Abg. Buhl (natlib.), Schräder (freis.) und Schenk (freis.) gegen die Anträge gesprochen, wird die Sitzung w.gen der Hochzeitsfeierlichkeiten im Schlosse, zu welchen zahlreiche Abgeordnete geladen waren, vertagt. Am Donnerstag wurden die Anträge erledigt und die zweite Etatsberatuug begonnen.
Berlin, 26. Jan. Der „Berliner Zeitung" zufolge hielt her Kaiser bei der letzten Kadettenvor- stellung eine längere Rede. In deren erster Teil beschäftigte er sich mit den Pflichten der Offiziere gegenüber den Mannschaften. Der Kaiser ermahnte die in die Armee eintretenden Kadetten, keine Soldatenmißhandlungen zu begehen und empfahl ihnen, sie jung seien, sich auf ihre große Autorität zu verlassen, die sie besäßen. Der zweite Teil der Rede handelte über die Stellung des Offiziers zum Civil. Der Kaiser sprach den Wunsch aus, die Offiziere möchten sich im Verkehr mit Civilisten, namentlich in öffentlichen Lokalen, die größte Zurückhaltung auferlegen.
Ein „Ruheposten" für Bismarck. In seinen Erinnerungen an Lothar Bücher, welche die neueste Nummer der Grenzboten veröffentlicht, erzählt W. Gittermann folgende kleine Geschichte: „Nach Annexion des Herzogtums Lauenburg wurde Bücher mit der Aufgabe betraut, die Verwaltung des Länd- chens nach preußischem Muster zu organisieren. In Lauenburg müssen die wunderbarsten Zustände geherrscht haben, denn es fand sich eine Reihe ganz unnötiger Staatsämter, die in den Händen adliger Herren und mit einem unverhältnismäßig hohen Einkommen dotiert waren. So gab es für den Sachsenwald, der jetzt, als Eigentum des Fürsten Bismarck, von einem Oberförster verwaltet wird, einen Oberforstmeister und verschiedene andere hohe Forstbeamten. Die Herren mußten nun zur Regelung der Pensionsfrage ihr Einkommen angeben, da man selbstverständlich alle diese Aemter einziehen wollte. Als Bücher eines abends während der Tafel von dem Fürsten nach dem Stande dieser Angelegenheit gefragt wurde, erzählte er zur allgemeinen Belustigung, daß von dem Herrn Oberforstmeister 11,000 Thaler Einkommen angegeben seien, und daß er hoffe, diese Stelle durch einen Forstassessor besetzen zu können. Da sagte die Fürstin Bismarck: „Ach, lassen Sie die Stelle nicht eingehen; wenn es einmal mit meinem Mann als Minister nicht mehr geht, dann wäre das für ihn ein Ruheposten!"
Berlin, 27. Jan. Der König von Württemberg