Bondorf i. Gäu, 18. Jan. Se. König!. Ma« jestät haben zum Schulhausbau einen Staatsbeitrag von 6000 v-L bewilligt.
Calw, 23. Jan. Bei der heute stattgehabten Wahl zur Handels- und Gewerbekammer gingen aus der Urne hervor: Sannnwald, C., Kommerzienrat in Nagold (34 St.), Commerell, Carl, in Höfen (34 St.), Zöppritz, Emil, in Calw (30 St.) Frey, Carl, in Schwarzenberg (29 St.) Weitere Stimmen erhielten: Haug, Carl, in Freudenstadt (5), Georgii, Emil I., in Calw (4). Ab gestimmt haben 34 Wahlberechtigte.
Stuttgart, 20. Jan. Die bekannten Schrempf- schen Vorträge sollen nun eine Entgegnung, womöglich eine Widerlegung finden. Zu diesem Zweck werden im Festsaal der Liederhalle 4 Vorträge gehalten, und zwar hat Dekan Schwarzkopf-Cannstatt gestern über das „Zeugnis der Evangelien in seiner Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit" gesprochen, Prälat Dr. v. Burk wird am 24. d. M. über „Das apostolische Glaubensbekenntnis", Stadtdekan Weitbrecht am 3l. über „Die Gottheit Christi", Hofprediger Dr. v. Braun am 7. Februar über „Gewissensfreiheit und kirchliche Ordnung" sprechen.
Stuttgart, 21. Jan. Der deutsch-konservative Verein hatte gestern eine Versammlung, in welcher Freiherr Wöllwarth-Hohenroden über die Militärvorlage sprach. Die Versammlung nahm eine an den Reichstagsabgeordnelen Stuttgarts abzusendende Resolution an des Inhalts: In Erwägung, daß die ! Vorlage dem Volke Vorteile verspricht, hofft die Ber- z sammlung deutsch-konservativer Männer trotz der
! Lasten, die sie uns auferlegt, welche aber die Si
cherheit des Vaterlandes unbedingt verlangt, daß Reichstag und Regierung den Weg der Einigung k finden werden.
Stuttgart, 22. Jan. Ihre Majestäten der König und die Königin sind gestern abend 9 Uhr . 10 Minuten mit Extrazug von hier abgereist, um
s sich züm Besuch Seiner Majestät des Kaisers von
> Oesterreich und der kaiserlichen Familie und zur Teilnahme an der Vermählungsfeier Seiner Königlichen Hoheit des Herzogs Albrecht von Württemberg mit Ihrer K. K. Hoheit der Erzherzogin Mar-
arete Sophie von Oesterreich nach Wien zu bege- en. Ihre Majestäten beabsichtigen, daselbst bis zum 24. d. M. abends zu verweilen und sich sodann zum Besuch der prinzlich Schaumburg-Lippeschen Herrschaften nach Nachod zu verfügen. Von da j werden Seine Majestät am 26. zum Geburtsfest
> Seiner Majestät des deutschen Kaisers nach Berlin ! reisen und am 28. hieher zurückkehren, während ihre
> Majestät die Königin einige Tage bei Allerhöchst Ihren Eltern in Nachod zuzubringen gedenkt.
, Ulm, 23. Jan. Gestern ist vom Gouverneur " hier angeordnet worden, daß die Wachposten innerhalb der Hauptumwallung mit Ausnahme des Militärgefängnisses und des Arresthauses ohne scharfe j Patronen stehen. Noch am letzten Samstag hat hier ' ein Sergeant auf einen flüchtigen Militärarrestanten ^ mehrere Schüsse abgegeben, ohne zu treffen. Der ' Flüchtling hat sich sodann um Mitternacht am Augs- j burger Thor in Neu-Ulm der dortigen Wache wieder gestellt. — In der Nacht vom Samstag auf ^ Sonntag ist in der Malzdarre der Brauerei zum Hecht hier ein Brand ausgebrochen. Die Darre ist ganz ausgebrannt. 125 Ztr. Malz sind verbrannt.
Brandfall: Den 18. ds. der etwa 1 Kilom. von Bondorf entfernte, im Steinerthal gelegene , einstöckige Holzschuppen des resignierten Schult- heißen Schäfer von Bondorf.
Karlsruhe, 23. Jan. Der Komponist Vinzenz 1 Lachner ist gestern abend, 82 Jahre alt» g e- - storben.
Auf dem Main ist, wie aus Frankfurt berichtet wird, am Freitag ein Kind erfroren, das sich mit Schlittschuhlaufen vergnügte, beim Ausruhen auf 1 einem Eishaufen einschlief und dem Tode bereits ^ verfallen war, als man es nach geraumer Zeit ri wecken wollte.
Der deutsche Kriegerbund hat, der Kreuzztg.
! zufolge, seinen Vereinen eine Art Eidesformel em- ! pfohlen, nach welcher die Aufnahme neuer Mitglie- ^ der zu erfolgen hat. Dieselbe gründet sich auf die ii Bundessatzungen und ist von vielen Vereinen in die ) Aufnahme-Erklärungen ausgenommen worden. Die H Formel lautet: „Vor Gott und allen Kameraden gelobe ich, daß ich als Mitglied des Kriegervereins
zu H. mich treu nach den Satzungen richten, meinen geleisteten Fahneneid Hochhalten, fest zu König und Vaterland stehen, auch alle Umsturzgedanken der Sozialdemokratie verabscheuen und nach besten Kräf- ten meine Kameraden vor revolutionären Ideen bewahren will." Diese Formel wird mit geringen Aenderungen fast überall angewendet.
An sämtliche aktive und inaktive Offiziere ist, wie die „Germania" wissen will, der militärische Befehl ergangen, über militärische Dinge nicht zu sprechen, wenn Gefahr vorhanden ist, daß die Unterhaltung von unberechtigter Seit angehört werden kann.
Ueber die Aeußerungen, die der Reichskanzler Graf Caprivi in der letzten Sitzung der Militärkommission in Bezug auf Oesterreich gethan hat, berichtet die „Freisinnige Zeitung", was folgt: „In Bezug auf Oesterreichs Großmachtstellung und das deutsche Interesse an der Erhaltung derselben habe ich dieselben Ansichten, welche Fürst Bismarck in seiner Rede im Februar 1888 ausgesprochen hat. Wie wir dieses Interesse zu bethätigen haben, muß man uns überlassen. Wir werden unsere Politik nie in den Dienst eines anderen Staates stellen, sondern deutsche Politik treiben."
Hannover, 23. Jan. In dem Welfenprozeß wurden von 65 Angeklagten 16 verurteilt, drei wegen Vergehens gegen das Vereinsgesetz zu 30 „16, zwölf zu 20 von diesen 8 und 1 weiterer außerdem wegen Uebertretung des Vereinsgesetzes zu 15 Die Verurteilten tragen die verhältnismäßigen Kosten. Die übrigen Kosten trägt die Staatskasse. Die Klubs „Eintracht". „Linden" und „Jnnghannover" in Hannover wurden geschlossen.
Zu einer lebhaften Szene im Hörsaal der Berliner Universität kam es am Donnerstag Abend bei der öffentlichen Vorlesung über „politische Theorien" die Prof. v. Treitschke unter großem Zulauf hielt. Der Gelehrte führte aus, daß Luther im Gegensatz zu Calvin kein „Revolutionär gewesen sei, und äußerte dann angeblich weiter: „Revolutionäre können wir nie gut nennen, da eine Revolution immer einen Rechtsbruch bedeutet. Wir müssen uns also gegen die Worte verwahren, die unser derzeitiger Rektor (Prof. Virchow) von guten Revolutionären gefaselt hat." Nach diesem Ausspruche begannen verschiedene Studenten als Zeichen des Mißfallens mit den Füßen zu scharren, während Andere in Beifall ausbrachen.
Potsdam, 21. Jan. Vorige Nacht sind 4 Handwerksburschen, die in einer Scheuer übernach- teten, erfroren.
S. M. der Kaiser hat, wie aus Berlin gemeldet wird, den Breslauer Fürstbischof Dr. Kopp und den Erzbischof Krementz von Köln vor ihrer Abreise nach Rom zu ihrer Kardinals-Erhebung telegraphisch beglückwünscht. Die an Dr. Kopp gerichtete Gratulation soll in besonders freundlichen Ausdrücken abgefaßt sein. Gleichzeitig soll Herr v. Bülow, der preußische Gesandte beim Vatikan, beauftragt worden sein, dem Papst für die den Kirchenfürsten zu Teil gewordenen hohen Ehren im Namen des Kaisers zu danken.
Halle, 23. Jan. Der Kreisphysikus meldet- In Nietleben kamen vom 22. Januar von Mitternacht bis heute Mitternacht 12 Erkrankungen und 4 Todesfälle an Cholera vor. Im ganzen sind 84 erkrankt, 30 gestorben.
Zur Isx Heinze hat eine Frauenversammlung, welche am Donnerstag in Berlin tagte, eine Petition an den Reichstag beschlossen, welche dahin geht: Ii zum Schutz der Söhne die Kasernierung der Prostituierten nicht einzufühcen, und zugleich das Gewerbe der Unsittlichkeit nicht länger mit polizeilichem Gewerbeschein gestatten, sondem es energisch verbieten zu wollen, mit der Verfügung, die Prostituierten in Besserungshäuser unter Frauenaufsicht und im Rückfall in Arbeitshäuser zu bringen, für Vermehrung dieser beiden Arten von Anstalten in allen Teilen des Reichs zu sorgen; 2l zum Schutz der Trchter das Schutzalter für die Verführung jugendlicher Personen vom 16. auf das 21. Lebensjahr, also bis zur Mündigkeit, auszudehnen; das Strafmaß für den Verführer zu erhöhen, indem ihm auch eine Geldbuße aufzuerlegen sei, Arbeitgeber oder deren Vertreter, welche ihre Stellung dazu benutzen, ihre Untergebenen zu unzüchtigen Handlungen zu verleiten, mit Zuchthaus zu bestrafen; endlich zum
Schutz der Familie den Ehebruch an dem schuldigen Teil und dessen Mitschuldigen mit Gefängnis zu bestrafen, auch vor der Scheidung. Alle diese Vergehen sollen nicht nur auf Antrag bestraft werden.
Deutscher Reichstag. Zum Beginn der Sonn- abeudsitzung erklärte Abg. v. Frege Aeußerungen, welche der Abg. Sinner am Donnerstag wieder ihn erhoben hatte, für unzutreffend, darauf wurde iu die erste Beratung des Gesetzes über die Abzahlungsgeschäfte eingetreien. Abg. Ackermann (kous.) begrüßt die Vorlage mit Freuden, die hoffentlich die Mittel bieten werde, den zahlreichen Auswüchsen des Abzahlungsgeschäftes ein Ende zu machen. Abg. Wöllmer (freis.) ist der Ueberzeugung, daß die Abzahlungsgeschäfte auch viel Gutes geleistet hätten, man solle deshalb nicht zu weit mit diesem Gesetze gehen. Die Bestimmung, daß bei Aufhebung des Kontraks Verkäufer die empfangenen Ratenzahlungen zurückgeben und nur eine angemessene Entschädigung für Abnutzung der betr. Ware erhalten soll, erachtet der Redner für unannehmbar. Damit werde jedes solide Abzahlungsgeschäft unmöglich gemacht Abg. Frhr. v. Buol (Ctr.) steht der Vorlage sympatisch gegenüber. Das Abzahlungsgeschäft solle nicht unterdrückt werden, doch sei Las Publikum vor unreellen Praktiken zu schützen. Abg. Casselmann (natlib.) ist mit der Vorlage im allgemeinen einverstanden, wünscht aber die Beseitigung von mehreren darin enthaltenen Härten. Abg. Tutzauer (Soz.) ist der Ansicht, diese Vorlage werde nur das ganzr solide Abzahlungsgeschäft vernichten und den unsolide» Elementen Thür und Thor öffnen. Staatssekretär von Bötticher erwidert, gerade die soliden Elemente sollten beschützt werden. Redner hofft, daß sich in der Komissson eine volle Uebereinstimmung über die Vorlage erzielen lassen wird. Abg. Lucius (freikons.) spricht für den Entwurf, währene Abg. Schräder (freis.) seine Zustimmung von beträchtlichen Aenderungen abhängig macht. Alsdann wird die Vorlage einer Komission von 2 t Mitgl edern überwiesen und die Sitzung bis Montag l Uhr vertagt. (Gesetz betr. Einheitszeit, Wuchergesetz rc.)
Zu der Bemerkung des Abg. Lieber (Ztr.) in der Militärkommissiou des Reichstagses herrsche in Bayern eine so starke Strömung, daß bald wieder der Ruf ertönen könne: „Lieber bayerisch sterben, als kaiserlich verderben" sagt Sigl's „Bayer. Vaterland": Das ist denn doch zu sehr aufgeschnitten, um irgendwelche Kindsköpfe zu erschrecken. Wo hat denn Dr. Lieber eine so tolle „starke Strömung" erkannt? Man mag bayerischer Partikularist sein, sogar noch mehr als wir, man mag nichts weniger als ein Freund des Reiches und der Preußen sein, aber so verrückt ist doch der rabiateste Reichs- und Preußenfeind in Bayern nicht, daß ihm — selbst bei der zwölften Maß — der Gedanke käme, Bayern vom Reich losreißen zu wollen. Schon darum nicht, weil ein solches Unterfangen einfach lächerlich, weil vollständig sinn- und aussichtslos wäre. Wir geben deshalb mit voller Ueberzeugung dem Reichskanzler Recht und danken ihm, daß er den gesunden Menschenverstand der Bayern gegen den ihnen imputierten Blödsinn in Schutz nahm und die „bayerischen Mitbürger" ganz erergisch gegen die Unterstellung verwahrte, an eine Losreißung vom Reich zu denken. Das fällt in Bayern Niemand ein, der noch halbwegs bei Trost ist.
General Bronsart v. Schellendorf, der kommandierende General des X. Armeekorps, hat sein Abschiedsgesuch eingereicht. Der Grund des Gesuchs ist, wie im vorigen Jahr, die Krankheit seiner Frau. Als sein Nachfolger gilt der Generallieutenant v. Seebeck, der Kommandeur der 16. Division in Trier.
Berlin, 22. Jan. Der König von Sachsen ist kurz nach 1'/, Uhr hier eingetroffen und wurde auf dem Bahnhof vom Kaiser empfangen und im Galawagen nach dem Schloß geleitet.
Die „Kreuzztg." plaidiert dafür, die Botschafter in Frankreich überhaupt durch Gesandte zu ersetzen. Die große Republik der Bereinigten Staaten habe auch nur Gesandte und es sei nicht einzusehcn, warum die französische Republik einen Vorzug genießen solle.
Schwei).
Der aus Frankreich ausgewiesene Berichterstatter des „Pester Hirlap", Szekely, wurde bei seiner Ankunft auf schweizer Gebiet zu Delsberg von dem Redakteur des dortigen Blattes „Demokrat" begrüßt; Szekely hielt diesem gegenüber seine Behauptung, daß der russische Gesandte Baron Mohrenheim fünfhunderttausend Franken Panamageld erhalten habe, bestimmt aufrecht. Bon Delsberg schickte Szekely an den Minister Ribot eiren telegraphischen Einspruch gegen seine Ausweisung.
Bestrrreich-Ungarn.
Wien, 20. Jan. Im Kövereser Wald (bei Te- mesvar) zerissen Wölfe drei Frauen, die im Walde Neste suchten. In den Dörfern der Umgebung trauen ffch die Leute kaum die Häuser zu verlassen, da die schreckliche Kälte die Wölfe in die Dörfer treibt.