Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.
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Donnerstag 26. Januar
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1893.
A U N i ly e».
Nagold Die Gemeindebehörden
werden angewiesen, sich mit dem Erlasse des Kgl. Ministeriums des Innern vom 15. Sept. 1883, betreffend die polizeiliche Fürsorge bei drohender Ueber- schwemmungsgcfahr (Minist.-A.-Bl. 1883, S. 241) genau vertraut zu machen und die daselbst angeführten Vorsichtsmaßregeln ungesäumt zu treffen.
Den 24. Januar 1893.
K. Oberamt. Vogt
Gestorben: vr. weä. Adolf Grundier in Herrenberg.
Tcrges-WeuigkeiLen.
Deutsches Weich
** Nagold, 23. Jan. lieber den Stand und Gang der hiesigen Pfennigsparkasse, die seit 11 Jahren Angeführt ist, wurden am letzten Samstag im Ausschuß Verhandlungen gepflogen. Es dürften nachstehende Notizen für die Einwohnerschaft von Interesse sein. Am I. Januar 1893 belief sich das Vermögen der Kasse samt den rückständigen Zinsen auf 7192,88 Bei der württembergischen Sparkasse sind 4147,87 ^ angelegt (die Zinsen auf 1. Jan. m'tgerechnet); 2859 sind an Private aus- gelieheu. Die Forderungen der Einleger betragen 6974,46 Der Grundstock belauft sich auf
218,42 Im letzten Jahre wurden von 317 Kindern 1924 ^ eingelegt; zurückgezogen wurden 2007 Kaufmann G. Schmid revidierte sämtliche Bücher und fand dieselben in Ordnung. Dem seitherigen Kassier, Schult. Hang, wurde vom Vorsitzenden der gebührende Dank für seine Mühwaltung ausgesprochen. Künftig wird mit Rücksicht auf die Gesundheitsumstände des seitherigen Kassiers Kaufmann G. Schmid die Funktionen e'nes Kassiers zu übernehmen die Güte haben. Rückzahlungen sind künftig bei demselben zu erheben.
s-f Nagold, 24. Jan. Bor überreicher Ver- ' sammlung, wie sie der Hirschsaal wohl noch nicht oft gesehen hat, hielt gestern abend Herr Direktor Cox seinen zeitgemäßen Vortrag über die dyna- mo-elektrische Beleuchtung. Da die staatliche Concession für die elektrische Anlage der Firma Klingler und Barthel noch nicht eingetroffen ist, so mußte für die Demonstrationen die nötige Kraft durch die Dampfmaschine in der Bierbrauerei des Herrn Klein beschafft werden, die sich auch trotz der Verwahrung des Redners wegen ihrer Unzulänglichkeit im ganzen recht wacker gehalten hat. Der geehrte Redner beginnt mit dem elektrischen Element, als der Grundlage aller elektrischen Ver- suche und Erfindungen, das aber zur elektr. Beleuchtung sich nicht auf die Dauer verwenden läßt, weil das teure Zink rasch zerfressen wird und das Verhältnis zwischen Verbrauch und Erfolg 210mal ungünstiger ist als bei Kohle. Statt dessen benützen wir heute die Dynamomaschine zum praktischen Betrieb. In einem Ring-Draht, der einem von einem Strom durchflossenen Draht genährt wird, wird ein Strom von entgegengesetzter Richtung erzeugt, wird der Ringdraht entfernt, so verwandelt sich die Richtung in die gleichartige. Das ist der Wechselstrom, der durch vielfache Drahtringe verstärkt werden kann. Durch eine Vorrichtung, die man Commutator oder auch Collector nennt, kann man diese Ströme gleichrichten und bekommt dadurch die Gleichstrommaschine. Statt eines Ringdrah- teS kann man auch Stahlmagnete gebrauchen, neuer
dings aber hat man Elektromagnete von weichem Eisen (Demonstration an einem solchen, der zugleich ein elektr. Licht trägt). In diesem Elektromagneten < bleibt nach dem Gebrauch immer etwas Kraft zurück j (rsmausutar Llagnotiamus), die einen sehr schwachen ! Strom erzeugt, von dem ein Teil um die Magnete * geht, die dann einen stärkeren Strom erzeugen und umgekehrt, so daß dann in kurzer Zeit die nötige Stromstärke da ist. Diesen Strom kann man durch Einhalten eines Hindernisses auf die gewünschte Starke regulieren. Da die Magnete auch abstoßend wirken, so braucht es Kraft zur Ueberwindung jener Abstoßung, außerdem sind noch andere Kraftverluste zu verzeichnen; je größer aber die Maschine ist, desto günstiger sind die Resultate. Zur Leitung eignen sich die Metalle, namentlich Kupfer (siebenmal günstiger als Eisen). Die elektrische Kraft wird gemessen in Volt-^mpsrsn (Volt-Spannung des Stroms und ^mporo-Huantum des Stroms in einer Sekunde). Der durch Reibung entstandene Verlust an Elektrizität wird in Wärme umgesetzt. Je größer der Reibungswiderstand, desto größer die Wärmeentwicklung bis zum Glühen ja Zerschmelzen eines Drahtes (Demonstration). Da Kohle sich als widerstandsfähiger erwiesen bat als Draht, so nimmt man zum elektrischen Glüh licht (Erfinder: Edison in Nordamerika) seine Kohlenfäden, die aus Pflanzenfaser, Baumwollfaser oder aus einer gepreßten Kokskohle hergestellt werden und in eine möglichst luftleere Glasglocke kommen. Je schneller der Motor arbeitet, desto stärker der Strom und desto stärker das Glühen. Auf einem anderen Prinzip beruht das elektr. Bo gen licht, nämlich auf der Annäherung (bezw. kurzen Entfernung) von 2 Kohlenstiften, durch welche ebenfalls der Strom geleitet wird (Demonstration). Der Funke geht von dem negativen spitzigen Stift zu dem positiven etwas ausgehöhlten Stift in Form eines Bogens (daher Bogenlicht) und entwickelt dabei eine Hitze bis zu 4000 ", welche Stahldraht schmilzt, lim ein ruhiges Licht zu bekommen, hat man ^ooumula- tor«n, dies sind auch Elemente aus waffelartigen Bleiplatten mit Mennige bestrichen und in Wasser mit Schwefelsäure gesetzt. Der elektr. Strom erzeugt in ihnen eine fortwährende chemische Veränderung (Wechsel von Blei, Bleioxid. Bleirost) und Bleioxidul (starker Bleirost). Diese Akkumulatoren speichern überflüssige Stromkraft auf, und geben sie bei schwach gehender Maschine wieder ab, so daß ein ruhiges Fortbrennen gesichert ist, vorausgesetzt eine genü- gende Anzahl von solchen Platten; diese Akkumulatorenbatterie ist der beste Regulator, den man sich denken kann. Außerdem wirken sie noch bei abgestelltem Strome nach und stellen zugleich eine gewisse Reserve dar für den Fall irgend einer vorübergehenden Störung. So kann man nachts, auch wenn die Maschine nicht mehr im Gang ist, beim Heimgehen durch einen Druck auf den Kopf seinen Oehrn und sein Schlafzimmer noch beleuchten. Eine andere Wohlthat des dynamoelektrischen Stroms ist die Möglichkeit der Kraftübertragung oder der llebertragung mechanischer Arbeit durch Elektrizität. Ringe, durch die der Strom geleitet wird und die zugleich unter dem Einfluß von Magneten stehen, komipen in Drehung, und so kann durch Drehung Arbeitskraft erzeugt werden (was an einer von Dreher Gutekunst aufgestellten und mit sichtlichem Vergnügen gehandhabtrn Drehbank gezeigt wurde.) Die Elektromotoren haben den Vorzug vor den
Gasmotoren, daß sie nur */o von dem Preis der letzteren kosten, wenig Platz einnehmen und sich nach dem Kraftbedarf automatisch (selbstthätig) regulieren. Der Kraftverlust ist nicht bedeutend (8 bis 10°/o). Die Anwendung des dynamoelektrischen Stroms für die Elektrochemie (Galvanoplastik oder lieber- ziehung eines Gegenstandes mit einer Metalllage auf elektrischem Wege) wurde, als nicht direkt zur Sache gehörig nur kurz gestreift. Zum Schluß kamen noch einige Ausführungen über die hiesige Anlage zur Beleuchtung und Kraftübertragung. Die Leitung wird bis zu einem Mittelpunkt geführt; von da aus verbreitet sich dann ein Netz von Drähten nach allen den Richtungen hin, wo Anschlüsse gewünscht werden. Diese Drähte werden an Telegraphenstangen befestigt, da die unterirdische Leitung 3—4mal teurer käme. Die Leitung bis zum HauS ist Sache des Unternehmers, die Einrichtung innerhalb des Hauses geht den Hausbesitzer an und kostet pro 16kerzige Flamme im Durchschnitt 20 Mark. Die Leitung muß sehr sorgfältig gelegt und mit Bleisicherungen versehen werden, dann aber ist sie die beste und ungefährlichste Beleuchtungseinrichtung (in England 3—4 Braudfälle gegen 6 bis 700 bei anderer Beleuchtung). Es ist von großem Wert und kommt erheblich billiger, wenn die Anlage gleich einheitlich angelegt wird, also sich alle Lusttragenden gleich zu Anfang melden. Die Flamme stellt sich pro Stunde in anderen Städten zu 4 und 3 hier ist bloß der Preis von 2^/r in Aussicht genommen, also viel billiger als Gas und jedenfalls so billig wie Erdöl, dabei reinlicher, rasch zu handhaben und ungefährlich. Für größere Geschäfte mit vielen Flammen rentiert sich ein Verbrauchsmesser, eigen angeschafft oder gemietet, kleinere Haushaltungen werden einen Akkord treffen können. Dies der wesentliche Inhalt des reichhaltigen und sehr beifällig aufgenommenen Vortrags. Nachdem auf Veranlassung des Gewerbevereinsvorstands Kommerzienrat Sann- wald dem gewandten Redner der Dank der Versammlung gezollt war, drängten sich viele Wißbegierige zu den Tischen mit den Instrumenten hin, um sich das und jenes, z. B. ein elektrisches Bügeleisen und einen dito Cigarrenanzünder in der Nähe zu betrachten oder sich über anderes noch genauer belehren zu lassen. Stadtschultheiß Brodbeck aber begrüßte es mit Freuden, daß nun mehr Licht und mehr Kraft in die Stadt kommen werde und fordert zu zahlreicher Beteiligung auf.
ä. Ueberberg, 23. Jan. Heute morgen begegnete dem ^jährigen Mädchen des Bauern Mich. Schneider ein schwerer Unfall. Als die Morgensuppe auf den Tisch gestellt war, befand sich das Kind in der Stube im Kinderwägelein. Dasselbe kam ins Rollen, und das Kind konnte die Schüssel ergreifen, riß sie um, und die siedendheiße Suppe strömte über den bloßen Leib des bedauernswerten Mädchens. So bedeutend auch die Brandwunden sind, die das arme Kind davontrug, so glaubt doch der Arzt, daß es am Leben bleibe.
Herrenberg, 21. Jan. Mit dem Bau de- Bezirkskrankenhanses soll es nun Ernst werden» nachdem die Pläne genehmigt und die Stadt die Wasser, leitung und einen Teil vom Bauplatz dazu gegeben hat. Vorgesehen ist ein zweistöckiger Bau mit Raum für 48 Betten und kommt derselbe in die Nähe der Tübinger Landstraße zu stehen. (T. Chr.)