von 3 bis 100 ^ zukommen lassen. Herr Seelig hat mit dieser Spende seiner erfolgreichen geschäft- lichen Thätigkeit einen schönen und würdigen Ab­schluß verliehen.

Pliezhausen, 28. Dez. Einen hoffnungsvol­len Sohn besitzt hier ein altes Ehepaar von nahe­zu 70 Jahren, der seine Eltern dieser Tage um die Mitternachtstunde mit einer gefährlichen Ätordwaffe in der Hand zum Hause hinausjagte. Nur hinzu- geeilten Personen ist es zu verdanken, daß kein weiteres Unglück vorgekommen und die alten und armen Eltern wieder unter Dach gebracht wurden.

Riedlingen, 31. Dez. Gestern Abend ertrank in einem Altwasser oberhalb Neufra eine 67 St. zäh­lende Schafherde. Besitzer ist Herr Wohnhas in Ebingen. Allem Anscheine nach kamen die Schafe durch irgend einen Schrecken in die nur schwache Eisdecke und brachen ein. Der Schaden ist ein um so größerer, als das Fleisch der ertrunkenen fetten Thiere nicht verkauft werden darf.

Zum Kapitel der Soldatenmißhandlungen liegen neuerdings einige unerquickliche Beiträge vor. In Ul m hat sich, derUlm. Ztg." zufolge, der Ar­tillerierekrut Harschneider aus Verzweiflung über schlechte Behandlung in der Kaserne erschossen; be­sonders der auf ihn von seinem Unteroffizier ausge­übte Zwang, einem Kameraden ins Gesicht zu speien, scheint seine Aufregung bis zum Selbstmordentschluß gesteigert zu haben. Aus Schwerin berichtet dieLübecker Eisenbahnzeitg." einige Vorkommnisse, die sich während der jüngsten zehnwöchentlichen Uebung bei der 1. Ersatzkompagnie zugetrageu haben sollen; das Blatt erklärt, nach sechswöchentlicher Erforschung könne es die von ihm angeführten Thatsachen urkund­lich belegen, sie seien nötigensfalls auch eidlich zu er­härten. Neben manchen Dingen, die mehr die Kenn­zeichnung als alberne Tölpelspäße verdienen -- wie z. B. die feierliche Beerdigung von Fliegen, die ein krank gemeldeter Soldat auf Befehl des Unteroffi­ziers gefangen hatte, werden auch einige ausge­suchte Rohheiten zweier Unteroffiziere erzählt. Man kann wohl die Erwartung aussprechen, daß die Vor­gänge, wenn sie nach ernster Prüfung sich bewahr­heiten, ihre gerechte Ahndung finden.

In Pforzheim wurde durch das Neujahrs­schießen mit scharfgeladenen Revolvern grober Un­fug verübt. Ein Goldarbeiter, der in die Stirn getroffen wurde, blieb tot. Der Polizeimeister Haas erhielt einen Schuß in den Schenkel.

Saarbrücken, 2. Jan. In gestern stark be­suchten Arbeiterversammlungen in Louisenthal, Bild­stock, Guichenbach und Holz wurde die Fortsetzung des Streiks beschlossen. Der Streik ist heute allge­mein, nur 4546 Bergleute sind angefahren.

Der Reichstagsabgeordnete Dr. Peter Reicheu- sperger, zugleich Mitglied des preußischen Abgeord­netenhauses, der hervorragende Führer der Zentrums­partei, ist am Sylvesterabend in Berlin nach länge­rem Leiden gestorben. Bei aller Entschiedenheit in konfessionellen Fragen war Reichensperger in po­litischer Beziehung eine sehr versöhnliche Natur.

In der Woche vom 25. bis 31. Dezember wur­den im Ganzen aus Altona 5 Erkrankungen ge­meldet, wovon 3 tötlich verliefen. In Hamburg kamen in derselben Zeit 17 Erkrankungen, 6 Todes­fälle vor.

Eine neue Kundgebung der Nordd. Mg. Ztg. zu Gunsten der neuen Militärvorlage. In der­selben heißt es:Wir sind beispiellos verwöhnt; in der Armee wie im Lande hat man verlernt, mit Niederlagen, mit Rückzügen zu rechnen; man hat vergessen, daß den Tagen von Leipzig die von Lützen und Bautzen vorangingen. 1870/71 wurde man im Lande schon ungeduldig, wenn nicht jede Woche eine neue Siegesdepesche brachte, oder wenn Metz und Paris nicht schnell genug fielen.Wir werden auch im günstigsten Falle unsere Ansprüche sehr herabstimmen müssen. Die Ablehnung der neuen Militärvorlage aber würde unseren künftigen Führern und Truppen ihre Aufgabe um so mehr erschweren, als ohnehin der Vergleich mit 1870/71 immer so nahe liegen wird. Wie verwöhnt sind wir auch da- durch, daß wir den Krieg immer nur in Feindes­land geführt haben, daß kein feindlicher Fuß deut­schen Boden betrat! Sind wir aber nicht stark genug, die Offensive zu ergreifen, so folgt ohne weiteres, daß deutscher Boden Kriegsschauplatz wird, und daß der Feind, wenn er einen Ueberschuß an Kräften

hat, ihn ungestraft gegen die wenig oder gar nicht geschützten Teile unserer Grenzlande verwenden kann. Dann stehen andere Dinge aus dem Spiel als Ver­stimmungen. Wir verzichten daraus, das weiter aus­zumalen, aber wir wollen nicht verhehlen, daß in einem Lande, wo Heer und Volk auch im Kriege in so innigen Wechselbeziehungen stehen, wie bei uns, die Frage sehr ernst ist, ob es nicht geratener sei, lieber jetzt den Unmut zu überwinden, als die Leist­ungsfähigkeit von Heer und Volk bei Ausbruch eines Krieges auch moralisch herabzudrücken.

Berlin, 1. Jan. DasMilitärwochenblatt" sagt in seiner Neujahrsbetrachtung:Die Vorteile, welche die neue Militärvorlage gewährt, die Nach­teile, welche von ihr befürchtet werden, sind schon vielfach erörtert worden. Die mannigfachen Wünsche, welche der Soldat noch gern über die Militärvor­lage hinaus berücksichtigt sehen möchte, scheitern an dem Kostenpunkt; die Abstriche, welche der Abgeord­nete mit Rücksicht auf die schwere pekuniäre Be­lastung des Volks gern vornehmen möchte, scheitern an der unerläßlichen Forderung einer guten Quali­tät des Heeres. Unter Berücksichtigung dieser beiden Gesichtspunkte glauben wir kaum, daß es möglich ist, die Miltärvorlage in ihren Hauptzügen anders zu gestalten, als wie sie ist."

Berlin, 1. Jan. Die Leiche des Abgeordne­ten Peter Reichensperger wird morgen in der Hed­wigskirche aufgebahrt; Mitwoch wird dort ein feier­liches Requiem abgehalten. Graf Ballestrem wird einen mit den Worten:Unserem großen Vorkämpfer und Altmeister" versehenen Kranz im Namen des Centrums niederlegen.

Berlin, 2. Jan. Nach demReichs- und Staatsanzeiger" äußerte sich der Kaiser bei dem gestri­gen Neujahrsempfang gegenüber den kommandiren- den Generalen, die Durchführung der beabsichtigten Heeresreform für Deutschland -sei eine militärische und politische Notwendigkeit. Er erwarte zuversicht­lich, daß sich die Erkenntnis hiervon immermehr Bahn breche. Er stehe fest zu der von den Bundesre­gierungen gemachten Vorlage.

Schwei).

Bern, 1. Jan. Beim Neujahrsempfange sprach der französische Gesandte den Wunsch aus, der mo- mentane Abbruch möge die traditionellen Handels­beziehungen nicht vernichten. Mäßigung sei erwünscht. Er werde für die Verständigung thätig sein. Bun­desrat Schenk erwiderte, er bedaure die Wendung, welche die Ereignisse genommen; die Schweiz könne die Maßregeln nicht mildern, solange Frankreich nicht die Thore seines Marktes den schweizerischen Pro­dukten öffne.

In Zürich sprach dieser Tage der Reichstags­abgeordnete Bebel vor etwa 1200 Personen über die gegenwärtige politische und wirtschaftliche Lage Europas. Er bezeichnete das französisch-russische Bündnis einerseits und den Dreibund andernseits als natürliche Folge des großen; Entwicklungskampfes der Nationen. Die Ablehnung der deutschen Mili­tärvorlage hält der Redner für sicher und begrüßt die Auflösung des Reichstages als das wirksamste Agitationsmittel für seine Partei. EinigeUnabhän­gige" griffen Bebel auf das heftigste an, worauf ein Skandal entstand. Unter stürmischem Bestall für Be­belging die Versammlung um Mitternacht auseinander.

Frankreich.

Paris, 2. Jan. Beim Neujahrsempfang brachte der Nuntius die Glückwünsche des Diploma- ten-Corps dar. Carnot erwiderte, er danke für die im Interesse des Friedens und der Eintracht darge­brachten Wünsche, sowie für die Glückwünsche für Frankreich. Die unter den Franzosen lebenden Mitglieder des diplomatischen Corps kennten besser als Andere die soliden Eigenschaften der Franzosen, und könnten die Rolle richtig schätzen, welche die Geschichte Frankreich im europäischen Staaten-Kon- zert zugeteilt haben, und kennen endlich die Dienste, welche Frankreich der edlen Sache des Fortschritts und der Humanität zu leisten berufen sei. Ihr Zeugnis sei den Franzosen vorteilhaft, gehoben durch solche Sympathien, vertrauend der Einsicht des Volkes, welches Ehre, Recht und Wahrheit heilig hält, blicke die Regierung der Republik beim Jahres­beginn ruhig in die Zukunft.

Die französische Milstärverwaltung erwägt an­geblich die Einführung von Handmitrailleusen für die Kavallerie.

Portugal.

Lissabon, 3. Jan. Heute wurde ein revolu­tionäres Manifest verbreitet.

Brlgir n-H o l l a n d.

Brüssel, 31. Dez. Von unterrichteter Seite wird mitgeteilt, man sehe infolge der französischen Ablehnung des schweizerischen Handelsübereinkommens auch die Ablehnung Frankreichs, mit Belgien in handelspolitische Unterhandlungen einzutreten, voraus. Belgien würde diesfalls lediglich seinen Interessen folgend, von seiner Aktionsfreiheit Gebrauch machen. Zwischen Belgien und Frankreich bestehe ohnehin keinerlei handelspolitisches Uebereinkommen, sondern ein einfacher moäus vivsuäi, welchem stets ein Ziel gesetzt werden könne.

Italien.

Der Papst zeigte bei Empfang seines Hofes ungewöhnliche Lebendigkeit. Dem Msgr. Mocenni, welcher ihn zu seinem prächtigen Aussehen beglück- wünschte, antwortete er mit' sichtlichem Behagen: man sagt mich alle Augenblicke krank, doch befinde ich mich wohler als je und hoffe, noch manches zur Ehre Gottes und der Kirche zu vollenden."

König Humbert von Italien hat die Neujahrs­wünsche im Quirinal in der üblichen Weise entge­gengenommen. Der König sprach seine volle Hoff­nung auf Erhaltung des Friedens und auf die Fort­dauer der guten Beziehungen zu allen Staaten aus. Unter diesen Umständen werde es um so eher mög- lich sein, den Reformarbeiten im Innern Italiens die größte Aufmerksamkeit zuzuwenden.

König Humbert tauschte anläßlich der Jahres- wende herzliche Glückwunschdepeschen mit Kaiser Franz Josef, Kaiser Wilhelm und Königin Viktoria.

Rußland.

Es laufen betrübende Nachrichten über den dies­jährigen Notstand in Rußland ein. Die Land­bevölkerung in den von der Hungersnot betroffenen Provinzen befindet sich im tiefsten Elend. Der Adels- marschall der Provinz Tula, Graf Bobrinsky, ver­öffentlicht z. B. in den Journalen eine haarsträubende Schilderung der Lage der Bauern in seiner Provinz, welche dem Hunger und der Kälte ausgesetzt sind^ da sie weder Lebensmittel, noch Brennmaterial be­sitzen. Diese Unglücklichen leben bei der jetzigen schrecklichen Kälte in Hütten, deren Dächer sie ver­brennen mußten, um sich zu wärmen, und gehen größtenteils an den Krankheiten, welche sie sich unter solchen Umständen zuziehen müssen, zu Grunde. Die Lage ist Heuer schlimmer als im abgelaufenen Jahre,, denn jetzt fehlen sowohl den Opfern der Mißernte, als den hilfsbereiten Grundbesitzern jene Reserve­vorräte, die im letzten Jahre noch vorhanden waren. Es ist daher die öffentliche Hilfeleistung bedeutend schwieriger geworden, nnd sie mußte diesmal auch viel früher beginnen. Man kann die Darstellung des Grafen Bobrinsky nicht lesen, ohne tief ergriffen zu werden.

Türkei.

Der Generaladjutant des Sultans, Kampho- evener Pascha, ist nach Berlin abgereist, um mit einem eigenhändigen Schreiben des Sultans die Neujahrsgeschenke des Letzteren für den Kaiser und die Kaiserin, die kaiserlichen Kinder und die Erb­prinzessin von Sachen Meiningen zu überbringen.

Kleinere Mitteilungen.

Biberach, 1. Jan. In Attenweiler hörte man letzter Tage vor der Wohnung eines früheren Holz­machers unterdrückte Hilferufe. Als sogar Kinder jämmerlich zu weinen anfingen, drangen beherzte Män­ner in die Wohnung. Welcher Anblick bot sich ihnen nun dar! Der Hauseigentümer hatte seine Ehehälfte in eine Ecke des Kanapees gedrückt und machte sich mit einem eisernen Gegenstand im Gesicht derselben zu schaffen.Mord! Mord!" Mit diesen Worten wollten sich die Männer eben auf den Ehemann wer­fen, als derselbe mit dem Ruf:Scho wieder siebazg Pfennig profitiert!" von seinemOpfer" abließ und in der Rechten eine Beißzange. in der Linken einen großen Stockzahn hielt, den er soeben seiner besseren Hälfte ausgerissen hatte. Die Operierte erfreut sich besten Wohlseins.

Aus Frankfurt a. M. Zwei Christen und ein Jude machten vor Kurzem unter sonderbaren Umständen eine reiche Erbschaft. Sie waren testa­mentarisch als Erben von einem ohne Nachkommen Verstorbenen eingesetzt. Da derselbe aber in dem