Stuttgart. Mit dem heutigen 11. Septbr. tritt I. M. die Königin Olga in ihr 70. Lebensjahr. Volle 45 Jahre ihres Lebens hat die hohe Frau in Württembtrg zugebracht, das ihr vom ersten Tag seit ihrem Einzug in Stuttgart zur Heimat geworden ist. Diese Heimat liebevoll zu umfassen, in ihr einen Kreis des Segens auszubreiten, das war und ist heute noch ihr Lebenszweck. Möchten wir noch viele Jahre uns der segensreichen Regierung des hohen Herrscherpaares erfreuen, das ist unser innigster und ehrfurchtsvollster Wunsch am heutigen Tage.
Heilbronn, 9. Sept. Die bürgerlichen Kollegien sind nicht geneigt, aus das Pensionsgesuch des Oberbürgermeisters Hegelmaier mit 5000^ einzugehen und wollen die Absetzung Hegelmaier's erwirken.
Göppingen, 9. Sept. Von zuständiger Seite wird berichtet, (s. Beilage), daß die Frau von Gammelsbausen thätlich nicht angegriffen, auch ihr kein Geld abgenommen worden ist.
Ulm, 10. Sept. Der hies. Gemeinderat Hot in seiner heutigen Sitzung gleichfalls seine Mißbilligung über die maßloße Judenhetze der „Ülmer Schnellpost" ausgesprochen. Wenn dieselbe in der bisherigen Weise fortfährt, dürften ihr wahrscheinlich die städtischen Inserate entzogen werden.
Bonden 54 000 Morgen, die in Württemberg mit Reben bewachsen sind, wurden ungefähr 18000 bespritzt, unbespritzt blieben also 36000. Rechnet man auf den unbespritzten Morgen ein Weinerträgnis von 4 Hektoliter weniger und legt den Landesdurchschnittspreis von 35 für den Liter zu Grunde, so ergiebt sich ein Schaden von über 5 Millionen Mark, den die Weinbergbesitzer ihrer eigenen Nachlässigkeit verdanken.
München, 9. Sept. Nach abgenommenec Parade sprach sich der Kaiser sehr rühmend über die bayerische Armee aus. Er gratulierte dem Prinzregenten zum militärischen Arrangement und zur Haltung der Truppen, beides als mustergiltig bezeichnend.
Pfarrer Kneipp in Wörrishofen wurde in Sachen des angeblichen Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung außer Verfolg gesetzt.
DasReutersche Bureau meldet aus Melbourne: Die Barke Fidschi, die von Hamburg nach Melbourne fuhr, stieß bei Warnambool (?) auf Felsen und ging total verloren. 13 Personen sind ertrunken.
Eine große Ehre ist dem deutschen Namen im fernen Süd-Amerika erwiesen. Dem Präsidenten Balmaceda, diesem Gauner ersten Ranges, ist in Chile durch einen entscheidenden Sieg der Kongreßpartei bei Valparaiso nun endlich das Handwerk gelegt. Die Sieger scheinen auch gerade keine Engel zu sein, denn sie lassen ohne Erbarmen alle ihre politischen Gegner über die Klinge springen, aber solche Spitzbuben, wie Balmaceda, der auf der Flucht von seinen Gegnern erschossen worden sein soll, sind sie nun doch nicht. Man kann wohl erwarten, daß unter dem neuen Regiment das reiche Chile wieder aufblüht. Nach der Schlacht von Valparaiso nun hat sich die Stadt, obwohl auch englische und französische Schiffe in ihrem Hafen lagen, doch dem deutschen Geschwader- Kommandanten ergeben, der natürlich sofort die
weitere Uebergabe an die siegreiche Partei vermittelte. Das ist ein wichtiger politischer Erfolg, und daß er bemerkt wird, geht aus der rührenden Thatsache hervor, daß alle Pariser Zeitungen dies Faktum totschweigen. Deshalb bleibt es aber doch bestehen.
In dem Amtsgerichtsgefängnis zu Greiz hat sich der Spinnmeister einer dortigen Kammgarnspinnerei erhängt, der in Hast genommen worden war, weil er Wolle veruntreut und verkauft hatte. Der Mann hatte 50 Mk. Wochenlohn, war also nicht durch Not zum Dieb geworden.
Frankreich.
Paris, 9. Sept. Expräsident Grevy ist gestorben.
Die Franzosen erleben mit ihrer Russenfreundlichkeit eine Enttäuschung nach der anderen, und es gehört wirklich ein so unbefangener politischer Sinn dazu, wie er den Gefühlspolitikern an der Seine eigen ist, um nicht verdrossen zu werden. Großfürst Wladimir durfte schon auf russischen Wunsch nicht in Paris durch Demonstrationen behelligt werden, wie kurz vorher sein Bruder; da sagten sich die guten Pariser: geschieht ihm ganz recht, warum hat er eine deutsche Frau. Der Großfürst Georg von Rußland, der Zweitälteste Sohn des Zaren, sollte nach Angabe französischer Blätter, begleitet von seiner Mutter, der Zarin, nach Algier reisen, um dort seiner Gesundheit halber längeren Aufenthalt zu nehmen. Erst hieß es in der französischen Presse, die Zarin werde Frankreich und zwar Paris besuchen und man berauschte sich schon förmlich an den Ufern der Seine im Vorgefühl der hohen Ehre, der dadurch die Republik teilhaftig werde. Dieser Besuch verflüchtigte sich aber zunächst in ein bloßes Geleit, das die russische Kaiserin ihrem kranken Sohne nach Algier geben wolle, und Paris blieb nach und nach aus dem Reiseprogramm ganz fort. In voriger Woche noch meldete aber der „Figaro" umständlich diese Algierreifc und daß die Zarin längere Zeit dort verweilen werde, um die Einwirkung des Klimas auf den Großfürsten Georg zu beobachten. Dem ganzen Gerede wurde nun plötzlich ein Ende gemacht durch die Meldung aus Fredensborg, daß der Großfürst Georg nach Stettin reiste — und zwar ohne Begleitung seiner hohen Mutter, und daß er sich von dort nicht nach Algier, sondern — nach dem Kaukasus zu längerem Aufenthalt begeben wird. Vielleicht verfehlt diese Meldung nicht, auf die erhitzten Pariser Rusfenanbeter einen etwas ernüchternden Eindruck hervorzubringen. Hoffentlich trägt dazu auch die Neuigkeit bei, daß Herr v. Mohrenheim, der angeblich kurz nach dem Flottenbesuch in Kronstadt nach Petersburg „berufen" worden war, um die Verhandlungen wegen des Besuches der Zarin zu führen, lediglich nach Petersburg gereist ist, um einem russischen Schwindler, dessen Opfer er geworden war, nachzuspüren. Das ist zwar nichr von politischer Tragweite, aber es ist sehr interessant und spricht kaum dafür, daß Herrn v. Mohrenheim ein so großes staatsmännisches Talent innewohnt, um den Dreibund zu erschüttern. Nur auf eine russische Auszeichnung dürfen sich die Franzosen gefaßt machen: Wenn im nächsten Monat die neue russische Anleihe aufgelegt wird, dann wird der Zar wieder einige freundliche Blicke nach den ihn
anbetenden Republikanern werfen und die dürfen dann tief in den Sack greifen, um den russischen Brüdern das nötige Geld zu pumpen.
Die guten Beziehungen zwischen dem Vatikan und der französischen Regierung treten täglich mehr in Erscheinung. Die französischen Bischöfe überbieten sich heute in Liebenswürdigkeiten gegenüber dem republikanischen Staatsoberhaupt und sorgen eifrig dafür, daß die ihnen unterstellte Geistlichkeit es ebenfalls nicht an freundlichen Grimassen fehlen läßt. So erläutert jetzt der Bischof von Chalons in einem Rundschreiben seinen Geistlichen, wie sie sich bei der Anwesenheit des Präsidenten Carnot zu den großen Manövern im Departement der Marne zu verhalten haben: Die Geistlichkeit werde Herrn Carnot ihre Huldigungen darbringen und glücklich sein, ihn wegen seines Patriotismus zu beglückwünschen. Die Regierung der Republik sei durch die Haltung Europas belohnt worden, das durch glänzende Kundgebungen Frankreich eine Ehrenstellung in der Völkerfamilie wieder zuerkenne. Das französische Volk sei dafür dankbar und der Klerus teile dessen Gefühle und füge zu ihnen das Vertrauen, daß das Staatsoberhaupt, ohne die verfassungsmäßigen Wege zu verlassen, durch seinen hohen Einfluß die religiösen Freiheiten wiederherstellen werde.
Die großen französischen Manöver bringen auch Zwischenfälle, welche nicht auf dem Programm stehen. Am 4. Sept. mußte das Gefecht bei Gorgebin eingestellt werden, weil der Oberbefehlshaber Saussier noch nicht eingetroffen war. Obwohl seine Ankunft für 10 Uhr angesagt war, erschien Saussier erst drei Stunden später auf der Bildfläche. Saussier ist dick und kann ohne Hilfe nicht zu Pferde steigen, auch nicht lange auf demselben bleiben. Er verdankt seine Stellung hauptsächlich seiner republikanischen Gesinnung, ein Beförderungssystem, gegen welches wir Deutsche sicherlich am wenigsten einzuwenden haben.
Rußland.
Aus Warschau wird gemeldet, daß der dortige Stadtrat Befehl erhielt, die Stadtbewohner aufzufordern, sich für drei Monate zu verproviantieren.
Das „St. Petersburger Journal" dementiert die Meldung von Truppenzusammenziehunqen in Polen.
Handel ck Berkehr
Horb, 9. Sept. Heute fanden die ersten Hopfenkäufe durch einige Bierbrauereibesitzer statt zu 90 und 100 ^ per Zentner.
Heidenheim, 6. Sept. Auf dem gestrigen Wochenmarkt war hier das erste Mostobst feil. Es wurde vom Bayerischen hierher gebracht und zu 4 M. pro Zentner verkauft, Birnen und Aepfel untereinander.
Zur Kartoffelernte. Es soll Heuer angezeigt sein, daß die Kartoffeln, wenn sie aus dem Boden kommen, noch an einem trockenen Orte abgelagert werden, damit das überflüssige Wasser verdunstet und das Stärkemehl sich entwickeln kann. Das ist in solchen Jahren, wo durch das viele Regnen der Boden kaum einmal austrockncn konnte, doppelt notwendig. Sie werden durch diese Behandlung auch für die Gesundheit zuträglicher. Werden sie gleich im Keller aufbewahrt, so ist auch die Gefahr der Ansteckung oder Fäulnis weit g rößer, als wenn sie erst eine Zeit lang trocken gelagert werden.
Hiezu das Uuterhaltungsblatt 37 u. eine Beilage.
Verantwortlicher Redakteur Steinwandel in Nagold. — Druck und Verlag der G- W. Zaiser'scheu Buchdruckerei.
Amtliche und Privat-Bekanntmachungen.
Kagold. Behufs richtiger Berechnung der Geld-Entschädigung der Schullehrer für ihre nicht in natura bezogenen Fruchtbesoldungen wird nach Konsistorialerlaß vom 16. Oktober 1860 (Amtsblatt Nro. 60 von 1860) der Preis der nachbenannten Früchte, wie er sich an dem entscheidenden Markttag gestellt hat, hiedurch in Nachstehendem bekannt gemacht:
Markttag,
Roggen.
Dinkel.
Haber.
! und zwar der erste Markt-
Mittel-
Mittel-
Mittel-
, tag des 3. Monats des j
Gewicht
Preis per Ctr.
Gewicht
Preis per Ctr.
Gewicht
Preis per Ctr.
f III. Quartals.
pr- Schffl.
^ !
pr. Schsfl.
^ !
pr. Schsfl.
L
S
L
am 5. Sept. 1891.
260
8
94
159
8
33 !
178
6
92
! am 2. Sept. 1891. ^
260
10
68
156
8
94 j
168
8
60
Schranne.
Nagold .... Altensteig . . .
Den 8. Sept. 1891.
K. gemeinschaftliches Oberamt in Schulsachen. Dr. 6iuKeI. vielerle.
^11§smsiüs VsrLor§rm§8-H.üLt3.1t LLrlsruLs. IisksuLvsrsieksrrmZ.
knä« 1890: 75 Wlllonsn Aark VcrmiiKsn; 257 Llillionvn Llark vvrsivdsrt«» Kapital, keiner 2nAanA kür 1890: 17 Aillionsn ülark DelbensversivderunAS-kaxilal. tlisäsrs LsitrLxs, Lobs Ssvinusntsils, güustlgs Lsäiuxungsn. lu Xaxolä vertreten äurek krieck. 8vkiniü; Lalrv: viilker, 6., kiärwptor; Korb: Racker, .1
K. Amtsanwaltschaft Herrenberg — Nagold.
Anzeige einer Sachbeschädigung.
In der Zeit vom Sonntag den 12. bis Montag den 13. Juli l. I wurde dem Bauern Johs. Hartmann von Pfrondorf, OA. Nagold, eine auf dessen Wiese auf Markung Pfrondorf angebrachte sog. „Werre" weggeriffen.
Das an derselben befindliche Schloß war zertrümmert und der zugehörige Nagel fehlte, auch waren die Pfosten weggerissen.
Um Fahndung nach dem Thäter wird ersucht.
Herrenberg, 3. Sept. 1891. Amtsanwalt: Frhr. v. König.