Gewitter mit wolkenbruchartigem Regen. Seit der vorigen Woche erfreuen wir uns des Tags über der erwünschten Frühlingswärme und stehen nun auch die Bäume des Spätobstes in schönster Blüte Kein Wunder, daß nun auch die Imker eine etwas freundlichere Miene zeigen. So hat auch der thä tige Imker Weimer in Pfrondorf dieser Tage einen schönen Bienenschwarm eingeheimst.

LHaiterbach, 3. Juni. In vergangener Nacht zwischen 12 und 1 Uhr ging auf der Höhe gegen Salzstetten und Altheim ein schwerer Wolken bruch nieder, dessen riesige über 1 Meter hohe Was sermassen an den Feldern im Haiterbachthal arge Verwüstungen anrichteten. Dies ist nun innerhalb 3 Wochen der 2. Fall, daß wir durch Hochwasser heimgesucht wurden.

Altensteig, 1. Juni. Ein 13jähriger Bursche bestieg gestern abend eine Eiche am Schloß berg, um ein Rabennest aufzusuchen. Da infolge des Regens die Rinde sehr glatt war, rutschte der Knabe aus und fiel etwa 10 Meter herab. Wie man hört soll derselbe lebensgefährliche innerliche Verletzungen durch den Sturz bekommen haben.

Simmersfeld, 1. Juni. Eine stattliche Anzahl von Bienenzüchtern sowie sonstigen Freun den der Imkerei hat gestern im Gasthausz. Hirsch" hier eine Versammlung abgehalteu. Der Vorstand des Bienenzüchtervereins, H. Schullehrer Kümmel begrüßte die zahlreiche Versammlung mit warmen Worten und hielt sodann einen Vortrag über die Mehlfütterung der Bienen. Er führte aus, daß die Stöcke im Frühjahr, wenn oft kein Blütenstaub vor Händen sei zur Bereitung des Speisebreis, die Brut sehr einschränken müssen. Die Folge davon sei, daß die Völker bei der Frühjahrstracht häufig sehr schwach bleiben, wenig Honig einbringen können, und später auch keine oder nur leichte Schwärme abgeben. Das Mehl könne entweder trocken gereicht oder mit Zuckerwasser zu einem dünnflüssigen Brei vermengt werden. H. Kümmel habe die Erfahrung gemacht, daß die Bienen diesen künstlichen Speise­drei mit großer Vorliebe einschlürfen und reichlich Brut ansetzen. Auch die Spekulativfütterung im Spätsommer sei empfehlenswert, dadurch bringe man starke und honigreiche Stöcke in den Winter, die am heften der Ungunst der rauhen Jahreszeit zu wider stehen vermögen. Bei der Versammlung wurde der Beschluß gefaßt, daß sich der Verein bei dem landwirtschaftlichen Bezirksfest in Altensteig durch eine Kollektivausstellung beteilige. Es soll aber den­jenigen Mitgliedern des Vereins, die auch zum land­wirtschaftlichen Verein zählen, freistehen, auch auf eigene Faust auszustellen. Mit der Ausstellung soll eine Verlosung von bienenwirtschaftlichen Geräten und Erzeugnissen der Bienenzucht verbunden werden. Im weitern Verlauf der Verhandlung wurde vom Vereinsvorstand angeregt, eine Statistik aufzu­stellen über die Anzahl der Bienenvölker, sowohl mit beweglichen als mit unbeweglichem Wabenbau, über welche die Vereinsmitglieder und die in ihren Orten sich befindlichen Imkern verfügen. Am Schluß dankte H. Kümmel allen Anwesenden für die rege Teilnahme an der Verhandlung des Vereins.

Horb, 2l. Mai. Die Vereinigung von Ge­meinde- und Korporationsbeamten des Schwarzwald­kreises versammelte sich heute in einer Anzahl von 40 Beamten im Gasthof z. Krone zun Besprechung über die Pensionsberechtigung der Gemeindebeamten, worüber der Vorstand Herr Stadtschultheiß Glück- her von Rottweil eingehend referierte. Die nächste Versammlung findet in Rottweil mit der Landesver- sammlung ende Juli statt.

Calw. Das zweite Gausängerfest des Enz- Nagold-Gausängerbundes findet in diesem Jahre am 28. Juni in Neuenbürg statt.

Tübingen, 1. Juni. Gestern belief sich die Zahl der Besucher in unserer Gewerbeausstellung auf 3000. Es kamen 8 Vereine von Böblingen, Sindelfingen, Metzingen, Gönningen, Mössingen^Her­renberg und auf heute ist Horb angesagt. Die Ge­samtzahl der verkauften Eintrittskarten beträgt über 11000. Gestern wurden die letzten 3600 Ausstel- lungslose verkauft.

Stuttgart, 1. Juni. DerStaatsanzeiger" meldet: nachdem die beiden letzten Tage in durch­aus zufriedenstellender Weise verlaufen sind, zeigte sich bei dem König in der letzten Woche wieder Fieber; infolge dessen hütet der König 'wieder das Bett.

3. Juni: Das Fieber hat wieder nachgelassen.

Stuttgart, 1. Juni. Die Königsparade der hiesigen und der Ludwigsburger Regimenter findet am kommenden Samstag um 10 Uhr vor dem Re sidenzschloß statt. Am 11. d. M. findet die Parade der Ülmer Garnison statt.

Stuttgart, 1. Juni. Heute wurde beim hie sigen Gemeinderat beantragt, das Ministerium aus zufordern, sich beim Bundesrat für Suspension der Getreidezölle zu verwenden. Die Stellung des Ge meinderats wird erst in den nächsten Tagen bekannt.

Stuttgart, 1. Juni. Der Eisenbahnverkehr am hiesigen Bahnhofe war gestern, namentlich in den Mittagsstunden 12 Uhr ein ganz großartiger. Von heute an ist der Sommerfahrplan in Kraft; auf dem Stuttgarter Bahnhofe kommen nach demselben täglich 88 Züge an und 84 Züge gehen ab, zusammen 172 Züge.

Stuttgart, 1. Juni. Am Samstag Mittag gegen 12 Uhr stürzte in der unteren Neckarstraße ein dreijähriger Knabe fünf Stock hoch vom Dache eines Hauses auf die Straße herunter. Derselbe war aus einem Dachfenster auf einen flachen Fenstervor sprung gestiegen, um einen Blumenstock zu langen Merkwürdigerweise konnte das Kind trotz des hohen Sturzes selber noch aufstehen und noch einige Schritte weiter laufen, bis aus Nase und Mund hervorquek lendes Blut ihn daran hinderte. Ob der Knabe auch ohne innere Verletzungen davongekommen ist, muß sich erst noch zeigen; bis jetzt befindet er sich den Umständen nach ganz wohl in seinem Bett.

Cannstatt, 1. Juni. Gestern Nacht wurde der ledige 24 Jahre alte Taglöhner Albert Schweizer von hier von dem 19 Jahre alten Gipser Georg Leihbacher von hier infolge Streitigkeiten mit einem Stellmesser derart in die Magen- und Herzgegend gestochen, daß Schweizer nach wenigen Minuten starb.

Brandfälle: In Markgröningen am 29. Mcn das Anwesen des Landwirts Ernst Reutter zur Bruckmühle; in Bönnigheim (Besigheim) am 30. Mai Wohnhäuser nebst Scheuern.

Vom Fränkischen, 31. Mai. In Pöllitz manipulierte vor einigen Tagen ein 16jähriger Knabe mit einem Jagdgewehr und zielte im Scherze auf nie Magd; der Schuß ging los und die Getroffene sank sofort tot nieder.

Man schreibt aus Düsseldorf: Welch großes Gefühl der Solidarität unter den fahrenden Künst lern herrscht, beweist die Thatsache, daß anläßlich des großen Unglücks, welches die Zirkusgesellschaft Carre betroffen hat, bei der Redaktion des Artist in Düsseldorf Dutzende von Telegrammen und Briefen aus allen Ländern Europas eingelaufen sind, in denen sich die größten Zirkustruppen zu jedem Opfer erbieten und verschiedene Kunstreiterchefs Herrn Carro edc Summe zur Verfügung stellen.

Der altkatholische Bischof. DieKöln. Volksztg." berichtet aus München: Die bayerische Regierung verbot dem altkatholischen Bischof Reinkens )as Tragen der Bischofsinsignien. Er muß demzu- olge die Firmung der Altkatholiken in Bayern fortan ohne Mitra und Stab vornehmen.

Kiel, 1. Juni. Der Kaiser und die Kaiserin ind soeben hier eingetroffen und durch Salut der Kriegsflotte begrüßt worden. Das kaiserliche Paar wird wahrscheinlich bis zum 4. Juni hier verweilen.

Das Hamburger Seeamt stellte am Freitag den Untergang dreier Hamburger Schiffe fest, näm­lich des DampfersVirgilia" und der Barken Meteor" u.Flora", wobei 25 Personen ertrunken sind.

Bremen, 14. Mai. Die Gouvernante Zip­per, angeblich eine Königsbergerin, früher mit dem Bauingenieur Seesen verlobt, überfiel diesen morgens im Schlafzimmer und tötete ihn durch vier Revolver- chüsse,weil er gestern seine Verlobung mit der Tochter des Maurermeisters Pansing feierte. Bei einem er- olglosen Attentat auf diese wurde sie verhaftet.

Berlin, 30. Mai. Am Schluffe der heutigen Bundesratssitzung wurde aus der Mitte des Bun­desrats Herr v. Bötticher bezüglich der in der Presse verbreiteten Nachrichten über Suspension der Ge­treidezölle und Einberufung des Reichstages inter­pelliert. Herr v. Bötticher bestritt, daß diese Nach­richten zuträfen und betonte, daß die Angelegenheit nicht so weit gediehen sei, um jetzt schon an eine Einberufung des Reichstags zu denken. Die Erheb­ungen seien keineswegs beendet, ebensowenig die Er­wägungen der Reichsregierung, ob die Notlage eine Suspension der Getreidezölle erheische. Aehnlich sprach der Reichskanzler v. Caprivi.

Berlin, 1. Juni. Unter den ausgeraubten Mitgliedern der Stangen'schen Reise-Gesellschaft (s.

u. ) befand sich u. A. auch Regierungsrat Burkart in München. Die Gesellschaft zählte 14 Teilnehmer, war am 18. Mai in Berlin aufgebrochen und befand sich bereits auf der Rückfahrt.

Berlin, 1. Juni. Der Delegiertentag der na- tionalliberalen Partei hat folgende Resolution gefaßt: Die Partei hat darauf Bedacht zu nehmen, ihre Unabhängigkeit zu wahren und den liberalen Ge- danken zu hüten." Beim Diner imKaiserhof" prä­sidierte Ho brecht. Es waren 270 Gedecke. Hobrecht toastierte auf den Kaiser, v. Bennigsen auf die na­tionalliberale Partei, besonders deren jüngeren Nach­wuchs. Beim Schluß des Diners erschien Major

v. Wißmann.

Berlin, 2. Juni. Nachdem der Staatssekretär des Auswärtigen gestern eine längere Unterredung mit dem türkischen Botschafter gehabt, traf heute ein Telegramm aus Konstantinopel ein, daß die Pforte sofortige Zahlung des von den Räubern geforderten Lösegelds (200 000 Francs) verfügt habe und der Bankier Israel in Begleitung des Dragomans von der Botschaft, Eckardt und eines Beamten der otto- manischen Bank bereits nach dem von den Räubern bezeichnten Orte unterwegs ist, um durch Uebergabe des Lösegelds die Befreiung der Gefangenen zu be­wirken.

Ermitelungen über die Getreidevorräte haben ans Weisung der Reichsregierung bei allen Hauptsteuer- und Hauptzollämtern stattgefunden. Das Resultat ist telegraphisch nach Berlin gemeldet. Auf Grund desselben werden die Entscheidungen über eine even­tuelle Berufung des Reichstages zum Zweck der Her­absetzung der Kornzöllc getroffen worden.

Gegenüber den Meldungen von Verhandlungen oder Aenderungen hinsichtlich der Verträge über den Dreibund kann diePost" mitteilen, daß vor kurzem der italienische Ministerpräsident in Berlin, wie in Wien sein festes Beharren im Dreibund formell zur Aeußerung gebracht hat.

Der Parteitag der nationalliberalen Partei hat am Sonntag in Berlin stattgefuuden. (Die Ver­handlung war keine öffentliche, die Berichte darüber versendet der Parteivorstand selbst.) Wie verlautet, ging die allgemeine Stimmung wesentlich dahin, einer zeitweisen Herabsetzung des Getreidezolles, wenn der Reichstag zu derselben im Hinblick auf die johen Kornpreise berufen werden sollte, zuzustimmen^ bezüglich des neuen Handelsvertrages mit Oesterreich aber erst die Publikation desselben abzuwarten, bevor weitere Schritte gethan werden sollen. Was die oziale Frage betrifft, so stellte man sich auf den Standpunkt, daß den Interessen der Arbeiter die Interessen der Arbeitgeber in keiner Weise nachzu- tellen seien. Die Partei wird ihre Grundsätze wie lisher vertreten, unbekümmert um Personenfragen. Dem Parteitage folgte ein Festmahl.

Nach demSchwäb. Merkur" wurde ein von dem württembergischen Nationalliberalen (Stockmayer) ein- gebrachte Resolution einstimmig angenommen, worin die Partei ihre selbständige und unabhängige Hal­tung und ihre liberalen Grundsätze zu bewahren er­klärt, auf dem sozialpolitischen Gebiet einen Ruhe­punkt für gekommen erachtet und ausspricht, daß wirtschaftliche Fragen nicht zur Grundlage politischer Parteien dienen sollen und daß in der Zoll- und Handelspolitik, namentlich gegenüber den Getreide­zöllen und dem österreichischen Handelsvertrag, jedem Einzelnen die Entscheidung überlassen bleiben müsse. Beim Festmahl wurde nach einem Toast Buhls ein Begrüßungstelegramm an den Fürsten Bismarck abgesandt:Die heute hier versammelten Delegierten der nat.°lib. Partei aus ganz Deutschland versichern Ew. Durchlaucht, den Mitbegründer des Deutschen Reichs, ihrer unwandelbaren Dankbarkeit und Ver­ehrung." Die Antwort Bismarck's lautet:Ew. Hochwohlgeboren danke ich verbindlichst für diesreun- liche Begrüßung namens der Partei, welcher das Vaterland für die Förderung unserer nationalen Po­litik zu besonderem Danke verpflichtet ist."

Aus Berlin wird derFrankfurter Zeitung" geschrieben, daß auf dem Bahnhof Charlottenburg ortgesetzt, täglich gewöhnlich in zwei Zügen, früh und abends, mehrere Hundert aus Rußland vertrie­bene oder geflüchtete Juden eintreffen, aber auch Christen, und daß alle diese Leute sich in dem trau­rigsten Zustand befinden. Es sind Kinder darunter, die, seit acht Tagen unterwegs, nur mit einem Hemd