Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.
W 65
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Donnerstag 4. Juni
Insertions-Gebühr für die Ispaltige Zeile aus
gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 -4, bei mehrmaliger je 6 4.
Die Inserate müssen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegeben sein.
1891
Gestellungen
auf den
„Gesellschafter"
für den
Monat Juni
nimmt jede Poststelle und die Postboten entgegen.
Amtliches.
Nagold.
Aushebungs-Geschäft von 1891.
Die Militäraushebung seitens der K. Oberersatz- Kommission findet Heuer statt
1) bezüglich der als dauernd imtauglich, sowie der zur Ersatz-Reserve und zum Landsturm in Vorschlag gebrachten Mannschaft am
Donnerstag den 18. Juni d. Js.,
von morgens 7 Uhr ab,
2) bezüglich der als tauglich und aushebungs- fiihig bezeichnten Mannschaft am
Freitag den 19. Juni d. I.,
von morgens 8 Uhr ab,
je auf dem Rathaus in Nagold statt und erhalten die Ortsvorsteher die Weisung, die vor die K. Ober- Ersatzkommission zu beordernden Militärpflichtigen, über welche ihnen besondere Verzeichnisse zukommen werden, mit dem Anfügen vorzuladen, daß sie bei Vermeidung der gesetzlichen Strafen und Rechtsnachteile an dem genannten Tage vormittags 8 Uhr präzis, mit ihren Losuugsscheinen versehen, auf dem Rathaus in Nagold zu erscheinen haben; auch sind die Militärpflichtigen vor der Aushebung auf die Bestimmung des Z 65 Ziff. 3 der Wehr-Ordnung, wonach jeder Versuch zur Täuschung gerichtlich bestraft wird und Z 71 Ziff. 7, vergl. mit Z 72 Ziff. 3 der Wehrordnung, aufmerksam gemacht werden, wonach die Entscheidungen der K. Oberersatzkommission endgiltig sind und jeder in den Grundlisten des Aushebungsbezirks enthaltene Militärpflichtige berechtigt ist, im Aushebungstermin zu erscheinen und der Oberersatzkommission etwaige Anliegen vorzutragen. Auf möglichste Reinlichkeit der Militärpflichtigen an Körper und Wäsche ist hinzuwirken. Wer an Epilepsie zu leiden behauptet, hat nach ß 65 Ziff. 6 der Wehrordnung auf eigene Kosten drei glaubhafte Zeugen hiefür zu stellen.
Es wird erwartet, daß die Ortsvorsteher ortskundige Fehler von Militärpflichtigen — geistige Beschränktheit, Epilepsie — so weit solche nicht schon bei der Musterung zur Sprache gebracht worden und falls dies je in einem Falle unterlassen worden wäre, vor der Aushebung bei dem Unterzeichneten nachholen.
Endlich wird darauf aufmerksam gemacht, daß zum Train mit Rücksicht auf Familien-Verhältnisse nicht designirt wird und daß derartige Gesuche nicht angenommen werden.
Die Eröffnungs-Urkunden der Vorladungen der Militärpflichtigen sind spätestens bis zum 10. k. M. hieher einzusenden.
Die Beiziehung der HH. Ortsvorsteher zum Aushebungs-Geschäft wird auch dieses Jahr nicht für erforderlich erachtet.
Schließlich sieht sich der Unterzeichnete wiederholt veranlaßt, darauf aufmerksam zu machen, daß Militärpflichtige, welche ihren nicht blos vorübergehenden Aufenthalt auswärts haben, z. B. in einem andern Aushebungsbezirk in Dienst, in Arbeit stehen, auch dort gestellungspflichtig und dorthin zu überweisen sind. Wiederholt wird darauf hingewiesen,
daß Anträge auf Zurückstellung oder Befreiung von der Aushebung spätestens im Aushebungstermin zu stellen sind.
Die Ortsvorsteher werden beauftragt, die Stammrollen pro 1887, l888, 1889, 1890 und 1891 höherer Weisung gemäß bis zum 5. k. Mts. unter Anschluß der Geburtslisten zuverlässig hieher vorzulegen.
Den 26. Mai 1891.
Civil-Vorsitzender der Ersatzkommission:
Oberamtmann Dr. Gugel.
Nagold. Bekanntmachung.
Die Ortsvorsteher werden beauftragt, die pro 31. März 1890 gestellten und abgehörten Gemeinde- und Stiftungspflegerechnungen — ohne Beilagen — ohne Verzug hieher einzusenden.
Den 3. Juni 189!?
K. Oberamt. vr. Gugel.
Nagold. Bekanntmachung.
Bei dem 7 Jahre alten Pferd des Bauern Kon- rad Schmider in Oberthalheim ist die Räude festgestellt worden.
Den 2. Juni 1891.
K. Oberamt. Or. Gugel.
Gestorben in Amerika: Gottlieb Kaltenbach aus Altensteig, 64 I., in Chicago, Jll.
Die Kornpreife.
Noch nie haben wirtschaftliche Fragen im Vordergründe des Tagesinteresfes dermaßen gestanden, wie gegenwärtig, wo unter dem Einfluß verschiedener Verhältnisse der Brodkornpreis eine außergewöhnliche Höhe erreicht hat. Es kommen thatsächlich verschiedene Gründe hier in Betracht: Zuerst hat die jetzt schon erheblich geänderte Annahme, die nächste Ernte im deutschen Reiche würde nur eine sehr mittelmäßige werden, den Preis des Brotkorns steigen lassen; dann suchte der Zwischenhandel sich gegen eine mögliche nahe Herabsetzung unserer Kornzölle, die einen Preissturz Hervorbringen müßte, durch einen Extraprofit für das bestehende Risico zu decken, dann auch ließ die Zufuhr nach, weil man nichts wagen wollte im Hinblick auf die schwebende Zollfrage. So ist eins zum anderen gekommen, und das bereits eingetretene Sinken der Preise auf Grund der Zeitungsartikel von einem Zusammentritt des Reichstages zum Zweck der Revision der Kornzölle beweist, daß die Spekulation bei dem Hochtreiben der Preise die Hände mit im Spiel hatte. Es wird das übrigens in Börsenkreisen auch gar nicht geleugnet. Angesichts aller dieser Umstände liegen die Verhältnisse eigentlich einfach und in keiner Weise so verwickelt, wie hie und da geglaubt wird. Die Hauptfrage ist: Ist der Brotkornpreis heute normal? Antwort: Nein! Dann haben wir zu fragen: Kann das deutsche Reich im Verordnungswege oder durch sonstige Ver- waltungsmaßnahmen dazu beitragen, daß ohne weiteres der Kornpreis sich auf einen normalen Satz ermäßigt? Antwort abermals: Nein! Daraus folgt, wenn nicht auf natürlichem Wege eine Preisreduktion eintritt, gesetzliche Schritte gethan werden müssen, die Interessen der gesamten Bevölkemng zu schützen. Ist es nun ausgeschlossen, daß auf natürlichem Wege eine solche Preisermäßigung eintritt? Die Beantwortung dieser Frage ist ungemein schwer. Es kann recht gut sein, daß sich in den nächsten Wochen die Kornemfuhr in Deutschland dermaßen hebt, daß die Preise von selbst fallen; ebensogut kann aber auch
alles beim alten bleiben. Die gleiche Möglichkeit ist auch bei einer Herabsetzung des Zolls vorhanden. Der Preis kann viel mehr fallen, als die Zollherab- setzung beträgt, er braucht aber auch nicht im mindesten zu fallen. Die Marktverhältnisse gestalten sich oft ganz wunderbar, und niemand darf behaupten, daß er mit Sicherheit von Vorneherein sogen kann, was geschehen wird, wenn diese oder jene Maßregel ergriffen würde. Unter solchen Umständen muß man an der Hauptsache festhalten, daß lieber zu viel als zu wenig geschehen soll, um der Bevölkemng ihr Recht zu wahren, ihre Interessen zu schützen. Es kann vorderhand darauf nicht ankommen, was später einmal mit den Getreidezöllen geschehen soll und was nicht, es kann sich nur darum handeln, für den Augenblick Abhilfe zu schaffen. Wenn die Reichsregierung es gegenwärtig nicht für notwendig hält, den Reichstag zu berufen, sondern meint, daß Garantien dafür vorhanden sind, daß sich in naher Zeit der Brotkornpreis von selbst wieder ermäßigt, dann muß sie auch Beweise hierfür Vorbringen. Unmöglich ist es jedenfalls, die schwankenden Verhältnisse andauern zu lassen; wenn auch die Kornpreise infolge davon etwas sinken mögen, die Zufuhren fremden Getreides, auf die es bei der heutigen Kornverteuerung doch gerade ankommt, werden dadurch beeinträchtigt, und eine gründliche Abhilfe der Misere erfolgt mithin nicht. Es ist bedauerlich, aber nun mal nicht zu ändern, daß die Spekulation alle und jede wirtschaftliche Erscheinung ausbeutet; das ist immer so gewesen, wird auch immer so sein, denn Geschäftsleute, welche unter solchen Umständen ihre Pfeifen sich zu schneiden lieben, wird es immer geben. Aber dieser Spekulation soll nicht durch Unentschiedenheit, durch das Bestehenlassen wichtiger Vorwände noch Vorschub geleistet werden. Darum können wir nur klipp und klar sagen: Garantien mit genügenden Beweisen dafür, daß die heute allgemein als übertrieben hoch anerkannten Preise für Brotkorn sich baldigst ermäßigen werden, oder aber Einberufung des Reichstages zur Erwägung und Beschlußfassung gesetzlicher Schritte. Sicher wollen wir in jedem Fall gehen, und die deutsche Landwirtschaft selbst kann nur den Wunsch hegen, daß hier baldigst Klar- heit geschaffen wird, denn der Schutz der Landwirtschaft ist nicht gleich bedeutend mit dem Begriff des übermäßig teuren Brotkorns. Man thut gut, in diesen rein praktischen Fragen alle Persönlichkeiten und alle Uebertreibungen aus dem Spiel zu lassen; die Verhältnisse lediglich muß man sich ansehen und darnach seine Bestimmungen treffen. Mit Getreide ist spekuliert, als Deutschland noch nicht an Schutzzölle dachte, mit Getreide wird spekuliert werden, auch wenn die Zölle einmal fortfallen sollten. Es ist Pflicht der Reichsregierung und des Parlamentes, alle Punkte ins Auge zu fassen. Im alten Rom wurden die Getreidehändler von der wütenden Menge einfach beim Kragen genommen, wenn sie den Preis zu sehr emporgeschraubt hatten. Heute geht alles manierlicher zu, giebt es andere Mittel, um zum Ziele zu kommen. Nur müssen wir auch dahin komme», und nicht eine Meile davon entfernt stehen bleiben. Da haben wir die nackten, trockenen Thatsachen, und damit allein müssen wir rechnen.
Tages-WerrigkeiLen.
Deutsches Weich.
* Nagold, 3. Juni. Heute nacht zwischen 1 und 2 Uhr hatten wir wieder ein sehr respektable-