Gesellschafter.
Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.
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W 144.
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Donnerstag 11. Dezember
189V.
Amtliches.
Nagold. Bekanntmachung,
die Volkszählung am 1. Dezember 1890 betreffend.
Die Ortsbehörden werden höherer Weisung zufolge aufgefordert, die aus den Spalten 10—12 der Kontrollisten (Spalten 18—20 der Gemeindelisten) zu entnehmende Zahl der ortsanwcsenden, männlichen und weiblichen Personen, hiefür ihre Gemeinde im ganzen, (nicht parzellenweise), spätestens bis zum 23. d. Mts. hichcr anzuzeigen, da sich bis zu dem genannten Zeitpunkt die Zahl der Ortsanwesenden am 1 . Dezember mit annähernder Sicherheit wird feststellcn lassen.
Den 8 . Dez. 1890.
__ K. Oberamt, vr. Gugel.
" Nagold. Bekanntmachung.
Es wird hiemit veröffentlicht, daß das Verbot des Hausierhandels mit Rindvieh im Bezirk Calw, sowie des Durchtreibens von Schweineheerdcn durch Beschluß des K. Oberamts Calw vom 6 . d. Mts. aufgehoben worden ist.
Den 8 . Dez. 1890.
_ K. Ob er amt. A mtm. Ma rq nart.
K. Amtsgericht Nagold.
Gemäß §. l2 der Dienstvorschriften für die Amtsgerichte wird hiemit veröffentlicht, daß vom -1. Januar ^91 31. Dezember
1. die ordentlichen Sitzungen des Schöffengerichts am:
7 . 8 . 15. 22 . 29. Januar, 4. 5. 12 . 19. 26.
Februar. 4. 5. 12 . 19. März, 1. 2 . 9. 16. 23. 30.
April, 6 . 13. 14. 21. 27. Mai. 3. 4. I I. 18. 25.
Juni, 1 . 2 . 9. 16. 23. 30. Juli, 5. 6 . 13. 20 . 27.
August, 3. 9. 10 . 17. 24. Sept., 1. 7. 8 . 15. 22. 29. Okt.. 4. 5. 12 . 19. 26. Nov., 2 . 3. 10. 17. 31. Dezember,
2 . die ordentlichen Sitzungen des Oberamts- richters am Freitag, diejenigen des Amtsrichters am Dienstag jeder Woche mit Ausnahme der auf diese Tage fallenden Fest- oder bürgerlichen Feiertage abgehalten werden.
3. Der ordentliche Gerichtstag, an welchem mündliche Anfragen und Gesuche bei einem Amtsrichter vorgetragen, Anträge und Gesuche zu Protokoll des Gerichtsschreibers angebracht und Verhandlungen gemäß § 461 Civ.-P.-O. gepflogen werden können, am Samstag jeder Woche mit Ausnahme der auf denselben fallenden Fest- oder bürgerlichen Feiertage,
4. der Gerichtstag in Altensteig stets an einem Montag, und zwar am: 12 . Januar, 9. Februar, 9. März, 6 . April, 4. Mai, 1 . Juni, 6 . Juli, 10. August, 21. September. 19. Oktober, 16. November, 14. Dezember, stattfindet.
Den 8 . Dezember 1890.
Der stellv. dienstaufsichtführende Amtsrichter Lehnemann.
Königl. Amtsgericht Nagold.
Die Veröffentlichung der Eintragungen ins Han delsregister und Genossenschaftsregister erfolgt im Jahr 1891 im „Zentralblatt des Staatsanzeigers", im „Schwäbischen Merkur" und im „Gesellschafter", derjenigen ins Genoffenschaftsregister auch im „Deutschen Reichsanzeiger", bei kleineren Genossenschaften nur im „Reichsanzeiger" und im „Gesellschafter."
Den 8 . Dez. 1890.
Der stellv. Dienstaufsichtführende:
Amtsrichter Lehnemann.
tz Die Rede des Kaisers zur Schulreform
hat mit zündender Kraft das ans Licht gebracht, was seit Jahren die private Meinung von Millionen von Bürgern empfunden und gedacht haben. Der Kaiser will nicht nur, daß der alte Satz wieder mehr bethätigt werde, daß wir da sind, nicht um für die Schule, sondern daß wir da sind, das Leben für den praktischen Gebrauch zu lernen. Aber damit begnügt sich der Kaiser nicht. Er will auch einer Frage zu Leibe gehen, die gleichfalls schon seit langer Zeit hin und her erörtert worden ist, ohne daß dabei eine Abhülfe herausgekommen wäre. Das ist die vielberufene Ueberbürdungsfrage. Wie viel ist über dieselbe nicht schon hin- und hergeschrieben worden! Aber zu Thaten ist es nicht gekommen. Haben doch sogar viele ihre Existenzberechtigung bestritten. Nun kommt der Kaiser selbst und sagt/ daß er auch auf dem Gymnasium gesessen und dort selbst gesehen habe, wo es fehle. Der Kaiser hat nun in seiner Rede am letzten Donnerstag in der Kommission, die er zum Studium der „Schulfrage" berufen — von dem französischen Ausdruck „Schulenquette" hat er nichts wissen zu wollen erklärt — nicht nur in markigen Worten die Fehler an denen unser Mittelschulwesen in Hinsicht ans den Unterricht und die gesundheitlichen Anforderungen leidet, herausgehoben, sondern er hat auch Wege gezeigt, wie diesen Mängeln abzuhelsen sei. Die „Halbheiten" sind es, die der Kaiser für diese Mängel vornehmlich verantwortlich macht und er hat seine vielfach, wie er selbst sagte, etwas „scharfen" Aeußerungen dahin zusammengefaßt, daß er sagte: die Mittelschulen seien auf 2 Gattungen zu beschränken: „Klassische Gymnasien mit klassischer Bildung und Schulen mit Realbildung, aber keine Realgymnasien." Dieses letztere erklärt auch die in Württemberg mehrfach auffällig bemerkte Thatsache, daß der Rektor des blühenden Stuttgarter Real- gymnasiums, der als hervorragender Schulmann bßp saunte Oberstudienrat Dr. Dillmann vom Kaiser nicht in die Schulkommission berufen worden ist. Daß freilich der Kaiser, wenn er aus Rücksichten aus die körperliche und geistige Nichtüberlastung der Jugend eine Aenderung des Schulsystems befürwortet, die Realgymnasien weniger günstigen Auges betrachten muß, ist einleuchtend. Verzeichnet ja doch der Staatsanzeiger vom heutigen Sonntag die Thatsache, daß in dem Stuttgarter Realgymnasium der Schüler mehr Wochenstunden hat, als in den Gymnasien. Und doch findet der Kaiser, daß an den Gymnasien des Guten zu viel geschehe. Allerdings will der Kaiser, daß, wenn hier an Dingen gekürzt werde, die bloß zum Wetzen des Verstandes getrieben werden, ohne daß sie für das praktische Leben Sinn und Wert haben — er will besonders den lateinischen Aufsatz abgeschafft wissen, daß auf der andern Seite mehr Gewicht auf die nationale Bildung gelegt werde, namentlich soll die neuere deutsche Geschichte mehr zu ihrem vollen Rechte kommen. Und wer wollte da dem Kaiser nicht laut zustimmen? In den Gymnasien wird immer noch zu viel Wert darauf gelegt, daß der Schüler ganze Reihen römi- scher Konsuln mit allen Familien- und Geschlechtsnamen hersagen kann, als daß er Bescheid weiß von den großen Bewegungen, die unserer Kultur- und Staatengeschichte grundlegend voraufaegangen sind. Und noch eines! Der Schreiber dieser Zeilen ist über zeugt, daß Tausende von Familienvätern ihm zustim men werden, wenn er sagt, daß die Ueberbürdung
der Schüler hauptsächlich von verzwickten arithmetisch-mathematischen Aufgaben herrührt, Aufgaben, die lediglich des Sports wegen betrieben werden und ohne jeden Wert sind, es sei denn, daß man diesen Wert darin finden wollte, daß der Schüler zu Hause, statt frische Luft zu schöpfen, stundenlang sich den Kopf zerbricht und alle Freude an der Schule verliert; Tausende von Vätern werden bestätigen, daß dem so ist und daß sie, die doch vielfach schon ihres Berufs wegen tüchtige Rechner sind und im Stande sind, in dieser Beziehung auch höheren praktischen Ansprüchen zu genügen, daß auch sie an diesen Künsteleien sich oft stundenlang umsonst abmühen. Wie man in den alten Sprachen die gra- matikalischen Liebhabereien beschränken kann und, wie der Kaiser sagt, beschränken muß, und nur die klassische Bildung dem Schüler zugänglich machen soll, so kann auch hier viel gebessert und viel Zeit gespart werden. Unserem Kaiser aber werden es wir zu danken haben, wenn endlich, nachdem Ströme von Reden, Vorträgen u. s. w. gedruckt und ungedruckt sich über uns ergossen haben, auch einmal etwas geschieht und wir werden uns freuen, einen Kaiser unser nennen zu dürfen, der immer glänzender hervortritt als ein Reformator auf allen Gebieten unseres staatlichen und Kultur-Lebens!
Hages-Weuig keiten.
Deutsches Reich.
Alten steig, 8 . Dez. (Vorläufiges Ergebnis der Volkszählung in Altensteig Stadt). Es beträgt die Einwohnerzahl: 2156 gegen 2154 im Jahr 1885, und 2169 im Jahr 1880.
Bondorf im Gäu, 6 . Dez. Die am 1. ds. dahier vorgenommene Volkszählung ergab eine Einwohnerzahl von 1676, diejenige am 1. Dez. 1885 eine solche von 1716, somit Abnahme um 46 Seelen.
Cal w, 5. Dez. Eine Anzahl hiesiger Männer, worunter die beiden Geistlichen und der Stadtvorstand, richtet an die evangelischen Einwohner die Aufforderung, eine in diesen Tagen zirkulierende Petition an den deutschen Reichstag dahingehend zu unterzeichnen: „Hoher Reichstag möge einem Antrag auf Aufhebung oder Abschwächung des Jesuitengesetzes vom Jahre 1872 nicht zustimmen, da von der Zulassung des Jesuitenordens eine tiefgehende Gefährdung des friedlichen Zusammenlebens der Konfessionen zu befürchten wäre."
Stuttgart, 6 . Dez. Heute gingen aus Württemberg an den Reichstag 215 Petitionen (über 21000 Unterschriften) gegen die Aufhebung des Jesuitengesetzes ab.
Stuttgart, 9. Dez. Dem Vernehmen nach erfolgt die Einberufung des württembergischen Landtags zum 8 . oder 9. Januar k. I.
Brandfälle: In Dußlingen (Tübingen) am 6 . Dezember das 2stockige Wohn- und Oekonomie- gebäude des Webers Ludwig Kocher. Der Geschädigte ist nur gering versichert; den 8 . Dez. in Hofen (Cannstatt) die Wirtschaft zum Sternen; den 7. Dez. in Zuffenhausen die Scheuer des Weingärtners Beck; den 7. Dez. in Weil im Dorf die Doppelscheuer des Gemeinderats Hörnle.
Einen „Parlamentswitz" gibt es bekanntlich auch und oft bethätigt er sich auch gar nicht übel. So wird jetzt der württembergische Frecher v. Münch, ein süddeutscher Demokrat, dessen Wahl beanstandet worden ist, weil man ihm nachgewiesen hat, daß er
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