während der Wahlzeit die Wähler weniger durch seine Reden als durch „Freibier für sich einzunehmen gewußt hat, im Reichstage nicht anders als der süddeutsche „Freibierherr" von Münch genannt.
Berlin, 5. Dez. Die Abendblätter schweigen noch über die Rede des Kaisers zur Schulreform, doch ist der Eindruck ein tiefer. In parlamentarischen Kreisen nimmt man an, daß der Kaiser den Kultusminister Hallen und die Rücktrittsgerüchte dementieren wollte. Die Rede des Kaisers wird recht verschieden beurteilt.
Berlin, 5. Dez. Aus dem Schluß der gestrigen Rede des Kaisers in der Schulkonferenz. den der „Reichsanzeiger" heute veröffentlicht, ist noch anzuführen: Um den Ballast von Schülern zu mindern, die nur die Berechtigung zum einjährigen Heeresdienst erlangen wollen, empfehle es sich, da, wo der Einjährige die Schule verlassen will, ein Examen einzuschiebcn und für Realschüler die Berechtigung zum einjährigen Dienst von der Erlangung des Abgangszeugnisses abhängig zu machen. Grammatische Prüfungen seien nicht mit der Abiturientenprüfung zu verbinden, sondern ein oder zwei Klaffen tiefer zu legen und daran sei die Prüfung der Einjährig-Freiwilligen anzuknüpfen. Nur durch Erleichterung der Schülerzahl in den einzelne» Klassen könne das Moment der Erziehung und Karak- terbildung wieder zur Geltung kommen, auch dürfen nicht junge Leute den Unterricht erteilen, deren Ka- rakter häufig selber noch der Ausbildung bedürfe. Das Schlagwort Hinzpeters, des Lehrers des Kaisers: wer erziehen wolle, müsse selbst erzogen sein, treffe bei dem jetzigen Lehrerpersonal nicht durchweg zu. Die erziehliche Thätigkeit des Lehrers sei die Hauptsache; es gelte, die jungen Leute für das jetzige praktische Leben vorzubilden. Unter Anführung statistischer Ziffern über die Schülerzahl, die Zahl der wöchentlichen Lehrstunden, die Schulkrankheiten und die Zahl der Kurzsichtigen betonte der Kaiser schließlich nochmal die hygienische Frage. So gehe es nicht weiter; Männer dürften nicht durch Brillen die Welt ansehen, sondern müßten mit eige- nen Augen Gefallen finden an dem Baterlande und dessen Einrichtungen.
Berlin, 6. Dez. Bei der fortgesetzten Beratung des Volksschulgesetzes wurde der Entwurf nach fünfstündiger Debatte an eine 28gliedrige Kommission verwiesen. Abg. Windthorst hatte das Gesetz
als unannehmbar erklärt, weil es die Unterdrückung der katholischen Kirche beabsichtige und die Verfassung verletze. Der Kultusminister wies den Vorwurf zurück, daß die Vorlage der Verfassung zuwider sei; ebenso wenig bestehe die Tendenz, irgendwie in spirituelle Rechte der Kirche einzugreifen. Der Kultusminister schloß niit dem Ausdruck der Hoffnung, daß die Vorlage, wenn nicht in dieser, so doch in einer späteren Seffion Gesetz werden werde.
Berlin, 6. Dezbr. Dem Reichstage sind 3 Weißbücher zugegangen: das erste enthält die für die Regelung der Verhältnisse in Ostafrika maßgebenden Abmachungen, nebst Denkschrift, das zweite 32 Aktenstücke über die Ermordung der Deutschen in Witu vom 23. Sept. bis 2. Nov., das dritte eine anderweitige Sammlung ostafrikanischer Aktenstücke.
Berlin. Der Antrag Dr. Windthorsts auf Aufhebung des Jesuitengesetzes haben u. a. unterzeichnet: Graf Adelmann, Braun, Göser, Gröber.
Der Abgeordnete Payer hatte zu Beginn der ersten Session des Reichstags, unterstützt von der Volkspartei und einer Anzahl Freisinniger, einen Antrag auf Einführung der 2jährigen Dienstzeit bei der Infanterie im Reichstage eingebracht. Dieser Antrag ist jetzt der nächste zur Verhandlung. Wie verlautet, halten indessen die Antragsteller den Augenblick zur Beratung dieser Forderung nicht für geeignet und werden deshalb den Antrag zurückziehen, mindestens aber noch zurückstellen.
Deutscher Reichstag. Auf Antrag des Abg. Auer wird die Einstellung eines gegen die Abg. Wurm und Stadt- Hagen (Soz.) schwebenden Strafverfahrens für die Dauer der Session beschlossen. Sodann wird das Gesetz, betr. den Schutz der Gebrauchsmuster in erster Lesung beraten und nach kurzer, unerheblicher Debatte einer Kommission überwiesen. Es folgt die erste Beratung der Novelle zum Kcankenkassen- gesetz. Staatssekretär von Bötticher empfiehlt die Vorlage, welche hervorgetretene Unklarheiten beseitigen, aber die Grundlagen der Krankenversicherung nicht antasten solle. Eine Unterdrückung der freien Hilfskassen werde nicht geplant. Abg. Schumacher (Soz.) kann den neuen Bestimmungen über die freien Hilfskassen nicht beipflichtcn, Abg. Hirsch (freis.) ebenfalls nicht, da sich die Mitglieder der freien Kassen vielfach besser gestanden hätten, als die Mitglieder der Zwangskassen. Abg. Marbach (freikons.) ist mit der Vorlage im Ganzen einverstanden, ebenso Abg. von Manteuffel (kons.). Geh.-Rat Lohmann erklärt ebenfalls, daß die freien Kassen nicht geschädigt werden sollten. Darauf wird die Vorlage einer Kommission überwiesen.
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 9. Dez. Dem hiesigen Tagblatt meldet
man aus Berlin, in der am Donnerstag erscheinenden Medizin-Wochenschrift werde Dr. Koch seine Entdeckung einer Lymphe gegen Diphtheritis veröffentlichen.
Holland.
Haag, 4. Dez. Das Leichenbegängnis des Königs verlief in höchst imposanter Weise. Die Menge auf den Straßen zeigte eine ehrfurchtsvolle, sympathische Haltung. Der Sarg war mit Blumen und Kränzen überdeckt. Dem Leichenwagen folgte ein Wagen mit Kränzen, welche auf dem Sarge keinen Platz gefunden hatten. Die feierliche Bestattung erfolgte in der Delfter Kirche.
Haag, 5. Dez. Die Königin-Regentin empfängt heute die fremden zum Begräbnis erschienenen Fürstlichkeiten. Es soll festgestellt sein, daß die Sozialisten aus Anlaß des Begräbnisses des Königs ein Komplot geplant hatten.
Rußland.
Petersburg, 3. Dez. Der Zustand des Onkels des Kaisers, des Großfürsten Nikolai Nikolaje- witsch, ist in Tobsucht ausgeartet.
Die russische Regierung erneuerte bei strenger Strafe das Verbot der Einführung deutscher Zeitungen.
Handel L Verkehr.
^Nagold, 11. Dez. Unsere Metzger überraschten uns vorgestern mit einem Abschlag sämtlicher Fleischgattungen, und kostet das Rindfleisch, Schweinefleisch und Kalbfleisch nunmehr je 60
Stuttgart, 8. Dez. Der Hopfenmarkt wurde heute zum letzteumalc gehalten. Tendenz ruhig, Preis 170 -k.
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Markttag,
und zwar der erste Markttag des 3. Monats des IV. Quartals 1890.
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Magold. Behufs richtiger Berechnung der Geld-Entschädigung der Schullehrer für ihre nicht m natura bezogenen Fruchtbesoldungen wird nach Konsistorialerlaß vom 16. Oktober 1860 (Amtsblatt Nro. 60 von 1860) der Preis der nachbenannten Früchte, wie er sich an dem entscheidenden Markttag gestellt hat, hiedurch in Nachstehendem bekannt gemacht: _ _
Roggen.
Mittel-
Gewicht ! Preis per Ctr.
Dinkel.
Mittel-
Haber.
Mittel-
>pr. Schffl.
Gewicht pr^ Schffl-l
Preis per Ctr.
Nagold . Altensteig
am 6. Dez. 1890. am 3. Dez. 1890.
264
258
8
8
45
69
160
156
7
7
Gewicht lpr. Schffl.
Preis per Ctr.
01
27
180
160
7
7
2l
Den 8. Dez. 1890.
K. gemeinschaftliches Oberamt in Schulsachen.
I)r. kloAkl. 8vlio11.
Konkursverfahren.
Ueber das Vermögen des entwichenen
Georg Friedrich Landherr,
Bauers in Hefelbronn, Gemeinde Ueberbcrg, wurde am 9. Dezember 1890, vormittags 8 Uhr, das Konkursverfahren eröffnet und der Gerichtsnotar Dengler in Altensteig zum Konkursverwalter ernannt.
Konkursforderungen sind bis zum 3. Januar 1891 bei dem Gerichte an- znmelden.
Es wird zur Beschlußfassung über die Wahl eines anderen Verwalters, sowie über die Bestellung eines Gläubigerausschuffes und eintretendenfalls über die in Z 120 der Konkursordnung bezeichneten Gegenstände — auf Mittwoch den 7. Januar 1891, nachmittags 2'/z Uhr,
— und zur Prüfung der angemeldeten Forderungen auf denselben Tag vor das Königliche Amtsgericht Nagold, Zimmer Nr. 5, Termin anbcraumt.
Allen Personen, welche eine zur Konkursmasse gehörige Sache im Besitz haben, oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, wird aufgegeben, nichts an den Gemeinschuldner zu verabfolgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung auferlegt, von dem Besitze der Sache und von den Forderungen, für welche sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Konkursverwalter bis zum 30. Dezember 1890 Anzeige zu machen.
Nagold, den 9. Dezember 1890.
Gerichtsschreiberei des K. Amtsgerichts.
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Oberhaugstett.
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Einem verehrl. tit. Publikum zeige ich hiemit an, daß ich die von meiner Mutter käuflich erworbene Wirtschaft z. „Sonne" am nächsten Sonntag den 14. d. M. eröffnen werde und lade unter Zusicherung reeller Bedienung und Ausschank von selbst gebrautem gutem Bier ergebenst ein.
Zohann Heorg Kartmann.