bringt Berichte über die an den Kliniken von Frän- zel, Levy, Köhler, Westphal und Bergmann gewon­nenen Erfahrungen mit dem neuen Koch'schen Mittel. Die an Lungenschwindsüchtigen gemachten Versuche rechtfertigen vollkommen die vorsichtige Zurückhaltung Kochs und die Warnungen vor einem übertriebenen Hoffnungstaumel, die in den letzten Tagen von verschiedenen Seiten ausgesprochen wurden. Bei allen Fällen vorgeschrittener Lungenschwindsucht hat das Mittel versagt, bei minder vorgeschrittenen Fäl­len hat cs erfreuliche, aber noch nicht abschließende Resultate erzielt.

Berlin, 21. Noo. Der Andrang von Lun­genkranken zu der königlichen Universitätsklinik ist außerordentlich groß. Von leitender Stelle wird mitgeteilt, vaß nur solche tuberkulöse Personen be­handelt werden, welche hinreichend kräftig sind, um an bestimmten Tagen behufs Einspritzung nach der Klinik kommen zu können. Auch von diesen kann nur eine beschränkte Zahl in Bebandlung genommen werden, da nicht genug Aerzte vorhanden sind, um die nach der Einspritzung eintretende Reaktion zu be­obachten.

Ins Ungeheuerliche gehen die Gebote fremder Aerzte für das Heilmittel des Dr. Koch, das au­genblicklich weder durch die besten Empfehlungen, noch durch die Mitwirkung der Gesandtschaften zu erlangen ist. Ein italienischer Arzt bot 5000 ^ für ein Fläschchen, konnte cs aber nicht erlangen.

Die Versuche, welche bereits von bekannten Aerzten mit dem Mittel gemacht worden, bestätigen durchaus Kochs bekannte Angaben über die Wirkung seines Mittels.

Berlin, 21. Nov. (Einkommensteuer.) Nach dem Inhalt der dem preußischen Landtag zugegan­genen Einkommensteuer-Vorlage hört die Steuer^ Freiheit der vormals unmittelbaren deutschen Reichs­stände gegen eine zu gewährende Entschädigung vom 1. April 1894 ab auf; die Steuerpflicht beginnt bei einem Einkommen von mehr als 900 ^ mit 6 jährlich, und steigt in 25 Stufen bis zu 10 500 ^ Einkommen mit 300 jährlich, steigt bei höherem Einkommen bis einschließlich 100 500 in Stufen von je 1000 um je 30 von da ab in Stufen von je 5000 ^ um je 150 ^ jährlich; bei Ein­kommen bis zu 6000 -/rl können die Leistungsfähig­keit der Steuerpflichtigen beeinträchtigende wirtschaft­lichen Verhältnissen in gewissem Maße berücksichtigt werden; jeder Steuerpflichtige mit einem Einkommen über 3000 ^ ist jährlich zur Abgabe einer Steuer­erklärung verpflichtet mit der Versicherung, daß seine Angaben nach bestem Wissen und Gewissen gemacht seien; Aktiengesellschaften, Koinmandirgesellschaften, Berggewerkschaften, Genossenschaften sind verpflichtet, die Geschäftsberichte und Jahresabschlüsse dem Vor­sitzenden der Veranlagungskommission jährlich ein­zureichen.

Breslau, 20. Nov. In den Verordnungen des bischöflichen General-Vicariatsamts macht der Fürstbischof Folgendes bekannt:Mit tiefstem Schmerze habe ich aus den Mitteilungen der staat­lichen Behörden ersehen müssen, daß in den Schwur­gerichtsbezirken Oppeln und Ratibor seit längerer Zeit eine auf gegenseitige Eideshilfe gegründete und geradezu bandenmäßig organisierte Gesellschaft be­steht. welche darauf abzielt, mit dem verbrecherischen Mittel des Meineids bei eingeleiteten Untersuchungen

namentlich durch den Älibibeweis oder bei schwebenden Prozessen Wahrheit und Recht zu un­tergraben und die Rechtsordnung und Rechtssicher­heit aus das Aeußerste zu gefährden. Wie hätte ich wohl ahnen können, daß es in meiner Diözese, und namentlich unter meinen oberschlesischen Diöze- sanen, deren liefe Frömmigkeit und Religiösität ich wiederholt kennen gelernt habe, Personen geben könne, bei denen das Bewußtsein von der Heiligkeit des Eides so tief gesunken, oder völlig geschwunden wäre und welche die Warnung der Heiligen Schrift ganz vergessen hätten:Es soll kommen das Straf­gericht in das Haus des falsch in meinem Namen Schwörenden und es soll bleiben mitten in seinem Hause und es verzehren sein Holz samt seinen Steinen!" Um so notwendiger wird es sein, die Heilighaitung des Eides in den Gläubigen wieder zu heben und zu wecken und beauftrage ich deshalb den hochwürdigen Psarrklecus, aus diesen traurigen Vorkommnissen einen neuen Anlaß zu wiederholten nachdrücklichen Belehrungen und Mahnungen über

den entsetzlichen Frevel des Meineids in Predigt, Christenlehre, Religionsunterricht und allen sonst sich darbietcndcn Gelegenheiten zu entnehmen."

Wir erhalten aus Hamburg die Mitteilung, daß die Seitens der Hamburg-Amerikanischen Paketfahrt-Aktien-Gesellschaft seit längcrerZeit geplante Reise nach Italien und dem Orient nun­mehr zur Ausführung gelangen soll und zwar nur dem bekannten Doppel-Schrauben-Schnell-Dampfer Augusta Viktoria". Die Abfahrt ist auf den 21. Januar 1891 festgesetzt und der Fahrplan umfaßt die Häfen von Southampton, Gibraltar, Genua, Alexandria, Port Said, Jaffa, Beirut, Kon­stantinopel, Athen, Malta, Palermo, Neapel, Algier und Lissabon. Die Dauer der ganzen Rundreise dürfte sich auf 52 Tage belaufen. Wohl noch nie­mals ist mit einem Schiffe von der Größe, Ge­schwindigkeit und Pracht derAugusta Viktoria" eine solche Vergnügungsreise unternommen worden, und es kann kaum bezweifelt werden, daß sich eine große Zahl von Teilnehmern einstellen wird. Eine sehr wesentliche Annehmlichkeit ist, daß nnr eine be­schränkte Anzahl von Billets ausgegeben werden soll. Gutem Vernehmen nach hat ein spekulativer Unternehmer der Packetfahrt die Summe von Mark 100 000 geboten, wenn ihm das Recht erteilt wird, dieAugusta Viktoria" in den ausländischen Häfen gegen Erhebung eines Eintrittsgeldes besich­tigen und die Schiffskapelle daselbst eoncertieren lassen zu dürfen.

Schweiz.

Bern, 2l. Nov. Pfarrer Burkart beantragte im Große» Rate von Aargau, der Kanton möge dem Kaiser von Oesterreich die Habsburg schenken, jedoch unter der Bedingung, daß dieselbe blos als Museum oder als Familienschloß verwendet werde und in keinen anderen Besitz übergehe und daß das österreichische Parlament verspreche, den Kaiser in den Stand zu setzen, die Frage der Rhein-Korrektion und des Rhein-Durchstichs zu fördern. Diese letz­teren Arbeiten müßten eventuell binnen Jahresfrist begonnen werden, lieber den Antrag wird noch näher verhandelt werden.

Frankreich.

Paris, 20. Nov. Gestern brannte die große Stearinfabrik bei Dijon nieder. 500 Arbeiter sind infolge dessen beschäftigungslos.

Auch in Frankreich denkt man, dem Bei­spiel Deutschlands folgend, ernstlich daran, eine Jnvaliditäts- und Altersversicherung, für Jndustrie- und Landarbeiter ins Leben zu rufen. Nach dem diesbezüglichen Gesetzentwurf, der soeben von dem Deputierten Ramel in der Kammer eingebracht wor­den ist, soll sich die Versicherung auf alle Bedien­stete erstrecken, deren Salär 3000 Franks nicht über- üeigt. Der Jahresbeitrag wird vom Taglohn mit mindestens 5 Centimes täglich erhoben. Dem Ar­beiter steht es frei, flinen Beitrag beliebig zu er­höhen. Der Arbeitgeber ist zu einem gleichen Bei­trag wie der Arbeiter, jedoch nur bis zu 10, bei gesundheitsschädlichen Industrien bis zu 15 Centimes, verpflichtet. Die höchste erreichbare Arbeiterpension beträgt 1000 Franks mit 6l Jahren.

Dänemar k.

Stockholm, 20. Nov. Es verlautet, die Kron­prinzessin von Schweden wolle sich von Dr. Koch impfen lassen.

Holland.

Loo, 23. Nov. Heute Morgen 5^4 Uhr ver­schied der König von Holland, Wilhelm III.

Haag, 20. Nov. Königin Emma leistete vor den Generalstaaten den Eid als Rcgentin. Alle Würdenträger waren anwesend, die Logen und Tri­bünen überfüllt. Die Königin, welche auf einem prachtvollen Sessel neben dem Throne Platz nahm, wurde von dem Präsidenten willkommen geheißen, welcher cs als einen Lichtblick in der Finsternis be­zeichnte, daß die geliebte Gemahlin des Königs und die hingebende Mutter den König vertreten werde. Die Königin stand auf und verlas die ganze Eidesformel mit bewegter Stimme, bei jedem Ab­schnitte die rechte Hand erhebend. Der Präsident dankte und erflehte den göttlichen Segen über das königliche Haus, die Regentin und das Vaterland. Rußland.

Petersburg, 19. Nov. Die russischen Blätter übersetzen wörtlich den Artikel Koch's in derDeut­

schen medizinischen Wochenschrift". Am begeistertsten spricht sich dabei dieNowvje Wremja" aus, welche Koch den neuen Faust des 19. Jahrhunderts nennt, der den Menschen die Verzweiflung benehme und ihnen wieder neue Lebensfreude cinflöße. Koch sei der bedeutendste Feldherr, welcher die Welt erobert habe.

Warschau, 20. Nov. Die Stadt Ludwipol, im Gouvernement Volhynien, wurde am Mittwoch durch Brandstiftung vollständig eingeäschert. 4000 Menschen, größtenteils Inden, sind obdachlos.

Amerika.

New-Aork, 18. Nov. Ein gräßliches Unglück ereignete sich heute auf der Kansas City, Wyandotte and North Western Eisenbahn. Als ein gemischter Zug über eine Brücke unweit Kansas City fuhr, stürzte dieselbe ein und der Zug wurde von einer Höhe von 3l Fuß in den Fluß geschleudert. Zwölf Personen wurden getötet und mehrere verletzt.

New York, 19. Nov. Infolge Befürchtungen, welche ein Aufstand der Sioux-Indianer zwischen dem Missouri und dem Felsengcbirge hervorruft, wurden Truppen beordert, um die Indianer an der Grenze von Dakota in Schach zu halten. (Ver­mutlich wieder einer derIndianer-Kriege", welche alljährlich auftauchen und lediglich dazu dienen, die übervollen Kassen der Vereinigten Staaten-Regierung um etliche Millionen Dollars zu Gunsten der Armee- Lieferanten zu erleichtern.)

Afrika.

Aus Afrika. Am 30. August bzw. 1. Sept. d. I. hat der stellvertretende Kaiserliche Gouverneur für Kamerun einer Schulprüfung in den deutschen Schulen in Bonamandone und Bonebela beigewohnt und, wie dasDeutsche Kolonialblatt" mitteilt, sein Urteil dahin abgegeben, daß die von den schwarzen Schülern gemachten Fortschritte ganz erstaunlich sind, und daß die Leistungen der beiden Lehrer Chri­staller und Flad (bekanntlich beide Württemberger) alle Anerkennung verdienen. Namentlich erwies die Schulprüfung die bewunderungswürdige Bega­bung der Dualla für Rechnen; aber auch im Schön­schreiben und in der Geographie wurde recht Aner­kennenswertes geleistet. Einen besonders guten Eindruck machten das Turnen, die Freiübungen und das Marschieren mit Gesangsbegleitnng der Deido-Schule. Nach Beendigung der Prüfungen wurden beiden Schulen Ferien für die Dauer von 14 Tagen be-

_ -

Kkerner-e Witterl'rnrgerr. kT Tübingen, 19. Nov. Heule abend stürzte sich eine Dienstmagd vom Hirsauer Steg rücklings in den Neckar, wurde jedoch von einem vorüber­gehenden Soldaten lebend herausgezogen. Die Un­glückliche hatte 5 -.A des von ihrer Herrschaft an- vcrtrauten Geldes verloren und suchte in Verzweif­lung hierüber den Tod.

Leonberg, 21. Nov. Morgen früh geht mit dem Schnellzug ein prächtiger Bernhardinerhund über Wien nach Konstantinopel; er wurde durch die türkische Gesandtschaft für den Sultan hier augekaust.

Heidenheim, 19. Nov. In dem kurzen Zeit­raum von nicht ganz 2 Jahren hatte ein hiesiger Oekonom das Unglück, daß er 7 Stück Vieh aus seinem Stall schlachten lassen mußte. Bei allen ge­schlachteten Tieren fanden sich Nadeln, Nägel, Glusen, Gabelspitzen oder andere spitzige Eisenteile im Ma­gen vor.

Biberach, 18. Nov. Von den Mühlrädern zermalmt. Zur Warnung möge folgender Vorfall dienen: Ein 18jähriger Müllerbursche hatte während einer der letzten Nächte die Arbeit in der hiesigen Steigemühle zu versehen. Gegen Morgen siel etwas Mehl neben den dafür bestimmten Behälter, der Bursche wollte dasselbe aufschöpfen, unterließ aber, das Getriebe, zwischen dem er sich zu diesem Zwecke bewegen mußte, abzustellen. Die entsetzliche Folge dieser Unvorsichtigkeit war, daß seine Kleider von 2 Kammrädern erfaßt und er selbst, trotz verzweifelter Anstrengungen sich zu befreien, zwischen dieselbe ge­zogen wurde. Die Räder erfaßten zuerst das linke Bein und zerquetschten dasselbe bis zum Oberschenkel vollständig, so daß es nur noch an einigen Fleisch- sasern hing. Das rechte Bein wurde ebenfalls sowie der Unterleib schrecklich zugerichtet und als der Un­glückliche befreit wurde, wünschte er jammernd den Tod herbei. Er wurde dann auch wenige Stunden darauf von seinen Schmerzen erlöst.