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Hages-Wsirigkeiten.

sAmtlichesZ Infolge der vom 19. Okt. ab bei der K. Kult« ministerial-Abteilung für Gelehrten und Realschulen abgehaltenen Dienst - Prüfung für philologische Lehrämter ist u. a. Kandidaten für das Pro­se sso rat befähigt erklärt worden: Schmid, Wilhelm, Präzeptor am Reallyceum in Calw.

Am 4. November wurde von der evangelischen Oberschulbehörde die Schulstelle in Oberhausen, Bez. Reutlingen, dem Schullehrer Decker in Gaugenwald, Bez. Calw, übertragen.

Herrenberg, 6. Nov. In Unterjettingen brach gestern nacht um 10 Uhr ein Brand aus, der 6 Scheuern und 2 Häuser in Asche legte. Wassermangel erschwerte die Rettungsarbeiten.

Nagold, 6. Nov. Letzte nacht 10 Uhr brach in Unterjettinaen ein Brand aus, der 2 Wohnhäuser und 6 Scheunen in Asche legte. Brand­stift ung wird vermutet.

Stuttgart, 6. Nov. Gestern abend starb im Alter von 65 Jahren nach kurzem Krankenlager Südfrüchtenhändler Valzachi an einem Lungen­leiden. In Nalzachi, der in Uoine bei Venedig geboren ist, ist einer der be­kanntesten Einwohner Stuttgarts gestorben, der sich um unsere Stadt ent­schiedene Verdienste erworben hat, sofern er den Anfang machte mit der Ein­fuhr ausländischer und namentlich italienischer Früchte. Vor ihm war z. B. der Genuß von eßbaren Kastanien in Stuttgart fast ganz unbekannt. Als er vor 20 Jahren hierherzog, mußte er sich's recht sauer werden lassen. Es ist gewiß noch vielen Stuttgartern in Erinnerung, wie er zu jener Zeit vor dem Bazar Kastanien briet und den ganzen Tag über von einer Kinder­schar umringt war, die ihm den Kopf nicht selten warm machte. Im Laufe der Jahre vergrößerte sich sein Absatz, er begann schließlich in seinem gegen­wärtigen Haus in der Kronprinzstraße eine Südfrüchtenhandlung, die bald einen solchen Aufschwung machte, daß er reichlich entschädigt wurde für die Mühsale, denen er in den vorausgehenden Jahren ausgesetzt war. Ec hatte sich nämlich zuvor 14 Jahre in Prag aufgehalten, wo er ein Haus besaß. Durch eine unglückliche Spekulation aber kam er um alles und wurde wieder so arm wie noch nie. So begab er sich wieder auf die Wanderung, die ihn durch Ungarn nach der Türkei, dem Orient, z. B, Jerusalem, Bethlehem rc. ferner nach Rußland und schließlich nach Stuttgart führte. Valzachi hinter­läßt ein Witwe und drei verheiratete Töchter. Die Frau gedenkt das Ge­schäft vorerst noch weiterzutreiben.

Cannstatt, 6. Nov. Wenn es jetzt bei der kühleren Temperatur eine Seltenheit ist, auf unserem in der warmen Jahreszeit durch zahlreiche Schiffchen belebten Neckar ein Fahrzeug zu sehen, so hat in der letzten Zeit ein von 68 Personen besetztes Boot, das sich stromaufwärts mit großer Schnelligkeit bewegt, während die Insassen die Hände gemütlich in den Schoß legen, um so größeres Aufsehen erregt. Wie von unsichtbarer Kraft ge­trieben, durchfurcht das Schiff den Fluß. Keine Maschine, keine Dampf­wolke ist dem Auge der am User Stehenden sichtbar; ein kleines in der Mitte des Bootes befindliches hölzernes Kästchen scheint das Triebwerk zu bergen, welches, der Hand des Führers folgend, fast geräuschlos seine Arbeit verrichtet. Wie wir hören, ist das neue Boot das Werk des seit einigen Jahren hier wohnenden Ingenieurs Daimler; die ersten Probefahrten, an welchen seit­dem hervorragende Techniker teilgcnommen haben, sollen schon Anfangs August gemacht worden sein. Es ist zu erwarten, daß unsere Flüsse und Seen künftig mit derartigen Booten bevölkert sein werden, da wohl mancher, der seine Freude daran hat, sich zur Sommerszeit auf den Wellen schaukeln zu lassen, nicht die Kraft und Geschicklichkeit besitzt, das Ruder zu führen und nun mit leichtem Druck der Hand das Schiffchen vor- oder rückwärts in Bewegung setzen und alle Wendungen nach Belieben machen lassen kann.

Schussenried, 3, Nov. Der hiesige Bauer Danner ver­unglückte in dieser Woche, indem er nachts 10 Uhr unter seinen Torf-

Jch sprach von den Oualen der Reue, Fräulein Haberland von Todsünden, die dem Menschen teurer sind als seine Ruhe, der Friede des Gewissens. Gute Nacht."

Elisabeths Herz klopfte heftig, als sie jetzt die Thür schloß und, ohne eine Ent­gegnung zu erwarten, sortging. Der unbändige Trotz, die ganze Leidenschaftlichkeit ihres Wesens waren erweckt. Ein Mittel gab es jedenfalls, ein sicheres, unfehlbares Mittel, um das Verderben vom Haupte des Doktors abzuwendcn. Gottlob, daß der Brief unverbrannt geblieben!

Während dieser ganzen "Nacht schlief im Hause "Niemand. Julius hatte sich gar nicht hingelegt, sondern wunderte immer aus und ab, den bittersten Gefühlen preisgegeben. Als er hörte, daß Walter verreist sei, da hielt er die unangenehme Geschichte für vollständig geordnet und vergaß sie ganz, bis ihm Tante Josephine so plötzlich den Wechsel vor Augen führte, und sein Verderben unabwendbar schien. (5* hatte während des letzten Nachmittags überall versucht, Geld auftunehmen, hatte auch um kurze Frist gebeten aber alles vergebens. Es mußte nun so kommen, wie das böse Geschick es wollte; jedes Mittel war erschöpft.

Aber die Schande, die Schande! Ein Zähneknirschen zeigte, was der un­glückliche, junge "Mann empfand, wie hatte er gearbeitet und gestrebt, wie consequent jedem Genuß des Lebens entsagt, um nur das ersehnte Ziel, die Selbstständigkeit, zu erreichen, und jetzt war Alles vergebens. Sein Name wurde beschimpft, um der fremden Schuld willen.

Stunde nach Stunde verging, der späte Wintertag brach an, die Sonne, welche für ihn das Nahen des Verderbens bedeutete, schien hell durch alle Fenster; er mußte jetzt die Patienten empfangen und im fremden Leid das eigene zu vergessen suchen. Aber blaß war er, schrecklich blaß ; es gab der Gesellschafterin einen Stich durch's Herz, als sie ihn sah.

Nur Blut!" flüsterte sie, selbst bebend an allen Gliedern.Ich bringe Hilfe".

Er sah sehr erstaunt in ihr schönes, erregtes Gesicht.

Elisabeth Sie? Hat Ihnen denn Tante Josephine"

wagen kam und sich dabei so verletzte, daß er nicht von der Stelle konnte und den andern Morgen starb.

Sigmaringen, 3. Nov. Heute nachmittag kehrten Prinz und Prinzessin Friedrich von Hohenzollern nach längerem Besuche hier nach Berlin zurück. Ein seltener Fang ist dieser Tage zu Stetten unter Höll­stein, OA. Hechingen, gemacht worden. Ein dortiger Einwohner schoß einen Steinadler, der eben im Begriffe war, eine geraubte Taube auf einem Dache zu verzehren. Wahrscheinlich durch die seit länger herrschenden Nebel irre geworden in seinem Fluge, ist der Adler von dem Horste im Vorarlberg oder in den bayerischen Alpen hieher verschlagen worden. Es ist ein sehr schönes Exemplar von 2>/z m Flügelbreite und prächtigem Gefieder. Der glückliche Schütze brachte ihn hierher. Der Adler wird der im fürstl. Schlosse angelegten Sammlung von Vögeln rc. einverleibt werden.

Karlsruhe, 3. Nov. Der auf der Kaltenbrunner Hofjagd verun­glückte Oberförster Müller von Gernsbach ist noch nicht außer Gefahr, vielmehr ruft sein gegenwärtiger Zustand Bedenken hervor. Der Großherzog hat alle möglichen Anordnungen treffen lassen, damit demselben ständige ärzt­liche Obhut zu teil wird. Die Kugel hat mitten auf den Knochen getroffen und ein Stück desselben in der Länge von etwa 5 Centimetern zerstört, so daß die zerschmetterten Teile herausgenommen werden mußten und die Heilung derselben auf dem Wege der Neubildung erfolgen kann; bei einem Manne von 56 Jahren ein schwieriger Prozeß.

Karlsruhe, 5. Nov. DieKarlr. Ztg." berichtet: Heute, am Geburtstage der E r b g r o ß h e r z o g in , ist um mittag I. K. H. die Frau Prinzessin Wilhelm von Württemberg in Baden-Baden ein­getroffen, am Bahnhof von den Erbgroßherzoglichen Herrschaften empfangen und in das Großherzogliche Schloß geleitet worden. Gegen 1 Uhr traf I. Kais. Hoh. die Prinzessin Wilhelm mit Prinzessin Mary aus Karlsruhe in Baden ein und stieg im Großherzoglichem Schlosse ab. Es fand darauf ein Dejeuner bei den Großherzoglichen Herrschaften statt, an welchem sämt­liche in Baden anwesenden Fürstlichkeiten teilnahmen. Abends fand eine große Hoftafel statt, zu welcher der gesamte Hofstaat aus Karlsruhe ein­geladen war.

Aus Berlin, 31. Okt., wird der Allg. Z. geschrieben: Die mili­tärische Luftschiffer-Abteilung läßt es sich angelegen sein, soweit es sich mit ihrem Dienstbetrieb vereinigen läßt, auch die allgemeinen Interessen der Wissenschaft, namentlich der Meteorologie, zu fördern. Es ist ohne Ballon äußerst schwierig zu erfahren, wie die Windrichtungen, welche schon in verhältnismäßig geringer Höhe sehr verschieden sind, zu einer bestimmten Zeit zu einander stehen. Dem Luftschiffs! wird dies leicht, zumal er sich des Mittels bedient, welches Major Buchholtz bei der Luftschiffer-Abteilung eingesührt hat. Der bisher von den Lustschiffern eingeschlagene Weg, Papier­schnitzel herabzuwerfen und deren Lauf zu verfolgen, beansprucht viel Zeit und schließt Täuschungen nicht aus. Das Mittel, dessen sich die Luftschiffer- Abteilung neuerdings bedient, ist folgendes: Es werden Postkarten herab­geworfen, welche an die Abteilung adressiert sind. Eine angebogene Karte enthält eine Reihe vorgedruckler, von dem Finder auszufüllender Fragen. Dieselben betreffen die Zeit, wann, den Ort, wo, die Person, von welcher sie gefunden wurden, d:e Windrichtung am Fundorte, sowie das Ersuchen, die Karte sofort an den Pfarrer, Gutsbesitzer oder Schullehrer zu überbringen. Eine dieser Personen füllt dann die per Post abzusendende Karte aus und fügt den Barometer- und Thermometerstand hinzu. Das Hsrabwerfen erfolgt in der Art, daß an einer Schmalseite ein etwa 6 om breiter und 45 m langer Streifen aus verschiedenfarbigem Seidenpapier angeklebt wird. Die entgegengesetzte Seite wird mit etwas Sand, der in ein Papier eingewickelt, mit Stecknadeln an der Karte befestigt wird, beschwert. Die Karten werden losgelassen, wenn der Ballon sich vor einer Ortschaft, einem Gute rc. befindet. Dein Luftschiffer werden sie noch besonders dadurch nützlich, daß ihr Flug ihm etwaige größere Windstärken unten oder andere Windrichtungen zu er-

Jch weiß Alles, und ich kann helfen. O, es war schön von Ihnen und gut und brav, daß Sie den Freund in der Not nicht verließen."

Zum ersten Male, seit er sie kannte, trat Elisabet ihm gegenüber aus den Grenzen scheuester Zurückhaltung heraus; sie hatte ihm die Hände entgegengestreckt, und in ihren Augen glänzte es feucht.

Gewiß, gewiß es soll Alles gut werden."

Er vergaß im Moment, was sie sagte; nur daß sie so schön war, und daß sie ihn liebte, sah er.

Denke nicht an das Geld, Mädchen!" flüsterte er gepreßt.Woher wolltest Du es nehmen?" Aber eins sage mir: gehst Du mit, wohin mich mein Weg führen mag?" , .

Und hingerissen, unwiderstehlich fortgezogen antwortete sie einJa.

In diesem Augenblicke war es nicht möglich, Schuld mit Schuld zu wägen; in diesem Augenblicke hatte das Gewissen keine Stimme. Er küßte leidenschaftlich die frischen Lippen, welche so beglückende Botschaft gespendet, er dachte nicht mehr an die drohende Gefahr und ließ sie nur wiederstrebend aus seinen Armen, als Jemand an die Thür klopfte.

Elisabeth atmete schwer. Der Würfel war gefallen, es gab kein Entnnnen mehr; das bessere Selbst mußte schweigen, wo es galt, den Geliebten zu retten.

Die Begegnung mit der alten Dame blieb an diesem Morgen ungewohnt kühl. Fräulein Haberland sah sogar unruhig in das blasse Gesicht ihrer Gesellschafterin, sie sprach nur das Notwendigste und sogar dieses Wenige erzwungen, aber gerade dadurch stählte sich heimlich Elisabeth's Blut.

Sie wollte ja für sich nichts erringen; was sie thun wollte, es brachte ihr weder Vorteil noch Schaden. Wo war also die Schuld?

Und wieder halfen, betrügerisch wie immer, die Sophismen über jedes Be­denken hinweg.

(Fortsetzung folgt.)