Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Donnerstag 1. Mai

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Tages'NerrigkeUerr.

Deutsches Reich.

** Nagold, 28. April. Der Hilfsbibel­verein der Diöcese Nagold, über den der Agent und Kassier dem Ausschuß am 22. d. M. Rechnung ablegte, hatte pro I. April 1889 bis 31. März >890 neben einem Kassenvorrat von 317,5 ^ folgende Einnahmen: Erlös aus verkauften h. Schriften j 590,25 , Ertrag des Reformationsfestopfers

l 310,44 sonstige Beiträge und Kollekten 398,95 Portocrsatz von der Bibelanstalt 20 zusam­men 1637,14 ./kl. Die Ausgaben betrugen für h. Schriften 903,25 (worunter 120 ^ für Bibelblätter, welche den Mitgliedern der Einzelvereine unentgelt­lich verabreicht werden), Verpackungsmaterial. Druck­kosten, Frachten und Porti 31,37 Beitrag an die Bibelanstalt 300 zusammen 1234,62 so daß sich am 31. März ein Ueberschuß von 402,52 -/A ergiebt. Unter den Bezirksorten, welche die größten Beiträge für die Bibel anstatt einsandten, sind außer der Oberamtsstadt (mit 180,25 ,4L) Rohr­dorf, Sulz, Haiterbach, Nothfelden, Gültliugen und s Ebhausen zu nennen. Verbreitet wurden im letzten Jahr im ganzen 142 Traubibeln, 90 gewöhnliche Bfbelip und 526 Neue Testamente.

,8. Nagold. Am Montag den 28. d Mts.

,! hatte der hiesige Militär- und Veteranen-Vercin ! die traurige Pflicht, seinen langjährigen Vorstand j G. F. Acker, Tuchmacher, zu Grabe zu tragen, i Derselbe, seit längerer Zeit an das Bett gefesselt,

! starb vergangenen Samstag im Alter von 61 Jah- ; ren an chronischem Leberleiden. Schon bei der Gründung unseres Vereins in den für Deutschland so ruhmreichen Jahren 1870/71 war der Verblichene l überaus thätig, als es galt, unfern vor dem Feinde ! stehenden Kriegern Liebesgaben zuzuweisen, und auch ! seither hat er es verstanden, innerhalb des Vereins i immer gute Kameradschaft zu üben und zu pflegen, so daß ihn das Vertrauen der Mitglieder zuerst in den ? Ausschuß, nachher als Vize-Vorstand und im Jahre ( 1876 als Vorstand berief, welches Amt er nun 14 ! Jahre lang ununterbrochen und mit seltenem Eifer i begleitete, wovon wohl die zahlreiche Teilnahme an seinem Leichenbegängnis zeugen dürfte. Ein Mit­glied legte Namens des Vereins an seinem Grabe einen wohlverdienten Lorbeerkranz nieder. Außer- dem waren zu der Beerdigung auch die Kriegerver- j eine von Jselshausen, Emmingen, Oberschwandorf j je mit Fahne erschienen. Auch die hiesige Feuer- ? wehr, deren er längere Jahre angehörte, erwies ih- i rem mit dem Dienstehrenzeichen geschmückten frühe- ! ren Hauptmann die letzte Ehre. Sodann haben , noch der Kranken unterstützungsverein und der Lie­derkranz zahlreich Anteil an dem Leichenbegängnis genommen. Möge dem Verstorbenen die Erde leicht sein. Ehre seinem Andenken.

Herrenberg, 25. April. Dem Vernehmen nach ist einer der ersten Gewinne der Stuttgarter Pferdemarktlotterie dem Friedr. Ulmer jun., von Heslach zugefallen.

Tübingen, 28. April. Die .Tüb. Chron." teilt mit, daß der Reichstagsabgeordnete für den 8. Wahlkreis, Fihr. v. Münch, auf Hohenmühringen, mit seinem Klage Antrag gegen den Rcichstagsab- geordneten v. Gültling n, die Redaktion der Tüb. Chronik, den Landtagsabgeordneten Schosser von Sulz und andere wegen eines vermeintlich gegen ihn erhobenen Vorwurfs der Wahlbestechung von der Staatsanwastschift abgewiesen worden sei. Wie man derNeck-Ztg." schreibt, geschah dasselbe seitens der Oberitautsanwaltschaft in Stuttgart, an die sich Herr v. Münch beschwerdeführend gewendet habe.

Stuttgart, 23. April. Auf das von der Stadtgemeinde zur Submission ausgeschriebene An­lehen im Betrag von 1,700,000 ^ zum Zinsfuß von 3 Vs ist kein Offert eingegangen. Nun hat seitens der Stadtverwaltung mit Genehmigung der bürgerlichen Kollegien der Zuschlag eines Änlehens zu 4 Prozent an 9 hiesige Bankfirmen stattgefunden.

Stutttgart, 25. April. Herrn von Münch ist die Mitgliedschaft des hiesigen Adelsklubs ge­kündigt worden, was ihn veranlaßt hat, mehrere Personen fordern zu lassen.

Stuttgart, 25. April. Die Kammer der Ageord- iicten hat heute cine Reihe vou für die Weitercntwickclung des würtiembergischen Eisenbahnwesens wichtigen Beschlüssen gefaßt. Als erste Rate wurden 250 000 Mark bewilligt für ein zweites Geleise auf der Strecke Bietigheim-Jagstfeld, für Erweiterung des Stuttgarter Güterbahnhofs 380000 M. und für Vergrößerung der Centralwageuwerkstätte in Cann­statt als erste Rate 400 000 Mark. Der Ministerpräsident Dr Frhr. v. Mirtuacht nahm Anlaß, zu erklären, daß, wenn der Stand des bautechnischen Personals cs gestattet, beim nächsten Etat dem Landtag Vorlagen betr. den Bau von Eisenbahnen durch das Bottwarthai und den Zabergäu die letztere schmalspurig, zugehen sollen. Für die Vermehrung des Fahrbetriebsmakerials der Staatseisenbahnen wurden sodann 5 850 000 M. und für die Ausstattung aller Personen­züge mit der Westinghouse-Bremse 250 000 Mark bewilligt. Die Vermehrung der Zahl der Güterwagen ist sehr notwen­dig und wird sehr prompt geschehen müssen. Gelegentlich der Beratung über diesen Gegenstand machte der Abg. v. Leib­brand die Mitteilung, daß unserer Eisenindustrie, speziell die Eßlinger Maschinenfabrik so viele Aufträge von über­seeischen Ländern zuflössen, daß deren Bewältigung kaum möglich wäre. Der Segen unserer Colonialpolitik mache sich überall fühlbar. Aus dem Munde des Ministerpräsidenten erfahre das hohe Haus, daß die württemb. Eisenbahnver­waltung im letzten Jahre über Erwarten glänzende Einnah­men gemacht hat, ferner, daß sämiliche württem. Personen­wagen Dampfheizung erhalten sollen, und daß man es bei uns mit der Einführung von sog. Omnibuszügen versuchen will. Das Hauptinteresse der heutigen Beratung culminierte in den Vorlagen zur Vornahme von Vorarbeiten zur Ent­lastung des Stuttgarter Bahnhofs, d. h. für den Bau einer direkten Verbindungsbahn zwischen Untertürkheim und Zuffen­hausen und einer solchen zwischen Zuffenhausen und der Sta­tion Hasrnberg. Die Einbringung dieser Vorlage hat cine ganze Reihe von anderen Vorschlägen zur Entlastung des Stuttgarter Bahnhofs hervorgerufen, namentlich auch durch eine Bahn von Tübingen nach Böblingen und Vaihingen a. E. Nicht uninteressant ist der Standpunkt, welchen der Viccprästdcnt Dr. v. Göz zu der Frage der Umgehungs­bahnen einnimmt. Er beklagte vor allen Dingen, daß Würt­temberg gegenwärtig keine einzige Capacität auf dem Gebiete des Eiscnbahubaues besitzt und empfahl daher, die wichtige Angelegenheit, ehe man einen Entschluß faßt, cine« aus­wärtigen Techniker zur Prüfung zu unterbreiten. Auch gab er der Erwägung anheim, ob es, anstatt durch Anlage von Umgehungsbahnen den Stuttgarter Bahnhof veröden zu las­sen, sich nicht bester empfehle, in Stuttgart einen großen Ccntralbahnhof zu bauen und zu diesem Zweck das Terrain der Ulanen-Kaserne und der Stuttgarter Zuckerfabrik anzu- kaufcn. Man brach mitten in dieser interessanten Verhand­

lung die Sitzung ab und vertagte sich bis Dienstag. Zwei­fellos werden die von Göz gegebenen Anregungen das Vo­tum eines großen Teils der Abgeordneten beeinflussen.

Zur Arbeiterbewegung. Auf eine an die hiesigen Brauereibesitzer eingelaufene Resolution der Braugehilfen Stuttgarts und Umgebung haben sich die Prinzipale gestern versammelt und sind nach ein­gehender Prüfung und Beratung den Wünschen der Braugehilfen, besonders in der Lohnfrage, im wesent­lichen einstimmig entgegengekommen. Es steht zu hoff.'N, daß nunmehr das gute Einvernehmen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern wie bisher erhalten, bleibe.

Von den Führern ist den Arbeitern in ver­schiedenen größeren und kleineren Versammlungen aufs nachdrücklichste empfohlen worden, sich jedweder Ausschreitungen zu enthalten. Bei der in der hie­sigen Arbeiterschaft herrschenden Disziplin dürfte da­her, wenigstens in Stuttgart, der 1. Mai sehr ruhig verlaufen. Nachdem von Benützung der Gewerbe­halle zu einer Massenversammlung abgesehen, auch der Festsaal der Liederhalle vom Liederkranz nicht verwilligt worden ist, hat der Ausschuß für die Fest­feier zu abendlichen Veranstaltungen, die um 7 Uhr beginnen sollen, folgende Lokale gewählt: Tivoli­theater, Franks neuer Gartensaal in Heslach und Königsbad. Als Festredner sind für hier bestellt: Buchbinder Dietrich, Schreiner Kloß und Redakteur Eichhoff; für Cannstatt Schriftsteller Stern, für Eß­lingen der Reichstagsabgeordnete Dietz u. s. w.

München, 26. April. Die Gesammtgarnison ist am I. Mai in den Kasernen konsigniert.

Glauchau, 28. April. Der sozialistische Ab­geordnete Stolle forderte in einer Volksversammlung auf, den 1. Mai, soweit eine Arbeitseinstellung auf friedlichem Wege möglich ist, durch Ausflüge und ge­sellige Vereinigungen zu feiern, hauptsächlich aber durch Kundgebungen die Annahme der Anträge des Pariser Arbeiter-Congresses, insbesondere die Ein-, führung des achtstündigen Arbeitstages zu fordern.

Darmstadt, 25. April. Der Kaiser ist um 7 Uhr hier eiugetroffen und von dem Großherzog, den Prinzen und den Spitzen der Behörden am Bahn­hof empfangen worden. Von da fuhr der Kaiser mit dem Großherzog unter begeistertem Jubel der Bevölkerung nach dem Palais der Königin Viktoria und von hier nach dem Schlosse.

Darmstadt, 26. April. Die Kaiserin Au- gusta Viktoria ist heute vormittag um 10 Uhr hier eingetroffen und wurde vom Kaiser, dem Großherzog und allen Prinzen am Bahnhofe empfangen. Eine Ehrenkompagnie war ausgestellt. Bei der Einfahrt in die Stadt im offenen Wagen wurde di: Kaiserin jubelnd begrüßt. (Die Nat.-Z. bemerkt: Die Zu­sammenkunft, die in Darmstadt zwischen der Königin Viktoria und unserem Kaiser stattfindet, trägt in hervorragender Weise die Züge einer Fannlienzu- sammenkunft.)

Darmstadt, 26. April. Auf dem Infanterie- Exerzierplatz hielt Kaiser Wilhelm in der Uniform des Gardedragoner-Regiments um 11 Uhr eine glänzende Parade ab über die hiesige Garnison. Die Kaiserin Auguste Viktoria und die Königin von England nahmen zu Wagen Teil. Es fand ein zweimaliger Vorbeimarsch statt, zuletzt der Kavallerie und Artillerie im Trab. Nach Schluß des glänzen­den militärischen Schauspiels ritt der Kaiser, der Großherzog und der Erbgroßherzog mit großem Gefolge an der Spitze der Truppen zur Stadt zurück.