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Ueberzeugung, daß sie einen Fürsten wählen werden, welcher sein Leben der Aufgabe widmen wird, die Freiheit und das Interests des Vaterlands zu schützen, und welcher die Natron auf den Weg des Fortschritts, der Größe, des Ruhmes und seiner geschichtlichen Bestimmung führen wird. Wir erklären die große Sobranje für eröffnet und erbitten den Segen für ihre Arbeiten. Es lebe das unabhängige Bulgarien! Die Botschaft ist von Stambuloff, Karaweloff und Mutkuroff unterzeichnet. Karaweloff, welcher in Sofia ge> blieben ist, genehmigte telegraphisch seine Unterschrift. Die Sobranje nahm darauf die Vorstands wählen vor.

Hcrges-Weirigkeiten.

Stuttgart, 2. Nov. Heute hat der H e r b st b a u m m a r k t stattgefunden. Der Obstbau wird als ein Zweig des Gartenbaues angesehen und diesem wird die Hauptaufmerksamkeit eben im Frühjahr geschenkt. Vom Monat März bis Juni sieht man da Tausends von Ladungen nach dem Güterbahnhof, sogar nach der Post gehen, welche aus hiesigen Handelsgärt­nereien nach außen versendet werden. Wie im Zier-, so wird im Obstgarten (am wenigsten in einem so schönen Herbst wie Heuer) der Frühjahrspflanzung der Vorzug gegeben. Der Markt ist insbesondere mit Obstbäumen in Hoch­stämmen und Formbäumen reichlich befahren; es wird auch ziemlich viel ge­handelt. Zierdäume aber fehlen fast gänzlich; nur Rosenbäume sind ver­treten. Auffallend stark finden sich schwarze Johannisbeeren, die ein wert­volles Gewürz zum Johannisbeerwein bilden. Wurzel- und Korbreben sind vertreten, aber auch nur schwach.

Tübingen, 31. Okt. vr. Gerhard Rohlfs Vortrag im Museumssaal über Sansibar, Ostafrika und die deutsche Kolonisation daselbst, fand gestern abend ein sehr zahlreiches Publikum und fesselte durch das eigen­artige Gepräge des selbst Erlebten. Besonders anziehend war seine Schil­derung der Stadt und Insel Sansibar. Der gewandte Redner setzt gewaltige Hoffnungen auf die deutsche Kolonisation in jenen tropischen Ländern. Gleich den Engländern nach Indien sollen sich bei uns die Söhne reicher Leute in unsere neu erworbenen Kolonien begeben, um nach 5 bis 10 Jahren mit Schätzen beladen heimzukehren. Für Auswanderer, welche nur fleißige Hände als Kapital ins ferne Land bringen, sei Nordamerika bis jetzt noch empfehlens­wert. Mit der Uebervölkerung Deutschlands, die im Jahr 1990 bis zu ^l00 Millionen anwachse, werde sich ein Strom von Auswanderern nach unfern im Ganzen fruchtbaren Kolonien wenden, und die künftigen Geschlechter werden uns für deren Erwerb dankbar sein.

DemLandw. Wochenblatt" wird geschrieben: Schon seit einigen Jahren beobachteten die Fischer in der Gegend von Scheer bei Riedlingen, daß die Zahl der edleren Fische in der Donau sich sichtlich vermehrt hatte. Doch verlautete bis jetzt nichts darüber, daß auch Aale zahlreich Vorkommen, die in der obern Donau so gut wie unbekannt waren. Vor einigen Tagen wurde nun in Scheer durch besonderen Zufall ein reicher Aalfang gemacht, der darauf schließen läßt, daß dieser Fisch in größerer Menge in unserer Donau voikommt. In der Papierfabrik zu Scheer wurde in der Nacht vom 23.-24. Oktober, während die Donau sichtlich zunahm, eine Störung der einen kleineren Turbine bemerkt, die immer langsamer, endlich kaum mehr halb so schnell, w e normal, sich drehte. Das Werk wurde zum Stehen gebracht und es fand sich, daß eine große Anzahl Aale zwischen das Leitrad und das Laufrad der Turbine gekommen und so dieselbe zum Teil verstopft hatten. Die Fische lagen in diesem engen Raume rings um die Turbine dicht aufeinander; einige davon, welche noch nicht ganz hineingeschlüpft waren, konnten noch lebend herausgebracht werden, die andern mußten zerschnitten und stückweise entfernt werden; im ganzen wurden so etwa 40 Pfd. Aale gewonnen, worunter Ex.mplare von 1 m Länge und 4 Pfd. Schwere waren. Auch am Rechen wuioen noch einige dieser seltenen Fische herausgezogen. Es ist klar, daß düse F.sche von oben her mit dem Hochwasser kamen;

auffallen muß es daher, daß von ihrem Vorhandensein früher nichts bekannt war und besonders, daß ihre Aufwärtswanderung, die früher (im Sommer?) stattgehabt haben muß, nirgends bemerkt worden ist. Sollten, was nicht unwahrscheinlich ist, diese Wanderungen sich regelmäßig wiederholen, so werden sich unsere Fischer den Besuch solch seltener, werter Gäste wohl gerne ge­fallen lassen.

In Karlsruhe wird im Hoftheater eine Vorstellung gegeben zu Gunsten des Scheffeldenkmals, das daselbst errichtet werden soll. Die Beiträge liefen in letzter Zeit spärlich ein.

Wermisctztes.

Der Erfinder des Gasglühlichts. Das Gasglühlicht ist eine Erfindung des Professors Auer v. Welsbach in Wien, welcher darauf ein Weltpatent besitzt. Das Geld zur Erwerbung dieser Patente mußte sich der Erfinder erst leihen. Jetzt ist er, dank seiner Erfindung, Millionär geworden. Für Deutschland hat das Patent der Ingenieur Pintsch in Berlin für eine halbe Million Mark erworben; nach anderen Ländern hat es der Erfinder sogar für 600,000 ^ verkauft. Solche Patent-Erwerbungen sind auch oft ein Risiko. So hat Pintsch ein Patent auf einen trockenen Gasmesser erworben, der sich nachher nicht bewährte.

Ausnahmsfälle. Küster zu mehreren Touristen:Sehen Sie, meine Herren, das ist der älteste Turm im Lande mit Glocken; die größte davon wird aber nur bei Ankunft des hohen Kirchenvisitators, bei Feuersbrünsten, bei Hochwasser oder bei sonst eintretender Ge­fahr geläutet.

KcrnöeL «L WerkeHv.

Rottenburg, 31. Okt. Mit den Hopfen wurde in letzterer Zeit wieder Erwarten ziemlich aufgeräumt. Auf dem Lande sind manche Orte fast ausverkaust und in der Stadt wurden bis jetzt über 8000 Ztr. abge­wogen. Es mögen nunmehr ungefähr 2 /^ der Ernte verkauft sein, allerdings zu Preisen, welche die Produzenten eher zu einer Verringerung als zu einer Vermehrung des Hopfenbaues veranlassen dürften. Bezahlt wird per. Ztr. 2550 und darüber je nach der Waare. Von der hies. Eisenbahnstation sind von hier und der nächsten Umgebung bis jetzt über 14000 Ztr. äbge- gangen.

Stuttgart, 2. Nov. Vorrätig in der Stadtkelter beim Zuchthaus noch etwa 120 kl. ausschließlich rotes Gewächs meist Trollinger, aus Berg­lagen. Lese beendigt. Käufer sind freundlich eingeladen. Degerloch, 2. Nov. Verkauf ordentlich zu 160, 170 und 175 Noch ziemlich Vor­rat. Käufer erwünscht. Feuerbach, 2. Nov. Preis gesunken auf 145 und 140 c/16 für 3 kl. Noch 75 kl. seil. Letzte Anzeige.

LitterrcrrriscHes.

Illustrierte Geschichte von Württemberg, herausgegeben unter Mitwirkung eines Vereins schwäbischer Schriftsteller von der Verlagshandlung Emil Hänsel­mann in Stuttgart. 40 Lieferungen L 40 Pf.

Von diesem patriotischen Werke, das ja für jeden Württemberger und für das ganze Württemberger Land von besonderer Bedeutung ist, liegen uns die weiter er­schienenen Hefte 2532 vor. Wir können auf diese Lieferungen, die uns wiederum den Beweis bringen, welch tüchtige Kräfte die Verlagshandlung zur Bearbeitung einer Geschichte unserer Heimat, wie sie einzig dastcht, erworben hat, freudig begrüßen. Wahr­haft meisterlich führt Diakonus A. Klemm sein:Aus dem Lebender Grafenzeit", das mit Heft 18 begonnen wurde, in der 25. Lieferung zu Ende und liefert uns hier­mit ein Schriftstück, das an Gediegenheit und Genauigkeit nichts zu wünschen übrig läßt. Alsdann führt uns Diakonus Laudenberger in mehreren Heften die Zeit der Herzoge vor Augen und fesselt uns mit diesem bis zum 30-jährigen Kriege rei­chenden Aufsatz in wirklich ansprechender Weise. Sehr glücklich ist hier nun die Kunst

Und mitten hinein in die Verzweiflung des Augenblickes mischte sich ein ganz anderer Gedanke. Julius war in letzter Zeit auffallend unruhig und zerstreut, er hatte verschiedene Male gefragt, ob nicht während seiner Abwesenheit Jemand im Hause gewesen sei, um ihn zu sprechen was konnte das bedeuten?

Alles Außergewöhnliche ließ die Arme vor Furcht zittern. Sie war heimlich immer umgeben von Gespenstern, die in jedem Augenblick ihre gestohlene Sicherheit zu zerstören drohten.

Eines Tages steigerte sich diese unbestimmte Unruhe zum offenbaren Erschrecken, Elisabeth ordnete, wie immer in des Doktors Abwesenheit, den Jnstrumentenkasten, als plötzlich die Thür des Besuchszimmers geöffnet wurde und Tante Josephine auf der Schwelle desselben erschien. Die alte Dame zitterte. Sie sah blaß aus, ihre Hände schienen sich an den Thürgriff wie an einen stützenden Halt zu klammern.

Ist Julius hier ?" fragte sie von draußen.

Elisabeth fuhr auf.

Die Tante kam nie in dieses Zimmer, ihr heutiger Besuch mußte ganz besondere und sicherlich nicht angenehme Gründe haben.

Wie sie aussah! Fast grau, aschfahl. Tie Gesellschafterin hatte ein Gefühl, als werde ihr die Kehle zugeschnürt.

Nein, Fräulein Haberland. Der Herr Doktor ist schon vor zwei Stunden fortgegangen. Soll ich ihm das Dienstmädchen nachschicken?"

Tie alte Dame schüttelte den Kopf.

Das ist nicht nöthig. Aber wenn er kommt, wollen Sie ihn dann bitten, mich in meinem Zimmer aufzusuchen; gleich womöglich und jedenfalls so, daß seine Mutter von der Sache nichts erführt. Ich habe mit ihm zu sprechen."

Elisabeth nickte stumm, und Tante Josephine verschwand geräuschlos.

Welches neue Unglück war wieder geschehen?

Eine Entdeckung? Hatte das Schicksal jene Andere vom Tode erweckt und hieher gesandt, um auf einen Schlag Alles zu zerstören? Alles?

Sie preßte die Hände gegen ihre schmerzenden Schläfen. War denn irgendwo eine Dame hier gewesen, war ein Brief gekommen?

Nein -- Niemand? Aber ja doch, ja, es fragte vorhin ein Herr nach Fräu­lein Haberland, ein ziemlich gewöhnlich aussehender Mann; sie hatte nur nicht darauf geachtet. Sollte diese Persönlichkeit ein Abgesandter gewesen sein?

Auf ihren Wangen wechselte Röte und Blässe. Die Ahnung des kommenden Unglücks wurde fast zur Gewißheit, etwas wie ein Zusammenbrechen aller Kräfte überfiel die Verlassene. In wenigen Stunden, Viertelstunden vielleicht, sollte Julius erfahren, wie furchtbar sie ihn und seine Angehörigen getäuscht.

Zwischen Furcht und Hoffnung entspann sich in ihrer Seele ein kurzer, schreck - sicher Kampf. Sollte sie vorher fliehen, jetzt gleich!

Besser wäre es, aber konnte nicht alles ein Irrtum sein?

Da ging plötzlich draußen der Doktor unter dem Fenster vorüber und blieb mit einem zufällig ihm begegnenden Herrn einen Augenblick plaudernd stehen. Eli­sabeth erschrack furchtbar. In der nächsten Minute mußte er kommen.

Hastig das Zimmer verlassend, floh sie die Treppe hinauf um keinen Preis hätte er ihr jetzt begegnen dürfen. Die Augen voll Unruhe, die bebende Stimme würden Alles verraten, sie zitterte ja, konnte kaum zusammenhängend denken.

Fräulein Haberland öffnete die Thür.

Mein Neffe kommt schon, Elisabeth, ich werde ihn selbst rufen."

Gottlob! Das war Rettung aus der ernsten Gefahr! Die Gesellschafterin wußte kaum, was sie that. Als Tante Josephine gleich darauf den Doktor mit leiser Stimme aufforderte, ihr Zimmer zu betreten, da barg sie das Gesicht in beiden Händen.

Nun brach es herein, das rächende Verhängnis.

Julius folgte ziemlich erstaunt der alten Dame in ihr Privatzimmer.

Nun, Tante", sagte er,hoffentlich war es nicht der Arzt, den Du zu sprechen

wünschtest?" .

Fräulein Haberland blieb mitten im Zimmer stehen; sie bot auch ihrem Neffen keinen Stuhl und ignorierte vollständig seine freundliche Frage.

(Fortsetzung folgt.)