/ onitsstädte, welche Latein- und Realschulen je ohne Collaboraturklasse nebeneinander haben, (wie dies von der überwiegenden Mehrzahl hiesiger Einwohner ge­wünscht wird) sind es 10; o) Oberamtsstädte, welche nur Lateinschulen rc. haben, giebt es gar keine, ä) Oberamtsstädte, welche nur Realschulen haben, giebt es 7. Von Seiten der Stadtbehörde wurden statistische Notizen erhoben, wie vieleLateiner" ev. Realschüler" werden wollen. Das Resultat hierüber ist dem Einsender unbekannt, auch nebensächlich, in­teressanter wäre es demselben zu wissen, welcher Pro­zentsatz Lateiner, die sich in den letzten 15 Jahren der akademischen Lausbahn zugewendet haben, ihre Vorbildung ausschließlich in hiesiger Lateinschule, (verbunden mit Collaboraturklasse) erhielten? On äit: nul. Erwiesen ist aber, daß a) die frühere hiesige Lateinschule ohne Collaboraturklasse (Präzeptor Schmollers b) eine kleinere benachbarte Lateinschule ohne Collaboraturklasse (Wildberg) verschiedene Land­examinanden lieferte. Gerne wird zugegeben, daß so­wohl ein Präzeptor als auch ein Reallehrer ohne Mitarbeiter (Collaborator) seine volle Kraft einzu­setzen hat und eine gute Gesundheit besitzen muß, um seine Aufgabe zur allgemeinen Befriedigung zu er­füllen, allein eine junge Arbeitskraft mit gutem, red­lichen Willen vollbringt dies, wie Beispiele zeigen, gut und die Väter der Stadt werden nicht kargen, den verdienstvollen Jugendbildcrn die gebührende Anerkennung in klingender Münze zu zollen, wobei zur Vorsicht empfohlen wird, daß auf die Individua­lität entsprechende Rücksicht genommen werden möge, nicht daß es bei einem mißliebigen oder unfähigen Reallehrer, der mit großer persönlicher Besoldungs­zulage ausgestattet ist, seinerzeit heißen könnte:Die Nagolder hätten mich gerne fort, drum geh' ich z'leid net."

/(Eingcsendet.) Hat der Artikel im Ge­sellschafter Nro. 104 wirklich zurKlärung in der Realschulfrage beigetragen? Nach­dem für die hiesige Stadt das Bedürfnis einer /Realschule allseitig anerkannt und nur darüber keine vollständige Einigkeit erzielt war. ob die La­teinschule in ihrem Bestand bleiben soll, oder ob sie ^ wie die neu zu gründende Realschule der Kosten - und des Bedürfnisses wegen künftig nur einklassig ' sein soll, tritt ein neuer Prophet auf, der nachzu- j weisen sucht, wie erstlich die Eltern zunächste in große Verlegenheit kämen, wenn sie sich zwischen diesen beiden Schuleinrichtungen für ihre Heran­wachsenden Kinder entscheiden sollen; wie sie ferner in der Berufswahl für ihre Kinder gehemmt seien und wie es überhaupt nicht nötig sei, eine Real­schule zu gründen, da wir eine ArtRealgymnasium" haben, das, wenn es bis jetzt noch nicht allen Wün­schen Nachkomme, doch wit leichter Mühe so und so eingerichtet werden könne, daß es allen Ansprüchen genüge. Hierauf sei erwidert, daß es recht viele Eltern giebt, die wenigstens im allgemeinen ziemlich genau wissen, was sie ihre Kinder werden oder nicht werden lassen. Sie wissen z. B., daß sie ihren Sohn nicht studieren lassen, daß sie denselben einem Gewerbe, dem Kaufmannsstand rc. zuwenden, sei er auch noch so begabt, oder vielleicht gerade des­wegen. Warum ist aber in dem betreffenden Ar­tikel von alledem kein Wort, daß wir noch viel zu viel Studierende haben? Mitdem Lust und Liebe zum Studium haben", ist es oft ein eigenes Ding. Was den Kindern eingeredet wird, die Wünsche des Vaters, der Mutter, ihre Rat­schläge , ihre Mahnungen sind es zu allermeist, die dem Knaben Lust erwecken. Und was bewegt in der Regel die Eltern? Antwort: Das Stan­desgemäße. Freilich. einen schwachen Knaben kann man keinen Schmied werden lassen; aber die Beamten sind zu zählen, die ihren Sohn, der kör­perlich schwach und nicht sonderlich begabt ist, etwa dem ehrsamen Schneiderhandwerk zuwenden. Kurz: Das Standesbewußtsein bringt die Qual und nicht die Freiheit der Wahl. Da kommen dann immer noch Mahnungen, wie: Das Latein schadet keinem etwas, es Putzt den Kopf aus und anderes mehr. Es ist hier nicht der Ort, über den Wert des Lateins zu streiten, nur so viel sei ge­sagt: Es giebtbessere" Stände und Gcwerbs- leute, die das Latein absolut nicht notwendig haben und ohne dasselbe durch die Welt kommen. Nun ist es aber mit dem hiesigenRealgymnasium" ein eigenes Ding. Nicht nur seither, sondern künftig sogar noch mehr soll es den Realien oienen, ja es

soll sogareine besondere realistische Ab­teilung ohne großen Kostenaufwand" errichtet werden. Wir wollen einmal das Kunststück näher ! betrachten. Alle Schüler, die kein Latein mehr treiben wollen, erhalten erweitertes Französisch, er­weiterte Realien. Können diese dann in Französisch und in den Realien mit den anderen gleichzeitig unterrichtet werden? Warum sollen aber nun die Minderbegabten weniger Latein und mehr Realien erhalten; soll dadurch am Ende die Lateinschule noch weiter ausgebaut werden und etwa eine L-Klaffe für Schwachbegabte erhalten? Der Verfasser des Eingesandt in Nro. 104, wenn seine Ausführungen ernst gemeint sind, kann sich wohl kaum etwas an­deres denken. Würde aber damit für die Collabo- caturklaffe nicht geradezu eine soziale Frage geschaf­fen, die den Frieden und die Einheit der Schule ge­fährden müßte? Gerade das ist auch der Grund, warum die Collaboraturklasse nicht Vorbe r ei­tu ngsk lasse für die Realschule sein soll. Sie würde Mittel und Wege finden, ihre Schwachen der Realschule zu überweisen und andererseits die Begabteren für sich zu behalten. Was für Zumu­tungen stellt aber der Verfasser des Eingesandt an die Lateinschule? Sie soll erweiterten Realunterricht geben, in ihren Lehrplan z. B. die Botanik aufneh­men , ihre Begabtesten soll sie so wie so auf das Landexamen vorbcreiten: Es fft wunderbar, was dieses Realgymnasium nicht alles kann! Wie gestaltet sich aber die Sache in Wirklichkeit? Kommen die Kna­ben abends nach Hause, so treiben sie Latein. Heute Latein, morgen Latein; Latein, ehe der Tag graut, Latein, wenn die lieben Geschwister schon im Schlum­mer sich wiegen. Giebt es nicht Präzeptoren, die ehrlich und offen gestehen, daß zwar mehr Realien in den Lehrplan der Lateinschule ausgenommen wur­den , das Latein aber keineswegs verkürzt wurde. Ist das möglich? Befinden sich diese Schulen nicht in der Lage der geknechteten Israeliten, die kein Stroh mehr bekamen und doch die gleiche Zahl Ziegel liefern mußten? Kurz der Lehrplan ent- hälts, auf dem Lektionsplan stehts, obs aber mög­lich ist?! Doch das Schönste kommt nach. Die Präparandenanstalt soll aushelfen. So weit kommt man, wenn man die Gründe an den Haaren hcr- beiziehen muß. Nun, in der Präparandenanstalt wird außer Naturlehre auch Naturgeschichte, Geo­metrie, Französisch rc. gegeben. Hat hier Nagold , nicht eine Realschule? Doch Spaß bei Seite. Na- ! gold bedarf einer selbständigen Realschule.

! Sind die bürgerlichen Kollegien gewillt, die zwei- > klassige Lateinschule beizubchalten, so kann man der ! Stadt Nagold hiezu nur gratulieren. Soll jedoch ! die neu zu gründende Realschule in irgend welche ! ^Verbindung mit der Lateinschule gebracht werden, j ; so würde sic dadurch ihrer Selbständigkeit beraubt, , ! ja ihre Lebensfähigkeit wäre in Frage gestellt. Da- ' rum fordert die Bürgerschaft in ihrer überwiegenden j Mehrheit nicht nur im allgemeinen eine Re­alschule, sondern eine von der Lateinschule unab­hängige , selbständige Realschule, die wirklich auch das zu leisten imstande ist, was man von ihr er- ? wartet. In solchen Fällen gilt entweder der Grund­satz:Jedem das Seine" oder:Wer den Zweck will, muß auch die Mittel wollen".

Brauchen wir eine Realschule? j Wer den ArtikelEingesendet" im Gesellschafter vom ! 5. ds- liest, könnte leicht zu der Ansicht kommen, es ^ sei eine ganz überflüssige Sache, eine Realschule in ^ hiesiger Stadt auzustreben und das Geld könnte er- ; spart bleiben, ist doch eine so ausgezeichnete Latein- j schule hier, die mit einigen Abänderungen ihres Lehr- ! Plans leicht die Lücke einer Realschule ausfüllen ^ könnte. Dem ist aber nicht so! Die Lateinschule strebt in erster Linie das Lateinischlernen an. Will sie, wie sie sich dessen rühmt, ihre Schüler in höhere Schulen, z. B. in ein Gymnasium oder durchs Land- cxamen bringen, so muß sie den größten Teil ihrer Zeit auf Lateinisch event. Griechisch verwenden, den Realien kann sie die so nötige Aufmerksamkeit kaum - schenken. Trotzdem dieses Ziel längst verfolgt wird, so hat man dock/ in vielen Jahren nichts gehört, daß ein einziger hiesiger Lateinschüler das Landexamen bestanden hätte (kürzlich hätte sich dieser Fall ereig­nen können, allein erst in Altensteig erfolgte die rest­liche Ausbildung). Wie es mit dem Uebergang in höhere oder realistische Lehranstalten steht, darüber könnte so mancher Vater, welcher diesen Schritt für seinen Sohn unternahm, am besten Auskunft geben, i

die Antwort ist meist die, daß nur durch große Opfer und Ausgaben für Nachhilfstunden, insbesondere für Realien endlich erreicht wurde, daß der Sohn in seiner Altersklasse anderswo mitmacheu konnte. Doch genug hievon! Die Lateinschule mag trotzdem unan- ! gefochten I- oder Massig weiterbestehen, sie mag lu­stig Latein und Griechisch treiben und ihre Schüler für höhere humanistische Bildung vorbereiten und die Brücke zu weiterem Aufschwung in hiesiger Stadt ! bilden, den wir ja nötig brauchen können, was sie aber unbeschadet ihrer Ziele nicht kann, das ist, auch den Zielen einer Realschule gerecht zu werden. Bei ' einer solchen Zwittereinrichtung käme nichts heraus. Nicht Botanik, die ein ganz nebensächliches Fach ist, nicht Physik sind Hauptfächer einer Realschule; tüch­tig Rechnen, Schönschreiben, Zeichnen, durch Fran­zösisch lernen seine eigene Sprache lernen, Geogra­phie, Geschichte und Geometrie, das sind Fächer, die unfern Geschäftsleuten gut und nützlich sind und in diesen Fächern hat die Lateinschule meist Untergeord­netes geleistet. Mag sie fortfahrew, Musensöhne auszubilden, wie wohl es mehr als genug hat, wir brauchen einen tüchtigen Handwerkerstand. Da und dort sind schon combinirte Schulen eingesührt gewe­sen, aber sie haben sich nicht erprobt, daher eine l Lateinschule für sich und eine Realschule für sich. Wenn sie sich dann Concurrenz machen, dann ist es gewiß kein Nachteil, wer in der Welt hat keine Conkurrenz? Um so besser, wenn jede Schule sich bestrebt, die beste zu sein!

1l. Egenhausen, 7. Sept. Heute wurde die bekannte Wirtschaft zur Krone um die Summe von 20,000 von Herrn Adolf Nestle, lediger Bierbrauer von Freudenstadt, käuflich erworben. Der seitherige Besitzer Georg Dürr bezieht nun sein unlängst erkauftes Gasthaus zum Lamm. Möge cs den beiden in ihrem neuen Heim recht Wohlergehen.

Stuttgart, 4. Sept. Unsere Stadt ist um ; eine neue Einrichtung reicher geworden. Unter der ärztlichen Leitung von Sanitätsrat Dr. Bilfinger sist im Ncuner'schen Mineralbad zu Berg eine ! Kneipp'sche Wasserkuranstalt errichtet worden, so daß ^ daselbst Sommer und Winter hindurch Gäste aufge- l nommen. sowie auch nur die einzelnen Wasseranwen- ! düngen gebraucht werden können.

! Stuttgart, 6. Sept. Der Verein für das j Wohl der arbeitenden Klassen hat, wie in früheren Fällen, an 11 tüchtige Arbeiter Reiseunterftützung 'von je 125 zum Besuch der Pariser Weltaus­stellung bewilligt. Die gemeinsame Abreise von hier erfolgt am nächsten Dienstag. Nach der Rückkehr hat jeder der Arbeiter einen Bericht über das Ge­sehene zu liefern.

^ In dem Befinden Karl Mayers, bei welchem vor mehreren Wochen eine Amputation des Beines unterhalb des Knies hat vorgenommcn werden müs­sen, ist inzwischen eine entschiedene Besserung einge­treten. Der Kräftezustand hat sich gehoben und die Heilung der Wunde nimmt einen guten Verlauf.

Cannstatt, 3. Sept. Die Arbeiten zu den Probelöchern der neuen Neckarbrücke werden^ aufs Eifrigste betrieben; man ist hiebei, an dem Fußweg nach Berg, in einer Tiefe von 1,2 in auf eine sehr starke Mineralquelle gekommen.

Cannstatt, 6. Sept. Bon einem nicht ge­nannt sein wollenden hiesigen ZSürgersohn wurde dem Oberbürgermeister eine Summe von etwa 2500 ^ übergeben zur Errichtung eines Kaiser- Wilhelm-Denkmals in hiesiger Stadt, lieber die Art der Ausführung desselben und den Platz der Ausstellung wird laut C. Ztg. in Bälde Beschluß gefaßt werden.

Maulbronn, 4. Sept. Wie uns aus Maul­bronn mitgeteilt wird, ging letzten Sonntag Nach­mittag ein 19jähriger Mann von Diefenbach mit einem 8jährigen Knaben von dort spazieren. Seit­her fehlte der Knabe, jedes Suchen nach ihm war vergebens. Der Verdacht gegen den Mann, dem Knaben etwas zu leid gethan zu haben, wurde im­mer lauter. Heute nun gestand der Mann ein, er habe den Knaben im Schüzingcr Walde ermordet, weil letzterer gedroht habe, einen gemeinsam begang­enen Felddiebstahl zu Hause anzuzeigen. Der Mörder wurde geschlossen in den Wald geführt und hier fand man das Opfer mit durchschnittenem Halse und von Tieren angefressen vor. Die Ausreguug ist groß. Soeben wird der Mörder durch 2 Landjäger ein­geliefert. Das Gericht hat sich an Ort und Stelle begeben.