Händen ist, wenn der Verkehr 5 Tage vollständig stockt. Von der Gesamtsumme der von Baron Hirsch zu leistenden Zahlungen kommen auf Grund früherer Konstantinopeler Entscheidungen 12 Mill. Frks. zu Gunsten Hirsch's in Abzug.

Berlin, 26. Febr. Der Kaiser teilte gestern bei dem Kanzleressen dem Grafen Herbert Bismarck die Ernennung zum Oberstlieutenant, dem Grafen Wilhelm B. die Ernennung zum Major mit.

Der Arbeitstag des Kaisers. Gemäß den Traditionen der Hohcnzollern befleißigt sich auch Kaiser Wilhelm II. einer äußerst einfachen Lebens­weise, die nur bei großen Festlichkeiten oder Empfän­gen einer fürstlichen Prunkentfaltung Platz macht. Jetzt im Winter steht der Kaiser um 7 Uhr auf und nimmt eine halbe Stunde später sein einfaches Früh­stück ein. Bis um 9 Uhr beschäftigt sich der Kai­ser mit seiner Privatkorrespondenz und unternimmt dann eine einstündige Spazierfahrt, nach welcher die Erledigung der Regierungsgeschäftc beginnt. Mittags 1 Uhr findet, falls nicht außergewöhnliche Vorgänge oder Regierungsgeschüfte dies unmöglich machen, das Diner des Kaiserpaares statt. Die Prinzen speisen allein. Die Beschäftigung des Kaisers ist eine um­fassende und streng geregelte und nimmt den gan­zen Tag mit Ausnahme der wenigen Stunden in Anspruch, welche der Monarch in Gesellschaft seiner Gemahlin bei den jungen Prinzen zubringt, an de­ren Spielen er teilnimmt, während er sich gleichzei­tig in belehrender Weise mit ihnen unterhält. Es sind dies, wie er persönlich wiederholt erklärte, die einzigen Erholungsstnnden des Kaisers. Täglich empfängt derselbe etwa sechshundert Briefe, die ihm in einer R^appe überreicht werden und von welchen er diejenigen persönlich öffnet, deren Handschrift ihm bekannt ist. oder deren Siegel, Wappen u. s. iv. sein Interesse erregen. Der Rest der Korrespondenz geht an das Zivilkabinet, welches das Weitere veranlaßt. Das Gros dieser Briefe sind meistens Bittgesuche, und es ist geradezu unglaublich, welche Anforderun­gen , oft sogar der komischsten Art, an den hohen Herrn gestellt und nach sorgfältigen Recherchen aus dem kaiserlichen Fonds für außerordentliche Ausga­ben zum Teil auch erfüllt werden. Der Kaiser hält sich weder einen Leibfriscur, noch einen besonderen Barbier. Die Funktionen Beider versieht sein Kam­merdiener , der dieselben nicht etwa von Haus aus erlernte, sondern erst, seit er in den persönlichen Dienst des Kaisers getreten ist, sich aneignete und für die diesbezügliche Prozedur höchstens zehn Mi­nuten verwenden darf. Auch für die Garderobe des Monarchen, welche kleiner als diejenige seiner kai­serlichen Vorfahren ist, existieren keine besonderen Beamten. Sie wird von dem jeweilig dienstthuen- den Kammerdiener verwaltet, und läßt sich der Kai­ser beim Ankleiden nur wenig Helsen. Ein beson­derer Charakterzug des Monarchen ist seine Schweig­samkeit gegen seine dienende Umgebung. Der Kaiser spricht nie mit seinen Leibdienern, was Kaiser Wil­helm I. gern that, er befiehlt nur.

Nach demBerl. Tagbl." wäre dem Erzieher des Kaisers, Regierungsrat Hinzpeter, eine Beförde­rung im Staatsdienste zugedacht, wonach demselben Einfluß auf die Erziehung des jungen Kronprinzen eingerüumt würde.

Am heutigen Tage (23.) vollendet die Schwe­ster Kaiser Wilhelms I., die Frau Großherzogin- Witwe Al ex an drine von Mecklenburg-Schwerin, ihr 86. Lebensjahr. Von allen Kindern des Königs Friedrich Withelm III und der Königin Luise ist sie, nachdem Kaiser Wilhelm im vorigen Jahre dahinge­schieden, allein noch am Leben.

Neulich verlautete, die Prinzessin Viktoria von Preußen werde sich früher oder später mit dem Prinzen Karl von Schweden verloben. Jetzt heißt es, der im vorigen Jahre mit ihr so häu­fig zusammen genannte Fürst Alexander Bat­tenberg habe sich an der Riviera mit der Darm­städter Sängerin Fräulein Loisinger verheiratet, over gedenke diesen Schritt doch in allernächster Zeit zu lhun (s. oben.) Es soll sich um eine seit langer Zeit bestehende Herzensneigung handeln. Fräulein Amalie Lorsinger ist die Tochter eines höheren österreichischen Militärs, ungefähr 25 Jahre alt, eine schöne Blon­dine von gewinnendem Wesen. Sie ist aus dem Pra­ger Konservatorium ausgebildet, nahm dann Gesang- Ünterricht beim Kapellmeister Stolz war zuerst in Troppau, dann in Linz engagiert, und kam hieraus an die Darmstädter Hofbühnc, wo sie sich großer

! Beliebtheit erfreut; ihre Eltern leben in Ungarn.

! Mit Rücksicht auf diese Verbindung ist wohl der ! Austritt des Fürsten auS der preußischen Armee er­folgt.

Wie dasFr. I." schreibt, ist das gestrige parlamentarische Mahl bei dem Reichskanzler doch nicht ohne Berührung der gegenwärtigen Politik ver­laufen und zwar war es die Kolonialpolitik, welche der Reichskanzler streifte. Der Fürst gedachte der Beschwerden, welche ihm die neuen Kolonien berei­teten, er schien einen Teil der Schuld dem Auftreten der Kolonialbeamten beimessen zu wollen, weil sie nicht mit völliger Kenntnis der Verhältnisse aufträten und die Eingeborenen nicht zu behandeln wüßten.

! Deutschland dürfe sich nicht in kleinlichen Reibereien ! gefallen, es müsse jede Trübung des Verhältnisses ! zu auswärtigen Staaten vermeiden, die geringste ^ Trübung würde den handelspolitischen Beziehungen ! schaden. Der Reichskanzler kam später auf die Frie- ) densverhandlungen mit Frankreich zu sprechen und j teilte Charakterzüge aus dem Leben des Kaisers j Wilhelm I. mit.

! Das vier Kriegsschiffe starke deutsche Schul­geschwader ist auf telegraphischen Befehl aus Ber­lin aus dem Mittelmeer nach Samoa aufgebrochen. Nach der Ankunft dort würde vor Apia dann eine deutsche Flotte versammelt sein, welche über 85 Ge­schütze und 2112 Mann verfügt. Es handelt sich um die Züchtigung des Häuptlings Mataafa für den Uebcrfall unserer Seeleute. Amerika. wie England erkennen das deutsche Recht hierzu an.

DiePost" publiziert einen Artikel derWeser- Ztg., in welchem angeführt wird, daß der Üeb er­füll auf Samoa zu vermeiden gewesen wäre, wenn ! der deutsche Konsul seine Instruktionen zur Nichtein­mischung ^ strikter aufgefaßt hätte, als er gethan. l Dieser Mitteilung entspricht die Aeußerung des Für­sten Bismarck beim letzten parlamentarischen Diner, daß die Kolonialbeamten den nötigen Grad von Be­sonnenheit noch vermissen ließen.

lieber die Beurlaubung von Militärpcrsoüen nach Ostasrika wird berichtet, daß das Kriegsmini­sterium auf Veranlassung des Hauptmanns Wiß- mann sämtliche Fuß-Artillerie-Rcgimenter der preu- ßischen Armee aufgefordert habe, ältere Unteroffiziere, welche Handwerker gewesen und gewillt sind, vor­läufig auf ein Jahr nach Ostafrika zu gehen und der dortigen Kolomaltruppe beizutreten, in Vorschlag zu bringen. Von denen von sämtlichen Regimen- j tern in Vorschlag gebrachten Unteroffizieren werden i ; 11 ausgewühlt und diesen ein Oberfeuerwerker bei- I

> gegeben, welche alsdann nach Ostafrita entsendet !

werden. Nach Ablauf des Jahres steht es densel- > ben frei, zu ihren alten Truppenteilen zurückzukehren. ' Der Oberfeuerwerker soll für das Jahr 3600 >

die Unteroffiziere sollen 3000 erhalten. §

' In denGrenzboten," denen gewisse Bezichun- j gen zu Berliner leitenden Kreisen nachgesagt wer­den, wird in einem längeren Artikel die Vorgeschichte der Errichtung des Deutschen Reiches besprochen. Es wird darin im Gegensätze zu Kaiser Friedrichs i ^ Tagebuch ausgesührt, daß der damalige Kronprinz ! nur für einen deutschen König, aber nicht für die

> Errichtung der Kaiserwürde eingetreten sei. Den ! Kaisertitel habe gerade Fürst Bismarck befürwortet.

j Ueber die Stellung Kaiser Wilhelms heißt es in ^ j dem Artikel:Als man dem Könige Wilhelm den ^ i Kaisertitel vorschlug, lehnte er zuerst ungestüm ab ^

! und geriet in Zorn, als man darauf beharrte. Der ! Kanzler fragte, v!> Se. Majestät ein Neutrum blei- ^ l ben wolle. Der König fragte, was er damit meine. ; !Je nun', d a s Präsidium!" lautete dw Antwort! Bismarcks. Endlich verstand sich der König, wider- j ! strebend und nicht ohne Verstimmung gegen den ! Kanzler, zur Einwilligung in den Vorschlag, wenn ^ er den TitelKaiser von Deutschland" annehmen ! und führen dürfe. Er wurde daraus aufmerksam ge­macht, daß dies gegen die Verträge verstoße und ! den territorialen Besitz von ganz Deutschland be­deuten würde. Er meinte daraus, der Zar nenne - sich ja auch Kaiser von Rußland. Bismarck wi versprach und sagte, der Titel laute russischer Kai- i ser. Der König blieb aber bei seiner Ansicht und ! gab sie erst aus, als er den Hosrat Schneider be­tragt und dieser Bismarck Recht gegeben hatte.

In Hamburg ist am Sonnabend vormittag ^ der Raubmörder Dauth hingerichtet worden. Dauth i i hatte vor der Exekution das Abendmahl empfangen ^ ! und starb ruhig und gefaßt.

Posen, 25. Febr. 396 in Warschau ansässige ausländische Juden wurden aus Rußland ausgewiesen

Der anhaltende Schn ex fall in den letzten i Tagen hat abermals auf vielen Eisenbahnlinien Deutschlands Verkehrsstörungen verursacht. In Sachsen haben verschiedene Linien nur mit großer Anstrengung dem Verkehr offen gehalten werden können. Von verschiedenen Orten am Rhein wird Hochwasser ge­meldet.

Oesterreich Ungarn.

Wien, 25. Febr. Prinz Alexander von Bat­tenberg beabsichtigt, nach seiner Vermählung mit der Sängerin Fräulein Loisinger nach Oesterreich über­zusiedeln und in dortige Militärdienste zu treten.

Wien. Tisza, der vielgeschmäbte, darf sich eines entschiedenen Sieges rühmen, indem der hart- bekämpfte 8 14 mit imposanter Majorität, ohne je­den Zwischenfall , angenommen wurde. Selbst ein Teil der Opposition stimmte dafür. Tisza's be­stimmte Erklärung, er werde das schlechte Beispiel nicht geben, und der Minorität gestatten, durch Stra­ßentumulte ein Kabinett zu stürzen, welches das Ver- trauen der Krone und der Parlamcntsmajorität be­sitze , sondern er werde cs als seine heilige Pflicht ansehen, trotz allen Sturmes und Geschreies aus sei­nem Posten mutig auszuharren, diese schneidige Rede ! verfehlte ihre durchgreifende Wirkung nicht und ihr Eindruck auf die Abgeordneten dürfte auch bei den ! später noch zu erwartenden Känrpfen um den 8 25 ! sehr bemerkbar sein.

! Mit einer Schönheitskonkurrenz für ! Männer macht jetzt Wien den Anfang. Auch der­jenige, der kein Adonis ist und nicht die geringste Aehnlichkeit mit einem Apollo hat, vermag vielleicht doch beim Schwender einen Preis zu erringen, weil auch ganz spezielle Vorzüge der Herren den Gegen­stand der Prämiierung bilden sollen.. Es werden nämlich 4 Goldpreise gegeben, um welche sich be­werben sollen: 1) Der schönste Man» überhaupt. 2) Der schönste Schnurrbart. 3) Die größte Nase. 4) Die größte Glatze. Es ist also keineswegs nö­tig, daß .man in seiner äußeren Erscheinung dem Ideal männlicher Schönheit entspräche, um aus der Konkurrenz preisgekrönt hervorzugehcn. Die lustige Konkurrenz findet am 25. d. Mts. statt und der Veranstalter, fügt, der Bekanntgabe des wichtigen Termines die Versicherung hinzu, daß dieJury" aus einemgewissenhaft gewählten" Damen-Komite zusammengestellt ist.

j Die Unruhen in Pest wegen der Wehrgesetz- vorlage entspringen hauptsächlich 2 Punkten der letzteren. Die, Ungarn wollen nämlich das jährliche Rekrutenkontingent von 102 000 Mann nicht aus unbestimmte Zeit, sondern etwa auf 10 Jahre fest­gesetzt. Sodann stoßen sie sich an der Forderung der Ablegung der Reserve-Offiziers-Prüfung in deutscher Sprache, sowie an der Bestimmung, daß die weniger tüchtigen-Einjährigen noch ein zweites Jahr dienen sollen.

In Prag hat sich der Professor der Hygiene an der deutschen Universität erschossen, weil er fürch­tete, wahnsinnig zu werden. In seinen Aufzeich­nungen finden sich die Worte:Wo das Denken

aushört, fängt das Erschießen an."

Prag, 25. Febr. Im Böhmerwald droht eine Hungersnot; der Ausbruch des Hungertyphus wird befürchtet.

Belgien.

Brüssel, 24. Febr. Die infolge der Wahl Boulangers in Paris ausgeschobeue Rückkehr des Herzogs von Aumale nach Paris steht unmittel­bar bevor.

Brüssel, 26. Febr. .Gestern erfolgte der Abschluß der neuen russischen Anleihe von 7Ö0 Mil­lionen Fr.

Frankreich.

Paris, 24. Febw Die Delegierten der Syn­dikats- und Arbeiter-Kammern hielten gestern Abend in der Arbciterbörsc eine Versammlung, in welcher sie die Antwort des Ministers des Inneren Constans zur Kenntnis nahmen und beschlossen, den Arbeitern anzuraten, sich von jeder Kundgebung fern zu halten. Ein Manifest in diesem Sinne wurde an die Arbeiter von Paris gerichtet.

Paris. DaS neue, nach vieler Mühe ge­bildete Ministerium Tirard ist am Sonnabend mir seiner Programmerklärung vor die Kammer getreten. Es verheißt Ruhe und Frieden, ermahnt zur Einig­keit und Besonnenheit, aber der Eindruck seiner Worte