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22 Gemeinden durch Reiter und Wagen mit Burschen und Mädchen in der Landestracht vertreten waren. (Frkf. I )
Berlin, 13. Sept. Der Afrikareisende Robert Flegel ist gestern in Braß an der Nigermündung in Afrika gestorben.
Bulgarien.
Sofia,- 9. Sept. Soeben sind zwei Drusinen Infanterie, eine Eskadron Kavallerie und 24 Kanonen samt Train, welche gegen die meuterischen Regimenter abgeschickt worden sind, aus Küstendil unter den Befehlen des Kommandanten Petrow und Balabanow mit Gesang und klingendem Spiel hier eingerückt. Die Truppen wurden vom Volke begeistert empfangen. Als der Zug vor das Palais kam, ertönten aus den Reihen der Truppen nicht enden wollende Zurufe: „Es lebe der Knjas!" — Das aufständische Regiment wurde entwaffnet, die Offiziere desselben werden unter strenger Aufsicht gehalten. — Benderew und Gruew sind noch in Haft.
— Die „Neue Freie Presse" meldet aus Sofia: Rußland beantwortete die Fragepunkte der provisorischen Regierung folgendermaßen: Rußland unterstützt die Regierung, solange dieselbe die Landesinteressen fördert und Friede und Ordnung herrschen; Rußland hält es für unzeitgemäß, vor dem Eintritt der vollständigen Ruhe die Kandidatur für den Fürstenthron bekanntzugeben und ist bereit, die Vereinigung beider Bulgarien zu fördern, aber nicht auf die jetzige gewaltsame Art. Die Herstellung guter Beziehungen zwischen Rußland und Bulgarien hänge davon ab, ob die proviso- rffche Regierung ihre bisherigen Verhältnisse gutmache. Nähere Bedingungen mitzuteilen, hält Rußland für verfrüht.
— Der Zar beauftragte den russischen Konsul, der Regierung und den angesehensten Personen der hiesigen Bevölkerung zu danken. Der Zar hofft, daß Bulgarien, dessen Wohlergehen ihm am Herzen liege, Ruhe und Ordnung, deren es so sehr bedürfe, aufrecht zu halten verstehen werde. Er erklärte, je mehr Bulgarien sich seiner Ausgabe gewachsen zeige, um so wohlwollenderer Schutz sei ihm sicher. — Was die Vermözensverhältnisse des Fürsten Alexander betrifft, so wird der „Deutschen Zeitung" darüber Folgendes geschrieben: Die Finanzen des Fürsten sind herzlich schlecht; er hat wie ein echter Cavalier auch das ins Land hinein gesteckt, was er von seiner geringen Civilliste erübrigte. Für den Bau seiner Privatschlösser in Nustschuk und Varna, sowie zur Verbesserung seines Gutes in Baili-Efendi nahm er mit Bewilligung der Sobranje vor einigen Jahren von der bulgarischen Nationalbank ein Anlehen von anderthalb Millionen Francs auf. Dieses Geld muß nun zurückgezahlt werden. Da dies aber nicht möglich, weil die Privatbesitzungen nicht gut zu veräußern sind, bot ihm die Re- gierung 3 Millionen Francs bei der Abreise an. Der Fürst wies diese Summe zurück, er nahm nur die Bezahlung der Schuld an die Bank gegen Ueberlassung sämtlicher Privatbesitzungen, selbst der Privateinrichtung im Palais in Sofia an. Für sich beansprucht er nur 500,000 Fr., mit denen er sich nach Jugenheim zurückziehen will. Auch die russische Regierung bot ihm durch Konsul Bogdanoff an, die Regelung seiner Geldangelegenheiten nach seiner Abdankung zu übernehmen. (Frkf. I.)
England.
London, 14. Sept. (2 Uhr.) Einer Meldung der „Times" zufolge einigten sich die drei Kaisermüchte zu gemeinsamem Vorgehen in der bulgarischen Frage. 'Rußland werde sich eines isolierten Einschreitens enthalten. (Frkf. I )
— Im Unterhause ward gestern bei der Beratung der Marinebudgetvoranschläge die schmutzige Wäsche der Woolwicher Geschützabteilung gewaschen. Die „Times bringt zu diesim Kapitel folgendes bei: „Augenblicklich besitzen wir auf das Zeugnis aller Fachleute hin nicht eine einzige sichere panzerdurchbohrende Kanone auf unfern Schiffen. Northcote zeigte als das Ergebnis der jüngsten Untersuchungen an, daß eine Menge von Kavalleriesäbeln sich als schlecht herausstellten. Im egyptischen Feldzuge klemmten sich die Patronen wiederholt ein und von unfern Bajonetten wurden 21V-o/o als zu weich verworfen. Die Sättel fielen infolge schlechter Arbeit und schlechter Ueberwachung unbrauchbar aus. Patronen und Arzneien langten, wie dies im egyptischen Feldzuge geschah, häufig zu spät an. Am kläglichsten hört sich die Geschichte der Marinegeschütze an. Neulich barst auf
der chinesischen Station ein 54-Pfünder. Sofort langte vom Marineamte der Befehl an, keine Kanone von jener Marke mehr abzufeuern. Infolge dessen wurde die Hälfte aller dortigen Kanonen für kampfunfähig erklärt. Noch jämmerlicher waren die Enthüllungen des Ausschusses über den Unfall an Bord des „Collingwood". Das Bersten der Kanone ward zugeschrieben erstens dem fehlerhaften Material, zweitens der fehlerhaften Arbeit und drittens den Beschädigungen durch die Probeschüsse. Mit andern Worten: die Kanone war so schlecht geplant und so schlecht ausgeführt, daß es stets gefährlich blieb, sie zur Uebung oder in der Schlacht ohne eine vorherige gründliche Abänderung loszufeuern. Kapitän Pryce erzählte die Geschichte eines Erfinders, wecher im Kriegsamte den Bescheid erhielt, daß Erfindungen erst nach deren Annahme durch andere Nationen angenommen werden könnten. Kein Wunder, daß wir dem jetzigen armseligen Zustande von Unfähigkeit und Mißwirtschaft verfallen sind.
Hcrges-Weirigkeitsn.
— Wie man aus zuverlässiger Quelle erfährt, werden diesmal Ihre König!. Majestäten den Winter in Württemberg zubringen und nicht nach dem Süden gehen, die anders lautenden verbreiteten Nachrichten beruhen auf bloßen Vermutungen.
(Einges.) Regimentsfest des Grenadier-Regiments „König Karl" (5, Württ.) Nro. 123. Hinsichtlich der am Sonntag, den 26. Septbr. d. I. im Festsaal der Liederhalle dahier stattfindenden Landesversammlung wird uns mitgeteilt, daß bis jetzt auf mehr als 1000 Einladungsschreiben aus allen Teilen des Landes zahlreiche Anmeldungen beim Komite eingelaufen, auch Seitens der K. Eisenbahnverwaltung sämtliche Stationskaffen des Landes bezüglich der Ausstellung und Gültigkeitsdauer von Militärretour- billeten für die Festteilnehmer mit Weisungen versehen worden sind und auf Verlangen gerne weitere Auskunft erteilen. Die Teilnahme von Frauen und Kindern über 14 Jahre, ebenso von dem Regiments nicht Angehörige, als Freunde des Regiments, ist erwünscht und kommt die gewährte Fahrpreisermäßigung allen Festteilnehmern ohne Ausnahme zu gut. An Stationsorten mit größerer Teilnahme sollte jedoch die Anmeldung wegen Ausstellung der Billete möglichst schon am Vorabend der Abfahrt erfolgen. Freiquartiere aus der Mitte der Vereinsmitglieder sind schon zahlreich vorgemerkt und werven des weiteren die Stuttgarter Wirte zu Einreichung billigster Offerte aufgefordert, deshalb schleunigste Anmeldung auswärtiger Kameraden bei Polizeiinspektor Bozenhard dringend geboten ist. Das Empfangskomite ist am Vorabend und am 26. vormittags bei sämtlichen Zügen anwesend und durch blaue Schleifen kenntlich; auch wird am Festtage selbst ein „Frühschoppen" im Restaurationssaale des Stadtgartens mit Musikbeteiligung in Aussicht genommen. Sowohl der Festsaal der Liederhalle, als auch der Stadtgartensaal, können als Sehenswürdigkeiten bezeichnet werden, ebenso werden die beiden als Posten aufgestellten schwarzen Jäger in ihrer kleidsamen Uniform das Interesse jeden Besuchers erregen.
— Der „Ludw. Ztg." wird von Stuttgart aus über einen Unfall bei den Manövern folgendes berichtet: Wie von einem Augenzeugen mitgeteilt wird, wurde vorgestern, als das 25. Dragoner-Regiment „Königin Olga" zwischen Kirchberg und Jlshofen einen Reiterangriff zu machen hatte, der evangel. Pfarrer Bi hl von Gaggstadt, welcher den Kriegsübungen zuschaute, überritten, so daß er am ganzen Leibe, besonders aber am Kopfe, ziemlich bedenkliche Wunden davontrug, die an Ort und Stelle von einem Militärarzt verbunden und vernäht werden mußten." — Eine Korrespondenz der „Neck.-Ztg." von der Jagst berichtet über diesen Fall: „Ein Herr schaute mit einem Feldstecher auf dem Manöverplatze den Uebungen zu; er muß nicht bemerkt haben, daß er von Seiten des Militärs zweimal ersucht wurde, den betr. Platz zu räumen. Plötzlich kam eine Schwadron Reiter, nochmals rief man dem Herrn zu, doch rechts auszuweichen. Unglücklicherweise aber sprang er nach links, fiel zu Boden, und ehe er sich wieder aufrichten konnte, gingen die Rosse über ihn weg. Er erhielt den Tritt eines Rosses ins Gesicht."
Künzelsau. Wie aus zuverlässiger Quelle mitgeteilt wird, geht es Herrn Pfarrer Bihl. von Gaggstadt, der am letzten Manöoertag bei einem tdeiterangriff des 25. Dragoner-Regiments „Königin Olga" zwischen
zu machen suchte, daß man diese Einquartierung unmöglich in das Loch (ihre eigenen l die Gelsegurken, das Heiligtum meiner Frau, hatte diese aufgetragen, und der Braten, Worte) stecken könne, es sei ein Einjähriger, vermutlich in angesehener Civilstellung der bald seinen Duft verbreitete, war, buchstäblich genommen, auch nicht von schlechten sc., der müsse anders ausgenommen werden. Ich konnte mich zwar dieser Auffassung Eltern. Herr Müller zeigte sich denn auch bald als tüchtiger Stratege und ging keineswegs anschließen, für mich war Soldat eben Soldat, und als solcher mir einer^»4>em Feind mit Eifer und Geschick zu Leibe, namentlich aber scheint er bei seiner
so willkommen bezw. unwillkommen als der andere; das ist eben der Krieg, wenn auch hier nur „Krieg im Frieden", aber eben um dieses Friedens willen gab ich den - kategorischen Forderungen des weiblichen Teiles meiner Familie nach; denn mein Fräulein Tochter hatte sich natürlich sofort auf Seite der Frau Mama gestellt, und nicht viel hätte gefehlt, so wäre Karline als Tritte im Bunde geholt worden. Genug, ich gab nach, freilich nicht ohne einen inneren Grimm, der seinen Gipfelpunkt darin fand, daß ich mich rückwärts konzentrierte und die Damen schalten und walten ließ nach eigenem Ermessen. Eine bewundernswMuge Thätigkeit müssen diese denn auch entwickelt haben, denn nicht nur daß ich nach einer Stunde den Einjährigen wohlgewaschen, gereinigt und geputzt vorfand (das ist seine eigne Sache und er wird es hoffentlich auch allein besorgt haben), nein, auch mein eigenes Zimmer war bereits für ihn eingerichtet; mein Bett war aus dem Schlafzimmer, in welches meine Tochter übersiedeln sollte, eben in jenes Zimmer gebracht, kurz in der ganzen Wohnung eine Metamorphose in Scene gesetzt worden, die dem Regietalent meiner Johanna alle Ehre macht. Ich stand und staunte, allerdings nicht ohne im Stillen eigene Betrachtungen anzustellen, deren Endpunkt immer mein eigener Leichnam und sein Schicksal war. Inzwischen nahte die Essenszeit. Herr Müller, auf diesen aufregenden Namen hörte unser sogenannter Gast — meine Frau hatte mit ihrer bekannten Findigkeit auch gleüh heraus bekommen, daß er der Sohn eines Gutsbesitzers und selbst Landwirt, aber rin studierter sei — reicht meine Tochter ritterlich den Arm und führte sie zu Tische, der fast unter der Last der Speisen brach. Die besten KompotS, sogar
militärischen Ausbildung auf das Gefecht mit Artilleriemassen dressiert worden zu sein, denn der Angriff, welchen er bald auf die Seitens meiner Frau aufgefahrene Batterie eröffnet«, war ebenso klug geplant, als er mit Erfolg ausgeführt wurde.
Alles in Allem war es aber ein ganz netter Kerl, und ich befreundete mich so nach und nach mit ihm; er erzählte recht munter und unterhaltend und bewies namentlich den Damen, und hier vorzugsweise meiner Tochter gegenüber, eine gewisse Schneidigkeit, die meiner Frau, wie es mir scheinen wollte, sehr viel zu denken gab. Im Laufe des Gesprächs erzählte Herr Müller von dem Gute seines Vaters, das im Hessischen läge, und lud uns ein, wenn uns eine Reise ein Mal nach Kassel führte, von dort aus einen Abstecher nach Dingshausen zu machen. Bei dieser Einladung sah mich meine Frau, wie schon öfters während des Essens so gewissermaßen an, daß ich sie stark im Verdacht hatte, sie gehe wieder einmal auf dem „Kriegspfade. Nach Tisch reichte ich Cigarren, die Herr Müller anfänglich zwar mit etwas mißtrauischen Blicken bettachtete, als seien es „Liebesgaben", die er sich schließlich aber doch ganz trefflich munden ließ. Später hielten ihn der Dienst und mich Geschäfte vom Hause fern, und als wir uns gegen Abend wieder zu Hause einfanden, war schon wieder durch ein recht hübsch arrangiertes „kaltes Buffet" für den einquartierten - Magen gesorgt, während meine Tochter sich, wie es den Anschein hatte, anschickte, einige Angriffe auf das musikalische Gefühl unseres Gastes zu machen; wenigstens war das Piano aufgeschlagen und das Notenpult mit dm „Klosterglocken", die meine Tochter übrigens auswendig spielt, belegt. Auch dieser Kelch ging an mir vorüber»
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