Berlin, 30. Okt. Londoner Berichten zu­folge soll auf den Kaiser von Rußland ein allerdings verfehlter Mordversuch gemacht worden sein. Der Verbrecher soll von Geburt ein kubanischer Kosak, früherer Student sein, waS ein bedenkliches Anzei­chen wäre, daß der Nihilismus schon südlich vom Kaukasus, und zwar in dem Kosakenstamme platz­gegriffen hätte.

Berlin, 31. Okt. Es verdient erwähnt zu werden, daß derReichsanzeiger" einen Hinweis auf das unter der Mitwirkung der Kaiserin Friedrich in England demnächst erscheinende Büch über Kaiser Friedrich enthält.

Berlin, 1. Nov. Die Kaiser von Deutschland und von Oesterreich haben an den Kaiser von Ruß­land anläßlich der Errettung des letzteren aus Le­bensgefahr Glückwunschtelegramme gerichtet.

Berlin, 1. Nov. Heute wurde ein Dank­gottesdienst in der russischen Botschaftskapelle anläß­lich der Errettung des Zaren abgehalten.

Papst Leo XIII. hat dem Grafen Her­bert Bismarck ein Exemplar der goldenen Ju­biläumsmedaille überreicht. Ein zweites Exemplar dieser Medaille sandte der Papst dem Reichs­kanzler.

DiePost" führt in einem Leitartikel aus, die bekannte Aenßerung des Kaisers über das Hineinzichen seiner intimsten Familienangelegenheiten in die Presse habe sich gegen die Versuche gerichtet, Kaiser Friedrichs Tagebuch zu Wahlzwecken

so stürmischer Patriotismus, eine so gewaltige Wucht deutscher Herzensfreude, daß wir alle tief bewegt sind!"

Hamburg, 29. Okt. Bei dem Festmahl in der Kunsthalle brachte Bürgermeister Petersen den Toast auf den Kaiser aus, dankte für das Erscheinen des Kaisers, versicherte denselben der treuen hinge­benden Liebe Hamburgs, gedachte der jüngsten Kai- serreisen, bezeichnete den heutigen Tag als unaus­löschlich in den Jahrbüchern Hamburgs eingetragen und schloß mit Segenswünschen für des Kaisers Re­gierung. Nach dem Intonieren der Nationalhymne ergriff der Kaiser das Wort. Er dankte für den großartigen Empfang, wovon überwältigt er keine Worte finden könne, um seinen Dank auszudrücken; Hamburg sei ihm nicht unbekannt, da er es schon zweimal besucht habe. Aus diese Besuche zurückkom- mend, erwähnte der Kaiser, daß wenn er zur heiß­geliebten Flotte fahre, er Hamburgs Mauern jedes­mal berühre. Seine jüngsten Reisen betreffend, sagt der Kaiser: Dieselben seien unternommen im Interesse des Friedens, der Industrie und des Wohlstandes des Vaterlandes. Das heute vollendete Werk sei das erste bedeutende Ereignis aus dem Gebiete der inneren Politik unter seiner Regierung. Er hoffe, Got­tes Segen werde aus demselben ruhen, allezeit habe Hamburgs Handel große Dienste geleistet, aber auch die Gedanken und Ideen Deutschlands in fernen Lan­dern vermittelt; wir erheben unsere Gläser und trin­ken auf Hamburgs Wohl und Gedeihen unter Gottes Segen. Die Abfahrt des Kaisers erfolgte um 7 Uhr abends nach Friedrichsruh. Die Illumination fiel

auszubeuten. Lediglich dieser Umstand habe den j großartigst aus, das Alsterseuerwerk war brillant. Monarchen zu der wohlbedachten Mahnung veran-! ' Hamburg. 30. Okt. Ueber das Fernbleiben laßt. Die kühle Haltung bei dem Empfang ent- dez Fürsten Bismarck von den Feierlichkeiten in spricht übrigens mehr des Kaisers Charakter, als Hamburg wird derWes.-Ztg." geschrieben:Der feinem Unwillen über die Tagebuchangelegenheit. Reichskanzler bemerkte einer Dame aus Hamburg.

Kaiser Wilhelm hat am Dienstag Nachmit- welche am Freitag in Friedrichsruh anwesend war, tag Friedrichsruhe wieder verlassen und ist ohne auf den Wunsch:Auf fröhliches Wiedersehen in Ham- Unterbrechung nach Potsdam zurückgereist, wo er! bürg!":Ich muß leider mir die Freude versagen, i abends in der achten Stunde wieder eingetroffen ist. die alte Hansestadt in ihrem Glanze am Kaisertage Der Kaiser und Fürst Bismarck haben sehr zu sehen. Ich muß mir Schonung auferlegen und! viel mit einander konferiert, am Dienstag Vormittag kann es meiner Gesundheit nicht zumuten, einem sol- ! machten beide einen Ausflug in die Umgebung von ! chen, immerhin aufregenden Trubel beizuwohnen.

Friedrichsruhe, das Mittagsmahl nahm der Kai ser mit der fürstlichen Familie ein. Nach demselben begleitete der Reichskanzler seinen hohen Gast zum Bahnhof, der Kaiser verabschiedete sich sehr herzlich und unter lauten Hochrufen setzte sich der Zug in Bewegung. Heute Mittwoch vormittag reist der Kaiser zur Grundsteinlegung für das Reichs­gericht nach Leipzig, wo er des Mittags ein­trifft und das er um 4 Uhr wieder verläßt. Die Kaiserin Augusta ist von Baden-Baden in Koblenz eingetroffen, wo sie den November über verbleiben wird.

Bromberg, 29. Okt. Wie derMagd. Ztg." gemeldet wird, untersagt eine Verfügung der Regie­rung den Lehrern des Bezirks die Erteilung von Privatunterricht in der polnischen Sprache.

Essen, 30. Okt. Geh. Kommerzienrat Krupp schenkte heute zum Andenken an seine verstorbene Mutter der Stadt 15 000 ^ für die Anstalt armer Wöchnerinnen und 20000 als Fonds zu Weih

Außerdem mache ich keinen Hehl daraus, daß die Festivitäten mich zwingen, sieben Stunden lang in Uniform zu bleiben, für mein Alter eine schwere Aufgabe!" Auf das Bedauern der Dame, daß Ham­burg die Freude sonach versagt werde, bemerkte der Fürst:Aufgeschobcn ist nicht aufgehoben" und wandte sich hierauf an die mitanwesende junge Tochter des Hamburger Oberingenieurs F. A. Mayer, des be­kannten Leiters der Zollanschlußbauten:Grüßen Sie mir Ihren Herrn Vater und sagen Sie ihm, daß ich es mir Vorbehalte, seine großartigen Arbeiten eingehend zu besichtigen."

Oesterreich Ungarn.

Wien, 30. Okt. DiePolitische Corespvn-j denz" erfährt aus Berlin, daß Kaiser Wilhelm! im nächsten Sommer nach Athen reisen wird und ^ dem König Georg von dieser Absicht bereits persön-! lich Mitteilung gemacht hat. !

Dänemark-

Kopenhagen, 31. Okt. Anläßlich des Ju-

nachtsbescheernngen für städtische Arme, sowie der biläums des Königs sind offiziell zum Besuch ange- Diakvnissen-Anstalt in Kaiscrswert 10000 ^ meldet: Der Großfürst-Thronfolger von Rußland,

Hamburg, 29. Okt. Ueber die Ausnahme, Prinz Heinrich von Preußen, d,e Kronprinzen von die der Kaiser hier gefunden, wird derK. Z." Oesterreich, Schweden und Griechenland. Auch der noch gemeldet: Aus dem eigenen Mund des Kaisers Prinz von Wales wird erwartet.

kann ich die Worte berichten:So etwas habe ich doch noch nicht gesehen!" In seinem Gefolge war

Belgien.

Brüssel, 30. Okt. Die belgischen Bischöfe

man fast durchgängig der Meinung, daß man nach richteten heute eine Adresse an den Papst, woran sie all den begeisterungsvollen Festfreuden im südlichen erklären, alle katholischen Völker müßten sich vereini- Lande von der nordischen Hansastadt nicht mehr viel gen, um dem Papste die weltliche Herrschaft zurück­zuerstatten.

Frankreich.

Paris, 30. Okt. Im heutigen Mi nister­rat c wurden unter dem Vorsitz des Präsidenten

erwarten könne. Und doch ist schon gegen Nachmit­tag im Auftrag des Kaisers von Herrn v. Lyncker ein Telegramm an die Kaiserin nach Potsdam ab­gesandt worden, in welchem von dem Hamburger Empfang gesagt wurde, daß nie zuvor ein ähnlicher Carnot die Motive zum Gesetzentwurf, betreffend die srattgefunden habe! Die Aufnahme, die der Kaiser Einkommensteuer, verlesen. Der Entwurf wurde de- hicr gefunden, war in der That über alle Maßen finitiv gebilligt und wird morgen wahrscheinlich ver­schön. Wenn man eben aus Italien zurückcehrende Kammer vorgelegt werden. Der Entwurf setzt eine Herren aus seinem Gefolge fragte, ob die Hamburger Steuer von h-> pCt. für das Einkommen aus Arbeit, Festlichkeiten nach den italienischen Wundermärchen von 1 pCt. aus das Einkommen ans erworbenem überhaupt noch von einer tieferen Wirkung seien, so Vermögen fest. Die Einkommen von 200 Fr. und antworten sie alle einstimmig:Der Kaiser vt tief darunter werden nicht besteuert: wenn der Ehemn in ergriffen! In Italien war es wunderbar schön, son- und die Ehefrau je 200 Einkommen haben, so bleibt ing und heiter bis zur Ausgelassenheit, hier aber dasselbe nnbesteuert. Das Gesetz soll mit einer ent ouS der schweren, nordischen Szenerie bricht uns sprechenden Erleichterung angcwendet werden, je grö eine ganz ungeahnte Leidenschaftlichkeit entgegen, ein ßer die Zahl der Kinder einer Familie ist. D--

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Steuer soll überhaupt nicht von der Gesamtheit der deklarierten Einkommcnssummc, sondern nur von derselben erhoben werden. Den Besitzern von Aktien, welche der Couponsfteuer unterliegen, soll der ent­sprechende Betrag bei der Steuer abgezogen werden.

Paris, 30. Okt. Der heute vollzogenen Ver­mählung der Tochter Boulanger's wohnten viele Offiziere, alle boulangistischen und zahlreiche bona- partistische Deputierten bei. Beim Verlassen der Kirche wurde Boulanger von den Menge sehr lebhaft be­grüßt.

Paris, 31. Okt. Die Versassungsrevisions- Kommission beschloß mit 6 gegen 1 Stimme die Frage, ob die Verfassung zu revidieren sei, zu be­jahen und vertagte sich bis nächste Woche.

Paris, 1. Nov. DemGaulois" zufolge stellte General Miribel. vom Kriegsministcr Freycinet zur Auskunft über seine in Nancy gehaltene kriege­rische Rede aufgefordert, in Abrede, die von der Presse ihm zugeschriebenen Aeußerungen gethan zu haben.

Paris, 1. Nov. Im heutigen Ministerrate teilte Goblet mit, er habe Labonlaye beauftragt, dem Minister v. Giers die Glückwünsche der französischen Regierung zur Errettung auszusprechen, mit dem Er­suchen, dieselben dem Zaren und der kaiserlichen Fa­milie zu übermitteln.

Am Montag hatte die standesamtliche Ehe­schließung der Tochter Bo ulangers mit dem ! Kapitän Driant stattgesundcn, am Dienstag folgte ! die kirchliche Trauung, welche von dem General zu ! einem Spektakelstück ersten Ranges, ganz nach dem Herzen der Pariser ausgebeutet wurde. Tausende von Menschen belagerten den Weg zur Kirche, den j Boulanger und seine Tochter, die Braut, zu Pferde ! zurücktegten. Er in großer Uniform mit allen Orden,

! sie im Hochzeitsstaate mit dem Myrthenkranz. Ein ganz fürchterliches Hochrufen brach los, es war als s ob ein neuer Kaiser einzöge. Die anständigen Leute bedauern den Skandal, aber man mag nun sagen, was man will, Boulanger hat mit ihm die spektakel­lustigen Pariser gewonnen. Auch auf der Heimfahrt von der Kirche gab es einen gewaltigen Lärm. Hin­terher folgten dann die üblichen Auseinandersetzungen zwischen Bonlangisten und ihren Gegnern. Sv macht man Politik in Paris.

Italien.

Rom, 31. Okt. Im Qnirinal brach in ver­gangener Nacht aus unbekannter Veranlassung Feuer aus, das erst nach dreistündiger Löscharbeit unter­drückt wurde. Einen erheblichen Schaden hat es nicht angerichtet. Der anstoßende Saal enthält das Silberzeug und Bronzen des Hofes im Werte von einer Million Lire.

Rom, 1. Novbr. König Humbert und Crispi übersandten dem Kaiser von Rußland und der russischen Regierung anläßlich des glücklichen Ausgangs des Bahnunglücks für die kaiserliche Fa­milie ihre Glückwünsche. Der Kaiser und die Re­gierung antworteten aufs herzlichste.

Rom. Den Beschwerden des Papstes über seine angeblich unerträgliche Lage wird von li­beraler Seite entgegen gehalten, daß er am Ende des vorigen und zu Anfang dieses Jahres seine Se- kundizfeier mit einer wohl kaum dagewcsencn Pracht begehen konnte, ohne daß ihm die italienische Regie­rung etwas in den Weg gelegt hätte. Die Crispi'- scheRiforma" führt dies in einem Artikel aus, der auch als Kundgebung der Regierung gegenüber der neuesten Papstrede von Wichtigkeit ist.

Die italienische Regierung wird den Besuch Kaiser Wilhelms in R o m noch in ganz besonderer Weise verewigen. Auf Befehl König Humberts hat der Marineminister den Bau eines neuen großen Panzerschiffes angeordnet, welchesWilhelm II." heißen wird.

Griechenland.

Athen, 3 l. Okt. 101 Kanonenschüsse verkün­deten heute früh den Beginn der Festlich keiten an­läßlich des Regierungsjubiläums des Königs. Das Wetter ist prächtig; eine ungeheure Menschenmenge m aus den Straßen, die prachtvoll dekoriert sind. Heute mittag begab sich der König mit sämtlichen Mitgliedern der königlichen Familie in die Kathedrale.

Athen, 3l. Okt. Beim Verlassen der Kathe­drale hielt der König tiefbewegt eine Ansprache an die Volksmenge und sagte, er habe sein Leben der Größe und dem Wohlergehen Grichenlands geweiht, das er über alles liebe. Er dankte der Bevölkerung