Der Dank des Grafen Moltke.

Kreisau den 10. August. Allerdurchlauchtig­ster, Grobmächtigster Kaiser und König, Allergnädig­ster König und Herr! Ew. Majestät huldvolles Handschreiben vom 9. d. M. hat mich mit innigster Dankbarkeit erfüllt. Es macht mich glücklich, auch ferner noch der Armee angehören und derselben in der ehrenvollen Stellung dienen zu dürfen, welche Ew. Majestät die Gnade haben wollen, mir zu über­tragen. In den anerkennenden Worten Ew. Maje­stät gnädigen Schreibens sehe ich den höchsten Lohn für Alles, was ich je habe leisten können, und ver­harre, der weiteren Befehle gewärtig, in ehrfurchts­vollster Ergebenheit und Dankbarkeit Ew. K. K. Majestät allerunterthänigster Diener Gr. Moltke, Feldmarschall." In einem zweiten Briefe aus Kreisau vom 12. August heißt es:Ew. Majestät haben mein allerunterthänigstes Gesuch in so huld­voller Weise genehmigt, daß mir die Worte fehlen, um meinen innigsten Dank auszusprechen. Es macht mich glücklich, Ew. Majestät in einer neuen ehren­vollen Stellung noch ferner dienen zu dürfen und bitte ich, mir in derselben meinen bisherigen Adju­tanten, den Hauptmann v. Moltke, vom Generalstab, belassen zu wollen. Die gnädige Ordre vom 10. d. M. wird in meiner Familie als unschätzbares An- de nken aufbewahrt werden." _

Seine Königliche Majestät haben den evangelischen Stadtpfarrcr Schlegel in Wildberg, seinem Ansuchen gemäß, wegen durch körperliche Leiden herbcigeführter Dienstnnfähigkcit in den Ruhestand versetzt.

In Folge erstandener Prüfung ist die Approbation als Apotheker erteilt worden: Wilhelm Hole von Calw.

Tages-Nerrigkeiten.

Deckenpfronn, 28. Aug. Wer die Staats-! straße Herrenberg-Calw befahren mußte, fühlte immer ! ein Grauen vor den zwei bedeutenden Steigungen ! Lerchenberg (höchster Punkt im oberen Gäu) und Armstich zwischen hier und Stammheim, denn Men­schen und Tiere mußten hier sich plagen. Der Arm­stich ist nun schon seit einigen Jahren durch bedeuten- - den Kostenaufwand umgangen und so die Straße zum ^ Befahren recht angenehm gemacht worden. Nun soll nach vielen Unterhandlungen und Vorbereitungen auch in diesem Herbst noch mit der Regulierung der Ler­chenbergstrecke begonnen werden. Die neue Straße wird unterhalb des bedeutenden Stichs nach Westen abbiegen und durch ziemlich ebenes Gelände, das bis jetzt teilweise im Privatbesitz hiesiger war und teil­weise der Gemeinde Gültlingen oder dem Staat ge­hörte, auf nicht zu großem Umwege wieder in die alte Straße führen. Die Kosten für diese Strecke sind be­deutend. Der Nutzen ist aber auch ein großer, denn die Straße ist nicht nur eine frequente Berbindungs- straße zwischen den einzelnen Ortschaften (Deckenpfronn- ! Calw auch Poststraße), sondern dient hauptsächlich auch als Absuhrstraße des Holzreichtums in Staats­und Gemeindewaldungen und als Fahrweg in die um­liegenden Felder. (S. M.)

Tübingen, 29. Aug. Obstsegen. Während vergan­genes Jahr der städt. Obsterlrag kaum 106 ^ betrug, wurde Heuer, eine Folge des reichen Obstsegcns, die Summe von j über 2300 erzielt, die der Stadtkasse zu gut kommt. l

Stuttgart, 31. Aug. General-Feldmarschall Graf von Blumenthal reiste gestern mittag mit! dem Schnellzug über Crailsheim nach Nürnberg weiter. !

Stuttgart, 31. Aug. Den neuesten aus! bester Quelle stammenden Nachrichten zufolge trifft Kaiser Wilhelm in den letzten Tagen des September, wahrscheinlich am 29., in Friedrichshafen zu mehr- ! tägigem Aufenthalt ein. ^

Stuttgart, 31. Aug. Der gegenwärtige > Landtag tritt, wie man hört, zu seiner letzten kurz- - bemessenen Session, Ende Oktober oder Anfang No­vember zusammen. Im Januar erfolqen dann die Neuwahlen.

Stuttgart, 1. Sept. Se. Maj. der Kö­nig von Portugal passierte gestern nachmittag auf der Fahrt nach Sigmaringen den hiesigen Bahnhof.!

Landcs-Obstausstellung. Für diejenigen Gegenstände, welche bei der vom 26. bis 30. Sept. d. I. in Cannstatt stattfindeuden Landcs-Obstausstellung ausgestellt werden, wird der frachtfreie Rücktransport unter den üblichen, bei den- tcrexpeditioncn zu erfahrenden Bedingungen gewährt.

Rottweil, 29. Aug. Das auf 10. Sept. d. I. festgesetzte landwirtschaftliche Fest mit Bieh- ausstellung und Prämiierung kann lautGrenzbote" nicht abgehalten werden, weil die Maul-und Klauen­seuche unter dem Rindvieh in .sechs Ortschaften des Bezirks ausgebrochen ist : dieselbe wurde durch Herden hcrumzichender Schweinchändler eingeschlcppt.

Brandfälle: In Feuerbach am 31. Aug. eine mit Frucht- u. Futtervorräten reichgefüllte Scheuer; in Horrheim (Vaihingen a. E.) am 28. Aug. das Wohnhaus samt Scheuer des Weingärtmrs Abel.

Aus Nürnberg wird geschrieben: Feldmar­schall Graf Blumenthal wurde heute (30.) bei seiner Ankunft von einer nach Tausenden zählenden Menschenmenge begrüßt. Die Veteranen hatten im Bahnhof Spalier gebildet. Heute abend brachten 5 Militärkapellen dem Generalfeldmarschall einen Zapfenstreich.

! Berlin, 29. Aug. Gegenüber einer Notiz derPost", wornach der Kaiser zuerst Rom, dann Wien besuchen werde, ist dieNat.-Z." in der Lage, mitzuteilen, daß der Kaiser nach vorhergehendem Be­such in Karlsruhe, Stuttgart, München und Wien sich nach Rom begiebt.

Berlin, 30. Aug. Der frühere Vizepräsi­dent des Herrenhauses, Professor Georg Beseler, ist am 28. August in Harzburg gestorben.

Berlin, 30. Aug. Ein Bürger Kopenhagens hat unlängst dieser Stadt 3 Millionen Kronen mit der Bestimmung vermacht, dieselben zur Gründung und Erhaltung einer Volksschule nach preußischem Muster zu verwenden. Infolge dessen studiert ge­genwärtig ein von Dänemark hierher gesandter Fach­mann unsere Schuleinrichtungen.

Berlin, 30. Aug. Der König von Schwe­den, der nachmittags mit Begleitung hier eintraf, wurde vom Kaiser, dem Prinzen Heinrich, dem zum Ehrendienst befohlenen Grafen MontS und dem Ge­neralmajor Brauchitsch empfangen. Der Erzherzog und die Erzherzogin Karl Ludwig trafen um 12 Uhr 15 Min. mittags auf dem Anhaltcr Bahnhof hier ein und wurden vom Kaiser, welcher die Uniform sei-! nes österreichischen Husaren-Regiments trug, empfangen. ^

Berlin, 31. Aug. Bei der Reichstagswahl! im 6. Berliner Wahlkreise wurde nach vorläufiger Zählung der Sozialdemokrat Liebknecht mit 26067 Stimmen von abgegebenen 41791 Stimmen gewählt.

Potsdam, 31. Aug. Bei seiner um 2*/z Uhr vollzogenen Taufe erhielt der jüngste kaiserliche Prinz die Namen Oskar Karl Gustav Adolf.

Berlin, 31. Aug. Dem Vernehmen nach! wurde der König von Schweden vom deutschen! Kaiser als Admiral ä 1a suito der deutschen Marine gestellt.

DerNationalzeitung" zufolge ist die Ernen­nung Bennigsens zum Oberpräsidenten von Han­nover aufdie eigene und unmittelbare Initiative des Kaisers" zurückzuführen, der damit seine Stellung durch ! Erfassen des nationalen Ganzen gegenüber den Par- ! teien bekunden will. Bennigsen verbleibe an der Spitze der nationalliberalen Partei.

DieKöln. Ztg." schreibt über Herrn v. Ben­nigsen: Es ist eine bedeutungsvolle Thatsachc, daß der erste unter Kaiser und König Wilhelm II. neu berufene Oberpräsident der Führer der nationallibe­ralen Partei seit deren Begründung ist; ein Mann, der von dem Verdacht irgend welcher reaktionärer Lieb-! habereien auf staatlichem oder kirchlichem Gebiete gar ! nicht erreicht werden kann. Wer Reaktion machen ! will, beruft keine Männer wie Rudolf v. Bennigsen! zu Oberpräsidenten.

Berlin, 31. Aug. Der Botschafter von Wien Prinz Reuß, ist nach Fricdrichsruh zum Besuch deS. Fürsten Bismarck gereist.

Oesterreich-Ungar». !

Wien. Der Montagsrevue wird aus Ber- > l i n ge>chneben, daß der Prinz von Wales durch ^ die Aeußerungen:Wenn Kaiser Friedrich länger! gelebt hätte, würde sowohl die Frage von Nord- ' schleswig als auch die von Elsaß-Lothringen, sowie die Cumberlandsche Erbfolge in Braunschweig a 1' Ämiabls (in freundlichster Weise) gelöst worden, sein" den Anlaß zu gewissen Ausstreuungen und! Illusionen gegeben hätte.

Wien, 30. Aug. Der russische Großfürst! Sergius Alexandrowitsch reist in der nächsten Zeit nach Jerusalem, wo er einen feierlichen Ein­zug halten wird; die russische Auffassung dieser Reise geht dahin, daß er durch dieselbe das russische Pro­tektorat über das heilige Grab kundgebe. Der rus-! fische Großfürst Paul wird sich in der nächsten Zeit mit einer Tochter des griechischen Königs ver­loben; die Verlobung wird in Athen stattfinden.

Wien, 1. Sept. Die Correspoudauce de l'Est veröffentlicht eine Unterredung, die einer ihrer Mit­arbeiter mit Boulangcr hatte. Der General sagte

bei diesem Anlaß, er gehe geradeswegs auf sein Ziel ! loS und werde dasselbe auch erreichen; dann gäbe eS ! gewiß keinen Krieg. Er liebe sein Vaterland zu sehr, um einen Krieg heraufzubeschwören.

Frankreich.

Paris, 30. Aug. In der Presse herrscht voll­ständige Einmütigkeit in dem Bestreben, das Attentat in der deutschen Botschaft jedweder Bedeutung zu entkleiden, indem man einstimmig ohne das Ergebnis der Untersuchung abzuwarten, Garnier für wahnsinnig erklärt. Kein einziges Blatt spricht ein Wort des Bedauerns, daß die deutsche Botschaft der Schauplatz eines derartigen Vorganges geworden, während, wenn es auf einer anderen Botschaft geschehen, man nicht genug Worte der Entschuldigung gefunden haben würde.

Aus Paris telegraphiert man der Köln. Ztg.: Die französischen Sozialdemokraten ließen an Lieb­knecht ein Glückwunschtelegramm abgehen. Am Sonn­tag werden die französischen und deutschen Sozial­demokraten eine Versammlung abhalten, um eine Ad­resse an Liebknecht abzufassen.

Paris, 30. Aug.Gil Blas" bringt die lächerliche Mitteilung, General Boulanger werde dem Fürsten Bismarck seine Aufwartung machen.

Ein angeblicher preußischer Landwehroffizier, Friz von Hohenburg, ist in Paris wegen Spio­nage verhaftet worden. Er lebte seit 7 Jahren als Sprachlehrer in Nizza. Schon einmal verhaftet, aber nicht überwiesen, wurde er seit Jahren überwacht. Die Polizei soll Kenntnis davon erlangt haben, daß er kürzlich einen vergleichenden Bericht über die ita­lienischen und französischen Manöver nach Berlin gesandt habe. Seine Verhaftung erfolgte unmittelbar nach Aufgabe einer Schachtel mit Rosen, unter wel­chen angeblich eine Lebelpatrone verborgen war. So Pariser Blätter! Nach anderweitigen Meldungen ist die ganze Geschichte wieder einmal Dunst.

Belgien.

Brüssel. Die Verbindung des Kronprin­zen von Italien mit einer Prinzessin Belgiens ist in der That fest geplant. Die klerikale Presse Belgiens führt daher eine maßlose Sprache.

Italien.

Eine in London veröffentlichte offiziöse De­pesche aus Rom besagt, daß die Unterredung zwi­schen Crispi, Bismarck und Kalnoky nichts an der allgemeinen europäischen Politik der drei Mächte geändert habe. Die italienischen Flottenmanöver im Mittelmeer bezwecken keine Feindseligkeit gegen Frank­reich. Crispi wolle Frankreich nicht yerausfordern, im Gegenteil, niemand wünsche eine Aussöhnung ernst­licher als er.

Der diplomatische Streit zwischen Ita­lien und Frankreich wegen der Massauah-Ange- legenheit ist nunmehr beendet. Gablet sandte auf die letzte Note Crispi's an die Mächte eine in sehr ge­mäßigtem Tone gehaltene Gegennote, die im allge­meinen den Standpunkt Frankreichs zu der ganzen Frage wahrt, jedoch eine Hinnahme Frankreichs be­züglich der von Italien als abgeschafft erklärten Ka­pitulationen erkennen läßt. Freundschaftlicher werden die Beziehungen der beiden Mächte hierdurch aber sicher nicht werden.

König Humbert versteht es auch, die exent- rischen und stark republikanisch angehauchten Romag- nolen für sich zu gewinnen. In Forli, wo er zu den Manövern angekommen ist, besuchte er das Ar­menhaus und die geringsten Arbeiterhütten und un­terhielt sich freundlich mit den Leuten. Im Armen­hause gieng er durch alle Krankenzimmer, verteilte Geld und ließ es nicht an tröstenden Worten fehlen. Diese Teilnahme hat den König sehr populär gemacht.

England.

London, 27. Aug. Sozialdemokratie und Anarchismus. Für die Thatsache, daß es nicht nur in einzelnen Fällen, sondern regelmäßig die Schule der Sozialdemokratie ist, in welcher der Anarchismus seine Erziehung und Bildung erhält, ist ein neuer Beweis zu verzeichnen. Frau Quillaume-Schack, die geschiedene Frau des in der Schweiz als Regierungs­rat angestellten oder angestellt gewesenen Grafen Schack verdankt, bekanntlich ihre Einführung in die sozialistische Agitation, innerhalb deren sie u. a. auch in Berlin die Gründung von Frauenvereinen betrieb, den Führern der Sozialdemokratie, Männern wie Liebknecht, Blos u. s. w^ Jetzt weiht sich die Dame bereits dem Dienst der Anarchie und forderte neulich in einem hiesigen Arbeiterverein im Hinblick auf die Ehrenbezeugungen, welche neuerdings Monarchen auf