Amts- und Intelligenz-Blatt für de« Oberamts-Bezirt Nagold.

Erscheint wöchentlich 3 mal: Dienstag, Donners- > ^ ^ . tag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier j

/ro H 114 (ohne Trägcrlohn) 80 in dem Bezirk 1 -ch ;

^ autzerhalb des Bezirks 1 .« 20 -t. Monats-j

abonnement nach Verhältnis. ;

Dienstag den 4. September

JnsertioüSgebühr für die Ispaltige Zeile aus ge-- wöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 .

bei mehrmaliger je 6 Die Inserate müffeni 1 OOO spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der 4000* Herausgabe der Blattes der Druckerei aufgegeben!

sein. ^

ZUM Sedanstag 1888.

Der Scdcinstag kehrt festlich heute wieder Und alle deutschen Herzen schlagen hoch!

Der Tug, da Deutschland warf den Erbfeind nieder,

Und seinen stolzen Nacken zwang ins Joch!

Drum laß erklingen hell die Siegeslicder,

Mein Volk, mein einig Volk, was fehlt dir noch?

Der Siegesjubel will gedämpft mir scheinen Und heimlich seh ich viele Augen weinen.

Die damals heiß gekämpft auf fremder Erden Und Brust an Brust dem Feind in's Aug geblickt,

Sic denken heut des teuren Kriegsgefährten Dem keine Hand das Auge zugedrückt.

Im Schlachtendrang muß sich das Herz verhärten Und schnelle sind die Lücken übcrbrückt.

Die Lücken, die die tapfern Brüder ließen,

Die sterbend noch den großen Tag begrüßen.

Den großen Tag! Mein Volk gib Gott die Ehre!

Er führte dich zu hohem Ruhm hinan.

Des Feindes Schrecken waren deine Heere !

Durch Gottes Arm ward solches nur gethan!

Wo ist ein Sieg, der zu vergleichen wäre Dem ungeheuren Siege von Sedan?

Hier ist ein Markstein in der Weltgeschichte Der deutsche Ruhm strahlt hier im hellsten Lichte.

Und doch! Was will die stille Trauer sagen,

Tie heute mir ans Aller Augen sprüht?

Will sie vielleicht um die Gesallnen klagen,

Um deren Denkstein sie den Lorbeer flicht?

Nein! Alle scheinen einen Schmerz zu tragen,

Zn fühlen Alle Eines Leids Gewicht:

Wo deutsche wohnen, mischt am hent'gcn Tage Dem Sicgesjubel sich die Totenklage.

Denn ach! Seitdem die Siegesfahnen wallten Zum letzten Mal am Tage von Sedan,

Gesunken sind die herrlichen Gestalten,

Die einst den Sieg von Sedans Höhen sah'n,

Der Schmerz um sie brach wie mit Stnrmsgewalten Durch alle deutschen Herzen sich die Bahn An Kaiser Wilhelms, Kaiser Friedrichs Bahre Weint nun das deutsche Volk in Einem Jahre.

Sie sind dahin, der Eine hoch an Jahren,

Sein Tod erschütterte dies Erdenrund;

Der Andre mußte bittres Leid erfahren,

Ein kranker Kaiser, matt und toteswnnd,

Im Frieden sind sie nun dahin gefahren,

Getreu der Pflicht bis zu der letzten Stund.

Fürwahr ein schönes, heldenhaftes Sterben!

Bewundrung einer Welt mußt cs erwerben.

Doch wird, was sie geschaffen, nicht vergehen!

Des Reiches Macht der Einheit teures Gut,

Wir werden fest für das zusammenstehcn,

Was heiß erkämpft ward mit der Söhne Blut,

Und was in treuer Arbeit ist geschehen In Friedenstagen, seit das Schwert geruht.

Die Geister der Verklärten sollen schauen

Ein friedlich glücklich Volk in Deutschlands Gauen.

Und ob im Tod die hohen Führer sanken

Ihr Geist lebt fort auf Deutschlands Kaiserthron l Wir schwören Treue, freudig ohne Wanken,

Dem Enkel Wilhelms, Friedrichs edlem Sohn!

Den Sprossen, die den Thron so frisch umranken,

Schlägt liebend jedes Herz entgegen schon!

Vergangenheit und Zukunft sich begegnen ^n ihnen, möge sic der Himmel segnen!

So laßt zum Schwur uns treu die Hände fassen:

Wir stehen fest zu dir, du junger Held.!

Der Erbfeind mag uns drohen auch, uns hassen,

Wir fürchten Gott und nichts sonst in -er Welt. Wir werden keinen Stein dem Feinde lasse» Bo« dem,^as wir erkauft ans dlut'gem Feld!

Und was erkauft mit Opfern und Gefahren,

Das lamme du in langen FnedekZjahren!

O Deutschland! Sich von deinen großen Tagen ^as Denkmal steh'n dort auf dem Niederwald,

Wo alle deutschen Herzen höher schlagen,

Wo s dich ergreift mit heiliger Gewalt!

Da wird man noch den spät'sten Enkeln sagen Vom großen Sieg, deß Ruhm die Welt durchhallt!

Der Sedanstag wird unvergessen bleiben,

So lang des Rheines Wellen mecrwärts treiben.

Und unvergessen auch die beiden Helden,

Sie leben ewig in des Volkes Herz.

Heil Deutschland dir! Wohl hast du zwar zu melden Von einem heil'gen tiefen Doppelschmerz;

Doch soll dein freudig' Hoffen heute gelten Dem jungen Kaiser, fest und stark wie Erz!

Daß er der Väter Bahn mit Glück beschreite,

Dazu sei Gott im Hinimcl sein Geleite. 0. äV.

(Aus dem Blaumann Nr. 103.)

Amtliches.

Nagold.

, Bekanntmachung,

Flotzsperre betreffend.

Durch Erlaß der K. Kreisregierung Reutlingen

vom ^2 ' ist Floßsperre für die Nagold und

dem Zinsbach bis zum 15. d. Mts- angeordnet wor­den, was hiemit zur öffentlichen Kenntnis gebracht wird.

Den 3. September 1888.

_ K. Oberamt. I)r. Gugel.

Kaiser Wilhelm II. nnd Graf Moltke.

Der Reichsanzeiger veröffentlicht folgende Schriftstücke:

Abschiedsgesuch Graf Moltkes.

Kreisau den 3. August 1888. Allerdurchlauch- j tigster, Großmächtigster Kaiser und König! Aller-^ gnädigster Kaiser, König und Herr! Ew. Kaiserlichen ! und Königlichen Majestät bin ich anzuzeigen verpflich­tet, daß ich bei meinem hohen Alter nicht mehr ein Pferd zu besteigen vermag. Ew. Majestät brau­chen jüngere Kräfte und ist mit einem nicht mehr selddienstfähigen Chef des Generalstabes nicht ge­dient. Ich werde es als eine Gnade anerkennen, wenn Ew. Majestät mich dieser Stellung entheben und mir huldreichst gestatten wollen, den kurzen Rest meiner Tage in ländlicher Zurückgezogenheit zu ver­leben. Nur mit meinen innigsten Wünschen kann ich die Erfolge begleiten, welche Ew. Majestät glor­reichen Zukunft Vorbehalten sind. In treuester Er­gebenheit und aufrichtigster Dankbarkeit für so viele mir zu Teil gewordenen Auszeichnungen und Wohl- thaten verharre ich Ew. K. K. Majestät allerunter- thänigster Diener Gr. Moltke, Feldmarschall."

Die Genehmigung des Abschiedsgesuches.

Potsdam den 9. August 1888. Mein lieber Feldmarschall! Obwohl Ich Mich den in Ihrem Briefe ! an Mich aufgeführten Gründen nicht zu verschließen vermag, so hat Mich doch derselbe mit Schmerz ! bewegt. Es ist ein Gedanke, an welchen Ihr Mich ! so wenig wie die Armee, deren Sein so unendlich viel ! Ihrer Person verdankt, gewöhnen können, Sie nicht ! mehr an dem Posten sehen zu sollen, auf welchem ! Sie das Heer zu den wunderbarsten Siegen führten,

! die je die Kämpfe eines Heeres krönten. Doch will ! Ich unter keinen Umständen, daß Sie Ihre Uns teure Gesundheit überanstrengen; darum werde Ich, wenn auch schweren Herzens, Ihrem Wunsch willfahren. Dennoch weiß Ich Mich mit Meinem Heere Eins in dem Wunsch, Sie um dys Wohl und Wehe des Vaterlandes und seiner Verteidigung beschäftigt zu wissen. Seit dem Heimgang Meines teuren Vaters ist das Amt des Präses der Landesveiteidigungs- kommission unbesetzt geblieben. Ich kann gewisser­maßen dasselbe in keine besseren und berufeneren Hände legen, als in Die Ihrigen. Darum bitte ich Sie, dasselbe Mir und dem Vaterlande, sowie Mei­ner Armee zu Liebe anzunehmen. Möge der Herr uns Ihre unschätzbare Kraft und Ratschläge auch in dieser Stelle noch lange z-um- Heile unserer Nation erhalten. Eine diesbezügliche Or-tzre-werde Ich Ihnen

noch zugehen lassen. In treuester Dankbarkeit und Anhänglichkeit verbleibe Ihr wohl affektionierter Kö­nig Wilhelm."

Die kaiserliche Ordre.

Marmor-Palais 10. August 1888. Sie le­gen mir in Ihrem Schreiben vom 3. d. M. mit der Klarheit und Selbstlosigkeit, die leuchtend durch Ihr ganzes Leben geht, die Notwendigkeit eines Ent­schlusses dar, dessen Begründung ich ja leider nicht verkennen darf, dessen Bedeutung aber eine so schwer­wiegende ist, daß Ich Ihrem Anträge doch nur stel­lenweise entsprechen kann. In dem Alter, welches Gottes gnädige Fügung Sie zur höchsten Freude Meines teuren Großvaters, zum Segen für die Ar­mee und zum Heil des Vaterlandes bisher hat er­reichen lassen, darf Ich die unvermeidlichen Anstren­gungen des Dienstes Ihrer Stellung nicht mehr länger von Ihnen beanspruchen aber Ich kann Ihren Rat nicht entbehren, so lange Sie leben, und Ich muß Sie der Armee erhalten, die mit dem un- begrenztetsten Vertrauen auf Sie blicken wird, so lange Gottes Wille dies gestattet. Wenn ich Sie daher Ihrem Anträge entsprechend von der L-tellung als Chef des Generalstabes der Armee hierdurch entbinde, so geschieht es unter dem Ausdrucke des warmen Wunsches und in der Erwartung, daß Sie sich auch ferner mit den wichtigen Angelegenheiten des Generalstabes in Verbindung halten und daß Sie ihrem Nachfolger den Ich hiernach ange­wiesen habe gestatten werden, Ihren Rat in al­len Fragen von Bedeutung zu erbitten. Bei Ihrer in so hohem Maße erhaltenen geistigen Frische wird es Ihnen auch möglich sein, hiermit die Stellung als Präses der Landesverteidigungskommission zu ver­einigen, welche Ich Ihnen hierdurch übertrage. Seit der Erkrankung Meines in Gott ruhenden Vaters fehlt den Geschäften der Landesvecteidigungskommis- sion die Leitung ganz, und eine solche wird immer mehr so wichtig, daß es Mir ganz besondere Beruhi­gung gewährt, sie in Ihre Hände legen zu können. In Betreff Ihrer künftigen Gehaltsvechaltnisse habe ich den Kriegsminister zur ferneren Zahlung Ihres bisherigen Gehaltes und ebenso auch dahin ange­wiesen , daß Ihnen Ihre bisherige Dienstwohnung verbleibt. Ueber Ihre Wünsche bezüglich Zuweisung eines persönlichen Adjutanten sehe Ich Ihrer Aeuße- rung entgegen. So denke Ich ein Dienstverhältnis für Sie festgestellt zu haben, indem Sie hoffentlich noch längere Zeit segensreich zu wirken im Stande sein werden. Bestehen bleibt ja immer der riefe Kummer, Sie von der Stelle scheiden zu sehen, auf welcher Sie Ihren Namen obenan auf die Ruhmes­tafel der preußischen Armee geschrieben, und ihn zu einem hochgefeierten in der ganzen Welt gemacht ha­ben. Aber die Macht der Zeit ist stärker. wie die der Menschen und ihr müssen auch Sie sich beugen» der Sie sonst überall den Sieg in ihrer Hand ge- i habt haben. Einen besonderen Dank für alles, was Sie als Chef des Generalstabes der Armee gethan,

! in dieser Stunde auszudrücken davon trete Ich > zurück. Ich kann nur auf die Geschichtsbücher der letzten 25 Jahre weisen und kann mit vollster Ueber- zeugung ausspreche» , daß Sie als Chef des Gene- ! ralstabes der Armee in hochgeehrtestem Andenken j stehen werden, so lange es einen deutschen Dvldatcn»

^ ein deutsches schlagendes Herz und Soldatenempfiu- ^ düng in der Wett giebt. In hoher Wertschätzung ! und Dankbarkeit Ihr König Wilhelm. R." An d u ! General-Feldmarschall Grafen von Moltke, Chef d's ! Generalstabes der Armee.