4 -
Amts- und Intelligenz-Blatt für de« Oberamts-Bezirk Nagold.
. Erscheint wöchentlich 3 mal: Dienstag, DonnerS- A/» lag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier
/» ^ XKtz (ohne Trägerlohn) 80 < 1 , in dem Bezirk 1 ^ i außerhalb des Bezirks 1 20 <t. Monats
abonnement nach Verhältnis.
Amtliches.
Nagold.
Bekanntmachung.
Laut Mitteilung des k. Oberarms Calw vom gestrigen Tage ist unter dem Viehstand der Gemeinde Gechingen, Oberamtsbezirks Calw, die Maul- jund Klauenseuche festgestellt worden, was zum Zwecke der Vermeidung der Einschleppung genannter Seuche in den angrenzenden Gemeindebezirken des diesseitigen Oberamts angesichts der mit der Verbreitung dieser Seuche für die Landwirtschaft verbundenen großen Nachteile hiedurch veröffentlicht wird.
Den 25. Juni 1888.
K. Oberamt. Amtm. Marquart.
> d Tages-Neuigkeiten.
r'° Deutsches Reich.
* Nagold, 27. Juli. (Stadtschulthcißen- A) a h l.) Die gestrige Wahlschlacht ist mit einer Ruhe und Ordnung verlaufen, die den Wählern, gegenüber dem Inseraten- und Flugblätter-Krieg, alle Ehre macht.
Von 431 eingeschriebenen Wahlberechtigten haben 416 abgestimmt. Davon erhielten Gerichtsschreiber Brod- beck 225, Verwaltungsaktuar Rapp 116, Verwaltungsaktuar Harr in Ebingen 89, Ratschreiber Mehl aus Cannstatt 84 und Stadtschultheißenamts-Assistent Sch older in Hall 57 Stimmen; 10 Zettel galten für ungiltig. Somit haben nur l5 Wähler von ihrem Stimmrecht nicht Gebrauch gemacht, ein Resultat , das sehr erfreulich u. von dem allgemeinen Interesse für die Stadtvorstandsstelle zeugt. Die Befürchtung, daß der Abend durch die erregte Stimmung der verschiedenen Parteien zu groben Ausschreitungen führen werde, traf nicht zu , obgleich mehrere Wirtschaften stark mit siegbewußten Wählern besetzt waren. Gerne schließen wir uns auch dem vielseitig vernommenen Wunsche an, daß die erregten Gemüter der verschiedenen Parteien nunmehr einer ruhigeren Ueberlegung Raum geben und jeder versöhnend unter seinen Mitbürgern wirken möge. '
Stuttgart, 23. Juli. Ein Extrazug auS> a Dresden führte unserer Stadt am Samstag abend über 1000 Gäste aus Sachsen, meist Turner zu, die von sämtlichen Turnvereinen Stuttgarts und der Umgegend festlich empfangen wurden. Gestern besichtigten die Gäste die königl. Schlösser und andere Sehenswürdigkeiten, nachmittags fand in der Gewerbehalleein glänzendes Schauturnen statt, und
abends ein Festbankett. Heute früh machten die ! folgende sehr seltsame Mitteilung: Sachsen Ausflüge auf die Solitüde und nach dem Hohenstaufen. Noch heute erfolgt die Weiterreise mit Extrazug nach Friedrichs Hafen und der Schweiz.
Heilbronn, 22. Juli. Ungeachtet der regnerischen Witterung haben die Weinberge noch in keiner Weise Not gelitten, es zeigen sich vielmehr immer mehr überraschend viele und große Trauben.
Ein Wcinbergbesitzer berichtet uns, daß er seit Jahren diese Fülle von Trauben nicht gesehen.
Bopfingen, 24. Juli. Kauyl war heute die Untersuchung über den 4fachen Mord in Oberdorf durch die kgl. Staatsanwaltschaft an Ort und Stelle beendet, als der Mörder in dem nahen Stadtwald Galgenberg erhängt aufgefunden wurde.
Vom Boden see schreibt man: „Für die Fischer ist es eine schlechte Zeit. Die Fische gehen bei dem unruhigen Wasser in die Tiefe und so ist der Fang gleich null. Nur der Landmann, der sich hat überreden lassen, Brockelerbsen für die Rorschacher Konservenfabrik zu bauen, macht ein vergnügtes Gesicht; das Erzeugnis beläuft sich per Morgen auf etwa
45 Zentner und für den Zentner werden 8 Mark bezahlt. Nicht 4—500 Ztr. sondern auf das zehnfache dieses Quantums wird der Ertrag in der Umgebung von Friedrichshafen geschätzt.
Straubing, 20. Juli. Die Almenbesitzer sowohl im Allgäu als auch in Oberbayern, z. B. in der Riß, Jachenau ic., sehen sich wegen starken Schneefalls genötigt, das Vieh wieder abzutreiben, überhaupt herrscht infolge des schlecht einge- brachten, ja zum Teil noch gar nicht einmal einge- brachten Futters großer Jammer und sehen die Leute mit Bangen der Zukunft entgegen.
Berlin. Die Frkf. Ztg. berichtet, daß der Zar dem Grafen Bismarck u. a. sein lebhaftes Bedauern ausgedrückt habe, daß er nicht die Gelegenheit gehabt habe, den Reichskanzler auf russischem Boden zu begrüßen. — Kaiser Wilhelm habe sich die Herzen rasch gewonnen. Personen, welche die Ehre hatten, ihm vorgestellt zu werden, sprechen sich ganz begeistert über die Liebenswürdigkeit und Einfachheit des Kaisers aus, von dem man sich eine ganz andere Vorstellung gemacht habe. Besonders angenehm berühre es, daß der deutsche Kaiser die Soldaten in russischer Sprache anrede.
Der Hausminister v. Wedell-Piesdorf hat sein Amt als Präsident des deutschen Reichstages niedergelegt und den ersten Vizepräsidenten Dr. Buhl ersucht, die Entscheidung des Reichstages darüber herbeizuführen, ob sein Reichstagsmandat durch die Ernennung zum Hausminister erloschen sei oder nicht.
Kaiser Wilhelm soll die Einladung des Kaisers Franz Joseph, Ende September zu einer Gemsjagd nach Steiermark zu kommen, angenommen haben. Dagegen beabsichtigt, nach einer von Berlin an die „St. James Gazette" in London gelangten Meldung, Kaiser Alexander den Besuch Kaiser Wilhelms im Herbst zu erwidern und über Kopenhagen nach Petersburg znrückzureisen.
Berlin, 24. Juli. In der Sitzung desZent- alkomites für die Ueberschwemmten, welche heute auf dem Rathause stattfand, wurde mitgeteilt, daß die bisherigen Einnahmen 3 374000 die Ausgaben 3 015000 -/A betragen haben, so daß ein Bestand von 359000 ^ verblieben ist.
Ueber den Empfang, welchen Generaladjutant von Winterfeld bei der Königin von England gefunden, als er derselben die Thronbesteigung Kaiser Wilhelms II. anzeigen sollte, bringt die Schles. Ztg. ..'' - - -- Als der General
JusertionSgebühr für die Ispaltige Zeile aus gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 < . ^
bei mehrmaliger je 6 Die Inserate müssen 4 000 spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der 4,000» Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegeben
_sein.__
In Posen erregen zwei*Berhaftungen großes Aufsehen. Der Direktor Scholz und der Ingenieur Konrad von der Sprit-Aktiengesellschaft sind festgesetzt worden, weil man dahinter gekommen ist, daß sie die städtische Wasserleitung vor dem Wasfermesser hatten anbohren lassen, um so unkontrolierte Mengen von Wasser zu beziehen. Das ist Jahre lang so getrieben worden.
von Winterfeld und der ihn begleitende Hauptmann an zuständiger Stelle über den Zeitpunkt der Audienz bei der Königin sich Gewißheit verschaffen wollten, wurde ihnen dieser mit dem Bemerken mitgeteilt, daß Ihre Majestät die Herren in Zivil zu empfangen wünsche. Etwas frappiert über diesen Befehl begaben sich die Herren, da sie natürlich mit Zivilkleidern nicht versehen waren, in eine Kleiderhandlung und equipierten sich schleunigst. Bei der darauf stattfindenden Audienz nahm die Königin das betreffende Schreiben in Empfang, sagte zum General etwa die Worte: „Bei Ihnen hat sich in letzter Zeit viel verändert," und zu dem Hauptmann, welcher früher in der Umgebung Kaiser Friedrichs gewesen, „Ich habe Sie lange nicht mehr gesehen!" — „Ich danke Ihnen meine Herrn, und die Audienz war zu Ende. Nach einer anderen Version fragte die Königin die Herren, wann sie wieder abzureisen gedächten. Als sie die Antwort erhielt unverzüglich, wenn Ihre Majestät nichts mehr zu befehlen habe, folgte ein kühles nein zur Antwort.
Oeßerreich-Ung««.
Dem Feldzeugmeister Baron Kuhn, welcher so plötzlich seines Postens als kommandierender General in Graz enthoben wurde, werden dort große Ovationen dargebracht. Ein ihm zu Ehren veranstalteter Fackelzug ist glänzend ausgefallen. Am Dienstag fand ein großes Offiziers-Bankett statt, auf welchem Kuhn hoch gefeiert wurde.
Schweden und Norwegen.
Stockholm, 25. Juli. Die Stadt Stockholm schmückt sich, um den Kaiser Wilhelm zu empfangen. Das deutsche Geschwader wird morgen um 5 Uhr nach Sandham kommen; einige tiefgehende Panzerschiffe folgen nicht mit zur Stadt. König Oskar fährt aus dem „Drott" dem Kaiser entgegen.
Frankreich.
Der Graf von Paris hat in einer Ansprache an eine Arbeiter-Deputation einen sehr kühnen Gedanken geäußert. „Es leuchtet ein," sagte er, „daß man die Volksarbeit am besten begünstigen würde, wenn man die auf unserem Volke und Staatshaushalte lastenden Heeresausgaben erleichtern könnte. Eine solche Maßregel könnte aber nicht durchgeführt werden, ohne daß Frankreich sich vorher mit den Nachbarmächten verständigt hätte." Sollte der or- leanistische Thronprätendent wirklich den Mut haben, Verhandlungen über eine teilweise Abrüstung zu beginnen, wenn er zur Regierung käme? Man hat bisher immer behauptet, das Königtum bedeute den sofortigen Revanchekrieg. Der Graf von Paris deutet ziemlich klar das Gegenteil an. Es fragt sich nur, ob die Macht der Verhältnisse gegebenen Falles nicht stärker wäre als sein Wille.
Paris, 24. Juli. Nach dem „Matin" reist Boulanger demnächst nach Rußland.
Paris, 24. Juli. „Journal des Debats" meldet, Kaiser Wilhelm habe dem Zaren versprochen, nicht zu dulden, daß seine Alliierten den russischen Einfluß im Orient schädigen.
Paris, 25. Juli. Im heutigen Ministerrät im Elysee ersuchte der Finanzminister seine AmtSge- nossen, die Ausgaben in den verschiedenen Verwaltungszweigen nach Möglichkeit zu beschränken.
Belgien.
Brüssel. 26. Juli. Die Jndependance belge kündigt entscheidende Schritte Rußlands in Betreff der Absetzung des Prinzen Ferdinand an.
England
Aus London wird berichtet, daß Mackenzie den Krankheitsbericht der deutschen Aerzte ganz unbeachtet lassen werde.
London, 23. Juli. Beim Festmahle im Mansionhouse am Sainstag versicherte der französische Botschafter Waddington, die französische Nation sei nicht abenteuerlich gestimmt, die große Mehrheit wünsche den Frieden, hasse den Krieg. Wenn ihr der Krieg jedoch durch Provokationen aufgedrungen werden sollte, würde es unzweifelhaft ein fürchterlicher Krieg werden, aber Frankreich würde niemals die Initiative ergreifen, denn es wünsche den Frieden. Diesen Wunsch bekunde es, indem es die