ganze Welt zu seiner großen universalen Ausstellung einlade.

London, 24. Juli. DieWorld" schreibt: 30 Foliobänbe des Tagebuchs Kaiser Friedrichs habe die Königin Viktoria nach London mitgebracht. Kaiser Wilhelm habe die Kaiserin-Mutter aufgefordert, die Tagebücher in das Staats-Archiv zu liefern, waS diese aber verweigert habe, weil die Bände nach vor­heriger Durchsicht zur Veröffentlichung bestimmt seien.(?)

Rußland.

Kaiser Wilhelm hat in Rußland durch sein gewinnendes Auftreten sich allem Anschein nach große Sympathien im Flug erworben. Mit dem Kaiser Alexander ist er in enge persönlicbe Freundschaftsbe­ziehungen getreten, bei dem Heer, bei der Flotte, bei der Bevölkerung hat er sich beliebt gemacht, wie die Huldigungen darthun, die ihm dargebracht wurden, so oft er öffentlich erschien. Die Hoffnungen poli­tischer Natur, welche sich an des Kaisers Nordfahrt knüpfen, erscheinen deshalb nicht ungerechtfertigt, wenn auch noch nicht sicher. Jedenfalls ist der Bann ge­brochen , der auf den Beziehungen beider Reiche la­stete, und die Entfremdung beseitigt, welche mehr als einmal bedrohliche Streiflichter auf die Gestaltung der internationalen Lage geworfen hat. Kaiser Wilhelm hat sich im Ausland ebenso wie in der Heimat als den ersten Diener des Staates erwiesen. Der stren- gen Pflichterfüllung wird hoffentlich der Lohn nicht fehlen!

Kaiser Alexander von Rußland hat den Prinzen Heinrich von Preußen zum Chef des 33. Dragoner-Regiments ernannt, Kaiser Wilhelm den i Großfürsten-Thronfolger Nikolaus zum Chef des ! 1. Westfälischen Husaren - Regimentes Nr. 8. Das Schreiben unseres Kaisers ist in herzlichster, verwandt­schaftlicher Form abgefaßt. Der Kaiser weist darauf hin, daß das Regiment sich im Kriege und Frieden ausgezeichnet habe, ferner wird die langjährige Ver­wandtschaft und Freundschaft schon vom Urgroßvater her hervorgehoben und dem Dank für den herzlichen! Empfang Ausdruck verliehen.

Graf Herbert Bismarck ist in Petersburg! der Gegenstand ganz besonders ehrenvoller Auszeich­nung. Bei dem Abendsest im Lager von Kraßnoje Solo wurde er extra in den Kaiserpavikon befohlen, auch sonst hat der Czar sich mit ihm häufig unter­halten. Mit dem russischen Minister des auswärtigen Herrn von Giers hat der Graf täglich, augenschein­lich befriedigende Konferenzen gehabt, über deren Verlauf lange Telegramme nach Friedrichsruhe ge­sandt sind. Vielleicht läßt sich auf Grund dieser ein­gehenden Aussprache in Zukunft weiter bauen.

St. Petersburg, 22. Juli. Das gesamte Botschaftspersonal bis zu den jüngsten Attaches herab erhielt Orden, desgleichen die älteren Bediensteten. Es ist interessant, daß eine Menge gewöhnlicher Russen den Grafen Herbert Bismarck für den Für­sten Reichskanzler hält und nicht daran glauben will, daß er des Reichskanzlers Sohn ist. !

Graf Herbert Bismarck wird den Kai-> ser auch nach Stockholm und K op enh a gen ! begleiten und mit ihm am 31. Juli nach Berlin, znrückkehren. Er wird alsdann sofort seinen schon! mehrfach aufgeschobenen Urlaub antreten und zunächst ^ nach Königstein am Taunus reisen.

Kaiser Wilhelm hat Rußland wieder ver-! lassen, die Tage der Zweikaiserbegegnung sind vor-! über. Es sind die besten Nachrichten über den Em-! pfang unseres Kaisers in Rußland zu uns gekommen, die erfreulichsten Mitteilungen über die Herzlichkeit, mit welcher der Czar und seine Familie dem jungen! Verwandten und Herrscher des Nachbarreiches entge- ! gengetreten ist. Alles klang besser, als es erwartet! war. Und so können wir wohl zum Schluß, dieser! Festtage die Hoffnung aussprechen, daß die Freund- ^ schüft der beiden Herrscher dazu beitragen wird, ihren Ländern den Frieoen zu sichern, ganz Europa die Ruhe zu erhalten. Erfüllt sich das. so wollen wir schon zufrieden sein, denn an die Beseitigung ganz spezieller Schwierigkeiten im Verkehr zwischen Deutsch­land und Rußland ist so schnell ja leider doch nicht zu denken. Am Dienstag vormittag um 9 Uhr fuhr Kaiser Wilhelm mit den russischen Herrschaften und seiner Begleitung von Peterhof nach der im Kron- stadter Hasen liegenden DachtHohenzollern". Wetter prachtvoll. ES war wieder großer Jubel der Volks­menge an der Landungsbrücke, beflaggte Privatdam- pfcr begleiteten das Kaiscrschiff, welches in Kronstadt mit Geschützdonner und endlosem Hurrahrufen begrüßt

wurde. Der Jacht-Kommandant Prinz Heinrich em­pfing die hohen Gäste, majestätisch entfalteten sich am Mast die beiden Kaiserstandarten. Nach einer Besich­tigung des prächtigen Schiffes, das allgemeine Be­wunderung erregte, begann um 11 Uhr das Abschieds­dejeuner, an welchem Kaiser Alexander mit seiner Ge­mahlin und die Großfürsten mit ihren Gemahlinnen teilnahmen. Beide Kaiser tranken einander zu und drückten sich dann kräftig die Hände. Nach beendetem Mahle unterhielt sich der Czar noch einige Zeit mit der Umgebung Kaiser Wilhelm's, besonders mit dem Grafen Herbert Bismarck, und verweilte dann kurze Zeit mit dem Kaiser Wilhelm allein. Dann erfolgte der überaus herzliche Abschied der Majestäten. Die beiden Kaiser umarmten sich wiederholt auf das In- j nigste. Die russische wie die deutsche Flotille la- gen, einen mächtigen Mastenwald bildend, im herrlich- ? sten Flaggenschmucke da und nahmen dann langsam! ihre Aufstellung zum Abschied ein. Bei der Abfahrt > stand Kaiser Wilhelm auf der Kommandobrücke, augen­scheinlich ergriffen das wunderbare Schauspiel betrach­tend, welches sich ihm darbot, immer wieder für die ihm in herzlichster Weise dargebrachten Grüße dankend. Als Prinz Heinrich das Kommando zum Lichten der Anker gab und die Signale mit Blitzesschnelle von der Kaiseryacht aus spielten, erscholl der krachende Ab­schiedssalut, ein gewaltiges Geschützfeuer. Die Ma­schinen begannen zu arbeiten, langsam setzten sich die schwimmenden Kolosse in Bewegung, und hinaus glitt das Kaiserschiff aus dem Hasen und seine schwimmen­den Begleiter folgten. Freunde, hoffentlich dauernde Freunde, läßt es zurück. -Der Czar kam tiefergriffen von derHohenzollern" zurück, er sprach mit höchster Sympathie von dem deutschen Kaiser, und diese innige Freundschaft der Herrscher wird uns hoffentlich eine friedliche Zukunft bringen. Vor der Abfahrt nahmen beide Herrschaften eine Flottenparade ab. Kaiser Ale­xander sprach sich mit größtem Lob über die deutschen Schiffe aus, die auch bei den sonst sehr mäkeligen rus­sischen Marineoffizieren allgemeine Anerkennung ge­sunden haben. Besonders gelobt wird auch die stramme ^ Manneszucht der deutschen Matrosen, deren Verhalten ! sehr vorteilhaft sich von dem der russischen Seeleute unterscheidet, über welches viel und gerecht geklagt wird. Die Russen, welche bisher dem Glauben huldigten, in den nordischen Gewässern komme nur ihre Flotte in Anbetracht, sind von diesem Glauben resp. Irrtum gründlich kuriert worden.

Petersburg, 25. Juli. DasJournal de St. Petersbourg" bemerkt anläßlich der Abreise des Kaisers Wilhelm, wenn der deutsche Kaiser durch^den Besuch von dem Wunsche beseelt war, derartige ver­trauensvolle Beziehungen herzustellen, welche der! Freundschaft der beiden Reiche zu Statten kommen und das Vertrauen in den europäischen Frieden be­festigen, habe er dies Ziel für lange Jahre vollkom­men erreicht. Das Blatt bezweifelt nicht, daß alle Mächte dieser neuen bedeutungsvollen Bürgschaft für die Erhaltung des Friedens beifällig zustnnmen.

Türkei.

Konftantinopel, 24. Juli. Nach der Mei­nung der Umgebung des Sultans hätten beide Kaiser sich geeinigt, daß eine Lösung der bulgarischen Frage strikte auf der Basis des Berliner Vertrages erfolgen müßte. Die beiderseitigen Kanzleien seien mit der Ausarbeitung eines diesbezüglichen Planes, betraut worden.

Serbien.

Wie aus Belgrad mitgetcilt wird, besteht! König Milan jetzt unbedingt auf der Scheidung von seiner Gemahlin und lehnt alle Ausglcichsvor-! schlüge ab. Die Scheidung wird denn auch in ab­sehbarer Zeit ausgesprochen werden.

Bulgarien.

Die bulgarischen Räuber, die in Bcllowa die beiden österreichischen Eiseubahnbeamten nebst 3 anderen Personen gefangen genommen haben, verlan­gen außer einem großen Lösegeld 300 Gewehre und zu jedem Gewehr lOO Kartuschen. Zur Erfüllung ^ der Forderung haben sie einen Zeitraum von 6 Ta­gen gesetzt. (Was dahinten nicht alles möglich ist.)

Amerika. !

Washington, 21. Juli. Die Regierung der Vereinigten Staaten von Nordamerika empfing ein Telegramm ihres Gesandten aus Port-au Prince, daß am 4. Juli Brandstifter die Deputiertenkammer > während der Sinnig in Brand steckten, wodurch ein l Zehntel der Stadt einschließlich mehre:er öffentlicher Gebäude abbrannte. Eine weitere Brandstiftung am

7. d. M. in der Residenz des Justizministers zer­störte ein weiteres Zehntel der Stadt. Die englische ! und französische Gesandtschaft wurde durch französische ^ Seesoldaten bewacht. Ein Brandstifter ist gefangen i genommen.

Asien.

Der Gesandte der Vereinigten Staaten in P e- ! king, Oberst Denby, macht in einem kürzlich an ! das Staatsdepartement in Washington gesandten j Bericht interessante Mitteilungen über die in China ! noch immer bestehende Sklaverei. Man kann noch l heute in China Sklaven kaufen und die Sklaverei ist erblich. Jemand verfällt in dieselbe wegen eines Verbrechens oder wegen Schulden. Arme Eltern verkaufen ihre Kinder. In Peking erzielen Mäd­chen höhere Preise als Knaben und zwar 770 Pfund. Das Gesetz erkennt die Sklaverei ausdrück­lich an, und bestraft den Herrn, welcher die Tochter eines freien Mannes seinem Sklaven zur Ehefrau verschafft, ebenso den Sklaven, welcher ein freies Mädchen heiratet oder welcher einen freien Mann schlägt. Angriffe der Sklaven auf ihre Herren wer­den besonders streng bestraft. Praktisch aber nimmt das Verhältnis zwischen Herrn und Sklaven bei dem patriarchalischen Wesen der Chinesen einen sehr ge­mütlichen Zug an, und die Sklaven werden als Mitglieder der Familie betrachtet. Viele Fälle von Sklaverei in China sind eigentlich nur lebensläng- li che Ko nt raktarbei t._

Kleinere Mitteilungen.

F r e u d e n st a d t, 20. Juli. Vergangenen Samstag wurde in Schernbach ein prachtvoller, 2yz Ztr. schwerer Edel­hirsch, Zwölfender, eingebracht, welcher auf Grömbacher Mar­kung erlegt wurde.

In Elberfeld hat - eine Tantippe ihren Mann, einen Kaufmann, mit einer Gardinenpredigt getötet. Sie empfing ihren Mann, der gegen Mitternacht in fröhlicher Laune heim­gekehrt war, mit der schärfsten Predigt und, als er dieser entgehen und wieder fort wollte, schloß sie die Thür ab. Da sprang der Mann, wie er gedroht hatte, zwei Stockwerk hoch zum Fenster hinaus und verletzte sich so schwer, daß er am Tod liegt. _

Handel L Verkehr.

Stuttgart, 23. Juli. (Laudesproduktenbörse.) Wir notieren per lOOKilogr.: Weizen bayerischer 21.10., dto. russischer 2020.75., dto. ungarischer alt .6 20.5020.60., neu 20.25., dto. serbischer 19.50., Kernen 21.,

Dinkel 14.20., Mais ^ 14.75., Haber ^ 15., Kohl­reps Hohenloher prima trockene Ware, dto. Unterländer prima b« 22..

Stuttgart, 23-Juli. (Mehlbörse.) An heutiger Börse sind von inländischen Mehlen 745 Sack als verkauft zur An­zeige gekommen zu folgenden Preisen: Mehl Nr. 0 3032.,

Nr. 1 -L 28.75-29.50., Nr. 2 26.75-28., Nr. 3 ^ 25-26.,

Nr. 4 ^ 22-23.

Konkurseröffnungen, ch Karl Voigt, Krämer in Stcinheim a. M. (Marbach). A. Frech, Bnrstcnfabrikant in Stuttgart. Louis Schleif, Färber und Krämer in Aalen Gottlieb Hopf, Schuhmacher und Acciser von Qucckbronn (Mergentheim). Dionysius Schenzle, Kreuzwirt in Ober­stetten (Münsingen). Johann Wieland, Bäcker in Düusbach (Langenburg). Hermann Bub, gewesener Stadtschultheiß in Neuenbürg. Josef Monsmann, Taglöhncr von Thier- stciu, Gemeinde Schramberg (Oberndorf).

(Lebensversicherung!) Die in der ersten Reihe

der deutschen Lebcnsvcrsicherungsanstalten stehendeAllge­meine Versorgungs-Anstalt im Großherzogtum Baden zu Karlsruhe" hat nach dem vorliegenden Re­chenschaftsbericht auch für 1887 wieder einen bedeutenden Aufschwung zu verzeichnen. Durch einen reinen Zugang von 3786 Verträgen mit 15 318 191 hob sich der Bestand auf 51771 Lebensversicherungen über 210 473 381 ^ Kapital.

Aus dem im Jahre 1887 erzielten reinen Ucberschuß von 1633 699 - werden an die Jahrgänge 1864 bis mit 1883 wie seit einer Reihe von Jahren 40j des Decknngskapitals (24146 287 ^i) mit 965 851 -tL als Dividende verteilt und die verbleibenden 667 848 der Reserve Angewiesen, welche sich dadurch auf 5984 664 - erhöht. Bei dieser günstigen Geschäftslage kann die genannte, als solid bekannte Anstalt mit ihren billigen Prämien und vorteilhaften Bedingungen sehr empfohlen werden. __

Bestellungen

auf den

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mit dem Unterhaltungsblatt:

Das Plauderstübchen" für die Monate August K September

nimmt jedes Postamt resp. auch Postboten an.

Neue st e s. ^

Stuttgart, 27. Juli. (Privattelegr. des i> Gesellsch.) Potsdam. Die Kaiserin ist früh ge> gen Uhr von einem Prinzen entbunden worden.

(Hiezu das Unterhaltungsblatt ^ 30.)

Lerantworlli Her Redakteur Slein Wandel in Nagold. Druck und

Verla, der G. W. Zoll e rächen Luchhrndlun, in Nazcld.