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Westen ein furchtbar drohendes Gewitter zusammen, das Vormittags 10 Uhr sich in einem gewaltigen Wolkenbruch mit Hagel verbunden entlud. Einigen Bürgern in Naislach wurden die Felder derart verhagelt, daß ihnen ein Schaden von einigen Hundert Mark erwachsen ist. Der einzige Bürger dort, der seine Felder in die Hagelversicherung hat aufnehmen lassen, blieb verschont. Mögen seine Mitbürger im nächsten Jahr seinem Beispiel folgen. ^

i A g e n b a ch, 22. Aug. Die Himbeerernt e ist bereits vorüber; ein hübsches Sümmchen ist durch dieselbe in unser Oertchen gekommen, was den Sammlern, meist armen Leuten, wohl zu gönnen ist. Der Preis bewegte sich anfänglich zwischen 2025 ^ , später 2227 pr. Psd. Eine fleißige Person brachte es auf 1620 Psd. pro Tag. Die Preiselbeerernte fällt weniger befriedigend aus, weil es fast keine gibt. Die Feldfrüchte und besonders der Roggen stehen in diesem Jahr recht schön, dagegen leidet der Haber teil­weise wieder an der bekannten durch die Maden der Fritfliege verursachten Krankheit. Zu nochmaliger Untersuchung der Ursache soll in den nächsten Tagen Hr. Professor Str. von Hohenheim, wieder hier eintreffen.

Herrenalb, 24. Aug. Unser Kurort, bot am heutigen Feiertag ein besonders belebtes Bild. Zu unseren Kurgästen, die noch nach Hunderten zählen, bekamen wir gestern auch Einquartierung. Die 4. Eskadron vom Ulanenenregiment Nr. 20 aus Ludwigsburg unter Führung des Ritt­meisters Scholl belegte den Ort. Zwei weitere Eskadronen, die in Loffenau und Gernsbach einquartiert wurden, kamen hier durch. Das frische Aussehen der Mannschaften hat allgemein gefallen. Unsere heurige Badesaison ist wohl die glänzendste, die wir je gehabt. Bis jetzt haben die Kurgäste stand­gehalten und es ist kein Zimmer, wenn auch noch so bescheiden, leer geblieben. Kein Wunder, daß sich die Baulust aufs neue regt. Herrenalb behauptet nach Wildbad unter den Luftkurorten Württembergs den ersten Platz. N. T.

Stuttgart, 23. Aug. Mitbürger! Am 2. September soll in unserer Stadt, wie überall in deutschen Landen, das Nationalfest in üblicher Weise gefeiert werden; das Festprogramm wird in Bälde ver­öffentlicht. Es erscheint uns als eine rein patriotische Pflicht, die Erinnerung an die glorreichen deutschen Waffenthaten, durch welche die Einigung unseres Volkes blutig erstrittten ward, sowie die opferwillige Liebe zu unserem deutschen Vaterlande im Herzen unseres deutschen Volkes und namentlich unserer Jugend zu erhallen und zu befestigen. In diesem Sinn laden wir unsere Mitbürger ein, durch zahlreiche Teilnahme und Unterstützungen dem deutschen Nationalfeste seine volle, segensreiche Weihung zu geben. Der Festaus­schuß für die deutsche Nationalfeier.

Schmiden, 25. Aug. Gestern gingen die militärischen He­bungen, welche seit 16 Tagen auf hiesigem und Oeffinger Felde vorgenommen wurden, zu Ende. Der Abschluß war auch für die Zuschauer ein wirklich schöner. Das Tübinger Füsilierbataillon hatte auf 2 Seiten Oeffingen besetzt; die herannahenden übrigen Bataillone des 1. und 7. Jnf.-Regts. bestürmten es, was ihnen nach tapferer Gegenwehr des Feindes endlich gelang. Nun gings von allen Seiten her in den Ort hinein, den Feind verfolgend, welcher sich am Tennhof wieder aufstellte; doch plötzlich wurdeHalt" geblasen. Das gesamte Uebungsfeld der 16 Tage betrug ca. 900 Morgen, für welche als Entschädigung gegen 2800 bezahlt werden.

Mägerkingen, 23. Aug. Am gestrigen Sonntag Mittag standen 2 Gewitter mehrere Stunden langsam im Kampf wieder einander. Gegen Abend, etwa 5 Uhr, aber entlud sich das Wetter über unseren Fluren mit heftigem Hagelschauer. Dinkel und Gerste waren zwar großenteils geborgen, aber Haber, Weizen, Kraut und Gartengewächse wurden etwa zollhoch mit Hagel bedeckt, so daß der Schaden immerhin nicht unbeträchtlich ist. Außer der hiesiger Markung wurde die von Bronnen, Mariaberg, Gammertingen und Hausen a. L. heimgesucht.

Crailsheim, 24. August. Im nahen Altenmünster brach heute gegen mittag in einer reichgefüllten Scheuer ein Brand aus, der mit Schnelligkeit auch das nebenanstehende Wohngebäude ergriff und beide zerstörte.

Erstere stand hart an der Mauer des 'Friedhofs, in welchem denn auch ein Geschirrhäuschen und mehrere Grabkreuze und Einfassungen verbrannten. Außer dem Schulhaus und anderen Nachbargebäuden war besonders die Kirche in großer Gefahr; bereits hatte das Holzwerk des Turmes Feuer gefangen; den anwesenden Feuerwehrleuten gelang es aber, weiteren Schaden zu ver­hüten. An Mobiliar konnte wenig gerettet werden, doch ist der Beschädigte, welcher ohnehin in guten Verhältnissen lebt, versichert. Ueber die Ursache des Brandes ist noch nichts bekannt geworden.

Heilbronn, 25. Aug. Heute abend zog ein schweres Gewitter von Osten her über unsere Stadt, das schwere Befürchtungen erweckte. Glück­licherweise entlud es sich mit Regen unter furchtbaren Blitz- und Donner­schlägen. Ein Blitzstrahl traf ein Haus in der Nordbergstraße, warf den Schornstein herunter und durchlöcherte das Dach, ohne zu zünden. In dem benachbarten Weinsberg schlug der Blitz in ein Wohnhaus, welches sofort in Flammen stand. Die hiesige Feuerwehr wurde telegraphisch requiriert.

Augsburg, 24. Aug. Vom Besuch der Frau Groß Herzogin von Baden in der königl. Gemäldegalerie erzählt dieAusst.-Ztg.": Die hohe Frau wünschte das Atelier des ihr bekannten Herrn Gemälde-Restaura­teurs Sesar zu besuchen. Von Herrn v. Huber dorthin geleitet, warf sie einen Blick auf das behufs einer Restaurierung aufgestellte Bild und war sichtlich überrascht und hocherfreut, das Bild ihrer Großmutter, der unvergeß­lichen Königin Luise von Preußen, vor sich zu sehen. Auf ihre Frage, wem dieses für sie so interessante Bild gehöre, wurde ihr der Bescheid, daß dasselbe vom Großherzog von Mecklenburg-Strelitz zur Restaurierung hierher gesendet worden sei. Hierauf bemerkte die Großherzögin:Dieses Bild ist deshalb für mich von so großem Interesse, weil es die Königin in einer Zeit ihrer Jugend darstellt, aus welcher wir in unserer Sammlung von Porträts der Königin Luise in Berlin kein Bild besitzen. Ich bitte Sie", wandte sie sich an Herrn v. Huber,das Bild doch auch meinem Bruder, der dem­nächst Augsburg besuchen wird, zu zeigen."

Aus Ga st ein wird geschrieben: Dem hier zur Kur weilenden bekannten Pistolenschüzen und Erfinder eines neuen Repetiergewehres, Josef Schulhof, wurde eine besondere Auszeichnung zu Teil. Fürst Bis -- mark beehrte denselben mit einem Besuche auf der hiesigen Schießstätte, wo eben Schulhof Schießübungen vornahm. Der Fürst blieb nahezu eine Stunde und unterhielt sich mit Schulhof über das Schießwesen, während er wiederholt seine Anerkennung über die sicheren Treffer aussprach. Schließ­lich gab Fürst Bismark auch selbst 2 Schüsse aus der Schulhofschen Pistole auf die 400 Schritt entfernte Scheibe ab und machte einen Treffer. Sodann ver­abschiedete er sich aufs Freundlichste, indem er Hrn. Schulhof die Hand reichte.

WerrniscHtes.

Ein Prachtbau. Die Lebensversicherungs-Gesell- schaft New-Aork hat sich in der Wilhelmsstraße zu Berlin einen Palast erbauen lassen, wie kein zweiter dort steht. Vier Stockwerke hoch ragt das gewaltige Gebäude in die Lüfte, die Front geschmückt mit herrlichen Freskobildern, welche in glänzenden Farben ausgeführt die Städte New-Dork, Paris, Wien und Berlin in allegorischen Figuren darstellen. Eigentümlich gewählt sind die Embleme dieser durch schöne Frauenbilder repräsentierten Städte, nämlich New-Dork durch die Insignien des Handels und der Industrie, Wien durch die der Landwirtschaft, Paris durch ein Schwert und Berlin durch die Palme des Friedens, welche die Wappen von Brandenburg mit dem roten und von Preußen mit dem schwarzen Adler beschattet.

Aus Speyer, 22. Aug., wird dem Pf. Kur. geschrieben: Einen Selbstmord, wie er hier noch nicht vorgekommen, hat heute nachmittag der 32jährige Hausierer Georg Spengler von Schwanheim bei Annweiler hier ausgeführt. Derselbe stieg am Dom bis auf die vordere Kuppel und

sofort als aus dem Flußfund imFuchsbau" stammend wiedererkannt. Es war ein Herrenpolenkostüm, das Duprat am Ballabend getragen; da er aber einen sehr zier­lichen kleinen Fuß hatte, mit dein er stets kokettirte, paßten auch die getragenen Stiefeletten genau in die seinerzeit zu Papier gebrachten Fußspuren an der Mord­stätte. Damit war denn die Unschuld des roten Matthies an dem Verbrechen kon- statirt, der nun nur noch wegen seiner anarchistischen Umtriebe verfolgt werden konnte. Ter war aber schon längst nach England geflüchtet, wo seine früher erwähnte Schuld­genossin ihn erwartete.

Eduard und Förster waren von Jonas befreit worden, dessen Schleicherei und Falschheit damit endlich einmal etwas Gutes zu Tage gefördert hatte. Er hatte in jener Nacht die ganzen Vorgänge bei dem Zimmer des Kommerzienrats belauscht, Eduard dann mit den erbeuteten Schlüsseln nach dem Keller schleichen gesehen. Duprat folgte ihm, und er wäre nicht minder gern in den Keller gehuscht, wenn er nicht hätte fürchten müssen, von Duprat gesehen zu werden. Des Letzteren nachträgliches auffälliges Bettagen hatte ihn in der Vermutung bestärkt, daß Jener den jungen Etwold im Keller ermordete oder einsperrte. Er öffnete in der darauf folgenden Nacht mit einem Nachschlüssel die Kellerthüren und befreite die Gefangenen, die sich dann nach dem Landgut flüchteten, wo sie trotz Klara's Anwesenheit bis zur Stunde verborgen blieben.

Des alten Förster merkwürdiger Bericht bestätigte, was Riston von der ihm geraubten Erbschaft seines Vaters sagte.

Demnach hatte ein alter Diener des Letzteren, der um die Erbschleicherei wußte, Etwold zufällig gesehen und wiedererkannt. Er hatte seinen ehemaligen Herrn zur Rede gestellt und Namens des geschädigten jüngeren Bruders Herausgabe von dessen Anteil verlangt. Tenn der Diener wußte ebensowohl, daß der jüngere Wellnau damals im Elendsviertel von London hauste. Etwold hatte ihn dann unter dem Vorwände, ihm das Geld für seinen Bruder geben zu wollen, in den Keller gelockt und ihn erschlagen. Förster aber, der nichts Gutes ahnend Jenen gefolgt war, war noch gerade dazu gekommen, wie der Kommerzienrat den Erschlagenen verscharrte. Vor einem zweiten Morde zurückbebend, hatte er den Zeugen seines Verbrechens in

die Zelle geschlossen, um ihn mundtot zu machen, da kein Versprechen ihn bestimmen konnte zu schweigen.

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Der Nachklang unserer stürmisch bewegten Erzählung ist ein sehr friedlicher.

Das Testament Etwold's bestimmte Klara zu seiner Universalerbin, und ein Kodizill sprach sogar die Enterbung Eduard's aus. Klara gab ihrem Bruder trotz­dem seinen vollen Anteil, und Beide nahmen sich in der liebevollsten Weise ihres Oheims und seiner unglücklichen Gattin an, indem sie für diese sorgten, und es Riston Wellnau freistellten, nach verbüßter Strafhaft für die Falschmünzerei seine ihm nicht verkürzte Erbschaft aus Ihren Händen zurückzunehmen oder bei Ihnen zu leben, von ihrer Liebe gehegt und zu einem besseren Dasein zurückgeführt. Riston zog das Letztere vor, da während seiner Gefangenschaft auch seine Gattin gestorben und er ein gebrochener Greis war. Die Wandlung mit Klara in ihren Gesinnungen gegen Solt- mann, welche Jda bemerkt zu haben glaubte, bestätigte sich; denn sie und der arme Assessor wurden über Jahr und Tag ein Paar. Und ebenso heirathete Eduard seine Hedwig, die Nachtwächters-Tochter, wie er denn auch seinem Freunde Ebers zu dem Vermögen verhalf, welches dem strebsamen jungen Schriftsteller ermöglichte, ganz seiner Bluse zu leben und nicht nur sich einen geachteten Namen als Romanschriftsteller zu verschaffen, sondern auch die Tochter des Sanitätsrats, Klara's intimste Freundin, zum Altar zu führen.

Jonas, gebessert, verblieb in: Dienste Eduard's. Er legte seine schleichenden Manieren ab und befleißigte sich im Bezug auf Lauscherei einer zunehmenden Taub­heit. Auch der arme alte Leuchtmann wurde von Eduard ausgesucht und für seine frühere Verdrängung aus dem Geschäft entschädigt.

Im klebrigen verkauften die Geschwister Alles und zogen sich nach einer be­nachbarten kleinen Stadt zurück, wo sie fortan ganz ihrem Glücke lebten, das ihnen erst aus so schweren Kämpfen und Sorgen hat erblühen sollen.