61. Jahrgang.
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Amts- unä IntelligenMatt für clen -siezirir.
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Samstag, äen 28 . August 1886 ,
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,! ganz Württemberg 2 70
-Aokitifche Wcrchrirchten.
Die Ereignisse in Bulgarien.
Das Frkf. Journal von heute Freitag morgen bringt über das Verbleiben des Fürsten folgendes Nähere:
Fürst Alexander ist in Reni angelangt und über Wolotschisk nach Oesterreich weitergereist, „keineswegs als Gefangener" — wie das aus Petersburg kommende Telegramm vorsorglich hinzusetzte. Aus Jugenheim hörten wir inzwischen, daß der Fürst sich auf der Fahrt nach Breslau befinde, und zwar in Begleitung seines Bruders Franz Joseph, während sein Bruder, Prinz Ludwig (Heinrich?) von Battenberg, ihnen entgegenreise. — Ueber Bukarest meldete W.T.B. späterhin: „Der Kommandant der Dacht, auf welcher Fürst Alexander sich befand, hatte Befehl, den Fürsten unter allen Umständen in Reni zu lassen, trotzdem der Fürst den Wunsch geäußert hatte, am rumänischen Ufer gelandet zu werden. Nach einem Telegramm aus Galatz war es dem Fürsten von den russischen Behörden freigestellt, die Reise in beliebiger Richtung fortzusetzen. Der Fürst, welcher sich um 2 Uhr noch in Reni befand, wartete den nächsten Zug ab, um in der Richtung nach Oesterreich seine Reise fortzusetzen." Welchen Zweck aber das dreitägige Hin- und Herfahren auf der Donau selbst hatte, sollen wir immer noch erfahren.
Ueber die inzwischen in Gang gekommene Bewegung in Bulgarien zur Vertreibung der revolutionären Regierung meldete gestern der Telegraph im Laufe des späten Abends:
In Sofia hat Major Panoff die Regierungsgewalt einstweilen übernommen. In Giurgewo wurde eine von Tirnowa datierte, von Stambuloff als Präsidenten der Volksvertretung und von Mutkuroff als General-Kommandierendcn der Arme Unterzeichnete Proklamation erlassen, die also lautet:
„Im Namen des Fürsten Alexander und der Volksvertretung gebe ich kund, daß ich einstweilen die provisorische Negierung in Sofia übernommen habe, und Jeden, der sich den Gesetzen nicht fügt, standrechtlich behandeln werde. Ich ernenne Mutkuroff zum General-Kommandierenden und übertrage demselben alle Civil- und Militärgewalt, daher hat Jeder seinen Befehlen sich zu fügen. Ich fordere das bulgarische Volk auf, den Thron und das Vaterland vor den Ver- räthern zu schützen, welche unseren heldenmütigen geliebten Fürsten vom Throne stürzen wollen, der Allmächtige kräftige die Hand des Volkes und der Armee, damit wir den vom Volke gewählten geliebten Fürsten schützen. Es lebe Alexander, der Für st von B u lgarie n."
Feuilleton. '
Die Falschmünzer.
Kriminal-Roman von Gustav Lössel.
(Schlich.)
„Lassen Sie uns nur gewähren", sagte der Kommissar, „um so schneller werden Sie uns los. Dies war Herrn Duprat's letzter Aufenthalt, und hier inüssen wir vor allen Dingen nach möglichen Hinweisen auf sein unzeitiges Ende suchen. Bringen Sie also, bitte die Schlüssel zur Stelle und, weim es sein kann, auch die Kellerschlüssel, da ich den Keller sonst erbrechen lassen müßte. Ich gehe hinunter, um noch ei» paar befreundete Herren zu holen, die mir bei der Haussuchung, die ich Ihnen leider mcht ersparen kann, behilflich sein werden."
Der Kommerzienrat nickte verständnisinnig.
"^.ehen Sie vorne hinunter — ich werde Ihnen den Weg zeigen", sagte er. „Lassen Sie die Thür nur angelehnt und kommen Sie dann direkt nach meinem Prwatkabmet."
jubeln Sie nun zusammen durch den Wintergarten nach der Haupttreppe gingen, erklärte Etwold seinem ersten Begleiter, wie er zu gehen habe, um nach seinem Prwatkabmet zu kommen.
„Gleich daneben liegt Duprat's Zimmer", sagte er, „und da können wir den Anfang machen.
Der Kommissar ging hinab und Etwold nach seinem Kabinet.
. - , Jener noch vor der Thür stand und feinen Freunden winkte, hörte er aus
dem Hause einen Schuß fallen.
^ ^,^on einer bösen Ahnung erfüllt, eilte er mit mehreren. Dienern zugleich nach
dem Kabmet. s » ^ -
Sie fanden den Kommerzienrat entseelt auf dem Teppich liegen. Ein Schuß durch die Schläfe hatte seinem Leben ein Ende gemacht.
Meldungen aus Philippopel vom 24. Abends wiederholen, daß die Bevölkerung und alle rumelischen Regimenter sich begeistert für Alexander ausgesprochen haben. Eine vom Oberst Mutkuroff erlassene Proclamation fordert zur Verteidigung der Ehre des Fürsten und Bulgariens auf. Die Ruhe wurde nirgends gestört.
Tcrgss-Weuigkeiten.
(Amtliches.) Unter den Schülern, welche sich bei der diesjährigen Konkursprüfung für die Aufnahme in das evangelische Seminar in Schönthal eingefunden haben, sind nachbenannte als Seminaristen ausgenommen worden: Friz, Immanuel, Sohn des Pfarrers in Stammheim, OA. Calw; Daser, Wilhelm, Sohn des 7 Eisenbahnbauinspektors in Weil der Stadt.
Calw, 27. Aug. Daß am 18. Sept. in Neuenbürg das landwirtschaftliche Gaufest des X. Gauverbands gefeiert wird, ist aus den hierauf bezüglichen Bekanntmachungen in diesem Blatte zu ersehen gewesen und es ist erfreulich, berichten zu können, daß der hiesige Bezirk bei den damit verbundenen Ausstellungen würdig vertreten sein wird, indem bis jetzt 23 Kühe und Kalbeln und 14 Farren, die gegenwärtig der Vormusterung unterliegen, sowie 3 Eber und 6 Mutterschweine angemeldet sind. Für die Ausstellung von landwirtschaftlichen Produkten und Geräten ist dagegen bedauerlicherweise bis jetzt noch wenig angemeldet und liegt es leider im Charakter des Jahrgangs „ daß Ödst namentlich nur sehr mangelhaft wird zur Ausstellung kommen können; an sonstigen schönen Feld- und Gartenprodukten sollte jedoch kein Mangel sein. Der Neuenbürger Bezirksverein ist aufs eifrigste bemüht, das Fest seiner Bedeutung entsprechend einzurichten und auszustatten und es darf jetzt schon mit Zuversicht behaupte^ werden, daß die Erwartungen der Besucher, deren es recht viele auch aus dem hiesigen Bezirke sein mögen, in keiner Hinsicht werden getäuscht werden. Insbesondere soll noch auf die von dem Neuenbürger Vereine veranstaltete Lotterie aufmerksam gemacht werden, welche ca. 400 Gewinnste bietet, unter denen sich z. B. 1 Leiterwagen, 1 Paar komplete Pferdsgeschirre, Pflüge, Eggen, Futterschneidmaschinen, 1 Putzmühle, Winden, Güllenpumpen u. drgl. und eine Menge praktischer Gegenstände für Land- und Hauswirtschaft befinden. Loose L 1 sind bereits in die bedeutenderen Bezirksorte verschickt und sind auch bei Hrn. E. Ge 0 rgii zu haben; dieselben können zum Ankäufe nur bestens empfohlen werden.
Würzbach, 26. Aug. Am letzten Barth.-Feiertag zog gegen ^,
„Hier besteht ein Zusammenhang", raunte der Kommissar seinen Begleitern zu, „er wußte offenbar von Duprat's Ende."
Man durchsuchte nun das ganze Haus, fand aber Nichts, das auf eines der beiden Verbrechen, des Mordes und des Selbstmordes, hingewiesen hätte.
Endlich stieg man zu den Kellern hinab und erbrach diese. Hier fand man dann das Fäßche» Dynamit als einziges Beutestück. Die Zelle, welche vordem Förster uird Eduard innegehabt hatten, war leer, ohne daß eine Spur ihres Entkommens zu erspähen gewesen wäre.
Das Geheimnis verdichtete sich. Dieses Dynamit deutete wieder auf den lange gewitterten Anarchistenbund; dennoch traute Niemand dem Kommerzienrat, der früher den Anarchisten Akatthies verjagt hatte, staatsfeindliche Umtriebe zu.
Einstweilen blieb Alles in der Schwebe und man fürchtete schon gar keine Erklärung zu erhalten.
Die Nachricht von dem Selbstmord des Kommerzienrat verbreitete sich wie ein Lauffeuer durch die Straßen der Stadt, und der Telegraph meldet denselben bis tief ins Land hinein.
Nicht lange mehr, und man hatte mehr Zeugen, als man sie zu finden gehofft hätte, nämlich Riston, der sich jetzt freiwillig dem Gericht stellte, Klara, Eduard und den alten Förster — alle meldeten sich zum Zeugnis.
Was diese sagen konnten, wissen wir bereits, mit Ausnahme, daß Klara von Anfang an wußte, wer der Mörder des jungen Förster gewesen, nämlich Duprat, und daß sie Das gezwungen verschwieg, da Duprat ihr sagte, daß die Anschuldigungen Martin Försters wahr seien und Letzterer habe sterben müssen, um ihren Vater zu retten; sie hatte das Verbrechen durch ihr Schweigen aber nicht gefördert, da sie erst nach vollbrachter That Kenntnis von demselben erlangte.
Riston sagte Alles, was von seinen traurigen Verhältnissen zu sagen war, auch — was Duprat ihm noch vertraut hatte —, daß er als Viton eine elegante Wohnung in der Promenadenstraße innegehabt und wo er dort die Kostüme des Ermordeten und sein eigenes versteckt hatte. Man fand diese, und wurden dieselben von Neubert