Beschießung des Ortes Taboria an der westafrikani­schen Küste durch französische Kriegsschiffe im August 1886 erlitten. Colins Forderung, für welche das deutsche auswärtige Amt eintrat, belief sich auf 37 000 Frks. Nach l'/rjährigen Verhandlungen ist die Sache jetzt erledigt

Berlin, 29. April. Die badischen Herrschaf­ten reisen heute oder morgen nach Karlsruhe zurück.

Berlin, 30. April. Gestern abend fand zu Ehren des hier weilenden amerikanischen Senators Schurz im Kaiserhof ein Diner statt, an welchem im Ganzen l2 Personen teilnahmen, darunter Graf Herbert Bismarck, Geh. Rat Rottenburg, Professor Gneist, v. Benda, v. Zedlitz, Henry Billard, der amerikanische Gefchäfsträger und der Generalkonsul. Prof. Gneist toastete auf Schurz, dieser dankte, Graf Herbert Bismarck auf die guten Beziehungen zwi­schen Deutschland und Amerika. Heute sollte Schurz vom Kanzler empfangen werden. Gestern fand un­ter Vorsitz des Kanzlers eine Sitzung des Staats­ministeriums statt.

Aus Schloß Charlottenburg kommt vom Sonntag eine sehr frohe Kunde: Der Kaiser war fiebsrfrei. Wenn Berliner Blätter meinen, der Kaiser dürfte schon am 5. Mai etwa nach Wiesbaden über­siedeln, so ist diese Annahme freilich stark verfrüht. Vor 14 Tagen ist, im günstigsten Falle nicht an ein Verlassen von Charlottenburg zu denken, und dann wird wohl zunächst Schloß Friedrichskron bei Pots­dam zum Aufenthalt gewählt werden. Durch das hohe Fieber der schlimmen Tage und das lange Ver­weilen im Bett ist der Kaiser magerer geworden, die Aerzte hoffen indessen, daß bei Anhalten der jetzigen besseren Tage auch hierin eine Aenderung zum Gu­ten eintreten wird. Die Atmung ist ruhig und un­gehindert. Das Kehlkopfleiden hat nach den genaue­sten ärztlichen Beobachtungen noch nicht eine Aus­dehnung gewonnen, welche direkte Lebensgefahr in sich schließt. Momentan ist es ganz im Stillstand und kein Symptom berechtigt zu der Annahme, der gegenwärtige befriedigende Zustand werde demnächst eine Aenderung erfahren. Für den Kaiser ist ein neues Bett auf Bestellung vom Hofmarschallamt in einer Berliner großen Wäschehandlung hergestellt und am Mittwoch durch einen Wagen vom Hosmarschall- amt abgeholt worden. Das Bettgestell ist von Holz und besonders lang, um dem hohen Leidenden die verschiedenen Körperlagen im Liegen und Sitzen zu gestatten. Das Gestell ist von einer englischen Firma, Matratzen und Kiffen sind von dem Berliner Geschäft geliefert worden.

Berlin, 30. April. Ueber das Befinden des Kaisers schreibt die Nat.-Ztg.: Vorerst macht die Hebung der Kvrperkräfte nur sehr langsame Fort­schritte. Der Kaiser fühlt sich noch immer matt und angegriffen, was bei dem nun schon 14 Tage dauern­den Fieber natürlich ist. Auch klagt der Kaiser, daß er bei der Nahrungsaufnahme keinen Geschmack habe. Gestern und vorgestern hat der Kaiser das Bett nicht verlassen.

Berlin, 30. April. Das ärztliche Bulletin vom 30. April früh 9 Uhr lautet: Der Kaiser hatte eine ruhige Nacht, er ist nahezu fieber­frei, das Allgemeinbefinden unverändert.

Berlin. 30. April. Wie in ärztlichen Krei­sen verlautet, ist die Ersetzung des Professors v. Bergmann durch den Geheimen Obermedizinalrat Ge­neralarzt Professor Dr. Bardeleben aus den Wunsch des Professors v. Bergmann, von der Teilnahme an der Behandlung des Kaisers enthoben zu werden, erfolgt.

Berlin, 30. April. Die Reibung zwischen den deutschen und englischen Aerztcn droht zum of­fenen Ausbruch zu kommen. Prof. v. Bergmann soll nach den direkten gegen ihn gerichteten Angrif­fen Mackenzies seine entschiedenste Abneigung, mit diesem wieder an den Konsultationen teilzunehmen, an den Tag gelegt haben. In der Nacht vom Sonntag zum Montag wurden in Charlottcnburg sozialdemokratische Aufrufe, die sich gegen den jetzi­gen und den verstorbenen Kaiser, aber auch gegen den Kronprinzen wenden, verbreitet. Es sind bereits Verfolgungen von Personen, die der Verbreitung verdächtig sind, eingeleitet worden.

Berlin, l. Mai. Prof. Dr. v. Bergmann hat in seinem Eutlassungsgesuch ausdrücklich darauf hingcwiesen, daß er cs für selbstverständlich gehalten habe, daß die Se. Maiestät behandelnden Aerzte der

Oeffentlichkeit gegenüber die allerstrengste Zurückhal­tung beobachten, hauptsächlich alles unterlassen, was wie ein Angriff eines Arztes gegen einen andern aus­gelegt werden könnte. Nachdem er aber von Sir Morell Mackenzie in mehreren öffentlichen Schreiben aus dem Charlottenburger Schloß mit voller Namens- unterschrift angegriffen worden sei, verbiete es sich von selbst, daß er, der Angegriffene, mit dem An­greifer zusammenwirke. Selbstverständlich sei er aber jederzeit bereit, falls seine Hilfe in einem besonderen Augenblick vom Kaiser gewünscht werde, sofort zu erscheinen.

Berlin, 30. April. Den Unterzeichnern des Aufrufs für die Stadtmission ist die Mitteilung zugegangen, daß die Frau Kronprinzessin mit Allerhöchster Genehmigung das Protektorat über den Evangelischen kirchlichen Hilfsverein zur Bekämpfung der religiös-sittlichen Notstände in den großen Städ­ten" übernommen hat.

Berlin, 1. Mai. Der bekannte Kaufmann Rudolf Hertzog hat auch 10000 der Krön- ! Prinzessin für den evangelisch-kirchlichen Hilfsverein i zugewendet.

Berlin, 1. Mai. Heute vormittag wurde beim Kaiser ein Wechsel der Kanüle für ratsam er­achtet und Mackenzie legte im Beisein aller Aerzte eine neue Kanüle ein, die nur unwesentlich von der bisherigen abweichen soll.

Aus Charlottenburg. Die Aerzte haben der Kaiserin zur Pflicht gemacht, die Krankenpflege täglich einmal wenigstens zu unterbrechen und täglich in frischer Luft sich zu bewegen. Die Kaiserin greift sich zu sehr an und zu den körperlichen Anstrengungen kommen noch die unvermeidlichen Gemütsaufregungen. Die Kaiserin erfährt stets, was den Tag über für ihren Gemahl zu geschehen hat, und überwacht Alles mit unermüdlicher Ausdauer.

Dr. Mackenzie hat den Gedanken, mehrere ihm abgeneigte Blätter gerichtlich zu belangen, fallen lassen. Er beansprucht nur die Berichtigung irrtüm­licher Mitteilungen auf Grund des Preßgesetzes.

Berlin. Ueber die Stellvertretung des Kaisers durch den Kronprinzen verlautet, daß auf ärztlichen Rat alles vermieden werden muß, was Anstrengungen verursachen und neue Störungen Hervorrufen könnte. Um die nicht unbedenklich gesunkenen Körperkräfte des Kaisers zu heben, sollen die Vorträge auf das aller­notwendigste Maß beschränkt und jede aufregende Thätigkeit des Monarchen ferngehalten worden. Die durch den Kronprinzen geübte Stellvertretung hat daher die weitestmögliche Ausdehnung erfahren; derselbe vollzieht jetzt u. A. sämtliche Unterschriften mit Ausnahme derjenigen, welche sich, wie bei den Standeserhöhungen und anderen Gnadenbeweisen, auf Urkunden beziehen, die aus der unmittelbaren Initiative des Kaisers hervorgegangen sind.

Berlin. Am Freitag waren 50 Tage seit dem Regierungsantritt Kaiser Friedrichs verflossen. Die ersten Goldstücke mit dem Bild­nisse Kaiser Friedrichs sind geprägt und Sr. Maje­stät bereits vorgelegt worden. Die Prägung ist vor- ! züglich ausgefallen, der charakteristische Kopf des Monarchen tritt in plastischer Schärfe und sprechen­der Portrnitähnlichkeit hervor. Die Umschrift lautet: > Friedrich Deutscher Kaiser König von Preußen."

Berlin. Eine Extra-Ausgabe des Militär-^ Wochenblattes teilt die Ernennung von 14 General- j lieutenants zu Generalen der Infanterie beziehungs­weise Kavallerie mit.

Bei dem Berliner Zentralkomite zu Gunsten der Notleidenden in den Ueberschwemmungs- gebieten sind bisher 3 fit Millionen Mark einge­gangen.

An einzelnen Gymnasien in Preußen ist von dem neuen Schuljahre ab das Schulgeld für alle Klaffen ohne Unterschied erhöht worden. Nach meh­reren Darlegungen des Kultusministers von Goßler in den Verhandlungen des preußischen Abgeordneten­hauses hat man darin ohne Zweifel eine Maßregel gegen den übermäßigen Andrang Unberufener zu den Gymnasien bezw. zu den akademischen Studien zu erkennen.

In gut unterrichteten Kreisen in Braun­schweig verlautet mit Bestimmtheit, daß bei der Be­sprechung der Königin Viktoria mit dem Reichskanz­ler die endgiltige Regelung der braunschweigischen Thronsolgerfrage einen wesentlichen Teil der Unter­redung gebildet habe. (Wird widersprochen.)

Lübeck, 30. April. Die Bürgerschaft geneh­

migte die einleitenden Schritte zur Errichtung eines Kaiser-Wilhelm-Denkmals aus Staatsmitteln. Oefterreich-Mgcttn.

Wien, 29. April. Die bulgarische Frage. DieMontagsrevue" schreibt: Der gemeinsame Mi­nisterrat befaßte sich mit der allgemeinen Situation, die nicht erfreulich sei. Die Reibungen zwischen Grie­chenland und der Pforte bilden ein Vorzeichen dro­hender Gefahr. Es scheint, man mache den Versuch, der Bulgaren - Frage statt über Konstantinopel über Athen an den Leib zu rücken.

Frankreich.

Vom Sonntag wird noch aus Paris tele­graphiert: Präsident Carnot hielt in Bordeaux unter donnerndem Beifall eine große Rede, in wel­cher er alle Republikaner zur Einmütigkeit anfrief. Leider lauten aber die Nachrichten über die boulangi- stische Bewegung nicht gut. In Toulouse kam es zu ernsten Unruhen. Studenten schossen mit Revolver, die Boulangisten drängten sie zurück und mißhandel­ten sie. Da die Polizei machtlos war, ging Infan­terie vor und verjagte die Excedenten. Noch schlim­mer sah es in Nancy aus. Am Sonnabend Abend durchzogen etwa 1000 Boulangisten die Straßen, Hochrufe auf den General und Schmähworte gegen die Regierung ausstoßend. Militär und Gendarmerie zerstreute die Menge. Eine Stunde später sammelten sich größere Menschenmassen an und begannen mit Steinen gegen die Polizei zu werfen. Husaren gingen nunmehr im Trabe vor und hieben mit der flachen Klinge auf die Schreihälse los. Deroulede erklärte in Paris öffentlich, die Boulangisten würden so lange ihre Kundgebungen fortsetzen, dis sie Gehör gefunden hätten und ihr Ziel erreicht haben würden.

Paris, 27. April. Die Studenten von Rom schickten an den Deputierten de Laforge eine Depesche, in der sie den Pariser Komilitonen zu ihren Kundgebungen gegen den Boulangismus Glück wünschen.

Bordeaux, 28. April. Carnot wohnte ge­stern abend einer Vorstellung im großen Theater bei und wurde lebhaft begrüßt. Bei dem Empfange aus der Präfektur richtete der ehemalige Minister Rayuel, welcher die Abordnung des Girondedcpartements vor­stellte. an Carnot eine Ansprache, worin er sich ge­gen das Gebühren der Plebiszitäre wendete. Car­not antwortete, daß man auf die Hingebung und Energie des Präsidenten rechnen könne, welcher die Republik auf dem Wege eines weisen Fortschritts weiterführen werde.

Bo »langer fühlt das Bedürfnis, einer et­waigen friedlicheren Stimmung in Frankreich gegen Deutschland entgegenzutrcten, Deswegen schreibt er jetzt an einer illustrierten Geschichte des Krieges von 1870/71, welche dieDeutsche Invasion" betitelt ist und, um recht weite Verbreitung zu finden, in Heften, 10 Centimes pr. Stück, verkauft werden soll. Die Tendenz derselben ist natürlich, Aufregung und Erbitterung gegen den deutschen Eindringling unter der Bevölkerung wachzurufen und die Erinnerung an die Niederlagen von Neuem aufznfrischen.

Belgien.

Brüssel, 28. April. Der Nord stellt alle Nachrichten über russische Truppenbewegungen, wie sie in verschiedenen Blättern ausgesprengt werden, mit aller Entschiedenheit in Abrede und betont die Friedensliebe Rußlands. Ebenso erklärt es der Nord für Verleumdung, wenn die rumänischen Unruhen Rußland zugeschoben werden. Sie seien die Folgen der I2jährigcn Willkürherrschaft Bratianos, welche im ganzen Lande Unzufriedenheit gegen den König Karl erweckte. Schließlich erklärt das Organ des russischen Kanzleramtes, daß der gegenwärtige augen­blickliche Stillstand in der bulgarischen Frage nicht im Geringsten das Aufgeben des russ. Standpunktes bedeute. Ferner veröffentlicht der Nord eine Korre­spondenz aus Petersburg, in welcher es mit Hinweis auf die Krankheit des deutschen Kaisers heißt: Ein Gedanke läßt uns mit weniger Besorgnis in die Zu­kunft blicken, nämlich der, daß die Geschicke Deutsch­lands während der neuen Herrschaft unter der Lei­tung des Reichskanzlers verbleiben, welcher erst in der jüngsten Krise seinen festen Entschluß bewiesen habe, die guten Beziehungen mit Rußland aufrecht- zuerhaltcn.

Italien.

Rom. Der Papst hat sich in einer Note an die irischen Bischöfe gegen das sogenannteBoycv- ticren" (In die Acht erklären von Anhängern der bri­tischen Regierung) in Irland ausgesprochen und diese