ineindebehörden über den Sinn und die Bedeutung des Art. 92 entsprechend zu belehren und keinen Zweifel darüber aufkommen zu lassen, daß die etwa irgendwo bestehende Absicht, die Ausnahme zur Re­gel und die Regel zur Ausnahme zu machen, seitens der Regiminalbehörden nicht nur keine Unterstützung finden werde, sondern daß derselben entschieden werde entgegengctreten werden."

Pferdemarktlotterie. Auch dieses Jahr hat die K. Regierung den vom Neuen Klub im Anschluß an den Pfcrdemarkt, welcher am 16./17. April hier abgehalten wird, zu veranstaltende Lotterie unter den bisherigen Bedingungen genehmigt. Zur Ausgabe gelangen wieder 80000 Lose L 2 ^

Brandfälle: In Lufthütte (Waldsee) am 80. Jan. das Anwesen des Bauern Jak. Wirbel.

Köln, 30. Jan. DieKöln. Ztg." führt in einem langen, von einem Militär geschriebenen Ar­tikel aus, daß die militärischen Maßnahmen Ruß­lands einen offensiven Charakter tragen. Den drei mobilen russischen Armeekorps des Militärbezirks Wilna mit 135 500 Gewehren, 10500 Pferden und 420 Geschützen stehe deutscherseits nicht einmal das ganze erste preußische Armeekorps gegenüber. Auch der Bau der Befestigungen bei Kowno, Gonionds und Lomza, wenige Kilometer von der deutschen Grenze, weise darauf hin, daß man im Kriegsfälle mit drei Armeekorps des Militärbezirks Wilna einen Einbruch in Ostpreußen machen will; diese russischen Befesti­gungen haben rein offensiven Charakter.

jD cutscher Reichstags Am Dienstag wurde der Gesetzentwurf betr. die Unterstützung der Familien von in den Dienst einbcrufenen Mannschaften ohne weitere erhebliche Debatte in zweiter Lesung angenommen. Um die Fassung des 8 12 sUnterstützung während eines Jahres nach einem Friedensschlusses entstand nur eine Auseinandersetzung, da die Kommission hier die Regierungsvorlage beträchtlich abgeän­dert hatte. Es blieb aber bei der Kommisstonsfassung. Dar­auf wurden genehmigt der Rest des Militäretats, der Etat des Reichsjustizamtes und der Etat des Reichseisenbahnam- reS, alle unverändert. Beim Justizetat wurde verschiedentlich eine Ermäßigung der GcrichtSkosten- und Anwaltsgebühren gewünscht. Staatssekretär Dr. v. Schelling bedauerte, daß im vorigen Jahre die bezügliche Vorlage nicht zu Stande gekommen sei. Er verspreche die neuen Wünsche aufmerksam zu beachten, könne aber nicht sagen, wenn ein neuer Entwurf koinmen werde. Das deutsche bürgerliche Gesetzbuch sei fer- tiggcstellt und werde demnächst der öffentlichen Kritik unter­breitet werden. Nächste Sitzung: Mittwoch 1 Uhr. ^Anträge auf Verlängerung der Legislaturperioden.)

Im Reichstag ist die Rede davon, es werde noch eine neue Militärvorlage eingehen, welche Gel­der zum Bau strategischer Bahnen in Ost- und West­preußen fordern wird.

Berlin, 31.Jan. Nach heutigen Beschlüssen des Bundesrats beläuft sich die Gesamtsumme der Ausgaben in Veranlassung des Wehrgesetzes auf 281550530 -/A; davon kommen 278335562 aus die Anleihe, 3 214 974 -/A werden durch Matri- kularbeiträge gedeckt. Von den einmaligen Ausgaben entfallen 212901 570 auf Preußen, 19292475^. aus Sachsen, 13 683400 ^ auf Württemberg.

Der Bundesrat genehmigte am Dienstag außer der Anleihevorlage zum Wehrgesetz die Ver­längerung des kleinen Belagerungszustandes für Stettin und Offenbach und beschloß die Publikation des neuen bürgerlichen Gesetzbuches. Das An­leihegesetz zur Wehrvorlage (278str Millionen) ist dem Reichstage zugegangen.

Berlin, 1. Febr. sReichstagj. Bei der Beratung des Antrags über Verlängerung der Legislaturperiode spricht Bchr für dieselbe, ebenso Bennigsen, welcher erklärt, daß keinerlei Abkommen weder über eine zweijährige Budgetperiode, noch über eine andere Verfassungsänderung unter den Kar- tellpartcien getroffen worden sei, er würde es für thöricht und frevelhaft halten, an dem allgemeinen Stimmrecht, nach­dem dasselbe einmal vorhanden, zu rütteln. Für den Antrag sprach ferner Maltzahn-Gültz, gegen denselben Windthorst, Bambergcr und Reichensperger. Gegen öyz vertagt sich das Haus. Wciterbcratung am Freitag.

Eine seltsame Petition ist dem Reichstage zngcgangen. Der Vorstand des Hildesheimer Gesundheitspflege-Vereins bitter um nichts Geringeres als um die Einführung einer Steuer auf Korsetts und Schnürleibchen.

Berlin, 31. Jan. Das Hilfskomite für die Stadtmissiouen in der evangelischen Kirche Preußens erläßt mit Genehmigung des Prinzen und der Prin­zessin Wilhelm, an welche von vielen Seiten die Bitte um Hilfe für die Arbeiten der inneren Mission zu Gunsten der verarmten und der Kirche entfrem­deten Volksmassen gerichtet worden, einen von vielen Hundert namhaften Persönlichkeiten Unterzeichneten Aufruf, durch welchen alle auf christlichem evangeli­schem Grunde stehenden Anschauungen zu gemeinsa­men Werken christlicher Liebe vereinigt werden sollen.

Berlin, 31. Jan. Dr. Mackenzie äußerte sich heute, wie derBoss. Ztg." aus San Remo gemeldet wird, zum Korrespondenten dieses Blattes, daß eine Heilung des Kronprinzen nur langsam erfolgen könnte, auch wenn nur Perichondritis vor­liege. Diese allein sei festgestellt, was nicht aus­schließe, daß daneben Krebs vorhanden sei; doch habe letzteres bei der Unmöglichkeit einer örtlichen Unter­suchung noch nicht festgestellt werden können. Der Kronprinz wird kaum vor Mai nach Deutschland zurückkehren. Virchow hat Zeit zu noch genauerer Untersuchung des ausgehusteten Gewebestückchens j verlangt.

Berlin, 1. Febr. Nach einem Bulletin aus ! San Remo besteht jetzt bei dem Kronprinzen eine ^ beschränkte Verdickung des vorderen Teiles der rech­nen Hälfte des Kehlkopfs; dagegen verminderte sich ^ durch Abstoßung einer abgestorbenen Partie die ! Schwellung an der linken Seite. Das Allgemeinbe- > finden ist normal. Mackenzie, Schräder , Krause,

! Hovell.

Berlin, 1. Febr. Einem Privattelegramm derVoss. Ztg." aus San Remo zufolge erklärt Virchow in einem an Mackenzie übersandten Gut­achten, er habe trotz genauester Untersuchung und der größten Bemühung, ungünstige Zeichen sich nicht ! entgehen zu lassen, nichts Schlimmes entdeckt.

Ueber die Reisepläne des deutschen Kronprinzen wird voraussichtlich in der folgenden Weise entschieden werden: Sobald warme Witterung dauernd eingetreten ist, im Mai also etwa, kommt der Kronprinz nach Potsdam. In Berlin wird kein längerer Aufenthalt genommen. Bei Eintritt der ^ Hitze geht die ganze kronprinzliche Familie nach Gries ! bei Bozen und für Herbst und Winter, falls nicht ! eine bedeutende Besserung eingetreten, wieder nach ^ San Remo.

Lord Churchill hatte dem Reichskanzler ^ ebenfalls seine» Besuch in Friedrichsruhe angemeldet.

! Graf Herbert Bismarck entschuldigte aber seinen Va­ter mit Geschäftsüberbürdung.

10 hohe Beamte des chinesischen Kriegs­ministeriums sind an Bord des deutschen Reichs­dampfersBayern" zu Studienzwecken in England eingetroffen. Bon da kommen sie nach Deutschland.

Schweiz.

! Bern, 30. Janr. DerN. Z. Ztg." wird ! von hier telegraphiert: Wegen der indiskreten Mit- ! teilungen an Bebel und Singer hat der Vorsteher ! des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements,

! sobald er davon durch die Zeitungen Kenntnis erhielt,

! eine Untersuchung angeordnet und den zürcherischen j Polizeidirektor, Fischers Vorgesetzten, zum Bericht i ausgeforderr. Mildernd wird erwähnt, daß Fischer i den beiden deutschen Sozialdemokraten lediglich akten- ^ mäßig erwiesene Thatsachen bestätigt habe.

Zürich, I. Febr. Sämtliche bedeutendere ! Schweizerblätter jeglicher Farbe, dieNeue Zur. Ztg." ausgenommen, erklären, Polizeihauptmann Fischer habe sich ein Verdienst um die Schweiz erworben.

^ Die Nachricht von einer eidgenössischen Untersuchung gegen Fischer ist Erfindung.

^ Oesterreich-Ungarn.

Wien, 1. Febrr. Der Volkswirtschaftsaus­schuß des Abgeordnetenhauses nahm den Handels- ^ vertrag mit Deutschland an und stimmte insbesondere , dem von mehreren Ausschußmitgliedern ausgesproche- ! nen Wunsche zu, mit Deutschland einen Vertrag auf ' breiterer Grundlage abzuschließen.

Lemberg, 31. Jan. Die herrlichen Baum­anlagen um Krakau wurden rasiert. Die Vereine vom Roten Kreuz in Galizien und der Bukowina halten häufige Sitzungen ab, deren Hauptberatungs­gegenstand die Errichtung von Spitälern bildet.

Frankreich.

Paris. Der russische Botschafter Fürst Lo- banow in Wien ist von einem Pariser Journalisten interviewt. Neues hat der Botschafter nicht gesagt, er glaubt gerade so wenig wie sein Kaiser an einen Krieg, beharrt aber dabei, Rußland müsse seine Rechte in Bulgarien durchsetzen. Wie das geschehen soll, weiß er auch nicht. Dann soll der Botschafter noch Manches über den nächsten deutsch-französischen Krieg gesagt haben, doch sind das Pariser Windbeuteleien, auf welche einzugehcn nicht lohnt.

Paris, 3l. Jan. Ein Korrespondent des Figaro" hat mit dem russischen Botschafter in Wien,

dem Fürsten Lobanvw, eine Unterredung gehabt, in welcher derselbe die friedliche Gesinnung des Zaren hervorhob und behauptete, Fürst Bismarck habe keinen sehnlicheren Wunsch, als die Erhaltung des Friedens. Was Bulgarien anbetreffe, so werde Rußland abwar- ten, ohne Vorschläge zu machen; Fürst Ferdinand habe weder moralische noch sonstige Fähigkeiten zum Regieren, ohne seine Mutter würde er schon jetzt nicht mehr in Bulgarien sein. Die gefälschten Akten­stücke müßten aus der Umgebung des Koburgers stam­men, da er allein Vorteil von der Fälschung haben konnte.

Paris, 30. Jan. Lucien Nicot, einer der Hetzredak­teure derFrance", war heute nahe daran, Prügel zu be­ziehen. Ein gewisser Brandt, den Nicot in der letzten Zeit wiederholt alsdeutschen Spion" bezeichnet hatte, suchte ihn auf der Redaktion auf und bedrohte ihn mit einer Hetzpeitsche. Nicot zog einen Revolver, aber ehe er feuern konnte, waren die Bureaudiener dazwischengetreten und hatten Brandt fcst- genommen. Vor dem Polizeikommissar erklärte Brandt, er sei russischer Nihilist und heiße Iwan Jwanowitsch. Nicot dagegen hält daran fest, daß Brand ein deutscher Agent sei.

In Frankreich wird immer mehr die Strenge der Geschworenen gegen den zu häufigen Mißbrauch des Revol­vers angerufen. Der Grund des Nebels liegt darin, daß man sich ziemlich allgemein daran gewöhnt, stets einen Re­volver bei sich zu tragen und ihn ebenso wenig entbehren kann, wie z. B. das Federmesser und die Geldtasche.

England.

Dem Londoner Rothschild sind kostbare Gemälde im Betrage von 600000 ^ verbrannt. Das ist selbst für ihn etwas stark.

Spanien.

Der Exkönigin Jsabella gefällt es doch nicht mehr in Spanien, wenn auch die Gerüchte von politischen Jntriguen, Verbannung w. unwahr sind. Die Regentin Maria Christine zeigt aber auch ihrer Frau Schwiegermutter, das; sie die Königin ist. und das gefällt Donna Jsabella eben nicht. Zum Früh­jahr will sie Spanien verlassen und wieder nach Pa­ris übersicdeln.

Bulgarien.

Sofia, 30. Jan. DieVulgärst" sagt, wie dieF. Z." meldet, in einer Besprechung der Kan­didaturen für den bulgarischen Thron: Der bulgari­sche Thron ist nicht vakant und benötigt keine Kan­didaten. Weder wollen wir Karageorgevics, noch den Woiwoden Milanow. Wir haben den vielgelieb­ten Fürsten Ferdinand, welcher uns aus der Anarchie rettete und Herr der Situation ist. Für ihn wollen wir unser Leben einsetzcn.

Afrika.

Die italienischen Truppen haben jetzt sämtlich Saati besetzt und ist dorthin auch das Haupt- q uartier verlegt. Trotzdem von den Abessyniern noch immer nichts zu sehen ist, kostet die Expedition aber doch sehr viel Geld. In der Deputiertenkammer zu Rom sollen weitere zwanzig Millionen Lire gefoidert werden.

Kleinere Mitteilungen.

Drei Bauern standen in Baden wegen Wilddieberei vor Gericht. Sie hatten, als der Forsthüter sich zeigte, die Gewehre weg geworfen und waren geflohen. Weil sic nicht auf der Th tt ertappt worden waren, leugneten sie jede Schuld und verleugneten auch ihr Eigentumsrecht an de» Gewehren, so daß der Freispruch erfolgen mußte. Der Präsident kün­digte ihnen letzteren unter kurzer Begründung an, die er in gleichgültigem Ton mit den Worten schloß:So, jetzt kann jeder sein Gewehr nehmen und wieder heimgehcn." Flugs hatte jeder derSchlitzöhrigen" sein Gewehr ergriffen, um sich damit zu entfernen. Nicht minder schnell war aber der Staatsanwalt bei der Hand, der jetzt besser Erfolg mit seinem erneuten Strafantrag hatte.

Mainz, 26. Jan. Dieses Jahr wird hier das fünf­zigjährige Jubiläum der großen Karnevalsgesellschaft be­gangen. Eine Anzahl von Weinhändlcrn hat hierzu eine be­sondere Stiftung gemacht. Aus einem Brunnen der Stadt wird nämlich während der Karnevalstage Wein zum unent­geltlichen Gebrauch fließen.

Prag, 29. Jan. Gestern wurde hier die Gattin eines hiesigen Hausbesitzers verhaftet. Dieselbe hat einem achtzig Jahre alten Privatier, zu welchem sie in intimen Beziehungen stand, im Zeiträume weniger Monate den Betrag von 80000 fl. entlockt.

Ans Palermo wird folgendes Familiendrama be­richtet: Ein Arbeiter stürzte sich mit seiner Frau und seinen 4 mit Stricken znsammengebundeneii Kindern aus Nor ins Meer. Alle sechs Personen ertranken.

Die letzten Schneefälle haben auf einzel­nen deutschen, besonders aber auf vielen ungarischen Bahnen Verkehrsstörungen hervorgerufen; sie reichen indessen bei Weitem nicht an die Stockungen heran, welche hauptsächlich in Nordamerika eingetreten sind. Der Schnee lag 10 bis 12 Fuß hoch und dabei herrschte ein so eisiger Wind, daß wenig für die Be­freiung der Züge gethan werden konnte. Manche