Amts- m«d Intelligenz-Matt für -e« Oberamts-Bezirk Nagold.

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Samstag den 4. Februar

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Das erledigte Oberamt N agold wurde dem Vcr- ntcser desselben Regierungs-Assessor Dr. Gugel von Hohen­heim gnädigst übertragen.

Gestorben: Den 3t. Jan. zu Stuttgart G. Fr. Schmidt, früher vieljahriger Sekretär beim Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, Ritter 2. Kl. des Friedrich-Or­dens, 84 I. a. (Als fleißiger Badegast des Bades Röthen­bach in Nagold vielseitig gekannt.)

Nach der Sozialisteudebatte.

Fürst Bismarck ist ini Reichstage nicht für die Verlängerung und Verschärfung des Sozialistenge­setzes emgetreten, trotzdem er am dritten Beratungs­tage bereits in Berlin war. Das Erscheinen des Kanzlers im Parlament war allgemein erwartet wor­den, ja man nahm an, seine plötzliche Ankunft in Berlin sei lediglich durch dies Motiv herbeigeführt worden. Dem war nun nicht so, der preußische Mi­nister des Innern, Herr v. Pnttkammer, hat mit dem sächsischen Bundesbevollmächtigten Held die Last der Vertretung der Vorlage allein getragen. Die beiden Herren haben ihr Ziel nicht erreicht, und wenn der Reichskanzler nicht bei der zweiten Lesung noch ctlvas Außerordentliches zu Gunsten der Vorlage in die Wagschale werfen sollte, so wird sie abgelchnt wer­den. Vorläufig findet ja erst eine Kommissionsbera­tung statt, aber darin wird schwerlich ein positives Resultat erzielt werden.

Die alle paar Jahre sich erneuernden Kümpfe um das Sozialistengesetz sind eine Erscheinung, die auf keiner Seite angenehm empfunden worden ist, und deshalb wird mit Recht auf einen baldigen de­finitiven Abschluß hingedrängt, der für eine Reihe von Jahren Ruhe sichert. Die eine Sozialistende­batte gleicht der anderen ganz verzweifelt; wirklich Neues wird nur in sehr geringem Maße vorgebracht und es kann nicht vorgebracht werden, weil die Zei­ten sich nicht geändert haben. Die nicht eben gün­stige Geschäftslage dauert in vielen Branchen noch fort, und damit auch die leichte Möglichkeit, Unzu­friedenheit zu erregen und neue Rekruten für die Sozialdemokratie zu gewinnen. Daß die Zahl der Anhänger derselben zugenommen hat, ist bei dem starken Nachwuchs von industriellen Arbeitern etwas ganz Selbstverständliches. Die jungen Leute, die in der Werkstücke, der Fabrik oder auch zu Hause selbst mit sozialdemokratischen Lehren genährt werden, be­vor sie nur im Stande sind, sich auch nur annähernd ein richtiges Bild vom wirtschaftlichen und gewerbli­chen Leben zu machen, fallen der Sozialdemokratie ganz von selbst in die Hände und prahlen mit poli­tischen Lehren, die sie gar nicht verstehen. So hat denn auch die diesmalige Sozialistendebatte mit Aus­nahme des heftigen Streites über dasSpitzelwesen" nichts Neues zu Tage gebracht. Von den sozialde­mokratischen Rednern ist mit großem Nachdruck der revolutionäre Charakter ihrer Partei bestritten. Daß Herr Bebel keine Lust hat, eine Revolution zu be­ginnen. ist glaublich, denn die Zeiten sind heute nicht darnach, aber so große Gaben und so große Auto­rität der sozialdemokratische Wortführer auch besitzen

mag, er wird es nicht verhindern können, wenn er es auch wirklich wollte, daß dieschärfere Tonart" in seiner Partei mehr und mehr die Oberhand ge­winnt. Wir Menschen bleiben nicht dieselben; ent­weder wir gehen nach rechts oder nach links, wenn wir glatte, abschüssige Bahnen betreten haben, und die Sozialdemokratie gleicht einer solchen zweifellos. Die französische Revolution von 1789 sollte nach dem Willen ihrer Urheber in keiner Weise zu dem wer­den , was sie unter den Schreckensmännern später wurde. Man wollte ursprünglich nur die konstituiio- nelle Monarchie, nicht aber die Republik. Diese letz­teren Bestrebungen gewannen viel später die Ober­hand, je mehr die Extremen ans Ruder gelangten, ^ die später von noch Extremeren wieder vernichtet wnr-! den. Herr Bebel kann nicht sagen, die Sozialdemo­kratie will und wird nur wollen die Hebung des Arbeiterstandes; darüber ist sie jetzt schon fort und es haben sich Gedanken in ihre Lehren eingeschlichen, die damit nicht das Geringste zu thun haben. Auf Bebel werden andere Männer folgen, und wir wer­den sehen, wie dann sich der sozialistische Strom gestaltet. Es geht den Sozialdemokraten wie allen ! Schwärmern, die auf eine Hochflut hinarbeiten, aber i nicht einsehen wollen, daß darauf notwendig eine! Ebbe folgen muß. Und die eine ist so schädlich, wie ^ die andere; nur daß die letztere am schwersten die Urheber der Flut trifft. Es läßt sich leicht mit großen Worten der Ban von Luftschlössern voll­bringen, aber Worte sind keine Thaten. Die Zeit­verhältnisse unterstützen das sozialdemokratische Trei­ben jetzt freilich, ber die Zeit gehört nicht der So­zialdemokratie an, umgekehrt liegt die Sache.

Tages-Neuigkeiterr.

Deutsches Reich.

** Nagold, 3. Febr. Am 1. d. M. traten! die Leiter der hies. Pfennigsparkasse zusammen,^ um von Hrn. Kassier Stroh näheres über den gegen- j wärtigen Stand dieser Kasse zu hören und zugleich das Ergebnis der durch Hrn. G. Schund vorgenom­menen Kontrolle zu vernehmen. Letzterer konstatierte, daß sich sämtliche Bücher des Rechners und Kassiers in einer musterhaften Ordnung befinden, weshalb der Vorstand, Hr. Helfer Finckh, demselben im Namen der Versammelten warme Anerkennung für seine Mühe­waltung zollte. Im Jahre 188? wurde die Pfen­nigsparkasse von 315 Einlegern benützt (gegen 340 im Vorjahre). Eingelegt wurden im letzten Jahre 1914^, zurückgezogen 1452 ^ Das Guthaben sämtlicher Einleger beläuft sich auf 5989 ^ (im Vorjahre 5882,87 ^). Ein kleiner Grundstock von 100,87 ^ war am Schluffe des Jahres vorhanden. Die Spar­kassengelder sind teils bei der hiesigen Stadtpflege? (samt Zins 1133,9 l ^), teils bei der württ. Spar-! kaffe (4947,10 -/A) angelegt. Das ganze Vermögen! der hies. Pfennigsparkasse beträgt 6091,19 ^ Da bei der württ. Sparkasse bis zu 5000 den Zins ^ nicht gerechnet, angelegt werden kann, so wurde be- ^ schlossen, noch weitere 450 ^ bei derselben unterzu- > bringen und erst später andere günstige Gelegenheiten ^ zur Anlegung der Gelder zu suchen.

Stuttgart, 31. Jan. In der Kammer der Abgeord-' neten begann heute die Beratung der Zwangsenteiguungs- vorlage und die damit in Verbindung stehende Aenderung i des tz 30 der Verfassungsurkunde. Die Justizgesetzgebungs- i kommission beantragte, in die Beratung der Vorlage einzu­treten. Wie mangelhaft das aus dem seitherigen H 30 der Verfassungsurkundc abzuleitende Expropriationsrecht sich ge-' staltet hat, geht aus dem Fehlen fester Normen für die Be­messung der Entschädigungssumme und der vollständige Man- gel eines geordneten Expropriationsverfabrens hervor. Der

Berichterstatter Landauer sprach sich denn auch für die Not­wendigkeit des Gesetzes aus, während Untersee gegenteiliger Ansicht ist. Mangel an Rechtsschutz habe in Württemberg nicht geherrscht, Unzufriedenheit dagegen noch bei jedem Ge­setz, namentlich in der Uebcrgangszeit. Der Aufwand an Zeit und Kosten werde ein größerer sein, als sicher, und da man bei Expropriationen stets auf die äußerste Gewinnsucht stoße, so solle man doch dieser gegenüber die Schwierigkeiten nicht noch vermehren, weil dadurch das Zustandekommen ge­meinnütziger Pläne geradezu in Frage gestellt werde. Ein weiterer Gegner der Vorlage ist der Frhr. v. Giiltlingen, der sich im Allgemeinen gegen die zu eifrige Gcsctzmacherei aus­ließ und ganz besonders aus dem Inkrafttreten des Reichs­zivilgesetzbuches, das über kurz oder lang fertig werden müsse, die Ueberflüssigkeit der Vorlage ablcitete, eine Anschauung, welche die Kommission keineswegs teilt. Der Ministertisch war zwar von 4 Ministern und 3 Rcgierungskommissarcn besetzt, aber keiner der Herren nahm an der Generaldebatte Teil. Das Haus beschloß mit großer Majorität, in die Einzelbcratuug einzutreten. Bei Art. 3 (wonach Grundstücke und Rechte des Staats, sowie Korporationen der Zwangs- cnteignuug nur insoweit unterliegen, als sie nicht nach der Erklärung des zuständigen Ministeriums für allgemeineStoats- und Korporationszwccke erforderlich sindj will die Kommission die Grundstücke und Rechte der Korporationen ausgenommen wissen. Der Vorschlag der Regierung enthalte eine Beschrän­kung der Autonomie der Gemeinden. Dieser Auffassung tritt Minister v. Schund entgegen. Die Gemeinden thäten unter allen Umständen gut daran, sich auf die Omnipoteuz des Staates zu stützen. Mitberichterstattcr Vizepräsident Dr. Göz, als der eigentliche Urheber des Kommissionsautrages, trat dafür ein, daß den Gemeinden die selbständige Wahrung ihrer Interessen belassen bleibe. Vor allem solle man den Gemeinden nicht das Widcrspruchsrccht cinränmen, so könne die Mißgunst, die beschränkte Einsicht einzelner Gemeinden leicht Institutionen, welche im allgemeinen Interesse sind, wie z. B. Straßenbahnen, Wasserleitungen re., in Frage stellen. Man hielt die Frage noch nicht für spruchreif und wies den Art. 3 an die Kommission zurück. Die Kammer vertagte sich bis zum Freitag Nachmittag.

Stuttgart, 31. Jan. Morgen Vormittag hält das kgl. Staatsministerium in Verbindung mit den von den Fraktionen gewählten Delegierten die erste Sitzung zur Vorbesprechung der Verfas­sungsänderungsfrage ab.

Stuttgart, 1. Feb. Das neueste Amtsblatt des Königlich Württembergischen Ministeriums des Innern Nr. 3 enthält einen Erlaß des Ministeriums des Innern an die K. Kreisregierungcn und die K. Oberämter zur Ausführung des Gesetzes, betreffend die Vertretung der evangelischen Kirchengcmcindcn und die Verwaltung ihrer Bermögensangelegenheitcn vom 14. Juni 1887. Es heißt in diesem Erlaß: Nach Berichten öffentlicher Blätter haben in Ge­meinden, bei welchen die Voraussetzungen des Art. 92 des genannten Gesetzes nicht zuzutreffen scheinen, die Stiftungsräte gleichwohl beschlossen, die Anwen­dung des Art. 92 in Anspruch zu nehmen, und sol­len in ganzen Oberämtern und Diözesen die Gemein­dekollegien im Begriffe stehen, die Anwendung des Art. 92 zu beschließen. Bon anderer Seite ist dem Ministerium mitgeteilt worden, daß einzelne Beamte des Departements des Innern auf ergangene An­fragen den Ortsvorstehern den Rat erteilen, es beim alten zu lassen, oder daß sie sich sonst bei Gelegen­heit im gleichen Sinne aussprechen. Würden diese Mitteilungen Grund haben, so stünden der Durch­führung des Gesetzes in der von dem Gesetzgeber beabsichtigten Ausdehnung große Schwierigkeiten ent­gegen. Nach der zweifellosen Absicht des Gesetzge­bers soll die Belastung des bisherigen Zustands die Ausnahme bilden und nur bei besonders einfachen Verhältnissen gestattet werden; es hat daher der An­wendung des Art. 92 eine strenge Prüfung der kon­kreten thatsächlichen Verhältnisse vorauszugehen. Die Behörden und Beamten des Departements des In­nern haben unter diesen Umständen die Aufgabe und werden hiemit besonders hiezu angewiesen, die Ge-