diebstahl verübt worden mittelst Erbrechen des Post­karrens und Aufschneiden des in demselben befindlichen Wert-Postbeutels. Der Dieb hat aber leinen beson­ders glücklichen Griff gethan, er scheint wohl Eile ge­habt zu haben. Er erwischte einen Geldbrief mit 33 ^ Inhalt, während einige Wertpakete, die meh­rere Tausend Mark enthielten, seinen langen Fingern entgiengen. Der abhanden gekommene Geldbrief wurde von einem hiesigen Versicherungsagenten am Nachmit­tag des 2. Jan. der hiesigen Post zur Beförderung übergeben. Die der Sendung beigeschlossene Korre­spondenz wurde am andern Tag auf dem Eutinger Bahnhof von einem dort Bediensteten aufgefunden und Haiterbacher Zimmerleuten, die zufällig anwesend wa­ren, übergeben. Untersuchung ist eingeleitet, welcher es hoffentlich gelingen wird, den Schuldigen zu er­mitteln. In voriger Woche ist hier eine meteoro­logische Station errichtet worden.

^ Pfrondorf, 17. Jan. Beim Holzfällen im Schwarzenbach sollte diesen Vormittag der wackere und geachtete Fronvogt und Gemeinderat I. G. Renz sein Leben verlieren. Durch diesen bedauerlichen Un­glücksfall ist die Zahl derjenigen Bürger, die nach dem Grundsatz: Thue recht und scheue niemand" leb­ten, um einen vermindert und ein nachahmungswertes, schönes Familienleben gestört und aufgelöst worden. 4 Kinder im Alter von 1016 Jahren und eine Witwe trauern um ihren zärtlichen Vater und Gat­ten; aber auch die ganze hiesige Einwohnerschaft fühlt und trauert mit.

Herrenberg, 15. Jan. Heute früh, wenige Minuten vor 1 Uhr, wurde die hiesige Stadt durch Feuersignale erschreckt. In einem Hinterbau des Gasthofs zurPost" war Feuer ausgebrochen, wel­ches durch Heu- und Strohvorräte im oberen Stock reichlich Nahrung fand. An ein Retten des bren­nenden Gebäudes war nicht zu denken, die Feuerwehr hatte ihr Hauptaugenmerk auf den Gasthof z. Post selbst, sowie an die angebauten Häuser des Kauf­manns Marquardt und Seifensieders Enßlin zu rich­ten. Der Hinterbau ist vollständig abgebrannt. Die Entstehung des Feuers ist bis jetzt nicht bekannt. Der Hausknecht von derPost" wurde sofort einem Verhör unterzogen. Nachmittags war Plenarver­sammlung des landw. Vereins, wobei Oekonomierat Ruoff von Niederreuthin einen sehr lehrreichen Bor­trag über die möglichst billige Vermehrung des Streu­materials hielt.

Stuttgart, 15. Jan. Im hiesigen Giiterbesitzcr- Vcrein, der über 400 vorwiegend dem Weingärtnerstande an- gehörige Mitglieder zählt, wurde heute eine gemeinschaftliche Petition wegen der Weinfrage an den Reichstag beschlossen. Zum Schutze des Naturerzeugnisses und des Weingärtners, der durch die Wcinvermehrung mittels Gallisierens beeinträch­tigt werde, wurde als notwendig bezeichnet: 1) ein Verbot des Kunstvereins: 2) die Deklarationspflicht für den durch Gallisicren d. i. Zuckcrzusatz verbesserten Wein. Die Wein­frage würde freilich, so schloß der Referent, Ratsschreiber Warth von hier, seinen Vortrag, am besten durch gute Wcin- jahrc, die wir alle herbeiwünschen, gelöst werden. Weiterhin führte die Tagesordnung auf das letztjährige Auffinden der Reblaus in Württemberg. Der Referent Ratsschreiber Warth empfahl als das nach Ansicht der Praktiker beste Bekämpfungs­mittel der Reblanskrankheit die größte Wachsamkeit der Wein­gärtner, damit die Krankheit sofort im Entstehen erkannt wird und nicht 2 und 3 Jahre Zeit zur Ausbreitung findet, wie in Ncckarweihingen. Zu diesen! Zwecke läßt die württ. Zen­tralstelle für Landwirtschaft gedruckte Belehrungen verbreiten.

Stuttgart, 17. Jan. Unser Landsmann vr. pkil. ei tbeol. Heinrich Köstlin, seit 1883 Professor der Theologie am evang. Prcdigerseminar und Pfarrer zu Friedberg im Großherzogtnm Hessen, hat einen Ruf auf die ordentliche Professur für praktische Theologie in Greifswald (Pommern) erhalten.

Cannstatt, 15. Jan. Die Bibliothek des hier wohnhaften sozialdemokratischen Reichstagsabge­ordneten Bloß wird im Wege der Zwangsvollstrek­kung zum Verkauf gebracht.

Schramberg, 13. Jan. Die hiesigen bürger­lichen Kollegien haben beschlossen, hier die Polizei­stunde wieder einzuführcn.

Geislingen, 13. Jan. Das einst angesehene Mine­ralbad Ditzcnbach ging diese Woche durch Zwangsverkauf um 30000 ^ in andern Besitz über. Der gemeinderätliche An­schlag hatte auf 49 OVO gelautet. Die Einnahme aus dem Mineralwasscrversandt allein wird auf 5000 ^ jährlich ge­schätzt.

Frankfurt a. M., 13. Jan. Am 22. Jan. findet ein Wett-Eislaufen des Frankfurter Schlitt- fchuh-Klubs im Palmen garten statt, welches ein hoch­interessantes zu werden verspricht, da bereits von allen eissportlichen Vereinen Deutschlands sowie Oester­reichs Meldungen vorliegen. Wien wird durch 5 sei­ner hervorragendsten Eisläufer sowohl im Kunst- als such im Schnelllauf vertreten sein, ebenso haben Ber­

lin, Hamburg und München ihre ersten Kräfte zum Wettbewerb gestellt.

Berlin, 14. Jan. Die neu zu errichtende deutsche Botschaft in Madrid die siebente des Reichs soll hin­sichtlich der Kosten mit der Botschaft in Rom auf die gleiche Stufe gestellt werden, insofern der neue Botschafter dort ein jährliches Einkommen von 100 OM erhalten soll. Der

bisherige Gesandte am spanischen Hofe bezog für seine Per­son 63 OM und die deutsche Gesandtschaft daselbst machte einen Kostenaufwand von insgesamt 78000 während die Botschaft in Rom 143050 erfordert. Von den Botschaf­tern erhalten die höchsten Bezüge diejenigen in Petersburg und London mit je 150 OM die Botschafter in Wien, Pa­ris und Konstantinopel empfangen je 120000 den billig­sten Aufenthalt bilden die Hauptstädte Rom und Madrid, wo die Repräsentation mit IM OM jährlich zu bestreiten ist.

Berlin, 16. Jan. Das Schulunterhal­tungsgesetz stellt 20 Millionen zur Verwendung für eine Beisteuer zu den Gehältern der Lehrer und Lehrerinnen an die Kommunen. Die Zuschüsse sollen in Beträgen von 100, 200 und 400 Mark erfolgen. An diese Beihilfe ist die Bedingung geknüpt, daß das Schulgeld an Volksschulen aufgehoben wird.

Berlin, 16. Jan. Der Entwurf des neuen Sozialistengesetzes ist dem Reichstage heute zugegan­gen. Die Dauer des Gesetzes soll bis 30. Septbr. 1893 festgesetzt werden.

Berlin. (Falsche Reichskassenscheine.) Die Reichsschulden-Berwaltung hat dem Königl. Po­lizei-Präsidium mitgcteilt, daß ihr aus Sachsen und Baden falsche Reichskafsenfcheine, auf 50^ lautend, vorgelegt sind, die zu einer bisher noch nicht bekann­ten Sorte von Nachahmungen gehören. Als beson­deres Kennzeichen des Falsifikats wird die leichte Ber- waschbarkeit angegeben, die übrigen Merkmale sind weniger hervortretend. Die Schau- und die Rück­seite sind meistens durch Kupferdruck hergestellt, in einem Falle durch Handzeichnung mittels Feder und Pinsel, in anderen Fällen durch Ueberzeichnung eines autographischen Umdrucks.

Nach derGermania" sprach der Papst dem Frhrn. v. Franckenstein gegenüber den Wunsch aus, das Zentrum möge bestehen und einig bleiben.

Berlin, 17. Januar. Der Kaiser hat ein Dankschreiben auf die ihm dargebrachlen Neujahrs­wünsche an die Vereine vom Roten Kreuz gerichtet, in welchem es heißt: Ich gebe mich, auf Gottes All­weisheit vertrauend, der Hoffnung hin, daß die Zeit, wo den Vereinen vom Roten Kreuz eine ernste Aufgabe zufällt, zum Segen des Vaterlandes noch lange fernbleiben werde.

Berliner Karneval! Bei einem Karne­valfest im Centralhotel am Sonnabend abend wurden für 17000 ^ Champagner, für 11000 ^ andere Weine vertilgt. Schöne schlechte Zeiten!

Oesterreich-Ungarn.

Wien. Die Worte der preußischen Thron­rede über die Auswärtige Politik haben die pessimi­stische Stimmung verstärkt. Die Delegationen sollen diesmal schon im Mai statt wie sonst Oktober statt­finden. Eine Revision des Wehrgesetzes steht bevor. Der Beginn der Wehrpflicht wird vom 20. auf das 21. Lebensjahr verlegt, die Bestimmung über den Einjährig-Freiwilligen-Dimsl werden verschärft.

Wien, 14. Janr. Aus Belgrad verlautet: Das RegierungsblattOdjet" berichte von einer Verschwörung im bulgarischen Offizier­korps in Rustschuk, Schumla, Plenum; zwölf Offi­ziere und mehrere Unteroffiziere seien verhaftet.

Budapest, 13. Jan. Gegen einen rumäni­schen Pfarrer im Temeser Komitat ist eine Untersu­chung eingeleitet, weil er in einer Sonntagspredigt die Gläubigen aufgefordert, im Kriegsfälle es mit den Russen zu halten.

Aus dem böhmischen Landtag klingen wie Osterglockengeläute Nachrichten von der Anbahnung einer Versöhnung zwischen Tschechen und Deutschen, und zwar ist die Veranlassung das neulich eröffnete neue deutsche Theater in Prag geworden. Während früher jeder Beitrag ans Landesmittcln zum Bau des Theaters in der schroffsten Form von den Tschechen verweigert worden war, befürwortete Pro­fessor Durdik in der Sitzung des Landtages vom 12. Jan. auf das Wärmste die beantragte Beitrags­quote für das deutsche Landestheater, indem er her­vorhob, daß beide Nationalitäten das gleiche Anrecht auf die Förderung ihrer Kunst und Kunstgcwerbe hätten, und daß die Deutschen mit der Errichtung des zweiten Theaters bezeugten, daß Prag auch ihre Hauptstadt sei.Das deutsche Theater ist ein Band mehr, welches das Deutschtum an Prag fesselt.

Die Tschechen können den Deutschen nur dankbar, dafür sein, daß sie Prag durch dieses herrliche Ge­bäude geschmückt haben." Der Beitrag für das Theater wurde hierauf einstimmig bewilligt.

Die österreichisch-polnischen Blätter erhalten Mitteilungen über die fortgesetzten militärischen Vor­kehrungen Rußlands. Zum Zwecke der Verprovian­tierung Rußlands werde Großartiges geleistet; sämt­liche russischen Eisenbahnen seien veranlaßt worden, ihren Wagenpark zu vervollständigen. Gegenwärtig werde der Vervollkommnung der Militär-Sanitäts- Einrichtungen große Aufmerksamkeit gewidmet Aus­ländische Kaufleute, besonders Spediteure, die seit Jahren in den russisch-polnischen Grenzbezirken an­sässig waren, erhielten am russischen Neujahrstage den Befehl, unverzüglich ihre Geschäfte zu schließen, da sonst ihre Ausweisung erfolgen würde. Viele ver­lassen Kongreßpolen, mehrere siedeln nach Krakau über.. Frankreich.

Paris. Präsident Carnot hat den Korpskommandanten ein Essen gegeben, welchem ein glänzender Empfang folgte, bei welchem das ganze diplomatische Korps, die Minister und etwa 5000 l Personen erschienen. Frau Carnot trug bei dieser Gelegenheit eilt mit Diamanten verziertes Diadem. General Boulanger, welcher der Gegenstand all­gemeiner Aufmerksamkeit war, zog sich sehr früh zurück.

Paris. Der mit einer Maßregel bedrohte Untersuchungsrichter in der Wilson'schen Angelegen­heit, Vigneau, wird rapiat. Er droht, falls ihm eine Strafe zu Teil wird, seine Entlassung als Richter einzureichen und Enthüllungen zu machen, die viele hochgestellte Personen blamieren sollen.

Paris, 14. Jan. Ja der Kammer kam es anläßlich, der Beratung über den Antrag Basly, die verurteilten Berg- ? leute von Decazeville und Montceau zu begnadigen, zu einer ^ dramatischen Szene. Gaillard gab eine bewegliche Schilderung j des Elends, in welchem die zwei Kinder eines der Vcrurteil- ! ten zurückgeblieben seien. Herzog Larochesoncault unterbrach , ihn mit den einfachen Worten:Geben Sie die Kinder mir^

. ich werde sie erziehen lassen." Allseitiges Händeklatschen üe- ! lohnte den Herzog.

Der bekannte Abgeordnete und Freund Bou- ! langer's, Laur, weilt zur Zeit in Oesterreich als . eine Art Berichterstatter. In den von ihm in die j Heimat gesckiickten Briefen,Stimmungsbilder" ent- j haltend, kommt unter anderem eine Stelle vor, die ! den Franzosen zu denken geben könnte. So meint ! er:Bismarck sprach die Wahrheit, als er sagte, Deutschland könne drei Gegnern widerstehen. Mit 300000 Mann, die es im Osten zurückläßt, und mit ^ Oesterreichs Hilfe braucht Deutschland nichts von Seite Rußlands zu fürchten. Zwischen Deutschland und Rußland wird kein Duell auf Leben und Tod stattfinden. Die deutsche Hauptarmee kann also ganz gegen Frankreich verwendet werden." Bei der Be­sprechung der inneren Lage Frankreichs findet sich j ferner die folgende bemerkenswerte Stelle:Es ist fraglich, ob Frankreich, ohne von Deutschland insul-. tiert worden zu sein, den Krieg erklären würde, blos weil der Moment zum Kriege gekommen wäre. Viel­leicht wären in der Kammer zehn Abgeordnete, die das thäten, die übrigen würden sich aber gewiß nicht zu einer Kriegspolitik bestimmen lassen." Was wohl ^ Boulanger zu diesen Auslassungen seines Jntims sa- ! gen wird?

Italien.

Ein diplomatischer Konflikt zwischen Frankreich und Italien scheint sich in die Länge j ziehen zu wollen. Ein italienischer Friedensrichter ! in Florenz gab dazu jüngst bekanntlich Anlaß, in- j dem er die Wohnung des dortigen französischen Ge- ^ neralkonsuls nach Papieren durchstöberte, die sich auf ^ den Nachlaß eines italienischen Unterthanen bezogen. Der italienische Botschafter Menabrea batte dem ^Minister des Aeußern, Flourens, mitgeteilt, der ^ Staatsbeamte, der so eigenmächtig auf dem französi­schen Generalkonsulate vorgieng, werde in Ungnade auf einen andern Posten versetzt werden, und obwohl ein Teil der Pariser Presse diese Genugthuung nicht hinreichend fand, gab sich Flourens zufrieden, schon um den Unterhandlungen über die Erneuerung des italienisch-französischen Handelsvertrags, um derent­willen der einstige Handelsminister Teisserencede Bort gegenwärtig in Nom weilt, nicht zu schaden. Allein einige Tage später war der Stand der Dinge ein anderer, angeblich weil die Kommission für die diplomatischen Kompetenzkonflikte die Vorschläge des Premierministers nicht gutgeheißen hatte, und sollte,