(Die Kosten dtzs.neuen Wehrgesetzes.) Der Köln. Ztg. wird datüber aus Berlin telegra­phiert: In unseren Politischen Kreisen erwartet man, daß dem Reichstage schon bald nach seinem Zusam­mentritt am 17. Januar ein Nachtraaselat zugehen wird, der die Forderungen der Mmtärverwalturig für die aus der neuen Wehrvorlage hervorgehende Heeresverstärkung enthalten wird. Die Höhe dieser Forderung ist noch nicht genau bekannt. In sonst unterrichteten Kreisen wird angenommen, daß sie sich auf nahezu hundert Millionen belaufen wird. In anderen Kreisen wird freilich diese Höhe bestrit­ten. Jedenfalls hat bereits der Kriegsmmister in der Reichstagssitzung vom 16. Dezember ausdrücklich dar­auf hingewiesen, daß durch Bekleidung, Bewaffnung und Ausrüstung der für den Kriegsfall in Aussicht genommenen Gesamtverstärkung des Heeres nicht un­erhebliche einmalige Kosten entstehen werden.

Berlin, 10. Jan. DieNat.-Ztg." sagt: Die Vorlagen im Kriegsministerium über die einma­ligen Kosten der Wehrvorlage sind noch nicht abge­schlossen. Die Kosten werden aber den bereits ge­nannten Betrag von hundert Millionen annähernd erreichen. Der gestern von Friedrichsruh zurückge­kehrte preußische Kriegsminister habe darüber mit dem Fürsten Bismarck konferiert.

Posen, 5. Jan. In der Stadt Kamin (Po­len) brannten 90 Häuser nieder.

Oetzerrcich-Unaak«.

Wien, 9. Jan. Das Geschick des Prinzen Ferdinand von Coburg gilt als besiegelt. Eine Intervention zu seinen Gunsten ist ausgeschlossen.

Wien, 10. Jan. Die r-uss. Kaiserfamilie hat den verarmten Bewohnern Montenegros, wo 30000 Menschen nahtungslos geworden sind, ein Schiff voll Getreide gespendet.

Der russische Militärattachöe Zujew in Wien machte am Sonnabend dem Kriegsminister Graf Bylandt-Reydt einen Besuch und gab im Na­men des Zaren die amtliche Erklärung ab, der Kai­ser wolle den Frieden wie bisher erhalten, und die russischen Truppenaufstellungen hätten mithin keinerlei feindselige Tendenz. Nach einem, bisher nicht ver­bürgten Gerücht habe er hinzugefügt, es würden noch 23 Infanteriedivisionen zur Grenze gezogen, doch bedeute auch das nichts Feindseliges. Die österreichische Regierung ist bereit, den Coburger ohne Weiteres fallen zu lassen, wenn dem Frieden damit zu dienen ist.

Bei Komorau (Böhmen) erfroren in der Nacht zum 3. d. M. 8 Zigeuner in ihrem Lager.

Frankreich.

Paris. Der französische Offizier v. Wangen, der bekanntlich bei der Affaire von Raon durch einen unglücklichen Schuß des Jägers Kaufsmann verwun­det worden war, ist zum Ritter der Ehrenlegion er- nannt worden. (Ein merkwürdiges Verdienst'.)

Paris, 6. Januar. Die wegen Handels mit Orden angeklagten Debreuil, Ribaudeau und Hevert erschienen heute vor dem Gerichtshöfe der zehnten Strafkammer. Der Staatsanwalt und der Verteidi­ger der Angeklagten beantragten, das Verfahren ein­zustellen, bis die Untersuchung gegen den Hauptzeu­gen Wilson erledigt sein werde, der auf Grund von Aussagen der Rattazzi unter dem Verdacht steht, für die Ordensverleihung an Legrand 3000 Franks erhalten zu haben. Das Gericht ordnete Vertagung an. Man erwartet stündlich die Verhaftung Wilsons.

Paris. 9. Jan. Carnot hielt am Sonntag eine Jagd in Rambouillet ab, an der auch Graf Münster teilnahm.

Paris, 9. Jan. Der Präsident Carnot be­sichtigte heute die Arbeiten für die Weltausstellung i 1889, welche eifrigst betrieben werden.

Italien.

Rom. Der Kampf zwischen der vatikanischen Presse und den Regierungsblättern, welcher sich aus Anlaß des Jubiläums entspann, dauert mit urige-, meiner Heftigkeit fort. Crispi's OrganRiforma" erklärt unumwunden. angesichts der Haltung der Kurie sei der Antiklerikalismus geradezu Ehrensache für jeden italienischen Patrioten.

Rom, 6. Jan. Fürst Colonna überschickte dem Papst durch seinen Haushofmeister Enrico Do- nati einen kostbaren Edelstein als Jubiläumsgeschenk. > In dem Augenblicke, als sich Donati seiner Mission entledigen wollte, stürzte er vor dem päpstlichen § Throne, vom Schlage getroffen, tot zusammen. Der - Papst war über dieses Ereignis tief ergriffen.

Rom, 7. Jan.Tribuna" bestätigt die Nach­richt, der König habe von vielen hervorragenden liberalen Männern verschiedener Nationalitäten Glück­wünsche als Gegendemonstration zu dem Papstjubi­läum bekommen.

R 0 m, 9. Jan. Die Turiner Akademie der Wissenschaften erkannte Pasteur den großen Welt­preis Breffa von 12 000 Francs zu.

Mit Spannung erwartet man nähere Nach­richten über den Gang der Dinge in Mas sau ah, als sie bisher und auch heute eingetroffen sind. Denn man sagt sich mit Recht, daß eine Niederlage der Italiener für die Erfolge der europäischen Kolonial­bestrebungen an der ostafrikanischen Küste von der schädlichsten Rückwirkung sein würde. Es ist eine be­kannte Thatsache, daß der Küstenasrikaner dem Euro­päer zunächst Mißtrauen entgegentrügt, und daß nur die Furcht vor der Ueberlegenheit seiner Waffen ihn davor zurückschreckt, die brutalste Gewalt anzuwenden, um sich seiner zu entledigen. Ein einziger Mißerfolg der italienischen Waffen dem Negus von Abessynien gegenüber könnte ausreichen, um den Glauben an die Macht der gefürchteten Franken zu erschüttern und an seine Stelle den Uebermut des Barbaren zu setzen.

Rom, 9. Jan. Es geht das Gerücht, bei Massauah dauert die Schlacht schon seit 24 Stunden. England.

London. Königin Viktoria hat der Gemahlin des Dr. Mackenzie einen großen Shawl mit golde­nen Palmen zum Geschenke gemacht, der einen enor­men Wert repräsentiert. Die Königin legte der Gabe ein Schreiben bei, in dem sie sagte:Die Dienste, welche Ihr Gemahl meinem Schwiegersöhne, dem deutschen Kronprinzen, leistet, reißen ihn häufig von Ihrer Seite; um Ihnen zu beweisen, wie sehr ich dieses uns gebrachte Opfer anerkenne, schicke ich Ihnen dies Zeichen meiner Huld!"

Rußland.

St. Petersburg, 8. Janr. Der Minister des Innern verbot alle öffentlichen studentischen Ver­sammlungen und Soireen, weil diese der Ursprung zu politischen Verbrechen seien. Aus Moskau wurden letztes Vierteljahr 700 Juden ausgewiesen.

Petersburg, 9. Jan. Anläßlich der Ent-^ lassung des ältesten Mannschafts-Jahrgangs des Gardekorps sagt diePetersburger deutsche Zeitung", die Kavalleristen und Artilleristen seien bereits ent­lassen; die Entlassung der Infanteristen erfolge in den nächsten Tagen. Das Blatt begrüßt diese früh- ! zeitige Entlassung als ein Friedenszeichen. !

Türkei. !

Ko nstautinopel, 8. Janr. Der russische Botschafter wurde gestern vom Sultan empfangen. ! Der Botschafter gab die friedlichsten Versicherungen. ! Der Sultan sprach die Hoffnung aus, daß eine all- j seits befriedigende Lösung der bulgarischen Frage ec- § zielt werde.

Bulgarien. i

Sofia, 7. Jan. Das Kriegsministerium hat ^

eine Offert-Ausschreibung publiziert für folgende, am ^ 1. April zu liefernden Gegenstände: 100 000 Tor- ! nister, 100000 Reserve-Patrontaschen, 140000 In- ! fantecie-Patrontaschen, 70000 Leibriemen, 70000 ^ Gewehrriemen und 100000 Menageschalen.

Sofia, 9. Jan. Der Putsch störte die Ruhe ! in Bulgarien nirgends. Auch in Burgas ist alles! ruhig. Zur Verfolgung Nabokows (des ehemaligen ' russischen Hauptmanns) sind 2 Schiffe abgegangen. ^ Man vermutet, der entkommene Führer wird in Bälde i anderswärts mit Insurgenten auftauchen, da anzu-' nehmen ist, daß derselbe Mitverschworene im Lande hat. -

Der Putsch Nabokow's mußte von Anfang ! an aussichtslos erscheinen. Man glaubt, daß Nabo- ^ kow selber dies wußte und nur seinen Geldgebern einen Beweis seiner Thätigkeit geben wollte, auf daß ' deren Freigebigkeit nicht Nachlasse. Jedenfalls war es aber für Nabokow persönlich ein großes Wagnis, denn nachdem die Bulgaren ihn schon im November. vorigen Jahres gefangen genommen und zum Tode verurteilt hatten, dann aber auf russische Drohungen hin freigeben mußten, würden ssie diesmal wohl kur­zen Prozeß gemacht haben. Schon im November ist er nur mit knapper Not der Erschießung entgangen, denn Major Panitza, der damals mit der Nieder­werfung des Aufstandes in Burgas beauftragt war, wollte sich erst durchaus nicht der Regentschaft fügen, die einen Aufschub der Hinrichtung verlangte. Als damals Nabokow freigegeben wurde, konnte er nicht Worte des Dankes genug finden. Panitza erzählte,

daß er mit Thränen in den Augen versprochen habe, niemals wieder etwas gegen Bulgarien zu unterneh­men. Dasselbe thaten damals auch Benderew und Gruew, die ihre Versprechungen bekanntlich bei Rust- schuk ebenso gehalten haben, wie Nabokow jetzt bei Burgas.

Asien.

Jaffa (Palästina), 30. Dez. Im schönsten Grün, wie es in Deutschland der Monat Mai bringt, bei herrlichstem Sonnenschein durften wir Weihnachten feiern. Palästina, so viel besprochen zur Zeit der Kreuzzüge, das Land, in welchem der Heiland gebo­ren wurde, liegt immer noch verwüstet, und jetzt erst fängt man an, diesem Ausgangspunkt allen Lichtes etwas mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Das tür­kische Regiment herrscht seit vielen Jahrhunderten, unter seinem Druck kann nichts Ersprießliches ge­deihen. Wo sind die Päpste, welche das Kreuz pre­digen, wo die protestantischen Lehrer, wo dem heili­gen Land feine Bedeutung wieder verschaffen wollen? Was ist die Christenheit wert, welche sich so wenig um das Land kümmert, das der Ursprung der leider sehr verketzerten, einfachen Lehre Christi ist! Nun, es gibt Klöster genug im Land, und in der Grabes­kirche zu Jerusalem schreien sich die Priester der vie­len Konfessionen, welche sich in den Raum teilen, die Lungen heraus, ein Getümmel herrscht, das dem Sinn des Erlösers gewiß nicht entspricht. Soll das alles sein, was die Christenheit zum Gaudium der Moslim leistet, so ist es sehr traurig um sie be­stellt. Und ist es draußen viel anders? In den Städten und Märkten besteht große Gleichgiltigkeit. Fromme Leute werden fast mißachtet! Soll daraus das Reich Gottes entstehen? Die deutschen Tempel- Kolonien in Palästina haben auch noch nicht alle Eigenschaften, welche erforderlich sind, das Reich Gottes zu bilden, aber ihr eifriges Bestreben ist es, dieselben zu erreichen und der Ernst ihrer Versamm­lungen zeugt davon. Wie alle Jahr, war auch dies­mal die Christfestfeier eine erhebende. Möchten die Schriften Christoph Hoffmanns mehr Eingang finden, vieles würde sbesser._(W. Ldsztg.)

Kleinere Mitteilungen.

Das Jahr 1888 zeichnet sich durch einen Fall aus, welcher nur alle achtundzwanzig Jahre wiederkehrt. Der Monat Februar wird 5 Mittwoche zählen, was seit 1860 nicht vorgekommen ist. Im Jahre 1884 zählte der Februar ö Freitage, 1880 5 Sonntage, 1876 5 Dienstage, 1872 5 Donners­tage, 1868 5 Sonnabende, 1864 5 Montage.

Biberach, 7. Jan. Bei dem jüngst hier nachts 1 Uhr ausgcbrochenen Brande wären sechs Menschenleben als verloren zn betrachten gewesen, wenn nicht durch die unauf­hörlichen ängstlichen Anstrengungen eines Hundes diese Gefahr abgewendet worden wäre. Der Sohn des Hausbesitzerszur Rose" nahm aus Mitgefühl wegen der strengen Kälte das treue Tier mit auf sein Zimmer; nach kurzem Schlaf erwacht der junge Mann an einem kräftigen Wegziehen der Bettdecke; ahnungslos ergreift er dieselbe wieder, sich einzuhüllen', im­mer wieder zieht der Hund solche weg, läuft bellend zur Thür und endlich erhebt sich der Schläfer. Beim Ocffnen der Thüre schlagen schon die Flammen in das Zimmer, so daß nur kurze Zeit blieb, die auf dem gleichen Boden Schlafen­den zu wecken, welche fast unbekleidet dem Verderben noch entrinnen konnten.

Frankfurt, 7. Jan. (Unsere Dienstboten!) Das Jnt.-Al." erzählt: Der Besitzer einer Villa im Westend kehrte vorgestern abend ganz unerwartet von einer Reise zurück. Er schellte an der Gartenthiire, es wurde ihm aber .nicht geöff­net, obschon der Salon im ersten Stock hell erleuchtet war. Schließlich mußte er sich bequemen, über die Einzäunung des Gartens zu klettern. Als er dann den ersten Stock betrat, fand er alles dunkel. Er zündete Licht an und entdeckte nun, daß im Salon anscheinend vier Personen soupiert hatten. Bei der weiteren Wanderung durch die Zimmer fand er auf dem Boden des Schlafzimmers liegend ein betrunkenes Frauen­zimmer und in seinem Bett einen fremden jungen Mann, der in tiefstem Schlafe war. Die Köchin, welcher die Bewachung des HaujeS anvertraut gewesen war, hatte sich, als sie das Läuten der Hausglocke hörte, im Keller versteckt, während ihr Geliebter, der mit an dem fröhlichen Wahle teilgcnom- men hatte, aus dem Fenster in den Garten gesprungen war. Jenes betrunkene Frauenzimmer war ihre Schwester und der junge Mann, der im Bette des Hausherrn seinen Räusch ausschlief, war der Geliebte derselben. Die ganze Gesellschaft wurde noch in derselben Nacht an die Luft gesetzt.

In Gotha ist ein Bauunternehmer zu 200 Geld­strafe verurteilt worden, weil er in zwei Fällen zum Bau von Häusern Mörtel verwendet hatte, der fast gar keinen Kalk enthält.

In der Festwoche hatte in Langensalza ein kleiner Knabe die Abwesenheit seiner Mutter benutzt, um die. Achter des Christbaums anzuzünden. Dabei gerieten einige Stücke der in der Stube aufgehängten Wäsche in Brand, jo daß ein dichter Hauch entstand, der den Knaben betäubt und sei­nen Tod herbeigeführt hat.

Ein interessantes Kunstwerk, welches zur schnelleren Herausgabe des Geldes an Billetschaltern dienen soll, ist ein