Zeitpunkt erfolgt sei, wo ungünstige Gerüchte über die gegenseitigen Beziehungen umliefen.
Elbing, 4. Aug. Der „Voss. Ztg." wird von hier gemeldet: Mit dem Morgen-Courierzug traf heute Marquis Tseng mit Gefolge hier ein und nahm Wohnung im „Königlichen Hof". Nin 9. Uhr fand auf der reich mit Flaggen geschmückten Werft von Schichau die Besichtigung der vollendeten und im Bau befindlichen Torpedoboote statt, au welcher die anderen hier weilenden Vertreter fremder Mächte (Offiziere und Ingenieure) Teil nahmen. Die Werst in voller Thätigkeit bot ein großartiges Bild industriellen Schaffens. Zu Ehren des Gastes wurde ein Torpedoboot vom Stapel gelassen. Um 3 Uhr fand im Haufe des Kommerzienrats Schichau ein Diner statt, an welcher alle Fremden Teil nahmen. Es sind bisher 11 Torpedoboote für China gebaut worden und der Marqms war hier, um neue Abschlüsse zu machen.
Kages-WerrigkerLerr.
— Von der Knabenkolonie Neubulach wird geschrieben: Sämtliche Knaben der hiesigen Kolonie erfreuen sich des besten Wohlseins. Das bleiche Aussihen ist verschwunden und die Wangen haben sich dank der kräftigen Tannenluft und der reichlichen, guten Kost gerötet. Die Knaben sehen darum mi: Bedauern das Ende ihres hiesigen angenehmen Aufenthaltes herannahen. Im Laufe der Woche wurden giößere Ausflüge nach Effringen, Bad Teinach, Tröllenshof und nach Schloß Waldeck (großartige Ruine) unternommen. Die Kolonie hat sich eines erfreulichen Entgegenkommens der hiesigen Bewohner zu erfreuen und auch Bewohner der Umgegend haben ihr schon mehrfache Beweise des Wohlwollens erzeigt.
Stuttgart, 3. August. Auf dem am 8. Juni statttgehabten Viehmarkte zu Waiblingen wurden (wie s. Z. gemeldet) dem Bauern Bürkle, der grade in einem Ochsenhandel begriffen war, das 1000 Mark Papiergeld enthaltende Taschenbuch wcggenommen. Der Bauer bemerkte seinen Verlust sofort und wurde von Umstehenden auf einen angeblichen Viehhändler aufmerksam gemacht, der die That verübt habe. Der Viehhändler, ein Fleischhauermeister aus Karolinenthal bei Prag, Namens Wenzel Mirowsky, roch Lunte und luß das Taschenbuch fallen, wurde aber festgenommen und kam heute vor der Strafkammer zur Verhandlung. Unsere Leser dürfte in diesem Fall namentlich das Vorleben des Fleischermeisters interessieren, der sechsmal in Böhmen wegen Diebstahls verurteilt wurde, und zuerst 8, dann 10, dann 25 bis zu 50 Rutenhiebe erhalten hatte. Die hiesige Strafkammer verurteilte ihn als gemeingefährliches Subjekt zu 3 Jahren Gefängnis.
Stuttgart, 6. Aug. Heute vormittag 9 Uhr entstand im Keller des Kaufmanns Ebing er, Büchsenstraße, dadurch Feuer, daß der Hausknecht desselben Benzin ousließ und ein offenes Licht dabei hatte, an welches das Benzin hinspritzte. Der Knecht, dem dabei nichts passiert war, holte Hilfe, und es schien später, daß man des Feuers Herr geworden sei. Es rauchte aber so stark aus dem Keller, daß man nicht mehr hinunter konnte, und es wurde deshalb gegen 10 Uhr von der Straße aus tüchtig hinabgespritzt. Als es nach einer halben Stunde wieder Lust gab, gingen Ebinger, dessen Lehrling und Hausknecht, ferner Feuerwehrhauptmann (Hutmacher) Stattmann, Schneider Schweickerr und Flaschner Schüler hinab. Die ersten drei versuchten ein anderes Benzingefäß wegzuheben, unter dem es aber noch brannte; die Flamme schlug nun vor, und sofort gab es eine starke Explosion mit weithin hörbarer Detonation, wobei sämtliche 6 Personen, die ersten 3 schwerer, die andern leichter verletzt wurden. Sie wurden alle teils in ihre Wohnungen, teils ins Spital verbracht. Hierauf wurde der Keller verstopft und man muß nun abwarten, ob das Feuer dadurch beherrscht wird. Die Feuerwehr hält Wache am Platze.
Stuttgart, 7. August. Die Folgen des gestrigen Kellerbrandes sind für die sechs Verletzten, zu denen noch Küfer Hahn kommt, sehr trau-
„Erzählen Sie dem ungläubigen Thomas doch gleich die ganze Geschichte, Neubett!" rief er dem sich Entfernenden nach.
„Soll geschehen", erwiderte der Letztere und schloß die Thür.
Nur wenige Schritte von dieser, und Soltmann stand vor einem grünen Tisch, auf welchem wirklich der ganze Falschmünzerapparat ausgebreitet lag. Als Belege dafür, daß Dies wirklich der Apparat sei, mittelst dessen die falschen Hundertmarkscheine hergestellt worden waren, lagen diejenigen dabei, welche man dem auf dem Dache gefundenen Portefeuille entnommen hatte.
„Das war die erste Emission", sagte Neubert erklärend. „Hier ist die zweite."
Damit wies er auf den neuen Apparat und die mit Hilfe desselben hergestellten Fünfundzwanzivrubelnoten — Ristons letztes Fabrikat.
Soltmann konnte nur staunend den Kopf schütteln.
„Nun sagen Sie mir nur, Kollege", rief er endlich, wo haben Sie Das her?"
„Aus den Eingeweiden der Erde", entgegnete Neubert, „aus den Katakomben."
„Katakomben? Wollen Sie mir einreden, daß unsere Stadt —"
„Katakomben hat", schloß Neubert, „jawohl. Und Das will ich Ihnen nicht nur einreden, sondern Ihnen beweisen, sobald Zeit und Lust Sie bestimmen, mit mir einen Gang in die Unterwelt zu machen.
„Das wird natürlich mein Erstes sein", sagte Soltmann, „nachdem Sie mir erzählt haben, wie Sie sich so verstiegen haben."
»Die Geschichte ist so lange nicht", entgegnete Neubert, „aber seltsam genug. Wie ich zu der Uebcrzeugung kam, daß Herrn Eduard's Kostüm nicht dasjenige gewesen, welches in dem Fluß gefunden wurde —"
„Weiß ich bereits", fiel Soltmann ein. „Denn Das hat mir der Kommissar erzählt."
„Um so besser. Ich habe also mit dieser Suche am stützen Morgen begonnen; am Mittag hatte ich das Hotel entdeckt, und ehe ich mit der Beweisaufnahme fettig war, war es Abend geworden. Ich hatte vor, diese Entdeckung einstweilen für mich zu behalten; denn vorläufig war es ja nur eine ablenkende Spur, die ich gefunden. Um so mehr war ich nun erpicht darauf, den wahren Mörder zu entdecken. Ich rufe
rig. Dieser wie Ebinger und dessen Knecht sind schwer verletzt und leiden große Schmerzen, doch ist bei keinem Lebensgefahr vorhanden. Gestern abend wurde im Keller aufgeräumt, der dann polizeilich geschlossen wurde.
Göppingen, 5. August. Hier sind falsche Markstücke in Umlauf gesetzt worden, die alle dasselbe Gepräge zeigen und aus Zinn und Blei gefertigt waren. Geraume Zeit hindurch forschte man vergeblich nach dem Verbreiter derselben. Auf dem heutigen Wochenmarkte wurde nun eine ledige Frauensperson von der Polizei scharf beobachtet, und, nachdem dieselbe bei drei verschiedenen Einkäufen je ein falsches Markstück ausgegeben hatte, festgenommen. Die Verhaftete heißt Karoline Kerler und ist von Lorch gebürtig. Sie wohnt mit ihrem 10jährigen Töchterchen seit zwei Jahren hier, ohne mit der nächsten Nachbarschaft einen Verkehr zu pflegen, oder irgend ein Geschäft zu treiben. Bei der Aussuchung in ihrer Wohnung fand man eine Masse gutes Kleingeld, namentlich viele Zwanzigpfennigstücke, aber auch vollwertige Thalerstücke und ein Röllchen mit guten Goldstücken. Weiter fanden sich Blei- und Zinnplättchen vor, sowie Schlacken, wie sie sich beim Guß solcher Metalle ergeben, ferner das Ghpsmodell eines Markstückes und eine Flasche Salzsäure. Falsche Markstücke wurden in der Wohnung nicht gefunden. Das Geld will sie von ihrem Verlobten erhalten haben, der Aufseher in einer Goldwarenfabrik in Pforzheim ist; das übrige habe sie noch von Pforzheim her, wo sie früher ein eigenes Goldwarengeschäft betrieben haben will. Dre gerichtliche Untersuchung wird näheres ausklären.
Tettnang, 4. Aug. Die Pflücke der Früh Hopfen ist seit Beginn dieser Woche allgemeiner geworden. Am Montag wurden 3 Zentner neue Ware zum Preis von 130 per Ztr. verkauft. Nachdem dieser Kauf bereits perfekt geworden, hätte der betr. Produzent von einem anderen Händler sogar 140 haben können. Ein heftiger Sturm am Montag abend hat nicht unerheblich geschadet.
Hamburg, 6. Aug. In einer Gastwirtschaft in der Vorstadt St. Pauli wurden acht Sozialdemokraten bei der Abhaltung einer geheimen Sitzung überrascht und mit dem Gastwirt verhaftet. Zahlreiche Sammellisten, Abrechnungen und Briefschaften wurden beschlagnahmt. Von den Verhafteten sind je zwei aus Hamburg, Harburg, Altona und Ottensen. Die Verhafteten wurden m das Altonaer Gefängnis abgeführt.
Das Heidelberger Jubiläum.
Der große historische Festzug, wohl das glänzendste Stück in der langen Reihe von Darstellungen, Scenen und Erscheinungen, begünstigt von der Huld des Himmels, ist in Heivelberg nun auch vorbeigerauscht. Die seit der Gründung der Universität verflossenen Jahrhunderte wurden in ihm zur Darstellung gebracht. Maler Kail Hoff von der Kunstschule in Karlsruhe hat den Zug entworfen, der durch seine bis in die geringsten Einzelheiten durchgeführte historische Treue, in den Trachten, Gerätschaften und allen übrigen Dingen, sowid auch durch den Reichtum und die Farbenpracht der verwendeten Stoffe auch auf verwöhnte Zuschauer einen unvergeßlichen Eindruck gemacht hat. 900 Personen, darunter 300 zu Pferde, halten sich zu dem Zug vereinigt, der sich wieder in verschiedene große Gruppen zergliederte. Kurz nach 9 Uhr früh setzte sich der Zug in Bewegung. Er zog zunächst an eem sehr geschmackvoll ausgestatteten Fürstenpavillon vorbei, in welchem der Großherzog mit Gemahlin, den Prinzen und Gefolge dem Schauspiel beiwohnten. Dicht bildete das Publikum in allen Straßen Spalier, die Tribünen waren von Tausenden besitzt, kein Fenster war vorhanden, aus dem nicht Kopf an Kopf herausschoute.
Jeder Gruppe schritt oder ritt ein Musikkmps voran, welches auf Instrumenten des betreffenden Zeitabschnittes im Geist desselben gehaltene Märsche blies. In der ersten Gruppe, der Gründung der Universität durch Ruprecht, fielen die gepanzerten Ritter mit Topfhelmen und Kesselhauben und die Gestalt des Kurfürsten aus, der mit der Kurfürstin unter einem Baldachin ritt. Die
mir nun, indem ich gedankenvoll nach Hause gehe, alle Eindrücke aus jener Zeit in's Gedächtnis zurück, und natürlich tritt da auch die Gestalt des roten Matthies vor mein geistiges Auge.
Wie entsetzt prallte ich aber zurück, als plötzlich beim flackernden Schein der Gaslichter eine Gestalt an mir vorüber streift, welche des roten Matthies Geist hätte sein müssen, wenn er selber es nicht gewesen.
Ich bin sehr realistischer Natur. Der Geist wollte mir nicht imponiren, und so dachte ich: „entweder ist es Matthies selbst oder ein Doppelgänger." Ich folge hinten nach, ohne mich zu auffällig heranzudrängen, und natürlich auch ohne mich versichern zu können, ob der rote Matthies es war oder nicht.
War es nun, daß der Andere solche Eile hatte oder that es das unbestimmte Gefühl, als ob Jemand hinter ihm sei, ihn verfolge, genug, ohne sich umzusehen oder sonst ein äußeres Erkennungszeichen eilte der lange Mensch immer rascher sott, und ich folgte natürlich mit der entsprechenden Verlängerung meiner kurzen Beine.
Es entwickelte sich eine förmliche Jagd daraus, und zuletzt fing mein Langbein an zu laufen.
„I!" dachte ich, „daß Du die Motten kriegst! Der Teufel sitzt Dir im Nacken, und noch heute Nacht will er Deine Seele haben."
Natürlich war sein Athem so lang wie seine Beine und der meine so kurz wie diese seit Merkurs Zeiten gestutzten Flügel. Er lief; ich keuchte hinterdran. Die uns kommen sahen, wichen uns aus; er konnte für ein vorsündfluthliches Windspiel gelten und ich für eine Straßenlokomotive.
Endlich, als mir fast die Kraft versagte, verschwand mein Verfolger in einem Hause, von dem ich im Augenblick nur einen unbestimmten Begriff hatte, denn wir waren unmerklich in eine dunkle Straße geraten.
Ich wandte nun eine List an, um meinen Vogel hervorzulocken. -4ch lief nämlich an dem Hause vorbei bis um die nächste Straßenecke, dabei aber rückwärts hör- . chend und von Zeit zu Zeit auch zurück blickend.
(Fortsetzung folgt.)