angeklagt sind. Acht Rechtsanwälte führen die Ver­teidigung.

Die Nordd. Allg. Ztg. schreibt, daß von keiner Seite ein Protest gegen, dqK deutsche Vorgehen in Samoa erhoben sei.' In Kamerun ist die Wirkung der letzten Strafexekution auf die Eingebo­renen eine durchaus günstige gewesen. Sämtliche be­deutende Häuptlinge im Abo- und Wuri-Gebiet ha­ben dem kaiserlichen Gouverneur ihre Zustimmung und Ergebenheit ausdrücken lassen und waren nach den letzten Nachrichten eifrig damit beschäftigt, neue Friedensgesetze für ihre UnterthaNen zu machen, Wi­derspenstige zu bestrafen und durchgreifender, als dies in letzter Zeit geschehen ist, für Ruhe und Ordnung in ihren Ortschaften zu sorgen. Die Eingeborenen haben volles Verständnis dafür, daß es ihnen unter deutscher Herrschaft nicht gestattet ist, sich gegenseitig straflos zu berauben und umzubringen.

Ein Neffe des Mg. Windthorst ist letzthin in den Zcsuitcn-Ordcn eingetreten, eine Nichte in den Orden der Ur- sulinerinnen. Der Bruder der Beiden ist bereits Pfarrer in Nordamerika.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 18. Okt. Eine Meldung aus Sofia von kompetenter Quelle versichert, daß die Regierung schwerwiegende Belege für den Bestand einer ver­zweigten Verschwörung zur Vertreibung des Fürsten und der ehemaligen Regenten in Händen hat. Bei einzelnen Verhafteten fand man in deren Wohnungen beträchtliche Summen in russischen Werten u. Schrift- ^ stücke zu einem Aktionsplane, in welchem Personen namhaft erscheinen, denen eine führende Rolle zuge­dacht ist. Es sind weitgehende militärische Maßnah­men getroffen. Der Fürst soll den Antrag einer be­deutenden Verstärkung der Palastwache abgelehnt haben.

Wien, 18. Okt. Die Stellung des Ministers v. Gautsch ist, wie dieFr. Z." schreibt, unerschüt­tert. v. Gautsch wurde gestern vom Kaiser empfan­gen und erhielt Beweise höchster Gunst. Graf Taaffe erklärte sich mit Gautsch solidarisch. Die Czechen werden bezüglich der Mittelschulen keine Konzessionen erlangen, sondern nur bezüglich der Gewerbeschulen, j

Die WienerPresse" weist wiederholt auf die merkwürdige Wandlung hin, die sich in Spa­nien unter der Regierung der Königin-Regentin Christine vollzieht, indem die republikanische Regie­rung wie die karlistische Opposition abzubröckeln an-! fängt und infolge dessen jede Aktion vertagt. Einen ^ glänzenden Beweis des versöhnenden Einflusses, wel- > chen der seltene politische Takt der Königin auch auf ! die revolutionären Parteien übt, erblickt diePresse" l in der Thatsache, daß beim Festbankett des inter- ! nationalen literarischen Kongresses in Madrid Castelar, das Haupt der Republikaner, einen Toast auf die Königin ausgebracht habe. In Spanien sei heute. eine Epoche des Gottesfriedens entstanden. Das ; Volk bethätige zunehmende Sympathieen für die- nigin-Regentin.

Fraukrrich. j

Der Bericht über die Inspektionsreise, des Kriegsministers in Ost-Frankreich besa­gen. daß dem Minister in Nancy und anderen Orten ein patriotischer Empfang zu Teil geworden ist. Hochrufe auf Boulanger wurden nur vereinzelt gehört.

Im Skandal Caffarel kommen plötzlich ganz wunderbare Nachrichten. Fast scheint es, als wolle man den ganzen Skandal gewaltsam unterdrük- ^ ken. Es heißt also: Wie die Blätter melden, soll die gerichtliche Untersuchung gegen Caffarel keinerlei Verwicklung desselben in dem Ordensschacher der Li­mousin ergeben haben. Wahrscheinlich wird das Ver­fahren gegen Caffarel ganz eingestellt. Der Präsident hat die Unterzeichnung des Dekretes, welches den General aus der Armee ausstoßen soll, sistiert, wird es aber doch wohl vollziehen.

General Boulanger wird, wie jetzt fest­steht, nach Ablauf seines Arrestes sein Korpskom­mando behalten, wenn er nicht selbst seine Entlassung nachsucht, und daran denkt er nicht. Diese Geschichte ist also erledigt.

Paris, 17. Okt. Gestern fand ein Anar­chisten - M eet in g für die ui Chicago zum Tod verurteilten Genossen statt, darnach kam es auf der Straße zum Handgemenge zwilchen Anarchisten und Stadtsergcanten. Auch in Vern fand eine ähnliche Versammlung von Sozialisten statt. '

Paris, 18. Okt. Frau Limousin ist über-^

führt, von Michel und Durel 2000 Franks für die Vermittlung der Einführung eines neuen Suppen­topfes für die Arinee angenommen zu haben.

Paris, 18. Okt. Die heftigen und wohl viel­fach verleumderifchen Angriffe gegen Wilson dauern fort. Sechs der Personen, welche für ihn zu billigen Preisen gearbeitet hatten, sollen dafür, wie der K. Ztg. berichtet wird, durch seine Vermittlung die Or­den der Ehrenlegion oder den Nsrits aZriools er­halten haben. In einer Unterredung mit einem Send­boten des Gaulois gab Wilson zu, daß er ein förm­liches Bureau im Elisee habe, jede Woche über 150 Audienzen erteilte und 22000 Aktenstöße mit 200000 Briefen besitze. Dieses beweist zur Genüge, wie Wilson seine Stellung als Schwiegersohn Grevys benützte, um dasUnterstaatsoberhaupt" zu spielen. Man kann daher mit Bestimmtheit annehmen, daß Wilson das Elisee wird verlassen müssen.

Paris, 20. Okt. Caffarel erhielt den Ab­schied und wurde aus der Armeeliste gestrichen. Der Ehrenlegionsrat sprach sich dahin aus, daß Caffarel in den Listen der Ehrenlegion zu streichen und ihm das Recht abzusprechen sei, irgend welches Ordens­zeichen zu tragen.

Aus Paris wird geschrieben: Der Ackerbauminister Barbe hat die Ausstellung französischer Biere besucht. Er sprach dabei die Hoffnung aus, daß es gelingen werde, das Geld, welches jetzt für Bier nach Deutschland geht, im Vater­lande zu erhalten. Solche Hoffnung ist gewiß löblich, aber vor der Hand ist an ihre Erfüllung schwerlich zu denken. Bis jetzt hat der Kampf gegen das deutsche Bier diesem nur größeren Beifall und größeres Vertrauen verschafft. Vorigen Monat wurden in Paris 536 sranzöfische Weinproben amtlich untersucht und 346 schlechte darunter gefunden, aber keine einzige Bierprobe ist mehr abgehalten. Man findet es nicht mehr nötig, Bier zu untersuchen, das aus Deutschland kommt, seitdem unter 137 Proben, die in einem Monat untersucht wurden, nur 2 schlechte gefunden wurden, d. h. eine gewässerte und eine abgestandene. Mögen die deutschen Brauer fortfah­ren, reines gutes Bier zu liefern, dann ist ihnen der Absatz in Frankreich, wenigstens in Paris, für absehbare Zeiten ge­sichert. Die französischen Brauereien sind noch weit entfernt, es mit ihnen aufnehmen zu können.

Italien.

Rom, 19. Okt. Die meisten Blätter brachten gestern, am Geburtstag des deutschen Kron­prinzen, die sympathischsten Glückwunschartikel für denselben. Die Riforma, das Organ Crispis, sagt, die Wünsche und Hoffnungen für den Kronprinzen seien in Rom die nemlichen wie in Berlin; im ent­legensten Dorfe Siziliens wie in der niedrigsten Hütte Pommerns würden dieselben Wünsche gehegt: der Kronprinz könne, getragen von der Liebe zweier Völker und begleitet von der Sympathie und Achtung der ganzen Welt, der Zukunft vertrauensvoll entge­gengehen.

Der Papst hat den deutschen Maler Lud­wig Seitz in Rom zum Jnfpekwr der vatikani­schen Gemälde ernannt.

Spanien.

Madrid, 17. Okt. In Barcelona wurden 10 Individuen verhaftet, die einen Aufstand vor­bereiteten; kompromittierende Papiere und über 1000 gestohlene rekommandierte Briefe wurden bei ihnen beschlagnahmt.

England.

Nottingham. 19. Okt. Heute begann hier die I a h r e s - Vers a m m l un g der Mttglieoer libe­raten Partei, woran Gladstone, Harcourt, Morkey u. a. Parteihäupter teilnahmen. Gladstone, der von Manchester kam, wurden aus den Stationen, wo der Zug hielt, Ovationen dargebracht. In der gestrigen Versammlung sprach sich Gladstone lebhaft gegen die irländische Zivangsbill aus, welche nichl gegen die Verbrechen, sondern gegen das Vereins- und Ver­sammlungsrecht und die Preßfreiheit gerichtet sei. Man könne das ganze Verhallen der Regierung nur mit dem WorteImpertinenz" bezeichnen. Was jüngst in Irland vorgekommen sei, hätte man in England nicht einen Augenblick geduldet. Wenn die Regierung aus ihrer lhörichten Haltung beharrte, so würde die Schwierigkeit das Land zu regieren fast unübecsteiglich werden. Ein radikaler Wechsel des Verwaltlingssystems sei notwendig und könne nur durch die befreite Nation herbeigesührt werden.

Rußland.

Der Abschluß, beziehungsweise die Befestigung des deutsch-österreichisch-italienischen Bünd­nisses hat in Rußland einen sehr tiefen Ein­druck gemacht. Die Presse verbirgt ihren Aerger hinter ironischen Danksagungen gegen Crispi, daß er Rußland die Hände gelöst und ihm volle Aktions­

freiheit wiedergegeben habe, oder sie ergeht sich in Drohungen eines Bündnisses mit Frankreich, selbst mit Dänemark. Man fühlte sich isoliert, denn daß von Frankreich für die orientalische Frage nichts zu erwarten ist, das sehen selbst die Panslavisten ein. Frankreich wünscht von Rußland militärische Unter­stützung zum Zweck eines gemeinsamen Angriffs auf Deutschland; selbst aber wird es nicht einen Soldaten stellen, um Rußland zu unterstützen, wenn dieses auf der Balkanhalbinsel militärisch einschreiten wollte. Rußland soll den Franzosen die Kastanien aus dem Feuer holen und diese Rolle ist denn doch den Rus­sen in ihrer weit größten Mehrzahl trotz des nicht wegzuleugnenden Deutschenhasses zu - dumm.

Amerika.

In Nordamerika ist große Spannung, ob das Todesurteil an den verhafteten Anarchisten, die das Blutbad in Chicago angerichtet haben, vollstreckt werden wird. Die Entscheidung ist nahe. Die Frauen der Verurteilten drohen, ihre Kinder und sich umzu- bringen, falls das Urteil vollzogen wird.

Klemere Mitteilungen.

Stuttgart, 19. Okt. Wie sehr cs angezeigt ist, bei der Benützung von Dampfkochtöpfen dem Personal die größte Vorsicht und Pünktlichkeit anzuempfehlen und überhaupt bei Instandhaltung derselben die möglichste Sorgfalt anzuwendcn, beweist ein Unglücksfall, der gestern hier sich zugetragen hat. Ein Dampfkochtopf, der, wie cs heißt, schon länger schadhaft war, explodierte auf bis jetzt noch unaufgeklärte Weise wobei das Mädchen Lisette Saalm üller, gebürtig aus Altensteig, am Kopfe sehr schwer verletzt wurde und am Körper schwere Brandwunden davontrug. Wie wir heute noch erfahren, steht es bei ihr schlecht, und cs ist wenig Hoffnung für ihr Leben vorhanden.

Eine beneidenswerte Gemeinde ist, lt.Hochw.", das schöne badische Dorf Wolterdingen bei Donaueschingen. Dortselbst zahlen die Einwohner nicht nur keinen Pfennig Umlage, sondern es erhält jeder Bürger aus der Gemeinde- kaffe noch 32 ausbezahlt; ferner 2 Klafter Holz und zur freien Benutzung 4 Morgen gute Wiesen und Ackerfeld.

Mit dem Nachlaß Ludwigs II., des unglücklichen Königs von Bayern, wird jetzt ziemlich summarisch verfah­ren. Von den tausend und abertausend Kunst- und anderen Gegenständen, die der König in seinen Schlössern angehäuft hatte, sind schon sehr viele nach Berlin, Leipzig, Stuttgart, Straßburg und nach anderen Orten verkauft worden. Figu­ren, Vasen, Kasseten, alles wird verkauft, wenn genügend Geld dafür geboten wird, sogar Kostüme, die der König getragen hat, sind veräußert worden.

Eine der beiden Töchter des Generals Boulanger will in ein Kloster treten. Der General wollte das Mädchen davon abbringen, indessen vergeblich. Seinen Arrest hält er genau. AnBeileidsbezeugungen" fehlt es ihm nicht.

Verzeihliches Verspre chen. Der Kondukteur des Sonnabend-Kourierzuges von Paris rief bei der Ankunft und dem Halt in Clermont-Ferrand in verzeihlicher Verwech­selung: Clermont-Ferrand dreißig Tage Arrest (trsuts jours d arrst) !

Die guten Kinder der Volksschulen in Rom stricken dem Papst ein Paar Strümpfe aus weißer Floretseide. Je­des Mädchen strickt so viel Nadeln, als es Jahre zählt. Die Strümpfe wandern so von Schule zu Schule; kein Wunder, daß sie Jsabcllenfarbc angenommen haben.

Eine Lon d o ncr Damcnkonferenz erklärte sich kürzlich gegen das Schmücken von Damenhüten mit Vogelbälgen. Eine Unsitte ist es, aber Reden korrigieren die Mode ja nun doch einmal nicht!

In kurzer Zeit wird es keine Kanonen mehr ge­ben. Nicht, weil die Zeit des ewigen Friedens anbricht, son­dern weil sie durch neuere Mordwerkzeugc abgelöst werden. DerGaulois" wenigstens meldet aus Baltimore, ein Ameri­kaner habe ein Kriegsgerät erfunden, neben welchem die Ka­nonen von Krupp eine traurige Rolle spielen werden. Es ist eine elektrische Batterie, die von sechs Leuten in Betrieb gesetzt wird und auf 1 Kilometer ganze Regimenternieder­blitzt." Der Erfinder hat in Gegenwart mehrerer Kapitalisten sein Probestück an einer Heerde Ochsen gemacht, die augen­blicklich getötet waren. Der Erfinder blieb aber am Leben.

Eine selbstthätige Apotheke. Ein findiger The- baner hat eine Erfindung gemacht, die der leidenden Mensch­heit die theuren Apotheken ersparen soll. Nach einer Mel­dung derPharm. Zeitung" ist nämlich auf der amerikani­schen Ausstellung in London von einer bekannten amerikani­schen Firma, deren Spezialität die Herstellung von allen mög­lichen Medikamenten in Pillenform ist, eine selbstthätige Apo­theke ausgestellt, welche den besonders in Deutschland stark verbreiteten sclbstthätigen Verkaufskästen, die Zigarren, alle Arten von Zuckerwerk, ja sogar Sodawasser, durch Einwer­fen eines Geldstückes abgeben, nachgebildet ist. Die Krank­heiten sind auf dem Kasten verzeichnet und darunter ein Knopf angebracht. Nach dem Einwerfen eines Penny zieht man den Knopf und erhält eine die betreffende Krankheitunfehlbar" heilende Pille. Man ist also gar nicht mehr weit davon ent­fernt, eine Maschine zu erfinden, durch welche einem die ge­bratenen Tauben in den Mund fliegen.

Amerikanischer Humbug. Eine unglaubliche jour­nalistische Leistung bietet die in englischer Sprache erscheinende ZeitungTelegramm" in Mineapolis (Minesota, in den Ver­einigten Staaten). Dieselbe veröffentlichte kürzlich eine Korre­spondenz aus Berlin, in welcher der Zeitung geschrieben wurde, Kaiser Wilhelm sei seit drei Jahren tot, und der, welcher letzt den Kaiser spiele, sei ein alter Schulmeister Namens Karl Sommerinann; Bismarck habe noch jwci andere alte Leute an der Hand, die dem Kaiser ähnlich sähen, für den Fall