Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für de« Oberamts-Bezirk Nagold.

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1887 .

Amtliches.

K. Amtsgericht Nagold.

Die Örtsvorsteher

werden beauftragt, den Pflegern die Bekanntmachung der Staatsschuldenzahlungskasse Stuttgart vom 14. Oktober 1887, Staatsanzeiger Nro. 244, betreffend die Ausgabe neuer Couponsbögen zu den Schuld­verschreibungen des 4prozentigen Staatsanlehens vom Jahre 1857 alsbald zu eröffnen.

Den 19. Oktober 1887.

Oberamtsrichter Daser.

Tages Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

** Nagold, 20. Okt. Die gestern hier stattge­fundene jährliche Bezirkssynode wurde vormittags 9 Uhr durch einen feierlichen Gottesdienst eröffnet. Nach dem von den Seminaristen schön vorgetragenen ! Chor: Der Herr ist unsere Zuversicht re. re. sang die Gemeinde: Jesu, Brunn des ew'gen Lebens re. rc., worauf Stadtpfarrer Hetterich von Altensteig ein umfassendes Eingangsgebet sprach. Stadtpfarrer Stock­mayer predigte über 1. Kor. 4, 15 und sprach von der hohen Würde aber auch von der großen ' Verantwortlichkeit des Prediger- und Aeltestenberufs ! in sehr ernster, erbaulicher Weise. Die darauf fol­genden Verhandlungen im Zellersaale wurden mit i Gesang und Gebet eingeleitet, worauf der neue geist- ^ liche Bezirksvorstand, Dekan Schott, die Bersamm- ! lung herzlich begrüßte und einen kurzen Bericht gab ! über den religiösen Zustand des Bezirks, soweit sich ! ihm derselbe durch die Visitation von 10 Pfarrge- ! meinden mit 6 Filialen kundgegeben habe. Er redet ! hiebei vom Besuch des Vor- und Nachmittagsgottes- , dienstes und heiligen Abendmahls, von dem Zustand der Kirche und von der Thätigkeit der Pfarrgemeinde- räte. In den Diözesanausschuß wurde (für Mezger) Stadtpfarrer Hetterich in Altensteig und zu dessen Stellvertreter Pfarrer Nieder von Hochdorf gewählt. Der Vorsitzende berichtete sodann über den Kinder- rettungsvercin des Bezirks, welcher der Obhut der Synode anvertraut ist. Die Einnahmen dieses Vereins betrugen im ganzen 1911 die Ausga­ben 1774 -/L In der Pflege dieses wohlthätigen Vereins befinden sich gegenwärtig 34 Kinder (21 Kna­ben, 13 Mädchen). Durch die Wahl des Pfarrers Binder in Walddorf und des Revifionsassistenten Buob, von hier wurde der Ausschuß ergänzt. Hieran schloß sich ein Vortrag des Pfarrers Naumann von Warth, Agent des Vereins, über den Erfund, der sich ihm bei seinen Besuchen im Blick auf die Pflege­eltern und Pfleglinge darbot. Dekan Schott re­ferierte hierauf über den Hilfsbibelverein, wel­cher eine Einnahme von 1344 ^ und eine Ausgabe von 1170 ^ zu verzeichnen hatte, sowie über die Jünglings Vereins- und Diakonissensache in Stadt und Bezirk. Auch der Gusta v-A d o lf-Ver- ein wurde besprochen und dem Diözesanausschuß un­terstellt. Vorstand desselben ist nunmehr Stadt­pfarrer Hetterich; PH. Maier in Altensteig bleibt Kassier. Die Synode beschließt ferner, daß das Ernte- und Herbstdanksest alljährlich am zweiten Sonntag im November stattfinden soll. Der letzte Gegenstand der Tagesordnung war ein eingehendes und sehr lehrreiches Referat von Pfarrer Leuze in Gültlingen über die Mängel unseres Fami­lienlebens. Zuerst wurden die Ursachen dieses Grundschadens ausgeführt, dann die Frage beant­wortet, wie demselben begegnet werden könne, und zwar von der Kirche, der Obrigkeit und der Familie

selbst. Mit Gesang und Gebet wurde nachmittags ly- Uhr die Synode geschlossen.

Hohenasperg, 15. Okt. Unsere Filialstrafanstalt beherbergt gegenwärtig 115 Znchthausgefangene, während im Ludwigsburger Zuchthaus ca. 720 Gefangene untergebracht sind.

Heilbro n n. 14. Okt. Der Milchverbrauch in hiesiger Stadt beläuft sich für den Tag 12000 Liter. Fälschungen sind seit der strengen Kontrolle, welche das städtische Unter- ' suchungsamt ausübt, bedeutend seltener geworden.

Ehrenzeich en für weibliche Dienstboten. Nach einer Mitteilung der Zentralleitung des Wohlthätigkeitsver- eins haben die Bewerberinnen um das von Ihrer Majestät der Königin gestiftete Ehrenzeichen für weibliche Dienstbolen Gesuche mit den nötigen Zeugnissen bei dem gemeinschaftlichen Amte cinzureichen. Dieses hat die Gesuche bis spätestens 1. Dez. der Zentralleitung vorzulegen. Für das Ehrenzeichen können weibliche Dienstboten vorgcschlagen werden, welche im Umfange des Königreichs nach zurückgelegtem 14. Lebensjahr in einer Familie oder in demselben Anwesen ununterbrochen wenigstens 25 Jahre lang treu und in Ehren dienen. Ist ! das Dienstverhältnis durch äußere Verhältnisse, wie Krank­heit von Angehörigen und dergleichen, ohne Verschulden des Dienstboten unterbrochen worden, so kann die vor Eintritt der Unterbrechung zurückgelegte Dienstzeit der nachgcfolgten hinzugerechnet werden.

Friedrichshafen, 19. Okt. Es verlautet, daß das Schiedsgericht, welches zur Begutachtung des Unfalles zusammenberufen wurde, sich vollständig zu Ungunsten der Führung des DampfersHabsburg" ausgesprochen habe. Es ist erwiesen, daß Kapitän v. Mercantin wiederholt Befehl zum Verlassen des regel­rechten Kurses und zu ganz direkter Fahrt nach Bre­genz gegeben hat, und zwar noch ausdrücklich, als er vom Steuermann auf die bevorstehende Gefahr aufmerksam gemacht wurde, infolgedessen er nachher das Unglück herbeiführte. Es ist jetzt konstatiert, daß 4 Passagiere bei dieser traurigen Katastrophe das Leben lassen mußten.

Br and fälle: In Schnaitheim (Heiden­heim) am 14. ds. eine Scheuer mit angebautem Wohn­haus; in Asperglen (Schorndorf) am 15. ds. ein Wohngebäude nebst zwei Scheunen; in Beutelsbach am 15 ds. ein Wohnhaus; in Nattheim (Heiden­heim) am 17. ds. ein Wohnhaus mit angebauter Scheune; in Freu den stadt am 19. Okt. das Wohn­haus des Konditors Ernst Ne st len.

Karlsruhe, 10. Oktbr. Die Landtags­wahlen sind, wie zu erwarten, nach den bis jetzt bekannten Resultaten fast durchweg zum Vorteil der nationalliberalen Partei verlaufen.

München, 17. Okt. DasFremdenbl." mel- ' det:Der König von Württemberg hat dem Papste . ein prachtvolles Jubiläumsgeschenk überreichen lassen, ebenso die großherzoglich badischen Herrschaften.

Leipzig, 20. Okt. Die Leipziger Diskonto­gesellschaft hat ihre Zahlungen eingestellt, wobei die Aktionäre, die vorwiegend aus kleinen Leuten bestehen, voraussichtlich alles verlieren. Von den geflüchteten Direktoren schuldet der eine 2 Millionen, der andere 700 000

Frankfurt a. M., 19. Okt. Die Brannt­wein-Nachsteuer ergiebt ganz ansehnliche Sümm­chen. So hat eine hiesige Liqueurfabrik nach der von ihr eingereichten Spezifikation nicht weniger als 22 090 nachzuzahlen und schließen sich andere hiesige Firmen mit ähnlichen Beträgen an Nachsteuer an.

Frankfurt a. M., 19. Okt. Der Fr. Ztg.

! wird aus Paris gemeldet: Justizminister Mazeau . hat seine Demission zurückgezogen.

Es war hohe Zeit, daß der ReichSanz. das ! Wort ergriff, um über die Gesundheit des deut- ! schen Kronprinzen eine Mitteilung zu machen,

! welche geeignet ist, die Nebel etwas zu zerstreuen, welche die Neuigkeitssucht um diesen Gegenstand in

der letzten Zeit verbreitet hat. Die Hauptsache ist, daßfortschreitende Besserung" darin festge­stellt wird. Daß ein solches Uebel, wie das, welches den Kronprinzen befallen hat, nicht sogleich nach einer Operation, welche doch nur eine Folge desselben be­seitigen konnte, gänzlich heilen würde, war doch zu erwarten. Einen Winteraufenthalt in südlicher Luft gönnt sich in solchem Fall ein Jeder, der in der Lage ist, ihn sich verschaffe» zu können; warum nicht der Kronprinz des Deutschen Reichs? Es gibt in Deutschland treffliche Halsärzte genug, aber Dr. Mackenzie soll, wie er überhaupt ein Halsarzt ersten Rangs ist, so seit unseres Bruns Tode, in gewissen Operationen der geschickteste unter den Lebenden sein. Sollte der Kronprinz sich nicht an ihn haben wenden dürfen, da der hohe Herr doch die Mittel hat, ihn zu belohnen?

Der französische Botschafter Herbette traf wieder in Berlin ein.

Es hat in Deutschland Befriedigung erregt, daß die Reichsregierung den letzten Grenz­zwischenfall so schnell erledigt hat. Daran sollte sich aber auch die französische Regierung selbst ein Beispiel nehmen. Es ist nemlich im Juni 1886 durch Verschulden eines französischen Offiziers die Faktorei des Stuttgarter Hauses Colin in Ostafrika zerstört. Die Verantwortlichkeit der französischen Regierung für diesen Fall ist durch eidliche Zeugenaussagen fest­gestellt , aber trotzdem liegen die Akten nun schon Monate lang in Paris und die Pariser Regierung macht immer noch Winkelzüge. Dabei handelt es sich nur um 15000 Franken.

Fürstbischof Kopp der so rasch zu hohem ! Ruhm und Amt gekommen, hat auf seiner Reise nach Breslau seine Vaterstadt Duderstadt im Eichs- seld, wo noch seine hochbetagte Mutter lebt, besucht. Es war ein Festtag für die Stadt, sie schmückte sich, veranstaltete einen Lampionzug und beleuchtete beide Kirchen, die katholische und protestantische. In seiner Rede gab der Fürstbischof dem Kaiser und seinen Räten und dem Papst die Ehre für die Anbahnung des kirchlichen Friedens.

Breslau, 20. Okt. Fürstbischof Kopp hielt gestern nachmittag unter dem Geläute aller Glocken seinen überaus feierlichen, glänzenden Einzug in die festlich geschmückte Stadt.

Berlin, 19. Okt. Ueber die Vereidigung des Fürstbischofs Kopp im hies. Kultusministerium wird berichtet: Der Minister begrüßte den Fürst­bischof , indem er der Verdienste desselben um die Wiederherstellung friedlicherBeziehungen zwischenStaat und katholischer Kirche mit dem Ausdruck warmer An­erkennung gedachte und zugleich seine lebhafte Freude darüber aussprach, daß der verwaisten Diözese Bres­lau in der Person des Fürstbischofs ein neuer Ober­hirte wiedergegebcn werde, welcher sich des Vertrauens Sr. Maj. des Kaisers und Königs sowohl, wie des Oberhauptes der kathvl. Kirche erfreue. Der Fürst- ! bischof erwiderte in bewegten, von echt patriotischem i Geiste getragenen Worten mit der Versicherung auf- ! richtiger Ehrfurcht, Treue und Ergebenheit gegen Se. Maj. den Kaiser und König und das königl. Haus,

! sowie mit der Erklärung, daß er fest entschlossen sei, j alle seine Kräfte daran zu setzen, um das ihm anver- i traute oberhirtliche Amt unter Gottes gnädigem Bei- ! stände und unter königl. Schutze zum Wohle des Staates und der katholischen Kirche zu verwalten.

Am 7. November beginnt in Breslau ein ! großer Sozialistenprozeß, in dem nicht weni- ! ger als 38 Personen, darunter 31 Familienväter,