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Zeit war nemlich das Gerücht verbreitet, daß derselbe eines Abends wieder zu seiner Familie zurückgekehrt sei. Es stellt sich aber als unwahr heraus.
Bretzfeld, 23. Juli. Der 6jährige Sohn des Kaufmanns Schäfer dahier ertrank gestern der N.-Z. zufolge an seinem Geburtstage beim Baden in der Brettach. Er kam einer tiefen Stelle zu nahe und versank angesichts seiner Kameraden, welche ihm nicht zu helfen vermochten, übrigens erwachsene Personen zur Hilfe herbeiriefen. Bis aber diese mit den nötigen Rettungsgeräten herbeikamen (zum Einspringen in das Wasser getraute sich niemand, da ein des Schwimmens kundiger nicht zur Stelle war), konnte der Knabe nur noch als Leiche aus dem Wasser gebracht werden.
»Ravensburg, 26. Juli. Die heiße Witterung lockt täglich, namentlich^ aber an den Sonntagen, eine Menge Ausflügler an den Bodensee.
benützen die billige Sonntagöfahrtaxe, um nach Lindau, Bregenz, nament- ! ^ 5" das Schweizerufer zu fahren. In Norschach war gestern ein
solcher Zufluß von Fremden, daß die Bahnverwaltung vollauf zu thun hatte, ^ Züge fahrplanmäßig abgehen lassen zu können. Auf der Bergbahn Ro's^och-Heiden waren die Züge vom Morgen bis zum Abend dicht besetzt. I H . cn selbst herrscht gegenwärtig ein Verkehr und ein Treiben, wie man es sonst nur in Städten zu sehen gewohnt ist. Beiläufig sei erwähnt, daß nach den neuesten Höhenmessungen Rorschach (Bahnhof) 398, Heiden (Erdflächen bei der Kirche) 806 Meter über dem Meer gelegen ist. — Sehr erfreulich ist die Nachricht, daß in der letzten Samstag gehaltenen Sitzung des Beirats der Verkehrsanstalten beschlossen wurde, die Schnellzüge auf der Linie Ulm-Frievrichshafen auch für den Winterfahrplan beizuhalten.
Leutkirch, 24. Juli. Dem Brandunglück in der Gänsen- mühle folgte gestern abend nach 9 Uhr ein weiteres in Gebräzhofen. Das Haggenmiller'sche Wirtschaftsgebäude zum Löwen ist mit Stadel'und Oekonomiegebäuden bis auf den Grund niedergebrannt. Während man glaubte, das Feuer bald nach seinem Entstehen gedämpft zu haben, so ergriff solches die Heuvorräte mit einer rasenden Geschwindigkeit, so daß sich die Feuerwehr am Platze selbst mit den von der Oberamtsstadt und umliegenden Orten her- beigenifenen Mannschaften berufen sah, das andererseits der Straße stehende V.>..brauereigebäude mit seinen großen Vorräten an Malz, Gerste und Bier zu retten, was auch nach fast übermenschlicher Anstrengung gelang. Das Vieh war auf der Weide und in einem außerhalb des Ortes gebauten Stadel untergebracht. Einiges von der Fahrnis konnte gerettet werden. Der Schaden 'st sehr groß. Man spricht von einem Handwerksburschen als Brandstifter.
Baden-Baden, 24. Juli. (Saisonnachrichten.) Eine wohl noch von keinem Badeort veranstaltete Festlichkeit zog letzten Sonntag Tausende von Zuschauern in und außer die Umzäunung des Kurgartens. Der „Velocipedisten-Club" Baden-Baden hatte die Mannheimer, Karlsruher und Straßburger Sportgenoffen zu einer vsscntlichen Produktion eingeladen. Vom Kurkomitö war ein Podium von 000 Quadratmetern aufgeschlagen und ein Kostenbeitrag von 250 Mark zur Verfügung gestellt worden. Nach einer flotten Corsofahrt, an der über 100 Radfahrer auf den verschiedenartigsten Maschinen Teil nahmen, begann das Galareitfahren, welches die Zuschauer über drei Stunden lang fesselte und häufig zu begeistertem Beifall hinriß. Quadrillen, Carousselfahren, Evolutionen, kühne Vollen, Wettrennen, gymnastische Kunststücke jeder Art auf der Maschine wechselten rasch miteinander ab. Den Glanzpunkt des überaus gelungenen F fies bildete eine Zirkusvorstellung mit allerlei Intermezzi, bei welcher die Radfahrer eine fast unglaubliche Gewandtheit an den Tag legten und in Uebungen glänzten, die einem regelrechten Zirkusreiter alle Ehre gemacht hätten. Unbestritten gehört dem „Mannheimer Velocipedistenverein" die Palme.
VomStarnberger See, 25. Juli. Gestern mittag ertrank der einzige 23jährige Sohn des Kommerzienrats Bartels aus Stuttgart, welcher zur Sommerfrische mit Familie in Tutzing.weilt, beim Baden im See. Ein tüchtiger Schwimmer, fuhr er mit einem Nachen ein Stück
„Nicht war?" stimmte Etwold beredt ein. „Dieser Gelbschnabel! Aber ich weiß, warum er seine Macht mich fühlen läßt. Er mag sein Aergstes thun. An meinem guten Namen wird er nicht rütteln. Mich möchten sie verdächtigen, als hätte ich Eduard zur Flucht verhelfen; gerade wie sie Ihnen insinuiren, daß Sie schlecht auf Eduard eingewirkt haben, um ihn dann seinem Schicksal zu überlassen. Natürlich ist Eins so lächerlich wie das Andere. Ich kenne meinen Duprat wie mich selbst. Wer weiß, was sie noch ersinnen werden, um mich und Sie aus der Fassung zu bringen."
„Um so weniger soll ihnen Das gelingen", sagte Duprat mit sanfter Bestimmtheit. „Uns stützt und schützt das Bewußtsein unserer Unschuld an Allem, was zu diesen unglücklichen Verhältnissen führte."
Duprat, der bislang zu sehr mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt gewesen, gab jetzt acht; und nun konnte er den Verdacht des Kommerzienrats Diesem bestätigen. Auch er wurde verfolgt.
Er war jetzt doppelt froh, daß Dryden das Weite gesucht hatte, denn von dem Verlust, dm Dieser ihm zugefügt, war er noch so ahnungslos wie der Kommerzienrat von dem Verlust seiner Kellerschlüssel. —
Es war am Morgen nach der Nacht, in der er diese schreckliche Entdeckung gemacht hatte. Er saß verstört an seinem Pult, seine Unruhe kaum zu verbergen wissend; und hinter ihm stand, immer beobachtend und lauernd, Duprat, der in diesem Augenblick nichts Besseres zu thun wußte, als an seiner Feder zu kaum.
Da kam Jonas, schleichend und lächelnd, herein und meldete mit einiger Verlegenheit einen Herrn, der Herr Duprat zu sprechen wünsche.
Der Kommerzienrat war sogleich auf seinem Drehstuhl hemmgefahren, so daß Jonas zu etwelchen heimlichen Zeichen, die er noch hatte machen wollen, keine Zeit fand. Statt dessen wechselten jetzt Duprat und Etwold einen bedeutungsvollen Blick. Beide hatten ein und denselbm Gedanken, daß nämlich der Nachfragende nur wieder ew Abgesandter der Polizei sei.
„Eintreten lassen!" befahl der Kommerzienrat.
„Ja aber —" wandte Jonas mit einem schüchteren Blick auf Duprat ein.
weit hinaus in den See, woselbst er dann die mehr als 400 Meter lange Strecke zwischen der Villa Ebers und dem Pavillon des Kammersängers Vogel einigemal durchschwamm. Auf dem Rückwege scheint er jedoch von Krämpfen befallen worden sein, denn einige am Ufer stehende Personen hörten ihn plötzlich um Hilfe rufen, sahen ihn untertauchen und wieder zum Vorschein kommen; bis dieselben jedoch an Ort und Stelle kamen, war der junge Mann bereits in der Tiefe des Sees versunken. Fischer, welche sofort zu suchen begannen, fanden ihn erst abends um 8 Uhr in einer Tiefe von ca. 100 Fuß, als sie eben die beschwerliche Arbeit einstellen wollten. Die schwer heimgesuchten Eltern, welche die Leiche des Verunglückten nach Stuttgart überführen lassen, werden allgemein bedauert.
— Aus dem Kreise Hanau, 23. Juli, schreibt man der Fr. Ztg.: Gestern abend um 5 Uhr zeigte der Horizont bedenkliche Wolken, und kurz daraus brach über unsere ganze Gegend ein schreckliches Gewitter herein. Der Regen ergoß sich in Strömen vom Himmel herab; Blitz und Donner folgten sich ununterbrochen, an einzelnen Plätzen hagelte es, wodurch die Früchte nicht unbedeutenden Schaden erlitten.
Leipzig, 25. Juli. Seit 6 Uhr wütet ein großes Feuer auf dem Bayerischen Bahnhofe. Der Güterbahnhof der bayerischen Staatsbahn ist vollständig in Asche gelegt.
Paris, 23. Juli. Der „Soir" bringt folgendes Geschichtchen unter der Ueberschrift: „Deutsche Brieftauben!" Man spricht in den Bureaux des Kriegs sehr viel von einer in den letzten Tagen gemachten Entdeckung. Nachstehend, was man sich hierüber erzählt: Ein Privatmann aus der Umgebung von Revers, der eine Taube mit einem Flintenschuß erlegt hatte, constatierte zu seiner Ueberraschung, daß die Flügel seines Opfers mit einem Stempel des kaiserlichen deutschen Wappens bezeichnet waren. Die Taube trug überdies ein Rohr, welches eine chiffrirte Botschaft barg. Die Flügel und die chiffrirte Depesche gelangten an das Kriegsministerium, das nach einer angestellten Untersuchung die Gewißheit erlangte, daß unsere guten Nachbarn, die Deutschen, mit der klugen Vorsicht, welche sie charakterisiert, sich Taubenstationen auf unserem Gebiet aufgespart haben. Zwischen den Directoren dieser Stationen und dem großen Berliner Generalstab werden täglich Beziehungen durch beflügelte Boten ausgetauscht und Deutschland richtet so, begünstigt von der Freiheit, die ihm der Friedenszustand läßt, ein System internationaler Erkundigungen ein, das im Kriegsfälle ihm die besten Dienste leisten könnte." (!)
— In Havre explodierte gestern nacht (24. Juli) gegenüber dem Badehotel Frascati eine gestrandete, mit 100 Kisten Dynamit und Pulver geladene Schaluppe. Die Explosion erfolgte durch den Anprall des Fahrzeuges gegen den Strand. Der Knall war ungeheuer. Eine Frau wurde getötet, ein Gendarme leicht verwundet.
WerrmifchLes.
— Aus Anlaß der Abfahrt des ersten Subventionsdampfers erinnern nordd. Bl. daran, daß auch die Hamburger Rhederei vor Kurzem einen Erinnerungstag feiern konnte, der für den deutschen Seehandel von großer Bedeutung war. Am 1. Juni waren es gerade 3 Jahrzehnte, daß die Hamburg-Amerikanische Pakets ah rt-Aktien-Gesell- schüft ihren ersten Dampfer, die Borussia, nach New-Aork gesandt und damit ihre regelmäßige Dampfschiffahrt nach der neuen Welt eröffnet hatte. Die Borussia war der erste Dampfer, welcher in regelmäßiger Fahrt seinen Kiel von Deutschland nach Amerika gerichtet hatte und von diesem 1. Juni ab datiert also der Beginn der deutschen transatlantischen Dampfschifffahrt überhaupt; Hamburg ist ihre Wiege, und Hamburger Unternehmungsgeist ihr Vater. Als damals die Verwaltung der Paketfahrt in froher Hoffnung, aber auch in banger Sorge, ihr Schiff ins Meer hinaussandte, da schwebte keine Reichsflagge am Top, da bot ihr kein geeinigtes Reich die vergoldete
„Was aber!" herrschte der Chef ihn an. „Was zögert er noch, wenn ich sage, daß er den Herrn herein lasse."
„Um Verzeihung, Herr Kommerzienrat", flüsterte Jonas. „Der Mensch sieht nur etwas so aus — so — wie-nun so, wie es die Achtung vor Ihnen ver
bietet — etwas verkommen."
„Ach, einerlei!" brummte der Kommerzienrat. „Kümmern Sie sich um etwas Anderes als das Aussehen der Menschen, und thun Sie, was man Ihnen heißt. Herein mit dem Verkommenen!"
„Soll ich nicht lieber —" fragte Duprat schüchtern. Er hatte doch noch ein heimliches Zeichen von Jonas aufgefangen.
„Nein", entschied der Kommerzienrat. „Dies geht uns Beide an. Es soll mich freuen, wenn es uns gelingt, den Kerl, der, wie es scheint, eine Verkleidung gewählt hat, recht gründlich abzuführen."
Ehe Duprat noch weiter Etwas sagen konnte, ging die Thür auf und der Erwartete trat ein.
Zu sagen, er trat ein, wäre keine ganz richtige Bezeichnung gewesen. Er schob sich vielmehr durch den Thürspalt, den Jonas für ihn offen gelassen.
Und wer war es?
Jemand, dessen bloßer Anblick genügte, um Duprat erbleichen und verstummen zu lassen — der Mann aus dem „Fuchsbau", welcher den Zettel aufgehoben, den Duprat seinem Freunde Dryden zugeschoben, und der dann Neubert zu Boden geschlagen, als er sich nach dem Bündel bückte. Das war eine wirklich unerwartete und unwillkommene Begegnung.
Guten Tag!" nickte der Andere frech vertraulich dem geängstigten Duprat zu. „Habe Sie endlich herausgewittrrt und mir, da Sie sonst nicht zu haben waren, das Vergnügen hier gemacht —" .
„Gestatten Sie", wandte der Kommerzienrat hier hämisch ein, „daß ich, der Chef dieses Herrn, auch meinen kleinen Anteil am Vergnügen bekomme. Vorerst, wer sind Eie und was wollen Sie?"