Grcnadierregiments Königin Olga, in Schützenjuppen gekleidet, hat die Fahrt mitgemacht.
Ludwigsburg, 4. Juli. Die ganze Familie eines Bauern im benachbarten EgolSheim wurde vom Felde hinweg in Haft genommen. Die 25 Jahre alte Tochter des Hauses, die seit bald S Jahren geisteskrank war, ist vorige Woche plötzlich gestorben. Dem Vernehmen nach sollen die in Haft Genommenen beim ersten Verhör ein Geständnis dahin abgelegt haben, daß der Wjährige Sohn des Hauses unter Beihilfe seiner Mutter und mit Wissen seines Vaters Hand an die unglückliche Schwester gelegt und ihrem Leben durch Erhängen ein Ende gemacht hat.
Das Otto Brodbek'sche Kunstmühle-Anwesen in Eßlingen wurde im dritten Aufstreich um den Preis von 250 000 von einem Konsortium Stuttgarter und Eßlinger Bäckermeister rc. ersteigert.
In Heilbronn hat Rektor Presset in einem alten Pult des Gymnasiums neben einigen Ablaßbriefen aus dem 13. Jahrhundert zwei Briefe Luthers an Brenz aus den Jahren 1524 u. 27 und 5 Briefe Melanchthons aus den Jahren 1555—57 an den Heilbronner Reforinator Lachmann aufgefunden.
Ehingen, 1. Juli. Großes Aufsehen erregte die gestern vollzogene amtliche Schließung der Trunz'schen Zigar- rcnfabrik. Hierdurch sind etwa 100 Zigarrenarbeiter um ihren Verdienst gekommen.
Ulm 5. Juli. Der 1. Treffer der Münsterbaulotterie mit 75 000 vkL wurde gestern an Buchhändler Lehmann in Berlin, der 2. Treffer mit 30 000 ^ an einen Brauburschen in Hannover abgegeben.
Brand fälle: In Urach am 1. Juli das Maisch'sche Anwesen, enthaltend eine zeitweilige Oelinühle, Holzdreherei und noch anderweitigen Gewerbebetrieb.
Karlsruhe, 4. Juli. Die zweite Kammer nahm einstimmig die Branntwcinsteuervorlage an.
Würzburg, 6. Juli. Auch der heutige 6. Wahlgang ist resultatlos verlaufen, da sich wiederum Stimmengleichheit ergab.
Dem bayerischen Landtag, der im September Zusammentritt, wird wahrscheinlich die Aufgabe zufallen, dem Prinz-Regenten Luitpold die Königswürde anzutragen. Man sagt, die Notwendigkeit der Dinge dränge dazu, daß ein bloßer Regent weder einen Beamten definitiv anstellen, noch auf ein Reservatrecht des Landes, wie das in Frage stehende der Branntweinbestcuerung, Verzicht leisten könne; dazu sei ein König notwendig, Titularkönig Otto aber sei geisteskrank.
Leipzig, 4. Juli. Im Landesverratsprozeß gegen Klein, Grebert und Erhärt gesteht Klein, nach dem Kriege von 1870/71 an den Straßburger Forti- fikationen gearbeitet und sich von denselben eingehende Kenntnis verschafft zu haben. Der Grenzkommissar Fleureville habe ihm 1881 vorgeschlagen, Kundschafter der französischen Regierung, namentlich für die Festungspläne von Straßburg und Metz zu werden. Klein wurde von Hirschauer in Paris hierzu gegen 200 ^ monatlich engagiert, zog nach Mainz, wo er detaillierte Pläne und Zeichnungen entwarf und an Fleureville und Hirschauer sandte. 1885 habe ihn, erklärt Klein, der bekannte Polizeikommissar Schnebele aufgefordert, nach Pom-L-Mousson zu kommen, und ihn beauftragt, seine Thätigkeit auf Straßburg zu koncentrieren. Die Verbindung mit Schnebele dauerte bis zur Verhaftung des Klein. Derselbe behauptet, von Straßburg weniger Material geliefert zu haben, als von Mainz. Der Angeklagte Grebert habe gewußt, daß er französischer Spion war und ist ihm beim Zeichnen behilflich gewesen. Grebert bestreitet dies: Klein beschuldige ihn aus Rachsucht. Angeklagter Erhärt hat Geldbriefe Schne- bele's an Klein unter seiner Adresse angenommen. Klein glaubt nicht, daß Erhärt den Sachverhalt kannte.
Straßburg, 2. Juli. Heute nachmittag fand die feierliche Einweihung des Denkmals Ludwigs I. von Bayern statt. Es ist von den in Elsaß-Lothringen sich aufhaltcnden Bayern gestifet.
Frankfurt, 3. Juli. Der Fremdenzufluß ist ein enormer. Mit den Morgenzügen sind zahlreiche Fremde angekommen. Die Stadt ist auf das prächtigste geschmückt. Auf dem Ostbahnhof erwarten! Hunderte von Menschen die Ankunst der Münchener Festgäste. Bayerische Schützen aus Aschaffenbnrg n. s. w. kommen auf einem Schelch hier an, der fest- ^ lich geschmückt ist. Heute morgen trafen die Oester- ! reicher und Bayern ein. Dieselben wurden jubelnd begrüßt.
Frankfurt, 3. Juli. Das deutsche Schützenfest , welches sehr zahlreich, auch von Oestcrreichern
und Schweizern, besucht ist, wurde gestern mit einem glänzenden Festzuge eröffnet. An dem Festbankett nahmen mehr als 4000 Personen teil. Oberbürgermeister Miquel brachte ein begeistert aufgenommenes Hoch auf den Kaiser aus. Die Versammlung sandte sofort ein Huldigungstelegramm an den Kaiser ab. Herzog Ernst von Coburg begrüßte telegraphisch die Versammlung und wies auf die glorreiche Erfüllung aller bei dem 1. Schützenfeste 1862 gehegten nationalen Hoffnungen hin.
Frankfurt, 4. Juli. Unter stürmischem Jubel verlas der Oberbürgermeister Dr. Miquel nach der Becherverteilung an die 10 ersten Sieger ein ! soeben (8 Uhr) eingelaufenes Telegramm des Kaisers: „Die zum 9. deutschen Bundesschießen vereinigten Schützen haben durch ihren Festgruß und den Ausdruck treuer Anhänglichkeit Mich herzlich erfreut. Indem Ich der Versammlung Meinen wärmsten Dank ausspreche, weiß Ich mit der patriotischen Gesinnung derselben Mich innig verbunden in dem gemeinsamen Wunsche u. Rufe: Heil dem Vaterlande! Wilhelm?'
Berlin, 2. Juli. Wie die „Kreuzztg." aus guter Quelle erfährt, hat die von Professor Virchow neuerdings vorgenommene Untersuchung der zuletzt von Dr. Mackenzie am Kehlkopf des Kronprinzen entnommenen Wucherungsteile ein günstiges Resultat ergeben; bösartige Erscheinungen haben sich nicht gezeigt. Dem Vernehmen nach ist sowohl an den Kaiser , wie auch nach London bereits in diesem Sinne berichtet worden.
^ Berlin, 4. Juli. Der Kaiser reist heute ^ abend 10 Uhr mittelst Extrazuges der Potsdamer i Bahn nach Ems. Das Befinden des Monarchen ist ! vortrefflich.
, Berlin, 4. Juli. Der „Weserztg." wird ! geschrieben : Der Feldzug gegen die russischen Wert- ^ Papiere hat seinen Eindruck nicht verfehlt nach den ! Vorgängen, die sich au der heutigen Börse abge- ^ spielt. Auf allen Verkehrsgebieten hat ein lebhafter ! Andrang zum Verkauf russ. Fonds stattgefundeu.
! Der Bundesrat hat in feiner letzten Sitzung ^ beschlossen , daß für die Zeit vom 1. Juli bis 30.
^ September d. I. die Steuervergütung für Liqueure, welche aus dem deutschen Zollgebiet ausgeführt werden , auf das Dreifache ihres bisherigen Betrages erhöht wird. — Der Bundesrat hat dem Innungs- Verband „Deutscher Tapezierer-Bund" in Leipzig auf Grund der Gewerbeordnung Korporationsrechte verliehen.
Für die deutschen Spiritusproduzenten ist es von großer Wichtigkeit, sobald als möglich Gewißheit darüber zu erhalten, wieviel Alkohol sie nach Maßgabe des neuen Branntweinsteuergesetzes vom 1. Oktober d. I. ab zu dem niedrigeren Abgabensatz von 50 pro Liter Herstellen dürfen, um darnach ihre Dispositionen für die bevorstehende Brennkampagne treffen zu können. Die Vorarbeiten dazu sind bereits im Gange; ob sich dieselben aber > so schnell zum Abschluß bringen lassen werden, daß i ein bezüglicher Beschluß des Bundesrats noch vor ! der Vertagung des letzteren herbeigeführt wird, er- i scheint wegen der Schwierigkeit der Materie zweifelhaft.
^ Die preußische Eisenbahnverwaltung hat die ^ Entfernung der schädlichen Querstangen von den i Fenstern der Durchgangswagen infolge des Wann- ! seeer Eisenbahnunfalles in Aussicht gestellt.
Die „Deutsche Reichspost" schreibt: Bereits l machen sich die Organe jener Partei, die für die Ar- ! beiter noch nie etwas gethan hat und auch nicht Wil- , lens ist, etwas für sie zu thun, über die Absichten ^ ^ der Reichsregierung, die auf die Altersversor- j gung der Arbeiter Hinzielen, mit geringschätzigen ! und spöttischen Reden her. Die geringe Höhe der ! ! Leistungen für die Arbeiter wird zum Ausgangspunkte ^ j jener Polemik gemacht. „Ein solcher Reichsrentner", j sagt die „Freist Z." , „wird zu wenig zum Leben und auch nicht zu viel zum Sterben übrig haben." Aus der Hand einer fürsorgenden Regierung jährlich — wir wollen einmal sagen 120 v/L zu empfangen, dürfte einem alternden, arbeitsunfähig gewordenen ! Arbeiter jedenfalls willkommener sein, als das reine Nichts, das Nichts schlechtweg, mit welchem ihm Herr Richter u. Kons, so freundlich entgegenkomnit. Sollte derselbe aber es fertig bringen, jedem alten Arbeiter eine Pension von 2—3000 o-kL auszuwerfen, so wird ihm jedermann Anerkennung zollen. — Diese freisinnigen Herren scheinen eben überhaupt ganz ver- zweifelt wenig Kenntnisse von den Zuständen und der Lebensweise der Arbeitcrwelt zu haben, sonst
könnten sie nicht den Wert einer solchen Summe für einen alten Arbeiter in der angeführten Weise unterschätzen, der dann um so größer erscheint, wenn man bedenkt, daß der alte Arbeiter bisher an Stelle des in Aussicht genommenen Betrages einfach gar nichts erhalten hat.
Die überseeische Auswanderung aus dem Deutschen Reiche betrug im Mai 14375 Personen; sie war 3117 größer als im Mai 1886, blieb dagegen hinter dem entsprechenden Monat der früheren Jahre zurück.
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 2. Juli. Die Reise des Kronprinzen nach Galizien gestaltet sich nach den Berichten von dort zu einem wahren Triumphzug. Neberall derselbe begeisterte Empfang, vom Adel wie vom Volke. Mit den zur Begrüßung erscheinenden Bauern spricht der Kronprinz in der herablassendsten Weise polnisch; die Leute sind überglücklich, ihren zukünftigen Herrscher jetzt schon kennen zu lernen, und insoferne hat diese Besuchsreise gerade jetzt eine hochpolitische Bedeutung, als sie die Liebe und die Anhänglichkeit au die Dynastie gewaltig fördert, zumal durch die sym- patische Erscheinung des Kronprinzen Rudolf, der die glänzende Repräsentationsgabe von seinem erlauchten Vater geerbt hat. Heute ist der Kronprinz in Lem- ! berg angekommen, wo ihm gleichfalls ein begeisterter ! Empfang zuteil wurde.
! In Wien fand am Samstag ein Ministerrat unter Vorsitz des Kaisers statt, welcher beschloß, das bestehende Pferdeausfuhrverbot nicht aufzuheben. Eine Kommission soll aber über mögliche Erleichterungen bei Durchführung der Maßnahme beraten.
Kaiser Franz Joseph ist am Samstag nach Pola gereist, wo er festlich empfangen worden ist. i Pest, 5. Juli. Aus Jaßbereny wird gemel- j det: Während des Unterrichts der berittenen Pioniere ! explodierte eine Dynamitpatrone. Wie verlautet, sind getötet 8, verwundet 40 Offiziere und Soldaten, darunter 27 schwer. Der Honvedminister be- ! gab sich sofort mit Aerzten nach Jaßbereny.
Frankreich.
Paris, 2. Juli. Der deutsche Botschafter,
^ Graf zu Münster, hatte gestern nachmittag auf dem k auswärtigen Amte eine Konferenz mit dem Minister i Flourens, die beinahe eine Stunde gedauert, was ! nicht geringes Aufsehen erregt hat. Wie mau zu ! wissen glaubt, hat es sich in dieser Konferenz haupt- ! sächlich um die brennend gewordene Frage des Ein- ^ gangzolles auf Spiritus gehandelt, Graf Münster ! hat aber auch die Gelegenheit benutzt, um die uner- ! hörte Deutschenhetze, welche hier augenblicklich gras- ' siert, zur Sprache zu bringen.
Paris, 2. Juli. Die gestrige Unterredung ^ des deutschen Botschafters Grafen zu Münster mit ! dem Minister des Aeußern hat die gute Folge gehabt , daß der Polizeipräfekt an seine Agenten die 'Weisung erteilt hat, das Ausschreien der Hetzblätter ! in den Straßen zu verhindern. Die „Defeuse Natio- ! nale" beklagt sich heute bitter, daß die Polizei versuche , ihren Verkauf zu verhindern, und fügt natürlich die pompöse Erklärung hinzu, daß sie sich diesem ungesetzlichen Verfabren der Polizei energisch ^ widersetzen werde. Es ist nun immerhin eine, wenn ! auch geringe Besserung, daß diesem gar zu argen Straßenskandal ein Ende gemacht worden ist, an der Sache selbst ist natürlich dadurch nichts geändert. Das saubere Blatt des unsaubern Herrn Lucien Ni- cot enthält auch heute eine Liste von ehrenwerten deutschen Kaufleuten und Industriellen — Namen und Adressen — die sämtlich als deutsche Spione de- nunciert werden. Das nennt man hier Preßfreiheit. Heute abend heißt es, daß der Kriegsminister im Einverständnis mit der Budgetkommission beschlossen habe, den beabsichtigten Versuch der Mobilisierung eines Armeekorps, wofür bekanntlich ein Credit von 8180000 Frks. verlangt war, bis zum Jahre 1888 zu vertagen. Die Bestätigung dieser Nachricht dürfte abzuwarten sein.
Paris, 3. Juli. Der neue Kriegsminister erließ ein Dekret, wodurch das Barttragen, das seit Boulanger für die gemeinen Soldaten obligatorisch war, nunmehr für sie ebenso wie für die Offiziere und Unteroffiziere fakultativ ist.
Paris, 4. Juli. Die Negierung läßt dementieren , daß sie die Vorlage über die Mobilisierung wegen diplomatischer Reklamationen Deutschlands zurückziehen werde.
Die Austrittserklärungen aus der Patriotenliga dauern fort. Die Vergötterung, welche Präsident Döroulode auf der letzten Versammlung Bau-