langer hatte zuteil werden lassen, hat allgemeines Aergernis erregt.

Die Bewegung gegen den deutschen Spiritus, welche durch die Verdreifachung der deutschen Aus­fuhrvergütung hcrvorgerufen ist, scheint doch ihre Früchte tragen zu sollen. Der Ministerrat ist im Prinzip geneigt, den Einfuhrzoll für Alkohol zu er­höhen.

Peyramout, der Herausgeber des berüchtigte» Hetz­blattesRevanche" in Paris, hat dasselbe anfgegebcu.

Belgien.

Brüssel, 2. Juli. DerNord" veröffentlicht eine förmliche Drohnote an die Adresse Englands wegen der englisch-türkischen Konvention und erklärt, Rußland werde sich, falls England mit der Durch­führung der Konvention Ernst mache, keineswegs mit einem platonischen Protest begnügen.

England

London, 2. Juli. DemStandard" wird aus Shanghai telegraphiert, daß der junge Kaiser von China sich nun eine Gemahlin ausgesucht habe. Die Hochzeit soll durch außerordentliche Feste be­gangen werden, welche l Mill. Lstr. (20 Millionen Mark!) (?) kosten sollen. Man erwartet bei dieser Gelegenheit auch zahlreiche Aenderungen im Perso­nal der Verwaltung des Reiches.

In London ist die Rede davon, Graf Her­bert Bismarck solle deutscher Botschafter in Lon­don für den Grafen Hatzseldt werden, der nach Pa­ris versetzt werden soll, weil der Botschafter Graf Münster zurückzutreten beabsichtige. Die Meldung verdient sehr geringen Glauben.

Eine Muster-Schwiegermutter ist die Königin Viktoria von England. Der Zustand des deutschen Kronprinzen bringt es mit sich, daß für denselben eine eigene, milde, völlig reizlose Kost her­gestellt werden muß. Die Königin Viktoria hat nun einen eigenen Raum Herrichten lassen, dem sie den NamenDie deutsche Küche" gegeben, in dieselbe hat keiner der Hofköche Zutritt und zwei einfache Köchin­nen vom Lande walten am Herde, so oft der Kron­prinz bei seiner Schwiegermutter zu Gaste erscheint. Das Menu wird dann von der Königin selbst zu- sammengestcllt. Es besteht zumeist in Gerichten, die aus Hühnerfleisch hergestellt werden, und aus Milch­speisen. Da der Kronprinz keinerlei geistige Getränke zu sich nehmen darf, treten an die Stelle derselben Fruchtsäfte.

Türkei.

Die Entscheidung in dem englisch-türki­schen Konflikt wegen des ägyptischen Vertrages steht jetzt bevor. Der Pforte ist eine Note Englands überreicht, in welcher die britische Regierung eine weitere Verschiebung der Ratifikation des Vertrages ablehnt. Eine Ministerkrisis in Konstantinopel ist wahrscheinlich. Ernste Verwicklungen drohen jeden­falls nicht.

Donau-Fürstentümer.

Die rumänische Artillerie soll um acht Batterien vermehrt werden. Verhandlungen mit Krupp sind bereits angeknüpft.

Ein großer Militärlieferanten-Prozeß spielt gegenwärtig inSerajewo in Bosnien. Die Militärlieferanten Gebr. Baruch sind angeklagt, mit mehreren Genossen und unter Mitwirkung eines Hauptmanns vom Platzkommando in Serajewo schlech­tes Mehl statt der für das Brod der Soldaten be­stimmten Mehlgattung geliefert, ebenso beim Ver­frachten, beim Abwägen des Fleisches, durch Wein­verfälschung rc. Betrügereien verübt zu haben. Her­vorragende Vertreter der bosnischen Landesregierung nehmen an den Festlichkeiten in Baruchs Hause teil, ein Generalintendant verfiel nach Baruch's Verhaf­tung in Wahnsinn, eine Anzahl von Offizieren wur­den außer Landes versetzt, mehrere Feldwebel wurden verhaftet, kurz, es offenbart sich eine entsetzliche Wirt­schaft. Der Schaden des Staates wird gerichtlich auf nahezu zwei Millionen angegeben.

Kleinere Mitteilungen.

In Böbliugen brannte ein 900 Ztr. schwerer Stroh- Haufen zusammen.

In Großingersheim wollte ein Mann in Beglei­tung dreier Kinder, worunter das Töchterlein des Ochseuwirs, Neckarsand holen. Sein Schiff scheint morsch gewesen zu sein, es sank mit den Insassen unter; der Manu und das fremde Kind, ein Mädchen von 6 Jahren, sind, wie die,H. N." mel­det, ertrunken, während die eigenen Kinder dadurch davon kamen, daß eines durch Schwimmen sich rettete, das andere von einem herbeicilenden Manne aus dem Wasser gezogen wurde.

Frankfurt. Bei dem Einzug der österreichischen

Schützen wurden gestern Vormittag in der Hanauer Landstraße viele Blumen herabgeworfen. Eine Dame, welche sich eben­falls an der Ovation beteiligte, warf, wie dasInt.-Bl." erzählt, in ihrer Begeisterung nicht blos Blumen, sondern auch ihr Portemonnaie, das sie in derselben Hand hielt, hinab. Der Inhalt 23 verstreute sich unter großem Halloh

in der munter weiter marschierenden Menge. Auf dem Schü­tzenfestplatz kaufte vorgestern Abend eine Dame für ihr Söhn- chen einenLuftballon". Als ihn der Händler abbinden wollte, stand der Gatte der Dame mit der brennenden Zigarre da­neben. Plötzlich explodierte der Ballon, so daß von dem sprühenden Feuer der Dame die Augenbraunen und Kopfhaare versengt wurden. Der Händler erschrack über den Knall der­art, daß er sein ziemlich großes Bündel Ballons fahren ließ, welche zum Gaudium der zahlreichen Zuschauer in die Höhe flogen.

In Wien sind zwei Schwestern, wohlhabende Damen, eine verwitwete Frau Goeschl und ihre Schwester, die ledige Marie Weber, 52 und 62 Jahre alt, in die Donau gesprun­gen. Sie hatten sich mit einem Seil an einander gebunden. Trotzdem ertrank nur die eine, Fräulein Weber, die andere wurde gerettet, mußte aber, da sich Irrsinn eingestellt hatte, einer Heilanstalt übergeben werden.

Das Schöffengericht inSchleiz verurteilte einen dor­tigen Brauereibesitzer, welcher in 88 Fällen dem Bier sogen. Bierkoulenr bczw. Traubenzucker zugesetzt hatte, zu einer Geldstrafe von 2670 ferner zu 150 ^ Ordnungsstrafe, weil er unterlassen hatte, der Steuerbehörde Mitteilung zu machen über die von ihm verwendeten Malzsurrogate.

Sarah Bernhardt, die französische, vielgenannte Schauspielerin, soll auf ihrer Amerikafahrt nicht weniger als 1500000 Franks verdient haben.

Kapstadt, 9. Juni. Auf der Farm von Biesjesdam, unweit Viktoria, schlug am 18. Mai der Blitz in ein kleines Haus ein, um welches herum eine Heerde von 1430 Schafen lagerte. Der Blitz zerschmetterte den Giebel des Gebäudes und tötete nicht weniger als 790 Schafe.

Handel «L Verkehr.

Stuttgart, 4. Juli. (Landesproduktcnbörse). Die ! Aussicht auf die neue Ernte wird von den meisten Produk- ! tionsländern durchschnittlich als gut geschildert. Die heutige ^ Börse verlief ruhig und wurde nur wenig sumgesctzt. Wir ! notieren per lOO Kilogr.: Weizen amerikanischer 20 .L 50 -4,

^ Kernen bayerischer 21 75 -4.

! Stuttgart, 4. Juli. (Mehlbörse). An heutiger ! Börse sind von inländischen Mehlen 690 Sack als verkauft ! zur Anzeige gekommen zu folgenden Preisen: Nr. 0 .« 31.50 ! bis 33, Nr. 1 30 - 31.50, Nr. 2 2829.50, Nr. 3

! 26-27.50, Nr. 4 22-23. Am 11. Juli findet keine

! Börse statt.

> Stuttgart, 5. Juli. Heute vormittag hat die Le-

! dermessc in der Gewerbehalle begonnen. Sie ist in derselben ! Stärke wie früher befahren. Der Geschäftsgang war heute vormittag ein flauer, weil es an Käufern mangelte, j Stuttgart, 2. Juli. Dem heutigen Wochenmarkt I sind nur 4500 Körbe Kirschen zugeführt gegen 1600 Körbe i vor acht Tagen. Die geringe Zufuhr vom Rcmsthal zum ! hiesigen Markt erklärt sich aus dem starken Export, den die trockene Witterung ungemein begünstigt. Die meiste und schönste Ware (zu 19 -20 -4 das Pfund am Baum) wird von bahr. Händlern augekauft, die ganz Bayern Heuer mit Kirschen aus Württemberg versorgen. Nach München allein ' gehen täglich Extrazüge mit Kirschen aus dem Rcmsthal ab. Im Einzelverkanf kostet das Pfund heute wegen der unbe­deutenden Zufuhr bis zu 30

Konkurseröffnungen. Friedrich Brodbeck, Schä­fer in Böblingen, ch Paul Maier, gewes. Kaufmann und Holzhändler in Calmbach (Neuenbürg.)

?°nr kitie. LL!

Nach dem Leben von Marie Romany.

(Fortsetzung.)

Diese Bemerkung rief bei Louis Corillac ein herzhaftes Lachen hervor. Er besaß eine spezielle Meinung in Bezug jener Damen, welche durch Schicksalsfügung zur Ausübung irgend welchen Be­rufs gezwungen worden sind.

Sic sind aufgelegt, bester Freund", beteuerte er sarkastisch; »aimablo,-vraimsnt,-

Herr de Breudon zog die Achsel.Versuchen Sie's."

Freilich, freilich."

Ich wiederhole ihnen jedoch, was eine Probe ergeben hat."

Louis Corillac lachte, er gefiel sich über die Maßen in diesem Moment. Er war jung, ein schöner Mann, das Gold brauchte er nicht zu zäh­len; dazu besaß er, wie schon erwähnt, nicht die Meinung über Damen jenes Standes, die ihm glaubwürdig scheinen ließ, daß sich nicht eine Jede unter ihnen seinem Willen und Reichtum fügen werde, die ec zur Ausnützung seiner Laune zu erwählen gesonnen war.

Wetten wir;" lachte er daher, indem er sein Champagnerglas füllte.Wie hoch gilt es?"

Der Ändere zögerte, dann sagte er trocken: Das kann ich. der Gewinn ist in meiner Hand. Also eine Mille Francs."

Louis Corillac schlug zu.

Während dessen hatte das Spiel seinen Fort­gang gemacht. Die junge Sängerin hatte ihre Arie

vollendet, hatte reichen Beifall geerntet und die Scene verlassen. Jetzt kam ein anderer Part.

Louis Corillac befahl ein Schreibzeug und lachte übermütig, indeß er auf eine Karte schreibend diktierte:Ich habe die Ehre, Mademoiselle Elmiot zur Teilnahme an ein Souper in die Loge Nr. 2 des Theaters zu bitten", dann übergab er diese Karte, unter ein Couvert gelegt, einem Theaterla­kaien, der sie hinter die Scene trug.

Bald war der Bote zurück. Corillacs Auge funkelte, als die Replique ihm eingehändigt ward. Ein triumphirender Spott lag auf seiner Miene, als er das Enveloppe aufschnitt, aber wie mit einem Schlage änderten sich diese Züge, denn:Ich be- daure," so war die Antwort,an dem mir vorge­schlagenen Souper nicht Teil nehmen zu können, da meine Gage für derartige Ausschweifungen nicht hoch genug ist."

Es war nicht der Verdruß, die Wette von tausend Francs im ersten Anlauf verloren zu haben, was ihm das Blut in den Kopf trieb; der Zorn sich abgcwiesen zu sehe», schwellte ihm die Stirn. Neben jener rücksichtslosen Selbstsucht, die seinen Charakter dominierte, befaß er io viel Eingebildetheit seiner Person, daß der Gedanke, man habe ihm nicht gehuldigt, ihn fiebern ließ; er würde jedes Mittel angewendet haben, um seinem Willen zu stöhnen; die Unmöglichkeit jedoch, für den Moment wenigstens, rief bei ihm die ungemütlichste Stimmung hervor; er redete nichts mehr, fuhr plötzlich auf und schob Herrn de Breudon die verlorene Summe von tau­send Francs zu, empfahl sich dann kurz und verließ mit dem Bemerken, in mißliche Stimmung geraten zu sein, das Lokal.

Lizzie Elmiot war in Frankreich geboren, doch von englischer Abkunft. Sie war die Tochter der Madame Elly Elmiot, die einstmals eine Sängerin von großer Bedeutung gewesen war; als solche war Lizzie erzogen und ins Leben getreten, denn ihrem Vater, den sie niemals kennen gelernt hatte, dankte sie wenig mehr, als den Namen. Francois Elmiot, ein junger Arzt ohne Praxis, hatte ein Jahr nach seiner Verheiratung mit Elly Frau und Tochter zur Witwe und Waise gemacht.

Lizzie zählte l 9 Jahre. Sie war nicht blendend schön, aber von unendlichem Liebreiz, ihre blassen Züge, ihr scelentzolles Auge, die goldenen Locken übten einen Zauber, der durch die Unschuld ihres Wesens geläutert ward. Würde Lizzie, wie es ihr der Geburt nach zugestanden wäre, in Kreisen der Gesellschaft gelebt haben, so hätten ihr die Anmut und Sanftmut, ungekünsteltes Eigentum wie sie wa­ren, ohne Zweifel den Weg zum Glück gebahnt.

Aber Madame Elmiot war unvermögend, und was ihre Verhältnisse noch unvorteilhafter machte, sie kränkelte. Sie hatte ihrer Tochter eine gute Er­ziehung gegeben; dann aber wurde sie genötigt, dem Kinde einen Beruf zu erwählen, der sich, da Lizzie eine passable Stimme und Talent zur Musik besaß, auf demselben Pfade, den sie einstmals betreten hatte, auch finden ließ.

Und an Glück fehlte es ihr nicht. Mochte gleich ihr Talent nicht bestechend sein, dort, wo die Musen etwa Lücken gelassen, wirkte ihre Erscheinung. Es bedurfte nicht langer Zeit, um einen Liebling des Publikums aus ihr zu machen, und wenn noch etwas im Stande war, die Verehrung der großen Gesellschaft für Lizzie zu steigern, so konnte es nur die Wohlerzogenheit sein, die den Ruf ihres Privat­lebens tadellos erhalten und jede ihrer Handlun­gen begleitete.

Als am Mittag nach dem so eben erwähnten Abend Lizzie aus der Probe nach Hause kam, war­tete ihrer ein prächtig blühendes Kamelienbouquet. Sie erstaunte. Im Beginn ihrer künstlerischen Thä- tigkeit war es wohl vorgekommen, daß man ihr der­artige Zeichen der Verehrung in die Wohnung ge­schickt hatte; da sie bei ähnlichen Gelegenheiten stets die gemessene Zurückhaltung bewährte, so beschränk­ten sich die Huldigungen, welche man ihr darbrachte, sehr bald auf die Bühne und was mit derselben in Verbindung war. Auch heute, ihrer Anschauung getreu, erquickte sic sich einen Moment an dem Wohl- geruche der Blumen, dann stellte sie das Bouquet in einen Winkel, wo es achtlos seinem Verwelken anheim gegeben war. (Forts, folgt).

Ber-ntworNicher Ned-Iteur Steinwandel in Nazold. Druck und B-rla, der S. W. Z » ise rächen vuchhandlu», in N»»old.