Der Gesellschafter.

Amts- mrd Jittelligeirz-Blatt für de« Oberamts-Bezirk Nagold.

W 7S.

^ Erscheint wöchentlich 3 mal: Dienstag, Donners- ^ tag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier ' (ohne Trägerlohn) 80 4, in dem Bezirk 1 4,

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Donnerstag den 7. Juli

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A. mLLiches. !

K. Amtsgericht Nagold.

Bekanntmachung, betr. die GerichLsferien. I

1) Die Gerichtsferien beginnen am 15. Juli und ^

endigen am 15. September. !

2) Während der Ferien werden nur in Feriensachen j Termine abgehaltcn und Entscheidungen erlassen. Feriensachen sind:

a) Strafsachen;

d) Arrestsachen n. die eine einstweilige Verfügung betreffenden Sachen; o) Meß- und Marktsachen; ä) Streitigkeiten zwischen Vermiethern und Mis­chern von Wohuungs- und anderen Räumen wegen lleberlassung, Benutzung und Räumung derselben, sonne wegen Zurückhaltung der vom Miether in die Miethsräume eingebrachten Sachen;

o) Wcchselsachen;

k) Bausachen, lvenn über Fortsetzung eines an- gcfangenen Baues gestritten wird.

3) Das Gericht kann auf Antrag auch andere Sachen, soweit sie einer besonderen Beschleunigung bedür­fen, als Feriensachen bezeichnen. Die gleiche Be- fugniß hat vorbehaltlich der Entscheidung des Ge­richts der Vorsitzende.

4) Auf das Mahnverfahren, das Zwangsvollstreckungs- Verfahren ul das Konkursverfahren, sowie

5) auf andere Angelegenheiten als diejenigen der ordentlichen streitigen Gerichtsbarkeit sind die Ge- richtsferien ohne Einfluß.

Den 5. Juli 1887.

Oberamtsrichter Daser.

Bom Osten.

In den Jahren 1885 und 1886 stiegen im Osten Europas bedenkliche Gewitter während der Sommermonate auf, welche den allgemeinen Frieden zeitweise empfindlich bedrohten. 1885 war es der Staatsstreich von Philippopel, welcher die Diplomaten in Helle Aufregung versetzte, 1886 der Sturz des Fürsten Alexander, welcher eine lange nicht dagewe­sene Bewegung des Mitgefühls hervorrief. Der klugen deutschen Vermittlung ist es beide Male ge­lungen, den oft sehr nahen Zusammenstoß zwischen Rußland und Oesterreich-Ungarn zu verhindern; die Anschauungen sind sowohl in Petersburg, wie in Wien ruhigere, gemäßigtere geworden und man kann des­halb hoffen, daß in diesem Jahre erst recht kein Kon­flikt erfolgen wird. In Rußland ist nicht alles Gold, was glänzt; die wiederholten Nihilistenattentate in diesem Jahre haben dem Czaren bewiesen, daß er doch nicht volle Gewalt in Rußland hat, sondern mit finsteren und dämonischen Mächten rechnen muß. Eine andere Frage ist nun freilich die: Wird in die­sem Jahre nicht abermals ein störender Zwischenfall ans der Balkanhalbinsel eintreten? Skeptische Gemü- ther könnten nach der Lage der Dinge wohl diese Frage mit einem Achselzucken beantworten; aber wir glauben doch bestimmtNein!" sagen zu können. Voraussichtlich wird alles ruhig bleiben.

Die harmloseste aller orientalischen Verwick­

lungen der Gegenwart ist die famose Geschichte von der englisch-türkischen Konvention über Egypten, die allerdings ihres Gleichen nicht hat: Unter Zustim­mung des Sultans verhandelt die türkische Regierung mit der englischen über Egypten, man wird einig und der Vertrag wird abgefaßt. Da kommen Fran­zosen und Russen und machen dem armen Sultan die Hölle so heiß, daß nicht nur das türkische Mi--' nisterium in bedenkliches Wanken gerät, sondern auch der Sultan die Unterschrift des Vertrages vorläufig ableh.it. Es ist auch sehr zweifelhaft, ob die Unter­schrift überhaupt erfolgte. Die Affaire ist trotz aller Schreibereien und Sensationsgerüchte aber doch! ganz unschuldiger Natur; in London wußte man längst, daß Frankreich und Rußland England nicht grün sind; überraschen konnte also die russisch-französische Intervention nicht, nur etwas verstimmmen. Und unterzeichnet der Sultan den Vertrag nicht, so kann Europa trotzdem ruhig schlafen. In Egypten bleibt dann alles, wie es bisher gewesen, und das ist, bei Lichte besehen, für die Engländer das Beste; denn es ist ihnen jetzt keinerlei Verpflichtung, das Nilland zu einem bestimmten Termin zu räumen, anserlegt.

In Tirnowa, der alten Hauptstadt Bulgariens, ist die große bulgarische Nationalversammlung zusam­mengetreten, und wird, was allgemein schon bekannt ist, den Prinzen Ferdinand von Coburg zu ihrem Fürsten wählen. Zwei Fälle sind nur möglich: Der Prinz besteigt den Fürstenthron oder er thut es nicht. Aus Rußlands sofortige Anerkennung ist auf keinen Fall zu rechnen; nimmt Prinz Ferdinand die Fürstenwürde an, so weiß er auch genau, daß Ruß­land wenigstens stillschweigend seine Regierung billi­gen wird. Direkt gegen den Willen des Czaren geht der Prinz sicherlich nicht nach Sofia. Lehnt der Prinz aber ab, dann müssen sich die Bulgaren eben allein weiter behelfen und aus ihrer Mitte ei­nen Regenten wählen. Sollte es darüber vielleicht einigen Lärm geben, so würde der sicherlich nicht blutiger Natur sein. Die Exekution von Rustschuck hat die Neigung für Aufstandsversuche gewaltig her­abgedrückt. Eine Einmischung Rußlands ist aber so lange nicht zu befürchten, als nicht Fürst Alexander wieder den Boden Bulgariens betritt. Am leichtesten könnte es ja in Serbien einen Spektakel setzen. Kö­nig Milan reist jetzt von Wien nach Belgrad zurück und die Königin Natalie wird binnen Kurzem sich aus Rußland einstellen. An eine Wiederversöhnung der beiden Gatten ist schwer zu denken; die ehelichen Streitereien, welche aus der Eifersucht der Königin entstanden, könnten ja schnell in den Hintergrund treten, aber daß sich Natalie Keschko an die Spitze der ihrem Gemahl feindlich gesinnten politischen Par­tei gestellt hat, das kann König Milan doch schwer vergessen. Ohne die Hilfe des jetzigen Ministerprä­sidenten Ristics hat eine Palastrevolution gegen den König keine Aussicht aus Erfolg; eine solche Revo­lution würde aber die Königin zur Regentin machen. Herr Ristics denkt indessen in seinem tiefsten Herzen auch: besser jetzt mit dem sehr gutmütigen König Milan regieren, als später die launische und unbe­rechenbare Königin Natalie zur Herrin zu bekommen. Der Tausch wäre wenigstens von sehr zweifelhaf- t em Wert. _

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

* Nagold, 6. Juli. Wie wir hören, wird am nächsten Dienstag abend im Festsaal des Semi­nars von den Mitgliedern des Kgl. Hoftheaters, den

HH. Neumeister (Violine), Spohr (Waldhorn) und Schiller (Klavier) ein Konzert gegeben werden, auf welches wir jetzt schon aufmerksam machen wollen. Näheres im Inseratenteil des nächsten Samstag­blattes..

-"Nagold. Wie wir hören, wurde die Stelle Mes Professors am hiesigen Seminar dem Pfarrer Wetzel in Machtolsheim übertragen.

I Jsels Hausen, 6. Juli. Am letzten Sonn­tag nachmittag tagten etwa 30 Bienenzüchter in der Schölhammer'schen Wirtschaft hier, um ein reichhal­tiges Programm durchzuberaten. Nach den einleiten­den Worten des Hrn. Vorstandes Klein in Nagold, welcher die Versammelten willkommen hieß und den­selben zugleich für seine Wahl zum Vorstand (da er bei der Wahl am 2. Febr. wegen Krankheit nicht zu­gegen sein konnte) dankte, mit dem Versprechen, nach bestem Wissen und Können seines Amtes zu walten, folgte die Beratung des Antrags, daß den Wander­lehrern für Frühjahrsrevisionen aus der Vereinskasse kein Beitrag mehr bewilligt werden soll, aus Rück­sicht auf den schwachen Stand der Kasse. Die Früh­jahrsrevisionen seien von jedem einigermaßen kundigen Mitglied leicht vorzunehmen. Dieser Antrag wurde ein­stimmig angenommen. Ebenso wurde den die XXXII. Wanderversammlung deutsch-österreichischer Bienenzüch­ter in Stuttgart Besuchenden weder ein Beitrag zur Reise, noch für etwaige Aussteller eine Unterstützung verwilligt. Weiter wurde bestimmt, daß jedes Mit­glied des Vereins verpflichtet sei, bis zum Schluß des Kalenderjahres seinen Beitrag an die Bereins- kasse zu leisten, widrigenfalls die Mitgliedschaft auf­höre. Nach Wahl zweier Ausschußmitglieder (Steimle von Unterthalheim und Schmid von Gültlingen) wurde vom Schriftführer des Vereins noch ein Bor­trag gehalten über den Wert bienenwirtschaftlicher Ausstellungen für die Bienenzucht überhaupt und hierauf die Versammlung geschlossen, welche bis zuletzt in schönster Harmonie verlaufen war.

Freuden st adt, 4. Juli. Der neuerdings auf dem Roßbühl, ca. 3300 über dem Meere, mit Mitteln des Schwarzwald-Vereins errichtete Aus­sichtsturm wurde letzten Sonntag festlich eingeweiht.

Kurz vor der Einfahrt in den Tunnel vor Feuerbach legte sich ein Lebensmüder auf die Schienen; sein Zweck wurde vollständig erreicht, in­dem die Maschine den Kopf total von dem Rumpfe trennte. Der Selbstmörder ist als der gewesene Sergeant und Landjäger I. Reichte von Neuhan­sen (Tuttlingen) rekognosziert worden.

Stuttgart, 2. Juli. DemBeobachter" erwächst laut heutigen Beschlusses des Stuttgarter Gemeinderats ein neuer Rcchsstreit mit der hiesigen, städtischen Behörde zufolge seines kürzlichen Leitartikels, betiteltDer kleine Bismarck auf dem Stuttgarter Rathause". Bekanntlich schweben zur Zeit noch 2 andere, von Major a. D. von Tröltzsch gegen ihn angestrengte Prozesse.

Stuttgart, 4. Juli. Se. Maj. der König hat vor kurzem den hier praktizierenden Arzt Dr. Röchling zu sich nach Friedrichshafen berufen. Der letztere ist Spezialist in der Massage, die, wie be­kannt, seit einiger Zeit mit großem Erfolg gegen Rheumatismus angeweudet wird. Seit Jahren ist S. M. von Gliederreißen gepeinigt, das ihn im Gange schmerzend beeinträchtigt.

Die Wetteraussichten der Stuttgarter meteorolog. Zentralstation erzielten im Durchschnitt 91,47chg Treffer und zwar für die Voraussage auf Bewölkung 84,83»io, auf Nie­derschläge 96,Mio, für Wärme 93,10vsy.

Stuttgart, 4. Juni. Die hiesigen Schützen , sind mit einem Extrazug zum deutschen Schützenfest i nach Frankfurt a. M. abgereist. Die Kapelle des