Reserveoffiziere teilnahmen. Das Kommando über die Abteilung führt Oberstlieutenant v. Podbielski. Auch in Ludwigsburg und Heilbronn wurden solche freundlichst empfangen.

Aus dem Oberamt Maulbronn, 28. Juni. In der Nacht vom Sonntag aus Montag versuchte in dem benachbarten Schmie eine erst seit kurzem verheiratete Frau ihrem Mann den Hals ab­zuschneiden. Ebenso schnitt dieselbe einem Pflegekind den Hals zur Hälfte durch. Untersuchung ist einge­leitet. Die Thäterin wurde alsbald geschlossen an das hiesige Amtsgericht eingeliefert.

Wilhelmsdorf bei Ravensburg. Die hie­sige Taubstummenanstalt hat dieser Tage ihr 50jähriges Jubiläum gefeiert. 352 Zöglinge sind in dieser von A. F. Oßwald gegründeten Anstalt unter­richtet, erzogen und verpflegt worden. Gegenwärtig zählt sie 99 Zöglinge.

Das bischöfl. Ordinariat hat mit dem Beginn des laufenden Schuljahrs für den Unterricht in der katholischen Religion einen neuen Katechismus ein­geführt.

Brandfälle: In Geislingen am 26. Juni das Wohnhaus eines Feilenhauers in der Nähe der Stadtkirche; in Oedenwald bei Freudenstadt am 28. Juni das ältere Wohnhaus des Gutsbesitzers Killgus; in Deizisau bei Plochingen am 25. Juni die Scheune des Gutspächters Seyfried; in Herrenalb am 27. Juni ein Wohnhaus mit an- § gebautem Schuppen; in Burbach 9 Gebäude.

Binnen Kurzem wird der Papst ein Rund­schreiben an den bayerischen Episkopat erlassen mit der Auffoderung, daß derselbe darauf dringen soll, daß der Religionsunterricht in den Schulen nicht ! benachteiligt werde.

Metz, 29. Juni. Der Entlassung des Bür­germeisters und Großindustriellen Iaunezzu Saar­gemünd als Mitglied des elsaß-lothringischen Staats­rates kommt insofern eine Bedeutung zu, als damit die unter Manteufel ein geführte Notablenwirtschaft als beseitigt angesehen werden kann. Jaunez machte niemals aus seinen deutschfeindlichen Gesinnungen ein Geheimnis, namentlich nachdem Manteufel den merkwürdigen Satz aufgestellt hatte, ein Elsaß-Loth­ringer könne seine Söhne im französischen Heere dienen lassen, ohne deshalb das Vertrauen der deut­schen Regierung zu verlieren. Trotzdem wurde er l von Manteufel in den Staatsrat berufen. Jau- , nez ist ein ausgesprochener Deutschenfresser.

In Münster haben die dortigen Maurer­gesellen die Arbeit eingestellt, sie forderten 35 Pfen­nig für die Stunde. Der Landesdirektor Overweg hat für die Staatsbauten die Forderung angenommen.

Frankfurt a. M., 29. Juni. Die Franks. Ztg. meldet aus Wien: Aufgefallen ist, daß der Ge- ^ neralgouverneur von Warschau, General Gnrko, nicht das österreichische Kronprinzenpaar in Krakau begrüßt hat, sondern telegraphisch nach Petersburg berufen worden ist.

In Frankfurt a. Main ist am Montag die Gründung eines Verbandes der deutschen Berufsge­nossenschaften beschlossen worden. Staatssekretär v. Bötticher dankte der Industrie für ihre Opferfreudig­keit bei Durchführung der Sozialgesetzgebung und stellte das Erscheinen des Altersversorgungsgesetzes in baldige Aussicht.

Hamburg, 27. Juni. Im Jahr 1888 findet hier ein Weltkongreß für Taubstumme statt.

Berlin, 29. Juni. Dr. Morell Mackenzie extrahierte gestern aus dem Halse des deutschen > Kronprinzen den größten Teil der Wucherung. Die Operation ging rasch und schmerzlos von statten.

Wie verlautet, sollen die Grundzüge für die Alters- und Jnvalidenversorgung der Ar- ^ beiter schon seit längerer Zeit im Reichsamt des Innern fertiggestellt sein. Die Altersversicherung soll nach den Absichten der verbündeten Negierungen, gleichzeitig für alle männlichen Arbeiter, oder, wenn nur ein schrittweises Vorgehen möglich ist, zunächst für die industriellen Arbeiter eintreten und sich an die Berufsgenossenschaften für die Unfallversicherung anschließen. Die Grundlage soll ein obligatorischer Minimalrenten-Satz von 120 im Jahre bilden; zu dieser Rente steuert das Reich ein Drittel bei, der Rest wird durch Versicherungsbeiträge je zur Hälfte von den Arbeitern und Arbeitgebern aufge­bracht. Dieser Versicherungsbetrag stellt sich auf je 3 -IL für Arbeitgeber und Arbeitnehmer; der Reichs­zuschuß wird auf 22 Millionen Mark berechnet. Die

Invaliditäts-Erklärung erfolgt ohne weiteres mit dem Eintritt in das 70. Lebensjahr; bei einzelnen Be­rufszweigen, wie den Bergarbeitern, kann sie aber auch mit einer früheren Altersgrenze verbunden und auch sonst bei nachgewiesener Erwerbsunfähigkeit ein zeitigerer Antritt der Jnvalidenpension bewilligt werden.

Es bestätigt sich, daß der französische Bot­schafter in Berlin, Herbette, mit dem Grafen Herbert Bismarck wegen einer Milderung des Urteils für die in Leipzig verurteilten Elsässer eine Unter­redung hatte. Die angeknüpften Verhandlungen zer­schlugen sich aber in Folge der herausfordernden Sprache der Pariser Blätter. Graf Bismarck be­dauerte achselzuckend, cs lasse sich nichts mehr thun.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 27. Juni. König Milan empfing heute den deutschen Botschafter, Prinzen Reuß, den französischen Botschafter Decrais und den englischen Botschafter Paget in Audienz. Nachmittags fuhr der Kaiser von Oesterreich mit König Milan zum Diner beim Kronprinzenpaar nach Laxenburg. König Milan wird übermorgen nach Baden gehen, um dort wegen Gebrauches einer Kaltwasserkur im Helenen­thal zu konsultieren. Der Kaiser geht morgen nach Ischl.

Wien, 28. Juni. Der deutsche Botschafter Prinz Reuß hatte heute eine längere Konferenz mit dem Grafen Kalnokjy, angeblich in den Angelegen­heiten des Königs Milan.

Das österreichische Kronprinzenpaar hat am Dienstag von Wien aus eine Reise nach Krakau unternommen und ist auf dieser überall mit großem Jubel empfangen worden.

Frankreich.

Paris, 28. Juni. Aus Algier wird gemel­det: In Biskoa entstand vorgestern zwischen den Spahis und den bei den Eiscnbahnarbeiten beschäftig­ten Marokanten ein Streit. Gegen 100 Marokaner griffen eine Patrouille an und feuerten auf sie. Die gegen dieselben entsandten Truppen töteten 10 Marokaner, verwundeten mehrere und verhafteten gegen 30. Ein Spahi wurde getötet und mehrere verwundet. Die Ruhe ist jetzt wiederhergestellt.

Paris, 28. Juni. In der Budgetcommission erklärte Ferron betreffs der probeweisen Mobilisierung eines Armeekorps, er schätze die Kosten auf 8 Mil­lionen , weil sich's, um allseitige Erfahrungen zu machen, nicht blvs darum handle, ein Armeekorps zu mobilisieren, sondern auch um die beteiligten Truppen nach dazu bestimmten Punkten zu transpor­tieren und konzentrieren. Die Kommission wird am Samstag darüber beschließen.

Der französische Verteidiger des Brannt­weinmonopols, Professor Alglave, richtet an den Temps" ein Schreiben, worin er den Alarmruf ausstößt, daß Deutschland infolge der durch das ^ neue Gesetz für die Übergangszeit bis zum 1. Okt. l verdreifachten Exportprämie in den nächsten Monaten Frankreich mit Spiritus überfluten werde, so daß das Monopol die einzige Rettung wäre.

Die Ausländer in Frankreich sollen all- ! gemein Ausnahmebestimmungen unterworfen werden! Sehr weit gehende Bestimmungen, welche in einem ^ dafür niedergesetzten Kammerausschuß beantragt wa­ren, wurden auf Wunsch des Ministers Flourens zwar abgelehnt; was aber mit Flourens Zustimmung schließlich angenommen wurde, ist auch noch genug : Jeder Ausländer soll nemlich verpflichtet sein, beim Eintritt in Frankreich eine Erklärung über seinen künftigen Aufenthaltsort abzugeben und seine Iden- , tität nachzuweisen, Außerdem soll jeder in Frank­reich lebende Ausländer dieselbe Abgabe entrichten, welche den Franzosen für Befreiung vom Militär- ^ dienst auferlegt wird. Da reist man eben nicht mehr nach Frankreich! s

General Jung, der vertrauteste Mitarbei­ter Boulanger's im Kriegsministerium, ist durch Ernennung zum Gouverneur von Dunkirchenkalt­gestellt" worden.

General Bon langer ist zum Kommandanten des 13. Armeekorps in Clermont-Ferrand ernannt.

Es ist hohe Zeit gewesen, daß General Bou- ^ langer ack uota gelegt worden ist. Er hat, wie immer glaubwürdiger berichtet wird, viel, sehr viel vorgehabt, er scheint sogar allen Ernstes an die Mög­lichkeit einesKaisers Boulanger I." gedacht zu; haben. Bon einem zuverlässigen Gewährsmann geht ! derKölnischen Zeitung" aus Paris jetzt folgende l Mitteilung zu: Ein mit Persönlichkeiten aus der ^

Petersburger Gesellschaft in nahen Beziehungen ste­hender französischer Offizier hat sich zu diesen über General Boulanger geäußert. Demnach stände es außer Zweifel, daß der ehemalige Kriegsminister einen Staatsstreich, der ihn an die Spitze der Regie­rung bringen sollte, beabsichtigt habe. Er habe, kurze Zeit vor seinem Sturz, nächtliche Truppen­übungen angeordnet, worüber damals auch die Zei­tungen berichteten. Bei einer solchen nächtlichen Truppenübung, an der fast die ganze Pariser Be­satzung teilzunehmen bestimmt war, sollte der Staats­streich erfolgen. Alle Rollen waren bereits verteilt. Aber General Saussier, der Gouverneur von Paris, kam hinter den Plan und verbot noch in letzter Stunde das Ausrücken der Truppen, so daß auch wirklich nur ein Bataillon ausrückte. Alle Beweis­stücke für jenen geplanten Staatsstreich befinden sich in Händen der französischen Regierung, und dies ist auch der Grund, warum Boulanger sich jetzt so ruhig verhält und so sang- und klanglos von der Bühne abgetreten itt. Zwei politische Persönlichkeiten sollen im Einverständnis mit dem letzten Kriegsminister den heimlichen Anschlag gemacht haben, die Kammern aufzulösen und Herrn Grevy abzusetzen, die Verfas­sung aufzuheben und eine konstituierende Versamm- ^ lung zusammen zu berufen. Dem allem sollte eine i Kriegserklärung an Deutschland vorausgehen oder

- folgen, so daß es möglich geworden wäre, Frankreich in Kriegszustand zu versetzen und die Diktatur aus­zurufen. Da die Rechte Kenntnis von dieser Ver­schwörung erhalten hatte, habe sie ihren Vorsitzenden, Herrn von Mackau, zum Präsidenten der Republik gesandt, um ihn zu beschwören, die Bildung eines Ministeriums zu beschleunigen, indem sie ihm ihre

- Unterstützung versprach. Grevy sei hierauf in Rou- ^ vier gedrungen, sein Kabinet, es koste was es wolle,

^ zu bilden. Was den General Saussier anbelangt,

! der das Kriegsministerium bereits angenommen hatte,

! so fei derselbe im letzten Augenblick zurückgetreten,

^ um Gouverneur von Paris zu bleiben, damit er die Pariser Armee direkt in der Hand habe. Grevy soll alle Beweise der Verschwörung besitzen. Meh­rere Pariser Zeitungen verhandeln eifrig darüber und , verlangen, daß Grevy mit der Sprache offen heraus­gehe. Die Nachrichten enthalten nur das. wessen sich jedermann von Boulanger versehen' hat. Warten wir Näheres ab.

! Holland.

König Wilhelm von Holland soll, wie aus Brüssel telegraphiert wird, au einem Blasen­leiden lebensgefährlich erkrankt sein.

Italien.

DerFigaro" hat, wie er an hervorragender Stelle mitteilt, einesehr wichtige" Nachricht aus Rom empfangen. Der Kardinalstaatssekretär Ram- polla habe nämlich eine möglicher Weise zur Ver­öffentlichung gelangende Note an die päpstlichen Nun­tien gerichtet, welche von der größten Wichtigkeit sei, da sie die sogenannte Aussöhnungsfrage ent­scheide. Rampolla erklärt darin in der formellsten Weise, daß der Heilige Stuhl unverjährbare Rechte auf Rom besitze und daß von einer Versöhnung ohne Rückgabe Roms an den Papst keine Rede sein könne. Die Nuntien werden zugleich ersucht, den Regierun­gen, bei denen sie beglaubigt sind, jene Erklärung abzugeben. In der Note verbreitet sich Rampolla ausführlich über die weltliche Macht des Papstes, welche er als unumgänglich notwendig behufs Aus­übung der geistlichen Macht bezeichnet. DerFigaro" glaubt dieser römischen Meldung die Bemerkung bei­fügen zu sollen, daß Pius IX. nicht blos Rom, sondern den ganzen Kirchenstaat reklamierte.

Mailand, 27. Juni. In Giaveno kam es zu einer großen Demonstration gegen den dortigen Pfarrer, weil derselbe aus Anlaß eines kirchlichen Festes des Kirchenchors mit der Aufschrift:Rom ewig dem Papste!" versah und gleichzeitig einem mit Bildern hausierenden Händler verbot, die Bilder des Königs und der Königin auszustellen und zu ver­kaufen. Die Menge schlug dem Pfarrer die Fenster ein und konnte nur durch Einschreiten der Karabinieri verhindert werden, das Pfarrhaus zu stürmen und anzuzünden.

England.

London, 29. Juni. Gestern abend fand in der Guildhall ein großer Festball anläßlich der Jubiläumsfeier der Königin statt, an welchem 6000 Personen teilnahmen. darunter der Prinz und die Prinzessin von Wales, die deutsche Kronprinzessin,