81. Jahrgang.

Wro. 85.

Amts- uncl Intelkigenzbkatt für äen Hezirsi.

Erscheint Dienstag, Donnerstag L Samstag. !

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Aamstag, äen 24. Juki 1886.

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' ganz Württemberg 2 ^ 70 H.

'VoMischs Wcrchvichten.

Deutsches Reich.

Berlin, 20. Juli. Wie dieKöln. Ztg." hört, ist ein kgl. Kabinets- besetz! betreffs der Beteiligung von Offizieren an öffentlichen Wettrennen ergangen. Es werden darin den preußischen Offizieren hinsichtlich der Rennen sehr bedeutende Beschränkungen auferlegt werden. Insbesondere ist jeder Ver­kehr mit sogen.Buchmachern" streng verboten. Sie dürfen fortan nur in Uniform mitreiten und nicht die Pferde solcher Sportsleute benutzen, die aus dem Nennen ein Geschäft machen. Der Kabinetsbefehl entspricht den Vor­schlägen jener Kommission höherer Offiziere, welche das neue Kavalleriereglement ausgearbeitet haben, und die sich zur Beratung der Rennfrage aus Offizieren aller Waffengattungen verstärkt hatte.

Nürnberg, 20. Juli. Man schreibt der Fr. Ztg.: Im Laufe der letzten Wochen wurden hier drei Russen, Arbeiter, ausgewiesen, da sich dieselben nicht im Besitze der vorgeschriebenen Legitimationspapiere befanden. Ueber einem vierten Russen schwebt dasselbe Schicksal, wenn er sich innerhalb kurzer Frist die fraglichen Papiere nicht verschaffen kann. Ueberhaupt ist man bei uns in Bayern äußerst streng mit solchen Auswei­sungen; selbst deutsche Staatsangehörige entgehen dem nicht, wenn sie sich über ihre Staatsangehörigkeit nicht schwarz auf weiß ausweisen können. So z. B. ist die Ausweisung über den Besitzer einer gegen 40 Arbeiter beschäftigenden hiesigen Patentstiftfabrik, einen Preußen, verhängt worden, wenn derselbe nicht ebenfalls binnen drei Wochen seine Staatsangehörigkeit Nachweisen kann. Der Mann ist in eine recht üble Lage versetzt; denn da er über 10 Jahre außerhalb der preußischen Grenzpfähle gelebt hat, hat er inzwischen die preußische Staatsangehörigkeit verloren und muß nun erst Schritte treffen, diese wieder zu erhalten.

Hages-Weirigkeiten.

ffHirsau. In unserem kleinen Luftkurort herrscht bereits ein reges Leben. Täglich kommen neue Gäste zu den bereits anwesenden und in jedem Jahre muß dafür gesorgt werden, daß wieder mehr untergebracht werden können. Unsere regelmäßig wiederkehrenden Gäste sind erfreut, auch Heuer wesentliche Verbesserungen und Verschönerungen anzutreffen; als da sind: gut hergerichtete Waldwege, Wegweiser und Sitzbänke, wofür der Verschönerungsverein unter kundiger Leitung in dankbar anzuerkennender.Weise sorgt. Auch bezüglich der Restauration können wir eine Neuerung aufsühren, es ist die Annehmlichkeit, daß z. B. im Rößle von jetzt ab stets frisches und gutes Bier vom Faß

zu haben ist. Man spricht hier davon, daß der längst gehegte Wunsch, es möchte endlich die Straßenbeleuchtung zu Stande kommen, in nächster Zeit in Erfüllung gehen soll.

Nagold. Im Spätsommer dieses Jahres gedenkt der württ. ev. Kirchengesangverein sein jährlich wiederkehrendes Fest in Nagold zu halten; es waren deshalb in voriger Woche die Ausschußmitglieder dieses Vereins hier versammelt, um unter Leitung des Musikoberlehrers Burkhardt, der Vorstand des Vereins, Stadtpfarrer Abel von Gmünd war am Erscheinen verhindert, die nötigen Vorberatungen zu pflegen. Da nach Versicherung des Vorsitzenden die Bedingungen für den vorliegenden Zweck in der Semi­narstadt Nagold sehr günstig sind, so läßt sich erwarten, daß das auf 15. Sept. anberaumte Fest einen gelungenen Verlauf nehmen werde.

Weilderstadt, 20. Juli. Heute abend 5 Uhr gingen mehrere Knaben in die Würm, um zu baden, entfernten sich jedoch vom eingezäunten Badeplatze und kamen in die Nähe der Mühle. Einer der Knaben, der 8jährige Sohn des Oekonomen I. Söckler, geriet dabei an eine Stelle, wo das Wasser tief ist, wurde vom Strudel erfaßt und versank. Auf das Rufen des andern Knaben wurden sofort Rettungsversuche gemacht, aber vergebens; trotz allen Euchens ist der Leichnam bis jetzt noch nicht gefunden.

Ludwigsburg, den 21. Juli. J.J. K.K. H.H. der Prinz und die Frau Prinzessin Wilhelm mit Gefolge besuchten gestern Abend 7 Uhr den Park der hiesigen Ausstellung und folgten hierbei einer Einladung des Oberbürgermeisters Abel zum Souper ebendaselbst. Heute morgen be­gaben sich die hohen Herrschaften um 9 Uhr nach Stuttgart und besichtigten dort die Ausstellung des Württ. Kunstgewerbevrreins im Königsbau sowie das Exporrmusterlager in der Gewerbehalle unter Führung des Direktors v. Gaupp und des Direktors Zilling. Um l2>/z Uhr kehrten J.J. K.K. H.H. nach Ludwigsburg zurück.

Beutelsbach, 20. Juli. Gestern abend legte ein dem hiesigen Maler H. gehöriger, 13jähr. Knabe, als er auf dem Wege zum Baden die Eisenbahnschienen passierte, einen eisernen Nagel auf dieselben, um ihn durch den Stuttgarter Zug, der eben daher kam, breitdrücken zu lassen. Hiebei wartete er aber nicht ab, bis der Zug vorüber war, sondern wollte vorher noch dos Resultat beaugenscheinigen, er wurde nun von einem Wagen erfaßt und eine Strecke weit mitgeschleppt. Die beiden erlittenen Verletzungen führten in der folgenden Nacht seinen Tod herbei.

Gerstetten, 20. Juli. Gestern abend begegnete einem hiesigen geordneten Bürger, dem Weber Georg Grüner, ein schweres Unglück. Ein Sohn desselben hatte Hochzeit und alles war guter Dinge. Der Vater wollte sich abends gegen 10 Uhr von den oberen Räumen des Gasthauses

Ieuilleton. < ^»".1

Die Falschmünzer.

Kriminal-Roman von Gustav Lössel.

(Fortsetzung.)

Ihr Herr Prokurist," schaltete der Kommissar ein,hat mir auch keinen be­sonderen Eindruck gemacht. Im Gegenteil, wenn es sich nur um eine Unregelmäßigkeit in Ihrem Geschäft handelte, wäre er der Erste, auf den ich meinen Verdacht lenken würde."

Das Alles erschüttert mich nicht in meinem Vertrauen zu Herrn Duprat," sagte der Kommerzienrat mit finsterer Entschlossenheit.Sie, Herr Assessor, haben Ihr Urteil gewiß von Leuten, welche meinem Sohne mehr oder minder nahe stehen, und Sie, Herr Kommissar, urteilen von einem ersten flüchtigen Eindruck, vergessen aber zweierlei, eine physische Indisposition Duprats, die ihn nicht besonders freundlich erscheinen ließ, und den Unmut, welchen Sie in ihm selbst erweckten."

Unmut? Worüber denn?" fragte der Kommissar.

Darüber, daß Sie mit solcher Schroffheit gegen ihn auftraten."

Daß ich nicht wüßte," entgegnete der Kommissar;aber wenn ich einmal Gelegenheit dazu hätte, würde ich es an solcher nicht fehlen lassen."

Löblicher Vorsatz," sagte gereizt der Kommerzienrat.Ich meine aber, daß Sie in diesem besonderen Fall, wo es sich um eine Beeinflussung meines Sohnes zum Bösen handelt, nach einer anderen Richtung mehr Erfolg aufzuweisen haben würden. Dieser Baron Dryden zum Beispiel"

Der nicht aufzufinden ist," lachte der Kommissar.Er ist allerdings wohl ein Ritter der Industrie, aber was kann Herr Duprat anders sein, wenn er mit solchen Menschen in einem Athem als der Umgang Ihres Sohnes genannt wird."

Das thut man fälschlich," entgegnete der Kommerzienrat.Herr Duprat hat sich längst von meinem Sohne entfernt gehalten."

Ja, nachdem er ihn selbst auf die Bahn hingelenkt, die zum Verderben führt," wandte der Kommissar ein.Aber wozu uns darum streiten! Das ändert nun Nichts an den bestehenden Verhältnissen. Wer Herrn Eduard zu seinen mutmaßlichen Vergehen angestiftet und verführt hat, ist für den Augenblick die Frage nicht, sondern die, ob er die Verbrechen begangen, welche ihm zur Last gelegt werden. Die äußeren Anzeichen sprechen dafür und wir müssen dieselben so lange gelten lassen, bis Herr Eduard selbst uns die Beweise vom Gegenteil giebt."

Haben Sie das Kostüm, welches Sie aus dem Fluß gezogen, dem Mädchen schon vorgelegt, welches meinen Sohn angeblich zu jenem Maskenball begleitete?" fragte der Kommerzienrat.

Nein," erwiderte kurz der Assessor.

Warum nicht?"

Aus dem einfachen Grunde, well dieser Umstand weniger in Betracht kommt, als was das Mädchen sonst noch von Ihrem Sohn zu erzählen wußte."

O, bitte recht sehr! Erzählen kann man Etwas, was der Wahrheit nicht entspricht, und so lange das Mädchen nicht sagen kann, er hat den Fremden ermordet, da und dann, ich habe es gesehen, so lange können Sie nur nach den objektiven Beweisen gehen. Und diese sind hier die zusammengeschnürten Kostüme des roten Domino und der Polin. Ich wenigstens werde auf der Vorlage und Inaugenschein­nahme dieser Kostüme bestehen."

Ich bedaure. Ihnen antworten zu müssen, daß wir die Kostüme nicht zur Verfügung haben. Sie sind bei dem Kampf imFuchsbau" von unsichtbaren Händen entwendet worden und seitdem spurlos verschwunden."

Damit," erwiderte der Kommerzienrat eifrig,fehlt jeder Beweis für die Identität der Kostüme mit denjenigen des roten Domino und der Polin."

O, bitte, Herr Kommerzienrat," sagte lächelnd Soltmann.Etwas haben wir doch gerettet, die rote Maske." Er wies diese vor.Vergleichen Sie damit ge­fälligst die rvte Zacke hier, welche aus der Maske herausgerissen wurde und auf dem Kieswege des Wintergartens liegen blieb, bis ich sie am andern Morgen fand und