eine Verlängerung der Dienstpflicht im stehenden Heere bedeute. Ich veranlasse die Magistrate und Gemeindevorstände des Landbezirks, sowie die Kgl. Gensdarmerie, mir solche Personen, welche derartige grobe Unwahrheiten zu verbreiten suchen, ungesäumt zur Anzeige zu bringen, damit ich in der Lage bin, gegen dieselben strafrechtlich einzuschreiten".

In Ruhla in Thüringen sind im vorigen Jahre nicht weniger als KO 000 Groß-Zigarrenspitzen aus Gänse­flügelknochen fabriziert. Da viele Knochen nicht tauglich sind oder bei der Verarbeitung zerbrechen, so haben etwa 5 Millionen Gänse ihre Flügelknochen zu dem billigen Zweck hergeben müssen.

Berlin, 5 Febr. In den Zentrumskreisen des Abgeordnetenhauses, so schreibt diePost", hat der Brief Jacobinis große Aufregung hervorgerufen. Die Verlegenheit ist um so größer, als sich der Füh­rer der Partei wenn auch ohne offiziellen Urlaub nicht mehr in Berlin, sondern aus einer Wahl- agitationsreije nach dem Westen befindet. Die über­wiegende Meinung in der Partei scheint dahin zu gehen: daß der päpstliche Brief eine nur sehr dünn überzuckerte, im Kern aber recht bittere Pille für die Leiter der Partei enthalte.

Berlin, 7. Febr. DerReichsanzeiger" publiziert Folgendes: Sr. Mas. dem Kaiser und König sind Anträge von Vereinen zugegaizgen, durch welche letztere die gute Absicht äußern, Allerhöchst- demselben zur bevorstehenden Feier der Vollendung des 90. Lebensjahres ihre GesinnungStreue und Verehrung durch persönliche Huldigungen zu bethäti- gen. So wohlthucnd diese Kundgebungen Seine Majestät berühren, so sehen Allerhöchstdicselben sich doch durch das Bedürfnis der Ruhe und Schonung zu Ällerhöchstihrem lebhaften Bedauern genötigt, auf derartige Beweise der Teilnahme zu verzichten. Di­rekte und persönliche Kundgebungen dieser Art, welche zum 22. Mürz geplant werden sollten. wür­den daher im Interesse der Schonung der Kräfte Sr. Majestät zurückzuhalten sein. Um solchen wohl­gemeinten Absichten zeitig vorzubeugen, haben Se. Majestät zu bestimmen geruht, daß Allerhöchstihre Willensmeinnng durch die öffentlichen Blätter zur allgemeinen Kenntnis gebracht werde. Berlin, den 6. Februar 1887. Der Reichskanzler und Präsident des Staatsministeriums: v. Bismarck.

Berlin, 8. Febr. Die Norddeutsche Mg. Ztg. reproduziert eine Meldung der offiziösen Ber­liner politischen Nachrichten, wonach Graf Moltke einer konservativen Wahldeputation gegenüber die Situation als sehr ernst erklärte mit der Ermächti­gung, dies bekannt werden zu lassen.

Das am Samstag erschieneneMilitärverord­nungsblatt" veröffentlicht einen Erlaß des Kaisers vom 27. Jan. Hiernach sind zu 12tägigen Hebungen zwecks Ausbildung mit dem neuen Gewehr einzuberufen: aus der Reserve: 68200 Mann In­fanterie und 4800 Jäger und Schützen einschließlich der vom Kriegsministerium festzusetzenden Zahl der Unteroffiziere. Zu dieser Uebung sind heranzuziehen die übungspflichtigen Reservisten mit der jüngsten Jahresklasse beginnend, welche noch nicht mit dem neuen Gewehr ausgebildet sind. Die zur Landwehr am 4. April übertretende älteste Jahresklasfe der Reserve ist von der Uebung ausgeschlossen. Die Uebung findet vom 7.18. Febr. statt.

400 000 sozialdemokratische Wahlflugblätter hat die Berliner Polizei in der Nacht zum Samstag konfisziert.

Dem Reichskanzler ist aus Mexiko ein Zustimmungstelegramm von 69 Deutschen zugegangen.

Eine ganze Eisenbahnwagenladung stark an­rüchiger Hasen wurde in der Zentralmarkthalle i n Berlin beschlagnahmt und der Abdeckerei über­wiesen.

Die Franzosen haben infolge ihrer Kriegs- Verluste und furchtbaren Neurüstungen mehr als 14 000 Millionen neuer Schulden, mehr als 600 Millionen jährlicher neuer Schuldenziusen sich aufge­bürdet. Das alles und noch viel mehr werden die Franzosen mit Sicherheit uns aufbürden, wenn sie uns besiegen. Sollte es nun wirklich zum Zusam­menstoß kommen, so wird man denjenigen die Ver­antwortung zum guten Teil aufbürden müssen, welche durch ihre fortgesetzte Opposition dem Auslande, speziell den Franzosen, den Eindruck beibrachten, welchen schon im Herbst 1885 französische Blätter dahin zusammenfaßten: Das Deutsche Reich geht aus dem Leim, die Reichsidee ist nur sehr schwach ent­wickelt, im Süden namentlich ist sie unfindbar. Ba­

den wegen der Verwandschaft des Regentenhauses

> mit Preußen macht noch eine kleine Ausnahme, aber ! in Württemberg und vollends in Bayern sei es mit ! der Reichsidee ganz aus. Jene französischen Blätter I nahmen zu Zeugen die Haltung und die Thaten un­serer Opposition und der oppositionellen Presse, in

^ der man nichts als Gezerf und Geknurr und gallen- i bittere Opposition gegen die Regierung findet und j nur zuweilen einen mageren, erzwungenen Patriotis- ^ mus.Im Ernstfall sind wir einig", sagen sie jetzt.

^ Ja, aber wer hat den furchtbaren Ernstfall, der kom­men kann und muß, beschleunigt? Diejenigen, welche durch ihre ewige Opposition, durch ihre antinationale Haltung das Ausland ermutigt und ihm den Ein­druck beigebracht haben, daß in Deutschland nichts Zusammenhalte, als vielleicht noch die Armee. Die Herren Richter-Windthorst mit- ihrer Musterkarte von Bundesgenossen haben nicht blos dem deutschen Volk einen unverhältnismäßigen Teil von Bismarcks Gei­steskraft entzogen, sondern sie haben durch ihren ver­hängnisvollen Eigensinn die Franzosen zum Revanche- Krieg ermutigt. Beneidenswerte parlamentarische Lorbeeren sind das nicht. Sie haben charaktervoll, d. h. um die Regierung nicht zu stark werden zu ^ lassen, gegen Monopole und neue Steuern gekämpft i ihre Haltung aber bringt uns in die Gefahr, dem Feind 100 Mal mehr zahlen zu müssen, als die er­leuchtete Opposition uns ersparen wollte. Hätten ! wir auch nur eine jener Steuervorlagen der Regie- ; rung in dieser oder jener Form bewilligt erhalten,

! so würde das ganze deutsche Verfasfungsleben einen ! weniger kläglichen Eindruck nach außen gemacht haben ;

^ wir hätten das Ausland eingeschüchtert, statt es zu

> ermutigen.

i Im preußischen Abgeordnetenhause ^ wurden bekanntlich dieser Tage von Seiten juristi­scher Professoren Klagen über die mangelhafte Aus­bildung der Juristen vorgebracht, die in manchen ^ Punkten ohne Zweifel ihre Berechtigung hatten.

! DerReichsbote" bemerkt über dieselben:Sic sind i für das öffentliche Leben'deshalb von ganz besonde- rcm Interesse, weil gerade die Juristen überall an i die Spitzen der öffentlichen Einrichtungen gestellt ' werden als verständen sie nicht blos ihre juristi­sche Wissenschaft, sondern auch noch alles Mögliche j andere. Sie stehen nicht blos an der Spitze aller ! staatlichen Verwaltungen, sondern auch an der Spitze der Verwaltung der Kirche, des Unterrichtes, der Medizin, sondern auch des Eisenbahnwesens; nur das Kriegswesen und die Post haben sich bis jetzt von der juristischen Leitung frei zu erhalten vermocht und merkwürdiger Weise sind das gerade die bei­den Verwaltungsgebiete, welche am besten verwaltet sind und die größten Erfolge aufzuweisen haben, während aus allen anderen juristisch verwalteten Ge­bieten über zunehmenden hemmenden Burcaukratis- mus geklagt wird.

! Der Vorstand des Deutschen Kricger- !bundes erläßt einen Aufruf, in dem es heißt: Das erste ist:Fehle niemand von Euch am 21. Febr. an der Wahlurne. Das Vaterland ruft, das Ihr mit Euren Leibern gedeckt habt und jederzeit wieder zu decken bereit seid. Schmach über den al­ten Soldaten, der solchem Rufe nicht Folge leistet. Entschuldigungen gibt es für ihn nicht. Das Zweite ist: Es gibt keine Parteirücksicht, kein Parteiintercsse, das Euch veranlassen könnte, bei der Wahl oder Stichwahl einem Sozialdemokraten oder einem ande­ren erklärten Gegner unseres Deutschen Reiches und ! seiner monarchischen Grundlagen Eure Stimme zuzu- wenden. Wer Euch das Gegenteil sagt, ist ein Be­trüger, Ihm weist mit Verachtung den Rücken. Sorge Jeder von uns, daß wir Alle nach wie vor offen den Blick erheben und freudigen Herzens ein­stimmen können in den alten Kriegerruf:In Treue fest! Gott schütze das Reich! Seine Majestät der Kaiser lebe hoch!"

In Berlin wollten sich kürzlich 3 Arbeiter, Ver­trauensmänner sozialdemokratischen Partei daselbst, zu einer geheimen Versammlung begeben und wählten, da sie verbotene Papiere bei sich führten, den Weg über das noch schwache Eis ^ des Schifffahrtskanals, wobei sie ihren Tot fanden Die ^ Sozialdemokraten Berlins veranstalteten ihren im Dienst der j Partei gestorbenen Genossen am Sonnabend ein prunkvolles - Begräbnis. Die Särge waren mit vergoldeten Beschlagen und vergoldeten Löwenklauen versehen, der Blumenschmuck war sehr reich und die Beteiligung, darunter etwa 80 Frauen, eine sehr große. Als nach der Einsenkung der Särge der letzte Ton des LiedesAuferstehen, ja auferstehen" verklungen war, betrat ein Arbeiter in fieberhafter Erregung das Gerüst und warf mit den Worten:Treu war't Ihr bis zum Tot!" einen Lorbeerkranz und eine lange rote Schleife, die er bis

dahin verborgen gehalten hatte, in die offene Gruft. Die Polizeibeamten drängten von allen Seiten hinzu, um sich des Mannes zu versichern, in diesem Augenblick aber ertönte die Stimme des Kirchhofsbeamten:Lasset uns ein stilles Gebet verrichten." Diese Gelegenheit nahm der Spender der Schleife wahr, um sich zu entfernen. Die mehr als 1000 Köpfe betragende Menge entfernte sich daun ruhig.

Noch ein Wort unseres Kaisers. Vor einiger Zeit hatte ein nach Berlin kommandierter höherer Offizier beim Kaiser eine Audienz. Der Monarch ehrte den Offizier durch eine längere Unterhaltung, bei welcher er auch eines verdienten alten Generals erwähnte.Ja, ein tüchtiger Ge­neral", sagte der Kaiser,das ist wahr; nur schade, daß er nicht mehr reiten kann". Nach einer kleinen Pause fuhr der - Kaiser fort:Ich kann ja auch nicht mehr reiten, und ich sage Ihnen", hier neigte er sich dicht an das Ohr des Offi­ziers,wenn ich ein gewöhnlicher General wäre, so hätte ich schon längst den Abschied bekommen".

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 7. Febr. In Podwolocyska in russisch Polen muß jeder Bauer 4 Pud Roggenmehl, 1 Pud Hafer, 1 Pud Weizen und 1 Pud Haide in Wochensrist dem Aerar abliefern.

Die Delegationen werden in den ersten Märztagen zusammentreten. Die Situation wird unverändert als ernst betrachtet. Immer bestimmt tritt hervor, daß russisch-französische Intimitäten die gegenwärtige Lage verschuldet haben. Trotz der allseitigen Tendenz, zu beschwichtigen, sind weitere aufregende Jncidenzfälle zu gewärtigen. In Kon- stantionopcl schwinden die Aussichten auf eine bal­dige Ausgleichung des russisch-bulgarischen Konfliktes. Italien.

Beide italienische Kammern haben der Regie­rung den verlangten Kriegskredit von 5 Millionen und dazu ein Vertrauensvotum bewilligt. Eine Mi­nisterkrisis ist damit vermieden. Die entscheidende Sitzung in der Kammer war außerordentlich stür­misch, das Sitzungshaus war von Polizei und Gen­darmerie bewacht. Die Minister mußten eingestehen, daß sie die Abessynier unterschätzt Hütten. Sie be­tonten aber auch, jede Persönlichkeiten müßten jetzt außer Acht gelassen werden. Es handle sich darum, Italiens Ansehen zu wahren und für die empfangene Niederlage Revanche zu nehmen. Darauf wurde das Vertrauensvotum und sodann fast einstimmig der Kricgskredit bewilligt. Es werden sofort be­trächtliche Truppensendungen nach Massauah gehen, was aber auch hohe Zeit ist. Die Abessynier schlie­ßen die Stadt immer enger ein, das Fort von Mon- cullo ist in ihren Händen. Auch der Kronprinz Victor Emanuel soll nach Afrika gehen. Einzelne Blätter behaupten, Fürst Alexander Battenberg werde mit dem Range eines Generallientenants in die ita­lienische Armee eintrcten.

Die Wahl des Galeerensträflings Cipriani in Ravenna ist schon dreimal von der Deputierten­kammer für ungültig erklärt worden. Die tollen Romagnolen stellen ihn zum vierten Male nun auf.

Frankreich.

Paris, 5. Februar.Temps" erfährt aus Wien, da Bismarck bei Rußland kein Entgegenkom­men gefunden, habe er sich wieder Oesterreich und England zugewandt. Sein Plan sei jetzt, Deutsch­land, Oesterreich, England und Italien zu vereinigen, um Rußland und Frankreich im Schach zu halten.

Auch in Frankreich fahren Regierung und Presse in den überschwenglichsten Beteuerungen ihrer Friedensliebe fort. So schreibt der heute hier ein- getroffeueTempS", es gebe nicht einmal eine Kriegs­partei in Frankreich, geschweige daß man sagen könne, Frankreich wolle den Krieg und bereite ihn vor.

Belgien.

Belgien und der Schweiz wird's bang um Erhaltung ihrer Neutralität. Sie fürchten bei einem Krieg zwischen Deutschland und Frankreich zwischen die Puffer zu geraten und erdrückt zu werden; am meisten Belgien. In Brüssel ratschlagt der König Tag und Nacht mit seinen Generälen und Ministern, wie das Heer und die Festungen in besseren Zustand zu bringen sind; sie sind beide verwahrlost. Man möchte die allgemeine Dienstpflicht einführen, das geht aber nicht über Nacht. Vorläufig ist eine An­leihe von 80 Millionen Frks. beschlossen.

England.

London, 5. Febr. In allen Zeitungen wird jetzt die Frage besprochen, was England zu thun habe, wenn die Neutralität Belgiens durch eine krieg- führende Macht verletzt würde. Die allgemeine Meinung, mehik oder weniger, deutlich ausgesprochen,