/ ließ sich Redner angelegen sein, darzuthun, welches die Eigentümlichkeiten der Homöopathie sind: 1)Die Homöopathie verwendet kein Mittel, das nicht zuvor schon am gesunden Menschen geprüft worden ist. 2 ) Sie verabreicht nur kleine Arzneigaben, die ohne widrigen Geschmack sind, ist daher für Kinder na­mentlich ein wahrer Segen. 3) Sie gibt kein Arz­neigemisch, sondern nur ein Mittel. 4) Sie hat er­probte Mittel aus der Volksmedizin ausgenommen (z. B. Linien.). 5) Sie verfährt nach dem festen Gesetz der Aehnlichkeit ( 8 imi 11 g, similihus ourantur) d. h. sie heilt eine Krankheit mit solchen Mitteln, l welche in starken Gaben ebendieselbe Krankheit oder > ihre Symptome, d. h. Anzeichen, Erkennungszeichen erzeugen (vgl. hiezu die Behandlung Erfrorener mit Schnee oder Eiswasser). 6 ) Sie kann auch vom Laien gchcmdhabt werden. Herr Zöppritz behauptet, daß die Homöopathie die eigentliche Volksmedizin zu werden bestimmt sei, und beweist das an dem Beispiel der Verein. Staaten Amerikas, wo sie sich ungehindert entwickeln kann, und wo sie seit 1833 eine solche Macht geworden ist, daß jetzt über 10000 geprüfte homöopathische Aerzte dort praktizieren. Daraus wandte sich Redner zur geschichtl. Entwick­lung der Homöopathie. Nachdem er zuerst das in­teressante Lebensbild des hochbegabten Gründers der Homöopathie, Dr. Hahnemanu, entrollt hatte, zeigte er, wie in Württemberg die neue Heilmittellehre unter allerlei Verfolgungen sich erhalten und immer brei­teren Boden erworben habe. Zum Schluß wurden noch einige praktische Winke gegeben. I. Acußcrliche Behandlung: Bei Verletzungen /rrnicm mit warmem Wasser, bei Knochenverletzungen Svmpbitum, bei ge­rissenen Wunden Oalonäula; II. Innerlich: als die beiden Hauptmittel für Kinder ^.oonit gegen Fieber und Olmmoinilla als Gicht- und Krampfmittel, für Erwachsene weiblichen Geschlechts kulsatilla, für solche männlichen Geschlechts Rux vomien, für chro­nische (langwierige) Krankheiten 8 u 1 kar als Haupt- mittel. Mit dem Hinweis auf die Billigkeit der homöopathischen Arzneimittel gegenüber den allopa- pathischen und der Hoffnung, daß letzterer Umstand die Krankenkassen der Homöopathie in die Arme treiben werde, schloß der Redner seinen reichhaltigen Vortrag, für welchen ihm von der lautlos zuhören­den Versammlung mit warmem Bravo gedankt wurde und dessen nächster Erfolg in der Anmeldung von etlichundzwanzig neuen Mitgliedern für die Hahnemannia bestand.

/ 77 Nagold, 4. Febr. Der in der nächsten

/Zeit nach Plieningen abgehende seitherige Schulin- / spektor unseres Bezirks, Herr Stadtpfarrer Mezger ^ von Altensteig, hielt gestern mit den Lehrern beider, Sprengel eine Plenarkonferenz in Altensteig ab, die ^ zugleich seinem offiziellen Abschied von den Lehrern des Bezirks galt. Zwei Gegenstände standen auf der Tagesordnung, dienationale Erziehung unserer Jugend", vonSchullerhrer Klunzingerhier, und,,^mos Oominonirm", der Seher unter den Pädagogen, von Pfarrer Naumann, in Warth und mehreren sich mit ihm in die Rollen teilenden Lehrern gut und gründ­lich durchgeführt. Beim Mittagessen wurde von einigen Konfercnzmitgliedern der Scheidende als Schulinspcktor, Konfercnzdircktor, Gesangsfreund, tüchtiger Schulmann und fleißiger Arbeiter gefeiert, worauf er in seiner Entgegnung feiner Liebe zu Schule und Lehrern Ausdruck gab und letztere bat, ihn in gutem Andenken zu behalten. Zum Gruß für die WilhclmSpflege in Plieningen, an welcher der früher in Rohrdorf angestellte Schullehrer Haller als Haus-Vater wirkt, und deren künftiger Borstand Hr. Stadtpfarrer Mezger ist, wurde durch eine von Schullehrer Völker angeregte Sammlung unter Geist­lichen und Lehrern eine erkleckliche Summe zusammen­gebracht, welche der Scheidende als Angebinde für die genannte Rettungsanstalt dankbar entgegennahm. Ihm selber aber wünschen wir, wie sich das auch in einigen von den Lehrern gesungenen Abschiedslie­dern aussprach, alles Gute; möge er in der neuen Heimat noch lange in Rüstigkeit und mit gesegnetem Erfolg wirken!

Nagold. Eine Volksversammlung, so D zahlreich besucht und so patriotisch gestimmt, wie wir seit 1871 keine imehr erlebten, liegt hinter uns. Das hiesige Reichstagswahlkomite hatte die Wähler von Stadt und Bezirk zur Besprechung der Reichstags­wahl auf heute Sonntag Nachmittag hieher eingela­den. Nahezu 200 Personen füllten den Saal des Ganhofs zum Hirsch: Herr Fabrikant Sannwald,

der bewährte Leiter unsererBürger-Abende", wurde j durch Zuruf auch zur Leitung dieser Versammlung berufen. Hierauf begrüßte unser bisheriger Reichs­tagsabgeordneter Herr Kommerzienrat Stälin von Calw, die Versammlung, und eröffnete derselben, daß er, nach seinem 10 jährigen Ausharren auf diesem Ehrenposten im Reichstag, jetzt lieber ins Privatle­ben sich zurückgezogen hätte, um wieder seiner Fa­milie und seinen Geschäften zu leben, daß er aber dem Ruse seines Wahlbezirks zu nochmaliger Vertre­tung im Reichstag aus Dankbarkeit für das wieder­holte Vertrauen seiner Wähler und dem Vaterlande zulieb noch einmal folgen wolle. Seiner darauffol­genden hochernsten und patriotischen Ansprache lauschte die Versammlung begierig. Gewährte er doch durch seinen Stimmungsbericht über den Reichstag manchen tieferen Einblick in die wirklich gefährliche Lage Deutschlands, sowie in die schweren Sorgen unseres Kaisers und Reichskanzlers um den ferneren Bestand unseres neuen deutschen Reiches, wenn es nicht ge­linge , einen andern Reichstag zu bekommen, der! wenigstens in allen, die Sicherheit des Vaterlandes und die Befestigung des deutschen Reiches betreffen- ! den Fragen der Reichsregierung treu zur Seite steht,! zumal nicht bloß von Frankreich, sondern auch noch von Rußland Kriegsgefahr drohe, solange die bul­garische Frage nicht endgültig friedlich gelöst sei. Nicht dem Kaiser und Kanzler zu lieb, sondern in seinen! eigenen Interesse werde aber hoffent-! lich das deutsche Volk jetzt den richtigen Reichstag! wählen, und sich durch die Verläuindung der Gegner ! des Reichskanzlers nicht täuschen lassen, als wollte! die Reichs-Regierung dem Volke das allgemeine ^ Wahlrecht wieder entziehen, oder im nächsten Reichs- i tag die Monopole durchsetzen. Er hoffe, daß wenig-! stens alle hier Anwesenden sein Vertrauen zum' Kaiser und seinen bewährten Ratgebern teilen, ^ weshalb er sie auffordere, diesen ein Hoch aus-, zubringcn, was auch begeisterten Wiederhall fand. Mit gewohntem Redeschwung hob dann noch Herr! Scminarobcrl. Schwarzmayer besonders hervor,! worauf es bei der nächsten Reichstagswahl Haupt- ^ sächlich ankomme, und wie man die Errungenschaften ! der Jahre 1870 und 71 nächst Gott hauptsächlich dem ^ Kaiser, Kanzler Bismarck nnll Feldmarschall Moltkc so- wie dein deutschen Heere zu verdanken habe. Letzteres ^ werde wohl aber selbst lieber auch künftig von seinen bewährten Führern von 1870 und 71 sich organi-, sieren und kommandieren, als sich zu einem Parla-! mentsheer degradieren lassen. Auch sei nicht zu! übersehen, daß das Heer nicht blos eine Schutzwehr i für das Vaterland, sondern zugleich eine Schule für ^ nationale Erziehung sein sollte und wirklich sei. In - der uns drohenden Gefahr blicken wir mit unerschüt- ^ terlichem Vertrauen auf dieses Heer. Ihm gelte daher auch sein Trinkspruch. Hieraus verlas Herr > Redakteur Steinwandel ein begeistert aufgenom-! mcnes Gedicht aus der Zeitschriftder Deutsche Bür- gcrfrcund"Wenn heut' ein Geist herniedcrsticge!" Den würdigen Schluß der Versammlung machte eine vom Herzen kommende und zu Aller Herzen dringende! Rede unseres Herrn Seminarrektors Dr. Brügel. Er schilderte der Versammlung noch eingehender die ^ Gefahren, welche wir besonders von den Franzosen,! nach den schrecklichen Vorgängen der Jahre 1806 bis ^ 1812 in dem damals unter Napoleons I. Despotie total ausgesaugtcu Preußen, jetzt noch einer Nieder­lage zu erwarten hätten, da sie schon anno 1870 ge­schworen hatten, unser Land und Volk bis zur Blut­leere auszubeuten und daher finanziell auf Generatio­nen hinaus ruinieren würden, zumal zu ihrer Rache noch die Eifersucht wegen der ihnen übermächtig ge­wordenen deutschen Industrie komme. Auch sei wohl zu bedenken, daß die Kosten der sehr mäßigen Hee- rcs-Verstürkung auf 7 Jahre ein verschwindend klei­nes Pöstchen seien im Vergleich zu den 2 Milliarden, welche das deutsche Volk alljährlich im Rauchen und Trunk aufzehre. Schließlich geißelte er noch mit verdientem Spott die Lüge der Bismarckfeinde, es solle eine 7jährige Präsenzstärke für jeden Soldaten eingeführt werden! diese plumpe Lüge sei auf 7 om im Quadrat dicke Wählcrschädel berechnet, wie es hoffentlich in unserem Wahlbezirk keine gebe. In der festen Hoffnung auf einen kaiser- und reichs-, treuen neuen Reichstag widme er diesem seinen Trinkspruch, iu welchen die Versammlung begeistert einstimmte. Herr Fabrikant Sannwald schloß sodann die Versammlung mit dem schuldigen Dank gegenüber dem abermals opferbereiten Herrn Com-

merzienrath Stälin, und mit einer Anerkennung der patriotischen Gesinnung, mit der diese Versammlung der Einladung des Nagodler Komites gefolgt sei. Er hoffe, daß nun jeder deutsche Mann im Bezirk am 21 . Februar seine Schuldigkeit thun werde. tz (Plenarversammlung des Bezirks-Ob stbau-Ver- eins Nagold in Rohrdorf am 2 . Febr.) Nach Begrüßung der Anwesenden durch den Vorstand, Bihler von Walddorf wurde 1 ) der Rechen­schaftsbericht vom Jahr 1886 von Kassier Raas von Nagold vorgetragen. Der Kassenstand ergab 19 ^ 75 mit 250 Mitgliedern. 2 ) Verlesung des Protokolls durch Schriftführer Helber von Haiterbach. 3) Vortrag von Gärtner Raaf von Nagold über den am Ende Dezember v. I. er­littenen Schaden durch Schnecdruck an den Obstbäu- men; auch durch Hasenfraß hätten dieselben großen Schaden erhalten, besonders die jungen Bäume in den Baumschulen und auf dem Felde und Gärten, so daß viele daran zu Grunde gehen werden. Vor­sichtiges Einbinden und Anstreichen wäre hiebei an­gezeigt gewesen. 4) Wahl des Vorstandes und 8 Ausschuß-Mitglieder. Dieselbe hatte folgendes Resul­tat: Anwesend waren 24 Mitglieder und wurde der seitherige Vorstand, O.-A.-Baumwart Bihler von Walddorf, heute mit Stimmeneinheit wieder gewält; als Ausschuß-Mitglieder wurden gewählt: Helber, Baumwart von Haiterbach, Handtc, Baumw. von Ebhausen, Raaf, Gärtner u. Baumwart von Na­gold, Louis Seeg er von Rohrdorf, Walz, Baumw. von Walddorf, Harr, Baum, von Rohr­dorf, Luz, Baumw. von Rohrdorf, Bro ß, Baumw. von Egenhausen. 5) Vortrag von Baumwart Luz von Rohrdorf über die in Rohrdorf angepslanzten Sorten, und welche dort am besten gedeihen und am ertragsfähigsten sind. Die nächste Ausschuß-Sitzung soll auf Wunsch des Vorstandes am 6 . März in Ettmannsweiler abgeholten werden.

Stuttgart, 2. Febr. In dcu 17 Wahlkreisen Würt­tembergs sind die folgenden Kandidaten aufgestellt: 1. Stutt­gart Stadt und Amt: Siegle (nat.), Schott (Dem.), Klos; (Soz.-Dcm.) 2. Cannstatt, Lndwigsbnrg, Marbach, Waib­lingen: Vciel (nat.), Glaser (Soz.-Dcm) 3. Besigheim, Brackcnhcim, Hellbraun, Reckarsnlm: Ellrichshanscn (nat.), Härle (Dem.), Kittlcr (Soz.-Dem.) 4. Böblingen, Lcon- bcrg, Maulbronn, Vaihingen: Ncnrat (nat.) -- 5. Eßlingen, Kirchhcim, Nürtingen, Urach: Ildä (nat.), Lutz (Soz.-Dem.)

- 6. Reutlingen, Rottenbnrg, Tübingen: Bayha (nat), Payer (Dem.) 7. Calw, Herrcnberg, Nagold, Neuenbürg: Stalin (nat.) 8. Frcudcnstadt, Horb, Oberndorf, Sulz: Ow (nat.) - 9. Balingen, Rottweil, Spaichingcn, Tuttlingen: Burkhardt (nat.), Konrad Haußmann (Dem.), Hascnclevcr (Soz.-Dcm.) 10. Gmünd, Göppingen, Schorndorf, Welz­heim: Grub (nat.), Gabler (Dem.) 11. Backnang, Hall, Ochringcn, Wcinsbcrg: Leeman (nat.) 12. Crailsheim, Gerabronn, Künzelsan, Mergentheim: Keller (nat.), Mayer (Dem.) 13. Aalen, Ellwangcn, Gaildorf, NcrcSheim: Adclmann (nltramont.)14. Geislingen, Hcidenhcim, Ulm: Fischer (nat.) 15. Blaubenren, Ehingen, Lanpheim, Mün- singcn: Ulm-Erbach (nat.), Gröber (nltram.) 16. Bibcrach, Leütkirch, Waldsee, Wangen: Bailer (nat.), Ncipperg (nltram.)

17. Ravensburg, Riedlingcn, Saulgan, Tcttnang: Mezler (nat.), Göser (nltram.)

Stuttgart, 4. Febr. Nach einer Bekannt­machung imSt.-A." wird den beteiligten Behörden zur Nachachtung bekannt gemacht, daß die etwaige Verwendung von Polksschullehrern zur Protokollfüh­rung bei der bevorstehenden Reichstagswahl von Dieustaufsichtswegen einem Anstande nicht unterliegt. Der Unterricht in der betreffenden Klasse ist, soweit nicht für denselben anderweitig gesorgt werden kann, am Wahltage einzustellen.

Stuttgart, 4. Febr. (Fürbitte für die Ma­rine). Nachdem von Seiner Königlichen Majestät die Aufnahme einer Fürbitte auch für die deutsche Marine in das regelmäßige Kirchengebct der evange­lischen Landeskirche angeordnet worden ist, enthält das neueste Amtsblatt des evangelischen Konsistoriums und der Synode die entsprechenden Zusätze zu den einzelnen Gebetformularien. Seitens des bischöf­lichen -Ordinariats ist eine gleiche Anordnung in ei­nem Erlaß an die kathol. Pfarrämter ergangen, des­gleichen seitens der israelitischen Oberkirchenbehörde für die israelitischen Gemeinden, wie anch die refor­mierte Gemeinde Stuttgart-Cannstatt dieselbe Fürbitte in ihr sonntägliches Kirchengebct ausgenommen hat.

Stuttgart, 5. Febr. Im Alter von 72 Jahren starb gestern abend an einem Herzleiden Herr Präsident a. D. Dr. Friedrich v. Jäger, früher Vorstand des Medizinalkollegiums und der Zentralstelle für Landcsknltnrsachen.

Cannstatt. 3. Febr. (Jugendlicher Selbstmörder). Ein hiesiger Schriftsetzerlehrling Ankcle, 16 Jahre alt, nahm sich gestern auf eigene Weise das Leben. In Mühlhausen, hiesigen Bezirks, wählte er sich einen Baum aus. dessen Affte über einem Steinbruch hingen. An einem solchen hing er sich auf, schoß sich sofort mittels eines Revolvers eine Kugel