Mo. 78
Kl. Jahrgang
Amts- «mä Intefligenzbkatt für äen Kezirsi.
Erscheint Atenstag, Aonnerstag L Samstag.
Die Einrückungsgebühr beträgt S H p. Zeile im Bezirk, sonst 12 H.
Donnerstag, äen 8. Juki 1886.
Abonnementspreis halbjährlich 1 80 durch
die Post bezogen im Bezirk 2 „4L 30 H, sonst in ganz Württemberg 2 „4L 70 H.
Amtliche Wekcrnrrtmcrchungerr.
Calw.
Aushebung 1886.
Vorladung der Militärpflichtigen mr Gestellung vor der Ober-Ersah-Kommission.
Der Reise- und Geschäftsplan der Ober-Ersatz-Kommission für die dieß- jährige Aushebung ist, soweit er den Aushebungsbezirk Calw betrifft, folgender:
21. Juli Listenprüfung, Vorstellung der Dienstunbrauchbaren und Felddienst
unfähigen nach § 14, 5 der Landwehrordnung; derjenigen Ersatzreservisten I. Klaffe, über deren ferneres Dienstverhältnis nach 8 18 8 der Landw.-Ordnung zu entscheiden ist, sowie Vor
stellung der Invaliden. Hierauf Reklamationen, sodann Vorstellung der in Beil. 1, 2 und 3 Enthaltenen, ferner Vorstellung der in den Listen Z, ll und D Laufenden.
22. Juli Liste L.
Demgemäß haben am
Donnerstag, den 22. Juli d. I., Vormittags 6Ve Uhr,
auf dem Rathaus in Calw sämmtliche Militärpflichtige der Jahrgänge 1864, 1865 und 1866, welche bei der dießjährigen Musterung für tauglich erklärt, oder Heuer an keinem Ort gemustert worden sind, sowie Angehörige früherer Jahrgänge, über welche eine definitive Entscheidung noch nicht getroffen wurde, zu erscheinen.
Andererseits haben am
Mittwoch, ven 21. Juli d. I., Vormittags 7 Uhr,
auf dem Rathaus zu Calw diejenigen Militärpflichtigen sich zu stellen, welche hiezu speziell vorgeladen werden, ferner alle diejenigen, welche bei der Musterung zur Ersatzreserve I. oder II. Klaffe vorgeschlagen oder als dauernd untauglich bezeichnet worden sind, letztere mit Ausnahme der als augenscheinlich untauglich bezeichneten.
Diejenigen Pflichtigen, für welche um Zurückstellung wegen häuslicher Verhältnisse nachgesucht worden ist, oder noch nachgesucht werden will, was nicht ausschließlich mündlich geschehen kann, haben sich mit ihren die Reklamation veranlassenden Angehörigen, Eltern, Großeltern, Geschwistern rc. am Mittwoch, den 21..Juli, Vormittags 7Vs Uhr, auf dem hiesigen Rathaus einzufinden.
Die Ortsvorsteher werden beauftragt, die Pflichtigen je auf die genannte Zeit unter Belehrung über die Folgen des Ungehorsams (Ers.-Ord. § 24) sowie unter Hinweis darauf, daß Pflichtige, welche ohne triftige Entschuldigung zu spät erscheinen, unnachsichtlich Strafe zu gewärtigen haben, vorzuladen und
hierüber unfehlbar binnen 8 Tagen Eröffnungs-Ur. künde einzusenden.
Bei der Vorladung sind die Pflichtigen zur Reinlichkeit in Wäsche und am Körper anzuweisen und insbesondere Diejenigen, welche an Schwerhörigkeit leiden wollen, zu gründlicher Reinigung der Ohren und Entfernung des sog. Pfropfs im Ohr anzuhalten.
Die Pflichtigen sind ferner angewiesen, unfehlbar ihre Loosungs« scheine mitzubringen, auch sind sie darauf aufmerksam zu machen, daß die Aushebung nicht nach der Reihenfolge der einzelnen Gemeinden stattfindet, daß daher jeder Einzelne sich von Anfang an bereit zu halten hat, widrigenfalls ihn neben der gesetzlichen Strafe der Nachtheil treffen kann, ohne Rückficht auf seine Loosnummer eingereiht zu werden.
Außerdem sind die Pflichtigen auf die Bestimmung des § 64 Z. 3 der Ers.-Ord. wonach jeder Versuch zur Täuschung gerichtlich bestraft wird, sowie auf 8 70 Z. 6 Ers.-Ord. aufmerksam zu machen, wonach die Entscheidungen der Ober-Ersatz-Kommission endgiltig sind und Jeder daher etwaige Wünsche nach 8 71 Z. 2 spätestens am Aushebungstage mündlich oder schriftlich vorzutragen hat.
Ks empfiehlt sich, vor der Aushebung die Stammrollen Nochmals mit den Strafregistern zu vergleichen und von Vorstrafen, die noch nicht angezeigt sein sollten, vor der Aushebung Anzeige fitester zn er- statten.
Da es vorgekommen ist, daß körperliche Gebrechen, epileptische Anfälle rc. von Militärpflichtigen absichtlich verschwiegen wurden, um eingereiht zu werden, so sind von der Ober-Ersatz-Kommission die Ortsvorsteher dafür verantwortlich erklärt, daß von den Letzteren im Aushebungstermin alles diesbezügliche zur , Anzeige gebracht werde.
Auch geistige Beschränktheit ist rechtzeitig zur Kenntniß der K. Ober- Ersatz-Kommission zu bringen. - '
Im Uebrigen ist jeder in den Grundlisten des Aushebungsbezirks enthaltene Militärpflichtige berechtigt, im Aushebungstermin zu erscheinen und der K. Ober-Ersatz-Kommission etwaige Anliegen vorzubringen.
Da mit Rücksicht auf Familienverhältniffe niemals ein Pflichtiger zum Train designiert werden wird, so hat die K. Ober-Ersatz-Kommission die bestimmte Erwartung ausgesprochen, daß sie bei dem diesjährigen Aushebungs- geschäst mit Gesuchen um Zutheilung zum Train mit kurzer Ausbildung verschont bleiben werde.
Die Anwesenheit der Ortsvorsteher bei der Aushebung ist nicht erforderlich, wofern nicht besondere Verhältnisse einzelner Pflichtigen dieß wünschens- werth machen sollten, worüber mit Vorlegung der Eröffnungsurkunden zu berichten wäre.
Den 7. Juli 1886. K. Oberamt.
F l a x l a n d.
(Nachdruck verboten.)
Die Falschmünzer.
Kriminal-Roman von Gustav LLsscl.
(Fortsetzung.)
„Keineswegs," entge^nete Soltmann verlegen. „Mein Interesse beginnt und endet bei dem Kommerzienrat, der ein höchst achtbarer Mann ist."
„Etwas Anderes sagte ich auch nicht," lachte der Kommissar. „Ucbrigens steht es mit der Tochter sehr schlimm."
Soltmann wandte sein erglühendes Gesicht ab. „Bedauerlich," sagte er lakonisch. »Ich fürchte, der Mann wird zwei Kinder auf einmal verlieren."
„Ja, besser wäre es umgekehrt, der Sohn stürbe. Denn obschon mir die Tochter-auch etwas mehr zu wissen scheint, als sie zu sagen beliebt, kann ich doch nicht glauben, daß sie an irgend etwas Schlechtem einen Anteil hat. Uebrigens," brach er das Gespräch ab, „haben Sie mir noch nicht gesagt, wie Sie zu Ihrem Beweismittel, der roten Maske, gekommen."
Soltmann fand sich erleichtert, als von Fräulein Etwold nicht mehr die Rede war. Er berichtete nun von ihrem nächtlichen Renkontre im „Fuchsbau", was wir bereits wissen. Dann fuhr er fort:
„Neubert, welcher schon die Hand nach dem untrüglichen Beweismittel, der roten Maske, ausgestreckt hatte, besaß im Fallen noch Geistesgegenwart genug, nach dieser zu greifen und sie fest zu halten. Das war ein Gegenstand, den er leicht in der Tasche bergen konnte, ohne seiner persönlichen Verteidigung irgend welchen Abbruch zu thun. Dann vereinigten wir uns und drangen nun nach der Thür vor, wo wir auf Widerstand stießen. Diesen suchte ich mit einem blinden Schuß zu brechen,
bewirkte aber das Gegenteil, verlor mich noch einmal von Neubett und kämpfte mich zu unseren Leuten durch, welche mit mir und Neubett einen ehrenvollen Rückzug antraten. Wir umstellten den „Fuchsbau", aber mit keinem Erfolge. Wir waren unserer zu wenig, und die Verstärkung kam zu spät. Die Kette wurde allenthalben durchbrochen und die glücklich Gefangenen wurden wieder frei gemacht. Als wir endlich geschlossen vorgehen konnten, fanden wir den „Fuchsbau" entleert und Vater Christoph gebunden in seinem Zimmer."
„Der Schlaukopf!" lachte der Kommissar. „Den Gefallen hat er sich natürlich von einem seiner Freunde thun lassen, und so bleibt er straffrei. Schade, daß das nicht besser überlegt war. Wir hätten einen reichen Fang gethan."
„Es kam Alles so plötzlich, und wir durften nicht zögen:, wenn wir uns des verhängnisvollen Wasserfundes noch bemächtigen wollten."
„Ja, den haben Sie nun doch nicht; und so lange Sie das verdächtige Kostüm nicht zur Stelle bringen, soll es Ihnen schwer werden, zu beweisen, daß es dasjenige des jungen Etwold gewesen."
„Er wird das Seinige Nachweisen müssen, was er gewiß nicht kann; außerdem hat seine Braut genug verraten, um ihn zu überführen, auch wenn die Kostümfrage unerledigt bleiben sollte. Mir ist um mein Vorgehen nicht bange. Meine Energie wird Alles zu Tage bringen."
„Hoffen wir es. Aber wollen Sie nicht lieber nach M. telegraphiren, um den jungen Etwold einstweilen unter Aufficht zu stellen?"
„Bah! Er ist ahnungslos und kann auch nicht weg. Ich matte nur noch auf den Verhaftungsbefehl und reise sofort. Er kann uns nicht entgehen."
Bald nachher trennten sich die beiden Beamten, Soltmann, um nach M. zu reisen, und der Kommissar, um einstweilen nach dem von Soltmann genannten Baron Dryden zu forschen, welcher nach Hedwigs Angabe Derjenige war, der Eduard Etwold zu Extravaganzen verleitete. Ein Zufall fügte es so, daß Soltmann und Dryden in