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Berlin, iki Nob. Pnnz Mudwig von Bayern ist heute früh gegen 8 Uhr hier eingetrof- sen und am Bahnhof vom Personal der kgl. bayerischen Gesandtschaft empfange» worden. — Der Kaiser empfing Vormittags halb 1l Uhr den Besuch des Prinzen Ludwig von Bayern, nahm später die Vorträge des Kriegsministers, des Generals Albe- dyll und des Ministers Puttkamer entgegen und machte Nachmittags dem Prinzen Ludwig einen Besuch. Er konferierte dann Nachmittags halb 4 Uhr mit dem Reichskanzler. Um halb 5 Uhr diniert der Kaiser mit dem Prinzen Ludwig von Bayern, dem Kronprinzen und dem Prinzen Wilhelm.
Berlin, 12. Nov. Ein Telegramm der „Voss. Ztg." meldet aus Odessa: Sämtliche Kommandos Südrußlands erhielten den Befehl der Marschbereitschaft, 30 Dampfer sind bereits in den Häfen. — Das „D. Tgbl." erfährt aus Zanzibar, der Sultan habe Bismarck geschrieben, der neue deutsche Handelsvertrag schmälere sehr des Sultans Einnahmen, er bitte um Abänderungen.
Dr. Schweninger soll seine Vertrauensstellung in der Bismarck'schen Familie verloren haben.
Der Afrikareisende Dr. G. A. Fischer ist heute in Berlin am Gallenfieber gestorben. (Dr. Fischer war jahrelang in Sansibar als Arzt ansässig und hatte u. a. im Jahre 1883 als erster Weißer an der Spitze einer starken Expedition das Gebiet nördlich vom Kilimandscharo bis zum Naiwascha-See betreten. Im vorigen Jahre unternahm er im Auftrag des Petersburger Bankiers Juncker einen Zug nach Uganda, um die dort verschollenen Afrikareisenden Dr. Juncker und Cassati zu finden, bezw. zu befreien. Er kam um den Viktoria-See bis an den nördlichen Austritt des Nil aus dem See, konnte aber nicht nach Uganda Vordringen, sondern kehrte stark erschöpft durch Kawirondo und Massai-Land nach Sansibar zurück.)
Der Reichstagsabgeordnete Liebknecht gedenkt am 26. November die Rückreise nach Europa anzutreten. Nach aus sozialdemokratischer Ouelle stammenden Meldungen soll die Agitationsreise besten Erfolg gehabt haben, d. h. Liebknecht soll durch seine Reden eine ansehnliche Summe zum sozialdemokratischen Wahlfonds zusammengcbracht haben.
(Salzsäure-Attentat.) Ein Berliner Maler unterhielt ein Liebesverhältnis mit einer Witwe und versprach, sie zu heiraten/ Die Witwe, erfuhr, daß ihr angeblicher Bräutigam schon verheiratet sei und verbat sich weitere Besuche. Der Maler lauerte nun der Witwe auf und goß ihr eine Quantität Salzsäure in's Gesicht. Die Frau ist schwer verletzt, ein Auge verloren.
Die klerikale „Niederrh. Volksztg." bringt folgende Korrespondenz aus Berlin: „Ich bin in der Lage, Ihnen auf Grund zuverlässiger Information Mitteilen zu können, daß die Verhandlungen über Revision der Maigesetze sich vorzugsweise auf die Rückkehr der Orden beziehen. Die Staatsregierung zeigt sich geneigt, die Rückkehr der Franziskaner und der Ursulinerinnen zu gestatten, aber mit der Maßgabe, daß für jede Niederlassung dieser Orden die speziell nachzusuchende Genehmigung der Regierung Vorbehalten bleibt. Der Herr Bischof von Fulda befürwortet dieses scheinbare Zugeständnis warm und hat in dieser Richtung auch in Rom einzuwirken gesucht; daß damit das Ordensleben in Preußen sehr bedenklich geschädigt und in die Fesseln der Rcgie- rungspolizei gelegt würde, bedarf keiner Erörterung. Die Anstellung der Pfarrer ist bereits von der Regierung abhängig geworden, mag man auch versuchen, die „Anzeigepflicht" rücksichtlich ihrer praktischen Ausnutzung zu regeln. Wesentlichen Anteil daran, daß diese Konzession der Regierung gemährt wurde, hat wiederum der Bischof von Fulda. Nicht die katholischen Mitglieder des Herrenhauses, sondern der Herr Bischof von Fulda hat den Papst gebeten, die Anzeigepflicht zuzugestehen, „weil sonst", heißt es in dem bekannten Telegramm, „das Gesetz fiele". Der Herr Bischof setzt wörtlich hinzu: /.Wenn diese Konzession nicht gemacht wird, reise ich morgen nach Fulda zurück.
Ein bekanntes Lied sagt: „Denn der Teufel ist verschmitzt, wenn er einen Rausch besitzt." Das haben leider 5 Reservisten in einer Garnisonstadt in Westpreußen erfahren müssen, die zur Kontrolvcrsammlung ' gekommen waren.
Sie sqßen im Wirtshaus, hatten , sich angetrunken und verweigeren eiüeiH/Gcichärm beharrlich den Gehorsam. Sie ka- sisgWcht Md djeses verurMilte die einen zu
men vßr das Aeisgxficht Md dieses verurMilte die einen zu siDahren Zuchthaus, die "anderen zu 5 Jahren Gefängnis lisch Versetzung in die zweite Klaffe des Soldätenstandes.
Nach Preußen, wenigstens ins Hanaüer Land, kön- ! u§n die Rcußischen Lehrer, die Karten im Wirtshaus spielen,
> nicht auswandern; denn da hat's der junge Lcindrat Graf j Brsmarck den Lehrern verboten. Wer aber dann und wann ! Mrten spielt, ist noch lang kein Kartbruder, weder in Reußen ^ noch in Preußen
Oesterreich Ungarn.
Wien. 11. Nov. Von zuverlässiger Seite verlautet, England habe eine Botschafter-Konferenz in Konstantinopel wegen Bulgarien angeregt.
! Wien, 12. Nov. Hier ist positiv bekannt,
! daß der Zar die Kandidatur Waldemar's nicht gelten läßt. Der König von Dänemark verweigert ebenfalls seine Zustimmung, welche auch ohne Einsprache des Zaren aus Familiengründen verweigert worden wäre.
Italien.
Nizza, 13. Nov. II. MM. der König und die Königin sind gestern abend 5 Uhr wohlbehalten hier eingetroffen.
Frankreich.
Paris, 8. Nov. Hr. Saglio, der Konservator des Louvre-Museums, hat dem Unterrichtsminister einen Bericht über die Einrichtung der Museen in Deutschland erstattet, in welchem es heißt: „Vor zwanzig Jahren waren die Deutschen in Bezug auf Kumt und Industrie weit hinter uns zurück. Heute, wo sie begreifen, daß die Industrie mit der Kunst Hand in Hand gehen muß. ist uns Deutschland gefährlich geworden. Wir müssen seine überlegte Entschlossenheit, seinen methodischen Geist, seine Ausdauer fürchten. Alle Mittel, Neues zu lernen, werden von
den eifrigen Arbeitern mit wahrer Glut erfaßt.
Die Juwelen-Jndustrie, die Goldarbeiterkunst haben sehr große Fortschritte gemacht, ebenso die Kunst- tischlerez." Die Ursache dafür erblickt Hr. Saglio hauptsächlich in der großen Zahl von Gewerbeschulen, Fortbildungsschulen, Museen, sowie in der allgemeinen Erteilung von Zeichen-Unterricht, und beschreibt eingehend die Kunstsammlungen und Schulen in Berlin, Wien, Stuttgart, Karlsruhe, Pforzheim, Hanau, Mainz, Frankfurt, Düsseldorf, Hamburg, Bremen, Dresden u. s. w.
Paris, 12. Nov. Dem „Journal des Ds- bats" wird aus London gemeldet, der russische Gesandte Staal habe sich in heftigen Worten über die Rede Salisbury's ausgesprochen.
Paul Bert, der französische Minister-Resident in Tonkin, unter Gambctta Kultusminister, ist nach einer Nachricht, welche der Minister desAeußern aus Tonkin empfing, gestorben.
Paris, 12. Nov. Die Presse aller republikanischen Richtungen beklagt den Tod Berts und verlangt ein Nationalbegrübnis für ihn.
(Betrogenes Frankreich.) Die France hat es hcr- ausgebracht, weshalb die französischen Zigarren jetzt so schlecht sind: sie werden statt von französischen Händen „mit Maschinen Deutschen Ursprungs gemacht", „und die Tabakmannfak- tnren gehören bekanntlich dem Staate an." Noch mehr: Die France meldet, daß ein Soldat die Degen seiner Offiziere untersucht und von 4 Stück 3 deutschen Ursprungs gefunden hat. Das ist ja geradezu entsetzlich!
Wie aus Cannes gemeldet wird, dankte Prinz Waldemar den bulgarischen Regenten in Beantwortung ihrer Depesche für die Ehre, welche^ ihm die Sobranje erwies und fügte hinzu, die Entscheidung stehe bei seinem Vater. Er persönlich glaube, er werde durch andere Pflichten zurückgehalten. Diese Antwort scheint eine Ablehnung anzukündigen. Russische offiziöse Kreise erklären wiederholt, Rußland werde keine Entscheidung der Sobranje anerkennen; es müsse eine andere Sobranje gewählt werden, aber erst nach zwei Monaten, wenn die Gemüter in Bulgarien sich beruhigt hätten. Für die Kandidatur des Fürsten Nikolaus von Mingrelien ist, wie die „Fr- Z-" meldet, eine einflußreiche Hosklique in Petersburg und anderen Hauptstädten Europas faktisch thätig. Das russische Kabinet hat sich bis jetzt die Kandidatur noch nicht angeeignet, was nicht ausschließt, daß dies später geschehen kann.
Spanien.
Madrid, 11. Nov. Die Regierung beabsichtigt, alle Parteien um den Thron zu scharen und eine nationale Politik gegenüber Marokko einzuschlagen.
Belgien.
Brüssel, 12.. Nov. Die klerikale Kammcr-
mehrheit beschloß, jede Militärreform rücksichtslos abzulehnen.
Brüssel. 14. Nov. Der König begnadigte 650 verurteilte Arbeiter, mit Ausnahme von Schmidt und Falleur.
Rußland.
Petersburg, 12. Nov. Die „Deutsche Zeitung" erfährt, daß alle bisherigen Nachrichten über den bulgarischen Thronkandidaten teils unrichtig sind, teils sich nicht bestätigen, weil die bezüglichen Verhandlungen sich zerschlugen. Der einzige russische Kandidat, welcher auch der Zustimmung der Großmächte sicher sein dürste, wäre Fürst Nikolaus von Mingrelien. Das Blatt fügt hinzu, es dürfte indeß noch eine längere Zeit vergehen, bis in Bulgarien solche ruhigen Verhältnisse eintreten, daß eine in Rußlands Augen gesetzmäßige Fürstenwahl stattfinden kann.
Bulgarien-
Obschon die Ablehnung der auf ihn gefallenen Wahl der bulgarischen Sobranje durch den Prinzen Waldemar von Dänemark überall als unausbleiblich gilt. wird doch dem Vorgehen der bulgarischen Nationalversammlung allseitig eine große Bedeutung beigelegt. Man erwartet von demselben eine Klärung der Situation, weil Rußland genötigt erscheint , nunmehr seine Karten aufzudecken und seine Ziele bezüglich Bulgariens zu enthüllen. Die Sobranje hat ihre Pflicht gethan und die Verantwortlichkeit für die Wiederbesetzung des bulgarischen Thrones den Mächten aufgebürdet; der europäische Charakter der bulgarischen Frage tritt nunmehr klarer in den Vordergrund.
In Ostrnmelien herrscht dem „P. L." zufolge eine allgemeine Panik. Wem es nur seine Mittel erlauben, flüchtet nach Adrianopel, und unter den zahlreichen Flüchtlingen gibt es auch Regierungsbeamte, Offiziere und Notabeln. Die Bevölkerung befindet sich in einer grausamen Angst vor anarchistischen Bewegungen, die an mehreren Orten ausgebrochen sind und die auch Philippopel selbst bedrohen. Mehrere ostrumelische Notabeln haben auch eine Adresse an die türkische Regierung gerichtet, in welcher um die Entsendung von Truppen zur Aufrechterhaltung der Ordnung gebeten wird. Ucberdies herrscht eine allgemeine Geldnot vor. Die Steuern gehen nicht ein und sowohl Militär- wie Zivilfunktionäre dringen vergebens auf die Ausfolquna ihrer Gehälter.
General Kanlbars hat sich kolossal blamiert. Er sandte zwei Telegramme an die Verschwörer in Burgas. Im ersten sagte er, Bulgarien befinde sich in Hellem Aufruhr, die große Nationalversammlung in Tirnowa sei gefangen. Im zweiten übermittelte er den Verschwörern die Glückwünsche des Czaren. Diese beiden Telegramme sind in die Hände der bulgarischen Behörden gefallen und der General dadurch natürlich arg blosgestellt. Er verlangt jetzt die Rückgabe der Telegramme oder droht mit der militärischen Besetzung des Telegraphenamtes in Burgas.
Türkei.
Aus Konstantinopel schreibt man der „Fr. Ztg.": Eine Anzahl angesehener Türken, denen nach den bisherigen Erfahrungen Rußland als der gefährlichste Feind des Türkenreiches und die mosko- witische Freundschaft als eine zum Zwecke der Vernichtung der Türkei gestellte Falle erschien, kam überein, daß der Sultan ernstlich vor dem verderbenbringenden Spiele gewarnt werden müsse. Sie begaben sich zusammen zu dem Groß-Eunuchen. Beh- ram Aga empfing sie und versprach, dem Sultan den Zweck ihres Kommens auseinander zu setzen. Auch wollte er dem Herrscher »Meilen, was die Deputation am Schlüsse hinzufügte, nämlich: Abdul Hamid möchte niemals vergessen, daß sein Vorgänger Abdul Aziz Leben und Thron deshalb verloren habe, weil seine allzu russenfreundlichen Tendenzen bei den guten Patrioten das höchste Mißfallen erzeugen mußten.
Amerika.
Der Strike der Fleischverpacker in Chi cago ist beendigt, auch haben sich die auf den Viehhöfen daselbst beschäftigten Arbeiter zufrieden gegeben. Die Strikenden haben sich zu der verlangten, lOstündigen täglichen Arbeitszeit verstanden. Was hat der Strike nun geholfen?
In Amerika scheint das heimliche Tabakrau- ! chen unter der Frauenwelt stark um sich zu greifen, obgleich man sich anstellt, als ob man das Rauchen